Zum Weltkatzentag: Vermenschlichte Gourmet-Miezen
Ob für Rassetiere oder für Stubentiger – Katzenfutter wird so vermarktet, dass für jede Samtpfote was dabei ist. Zum Weltkatzentag eine Produktanalyse.
A lte Werberweisheit: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Die Tierfutterpackung hingegen muss dem Menschen gefallen, nicht dem Tier. Und weil das einzig wahre Tier die Katze ist, geht es hier heute, passend zum Weltkatzentag am 8. August, um Katzenfutterdesign. Ein irre diversifizierter Markt, alle Sorten-/Konsistenz-/Altersempfehlungs-Kombinationen auch nur eines Herstellers aufzuzählen, würde diese Kolumne füllen. Ich beschränke mich daher aufs Nassfutter, und da gibt es einige grundverschiedene Herangehensweisen.
Den Middle-of-the-Road-Approach verfolgen dabei die großen Player wie Kitekat, Whiskas oder Felix: eine niedliche Katze vor buntem Hintergrund als Eyecatcher, dazu eindeutige Sorten wie Wild, Geflügel, Thunfisch, wobei sich für manche sogar ein herstellerübergreifender Farbcode etabliert hat. Rind ist fast immer rot, Huhn gelb, Lachs rosa, Kaninchen grün.
Ein Level höher ist die Sheba-Klasse. Die Katzen auf den Verpackungen sind elegant statt niedlich, einfarbiges Rassetier statt Stubentiger. Schwarz und Gold dominieren, es locken Wortkombinationen wie „Feinste Komposition“, „Schmelzender Kern“ oder „Empfehlung der Saison“. Hier werden Katzen zu Gourmets anthropomorphisiert und die Sorten gleichen oft Gerichten, die man auch selbst bestellen würde.
So findet sich in der Sammelbox „À la carte – Raffinessen des Küchenchefs“ von Purina Gourmet unter anderem „Ente provenzalischer Art, garniert mit Tomaten und Oliven“. In der Sheba-Produktlinie „Fresh Cuisine“ hat man die Wahl zwischen dem „Taste of Tokyo“ mit „Thunfisch und einem Hauch von Reis“ oder dem „Taste of Paris“ mit „Weißfisch à la Bouillabaisse“. Auch die katzenfuttertypischen Aggregatzustände werden hochgejazzt. Weiche Pampe heißt hier „Mousse“ oder „Feine Pastete“, aus Stückchen in Soße werden „Ragout“, „Erlesene Streifen“ oder „Zarte Häppchen“.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Die dritte große Katzenfuttergruppe ist beige, hellbraun oder weiß grundiert, sie subsumiert die Landlust-Fraktion, die Biofutterkäufer und auch die rustikalen Traditionalisten. Etwa mit der Produktreihe „Omas Küchenklassiker“ von dm, in der „Oma“ unter anderem das „Bauernpfännchen reich an Leber“ serviert. Oder „Sanabelle Heimat“, das „feine Hofpute & Landente“, „Pastinake & Kartoffel und „+ Preiselbeere“ in einer Dose vereint. Wobei auch Kitekat schon auf diesen Trend aufgesprungen ist und seine Sammelboxen „Landpicknick“ und „Jagdschmaus“ nennt.
Weil Teile dieser Zielgruppe auch für das Superfood-Versprechen offen sind, finden sich hier die ausgefallensten Zutaten, etwa „Aroniabeere“ oder – mein Favorit – bei „Betty’s Landhausküche“ aus dem Hause Boswelia: „Känguru mit Borretschöl und Taurin im Frischebeutel“. Wer möchte da nicht Katze sein?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern