Raus in den herbstlichen Wald: Pilzblick lernen, Pilzwesen ernten

Für Großstadtmenschen ist Pilzesammeln die perfekte Zurück-zur-Natur-Experience. Stimmen die Bedingungen, hat man am Ende einen Wäschekorb voller Maronenröhrlinge.

Zwei Maronenröhrlinge stehen in einem Wald

Pilze suchen und finden, wie diese Maronenröhrlinge, ist die perfekte Zurück-zur-Natur-Experience Foto: Frank Hammerschmidt/dpa

Vergangenes Wochenende waren wir in den Pilzen. Ich liebe diese Formulierung, sie klingt so wunderschön märchenhaft, als würde man sich selbst kleinermorphen, auf Daumengröße, und dann weise Pilzwesen besuchen. Die leben in einem Prinzessin-Mononoke-Zauberwald, versteckt zwischen bemoosten Steinen und wilden Farnen in ihren kleinen Pilzhäusern. Wobei – leben Pilzwesen in Pilzhäusern? Und wenn sie das tun, bestehen die Pilzwesen dann aus Haus? Oder bestehen die Pilzhäuser aus … Fleisch??!!?

Huch. Nur ein schlechter Traum. Wir waren natürlich einfach im Wald, in Brandenburg, so wie gefühlt sämtliche Berliner in meiner Instagram-Timeline. Denn für uns Großstadtmenschen ist Pilzesammeln die perfekte Zurück-zur-Natur-Herbst-Experience, verbunden mit dem tollen Ich-versorge-mich-selber-Feel und saisonal-regionaler Küche, ohne dass man dafür vorher monatelang ein Gemüsebeet beackern muss.

Die Brandenburger gehen auch in die Pilze, aber ohne romantisches Trara. Ich fände es übrigens gut, wenn Pilzesammeln auch zur offiziellen Feiertagsaktivität des 3. Oktober ernannt wird. Schließlich können sich alle darauf einigen, wir haben da noch nichts anderes und es ist ein wenig wie Ostern, nur dass Mutter Natur die Pilze versteckt und nicht die andere Mutter.

Apropos verstecken: Ich habe einige Zeit gebraucht, um einen Pilzblick zu entwickeln. Es ist ein wenig wie diese 3D-Bilder aus den 1990ern, „Das magische Auge“, Sie erinnern sich? Wo man ganz nah ran muss und so schielen, und dann wieder zurück, und dann steigt aus einem trashigen computergenerierten Endlos-Pattern auf einmal ein Delfin. Habe ich nie hingekriegt. Pilze hingegen entdecke ich inzwischen gut im endlosen grünbraunen Waldboden-Pattern aus Kiefernnadeln, Laub und Flechten. Und jedes Mal denke ich: Häh, der stand doch gerade noch nicht hier? Denn wie hätte ich den übersehen können?

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Nun ist das mit den Pilzen so eine Sache, manchmal sind sie nämlich wirklich nicht da. Damit sie erscheinen, muss es geregnet haben, dann wieder etwas wärmer sein, das alles in der richtigen zeitlichen Abfolge und Dosierung. Vergangenes Wochenende passte alles. Am Ende hatten wir ungelogen einen Wäschekorb voller Maronenröhrlinge (ich finde immer nur Maronen, dass es wilde Steinpilze geben soll, halte ich für eine Erfindung der Waldindustrie), dafür mussten wir nicht mal weit gehen, die Pilze waren einfach überall. Es war kein Suchen, es war Ernten.

Unklarheit herrscht bei uns jedoch, wie man die Maronen gut zubereitet, abgesehen von Zwiebeln (müssen) und Butter (muss auch, viel). Meine Freundin schnippelt sie sehr klein und lässt sie dann zwanzig Minuten in einer Pfanne schmoren. Ich schneide sie lieber in grobe Scheiben und brate diese kurz scharf an. Aber am besten macht man einfach beides!

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Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.

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