Wiedergewählter CDU-Chef: Merz bleibt ein Risiko
Ja, Friedrich Merz hat die CDU stabilisiert. Sein gutes Ergebnis stärkt ihn in der Kanzlerfrage – aber seine Schwächen bleiben.
M itreißend war die Rede nicht, an manchen Stellen sogar eher langweilig. Friedrich Merz hat zu Beginn des CDU-Parteitags zwar hier und da ausgeteilt: gegen die Grünen, die Ampel, gegen das Heizungsgesetz und das Bürgergeld. Aber er hat – für seine Verhältnisse – weder polarisiert noch aufgepeitscht. Das ist gut für die gesellschaftliche Stimmung im Land. Aber es war auch genau die Funktion dieser Rede.
Merz wollte den Flügel seiner Partei mitnehmen, der ihm traditionell kritisch gegenübersteht. Das hat funktioniert. 90 Prozent der Delegierten haben ihn als Vorsitzenden bestätigt, ein gutes Ergebnis. Auch wollte Merz staatsmännisch wirken – und sich kanzlertauglich präsentieren. Denn darum geht es hier natürlich auch: Wird Merz Kanzlerkandidat der Union? Die CDU steht derzeit deutlich besser da als vor gut zwei Jahren, als er im dritten Anlauf zum Parteichef gekürt wurde.
Die Partei war bei der Bundestagswahl abgestürzt, inhaltlich ausgehöhlt, intern zerstritten, das Verhältnis zur CSU zerrüttet. Mit dieser hat man sich inzwischen wieder zusammengerauft, die Bundestagsfraktion funktioniert als Opposition. Die CDU will auf dem Parteitag ein neues Grundsatzprogramm verabschieden, das klare Unterschiede zu den anderen Parteien markiert. Um die Merz-Skeptiker*innen in der Partei ist es ruhig geworden. Und in Umfragen steht die Partei deutlich besser da.
Merz' Unberechenbarkeit
Das zahlt positiv beim Parteichef ein, auch wenn die politische Lage Merz natürlich in die Hände spielt und die CDU von der schlechten Performance der Ampel profitiert. Läuft es also gut für die CDU? Nicht so gut, wie es eigentlich müsste. Und das liegt eben auch an Merz. Die Unbeliebtheit der Bundesregierung zahlt nicht ausreichend bei der CDU ein. Besonders Frauen und urbane Milieus hadern mit dem konservativen Sauerländer, der als unsozial, unempathisch und kalt gilt und mit populistischen Äußerungen einen Teil der Wähler*innen vergrault. Hinzu kommen seine weithin bekannte Dünnhäutig- und Unberechenbarkeit.
In der letzten Zeit scheint Merz ruhiger geworden zu sein; auch seine Rede weist in diese Richtung. Aber kann man sich darauf verlassen? Was ist, wenn Merz im Wahlkampf unter Druck gerät? Oder, noch deutlich gefährlicher, wenn ihm das als Kanzler passiert? Merz hat für die CDU Einiges bewirkt. Für die Partei aber bleibt er ein Risiko. Und würde er Kanzler, könnte er dies auch für das Land sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?