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Wahlniederlage für Le Pen in FrankreichDie Brandmauer hat gehalten

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die extreme Rechte ist gescheitert. Das ist die Hauptsache. Aber das Parlament ist blockiert, eine Mehrheit hat keines der Lager – auch nicht das linke.

Wer hat Grund zu Feiern? Bengalos sind meist ein Indiz für linke Freudentaumel, so wie hier in Nantes nach dem Wahlsieg der NFP Foto: Violeta Santos Moura/Reuters

W as bedeutet das überraschende Ergebnis der Wahlen in Frankreich? Eine Mehrheit der Französinnen und Franzosen will nicht eine Regierung der extremen Rechten. Schon vorher wusste man aufgrund der ersten Wahlrunde ebenso klar, dass sie von Emmanuel Macrons Regierung genug hatten.

Soll man nun aus dem unerwarteten Wahlerfolg der linken Volksfront den Schluss ziehen, dass die Bür­ge­r*in­nen eine Linksregierung, womöglich mit dem Volkstribun Jean-Luc Mélenchon als Premier, wünschen? Das zu glauben, wäre ein Irrtum und eine Selbstüberschätzung der linken Wahlunion Nouveau Front Populaire.

Vielleicht wird diese vereinte Linke zunächst versuchen, gestützt auf das Wahlprogramm ihrer Volksfront, aber mit dem Handicap einer zu schwachen relativen Mehrheit, zu regieren. Wie jede Minderheitsregierung könnte sie aber jederzeit von der Mehrheit ihrer Gegner gestürzt werden.

Die extreme Rechte hat es trotz ihrer hartnäckigen Verharmlosung nicht geschafft, als demokratische Partei anerkannt und salonfähig zu werden.

Trotzdem herrscht bei den feiernden linken Wahlsiegern das Gefühl einer großen Erleichterung vor. Noch einmal, und fast wider Erwarten gut, hat die traditionelle Brandmauer gegen die reaktionären Nationalisten gehalten. Das war die Hauptsache. Die extreme Rechte hat es trotz der außerordentlich geschickten und hartnäckigen Verharmlosung durch Marine Le Pen nicht geschafft, als demokratische Partei anerkannt und salonfähig zu werden.

Macrons Schachzug ist gescheitert

Wie dies Präsident Macron eigentlich hätte befürchten müssen, als er diese Neuwahlen ansetzte, ist die neue Nationalversammlung in drei Blöcke (plus einen kleinen Rest der Konservativen) gespalten, die sich bisher bekämpft hatten. Wie da allenfalls eine große Koalition der Mitte gegen die Extreme von Sozialisten bis Konservativen zustande kommen soll, wie dies Macrons Ex-Premierminister Édouard Philippe anregt, ist schwer vorzustellen. Schon eher könnten sich die drei feindlichen Blöcke im Parlament neutralisieren, und Frankreich wäre unter solchen Bedingungen schier unregierbar.

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Emmanuel Macron hatte sich von Neuwahlen eine eigene Mehrheit erhofft, um in den ihm verbleibenden drei Jahren ungeniert seine liberale Reformpolitik durchsetzen zu können. Statt mit diesem Schachzug mehr Handlungsfreiheit zu erlangen, hat er sich selber in eine politische Pattsituation manövriert.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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49 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • na ja, bei der schieren unregierbarkeit müssen sie halt neue formate entwickeln: mit wechselnden mehrheiten eben.



    wozu braucht es eine/n präsidentIn - weil wir immer noch könige brauchen?



    herr--+damschaften:



    neues denken, neues wagen. rechte weiter an den rand drücken.



    allez!

  • Pfeifen im Walde?

    Zitat: „Wahlniederlage für Le Pen in Frankreich: Die extreme Rechte ist gescheitert.“

    So erfreulich es ist, daß die Blütenträume des RN (vorerst) geplatzt sind, so gewagt ist es, da schon gleich von dessen „Wahlniederlage“ und „Scheitern“ zu sprechen: Eine politische Formation, die ihren Stimmenanteil im ersten Wahlgang, auf 10 Mio nahezu verdreifachen konnte, hat keine „Niederlage“ erlitten, sondernd geht eher als strahlender Sieger vom Platz.

    Daß sich dieser Sieg nicht proportional in Parlamentssitzen niederschlägt, ist v. a. der republikanischen Disziplin der NFP-Kandidaten zuzuschreiben, die sich im 2. Wahlgang konsequent als Drittplatzierte zugunsten eines bürgerlichen RN-Gegners zurückzogen („désistement“), was überproportional vielen „Ensemble“-Kandidaten zum Sieg verhalf, signifikant mehr als in umgekehrter Konstellation: In dem honorablen 2. Platz der alten Präsidentenmehrheit stecken viele Stimmen originärer Linkswähler, die sich beim Wahlakt die Nase zugehalten haben, nur um einen noch größeren Gestank zu verhindern. Hingegen gaben bei manchen RN-Siegen Stimmen der Macronisten den Ausschlag.

  • @MICHAELA DUDLEY

    Zemmour wäre Ihnen lieber gewesen?

  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    De la poêle à feu. Wörtlich von der Pfanne ins Feuer. Denn die Absage an die Rechten ist noch lange keine Ansage in Richtung eines sozialen Friedens.

    Fakt ist: Der Sozialist Jean-Luc Mélenchon hat hoch und heilig angekündigt, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Durch Kritik an die Hamas hat sich Mélenchon noch nicht profiliert.

    In einer aktuellen Umfrage meinen 92% der französischen Juden, dass Mélenchons Partei zum zunehmenden Antisemitismus beigetragen habe. Nur 30 % der befragten französischen Juden geben den Rechten um LePen die Schuld für den Anstieg im Judenhass. Sogar 60% von ihnen sind überzeugt, die Grünen seien dafür verantwortlich.

    Dass die offenbar antisemitisch motivierte Gruppenvergewaltigung eines jüdischen Mädchens in Paris die Stimmung in der Community der französischen Juden mit beeinflusst, ist selbstverständlich. Die jüdische Reaktion ist nicht paranoid, sondern pragmatisch. Denn die Brandmauer hat, ungeachtet der Schlagzeile zum Artikel, nicht gehalten.

    • @Michaela Dudley:

      "... hat hoch und heilig angekündigt, einen palästinensischen Staat anzuerkennen"

      Ich halte die Anerkennung eines palästinensichen Staates für genauso selbstverständlich und sinnvoll im Sinne einer friedlichen Verständigung wie die Anerkennung des Staates Israel; beim palästinensichen Staat, weil er seit langem überfällig ist, beim Staat Israel, weil er seit langem da ist.

    • @Michaela Dudley:

      Was Sie wollen ist eine Brandmauer gegen jene, die gegen Kriegsverbrechen, Vertreibung, Annexionen, für Menschenrechte und das Recht von Menschen auf einen Staat auf die Straße gehen.

    • @Michaela Dudley:

      Welches Problem haben Sie denn jetzt mit einem palästinensischen Staat, der seit 1947 vorgesehen ist?



      Warum pumpen Sie diesen fast selbstverständlichen Hinweis auf eben auch palästinensische Rechte auf, anstatt thematisch bei der französischen Politik zu bleiben?

      • @Janix:

        Einen palästinensischen Staat anzuerkennen, wäre - bzw. hoffentlich: "wird" - sinnvoll und berechtigt, sobald es einen echten Staat anzuerkennen gibt und der auch bereit ist, sich in die internationale Staatengemeinschafte einzufügen. Ersteres bedarf einer Regierung mit einem belastbaren Mandat (also faktische Staatsmacht und Vertetungsfähigkeit), und letzteres schließt die rückhaltlose Anerkennung des Existenzrechts Israels ein. Im Moment gibt es schwere Defizite in beiden Punkten. Von daher erscheint mir die sofortige Anerkennung - und von nichts Anderem redet ja Melenchon - eher als ein reiner Symbolakt, und zwar ein anti-israelischer udn kein wirklich pro-palästinensischer.

  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    Es scheint doch unübersehbar, dass sich mindestens die Hälfte der Menschen EU weit wünschen, dass eine andere Politik gemacht wird. Und dass anders Politik gemacht wird.



    Woher kommen die immensen Zuflüsse der Rechten, der Nationalisten und Rassisten?



    Von einer Wahrheiten und Fakten negierenden, manipulativen Politik. Von einer Politik, die Konzerninteressen und die Wünsche einer total enthemmten Finanzwirtschaft über den Lebenswirklichkeiten und den Bedürfnissen der Menschen einordnet.



    In Zeiten des Klimawandels diskutieren und lavieren sich Politiker aller Länder durch und um überfällige Entscheidungen zu Reformen herum.



    In Zeiten von massiv zunehmenden Flüchtlingsströmen weltweit wird Bürger*innen noch immer nicht nachvollziehbar erklärt wo unser aller Verantwortung für die Krisen und Katastrophen in den Herkunftsländern der Flüchtenden liegt.



    Die Politik nimmt den Rechtsruck in Kauf, um das Ressourcenmanagement und die rein auf Konsum ausgerichtete Gesellschaft nicht reformierennzu müssen.



    Ändern wir unsere Politik, verändert sich der gesellschaftliche Dissens.

    • @608196 (Profil gelöscht):

      Man munkelt Wahrheiten, Fakten negieren und durch Populismus das Volk manipulieren ist eigentlich das Erfolgsrezept der Rechten.

      • 6G
        608196 (Profil gelöscht)
        @EDL:

        Man munkelt so einiges.



        Sehen Sie das denn anders oder wollten Sie nur mal ein wenig patronisieren?



        Seit Kohl ist in der Bundesrepublik o.g. politisches Programm.



        Egal wer regiert hat.



        Man munkelt, dass hötte mit der neoliberalen Doktrin zu tun.

        • @608196 (Profil gelöscht):

          Mal den ganzen VT-Kram beiseite gelassen, ist die marktiwirtschaftliche Ausrichtung der Politik "seit Kohl" in erster, zweiter und dritter Linie ein Symptom des klaren Scheiterns des planwirtschaftetenden Sozialismus als Alternative. Das ist so einfach, wie es wahrscheinlich aus gewissen ideologischen Warten heraus schwer zu schlucken ist.

          Sie wissen selbst, dass "Neoliberalismus" nur ein Kampfwortr ist - wie "Lügenpresse" oder zuweilen auch "Putinversteher". Was wirklich dahintersteckt, kann man auch ohne Unterstellung sinistrer Agenden oder kapitalseitiger Strippenzieherei verstehen. Man will das nur in vielen Fällen nicht, und DAS lässt die Ränder des politischen Spektrums so verlockend erscheinen: So ein passiv-agressives "Dagegen!"-Schild ist immer leichter zu verteidigen als eine realistische Alternativlösung.

    • @608196 (Profil gelöscht):

      "Woher kommen die immensen Zuflüsse der Rechten, der Nationalisten und Rassisten?

      Von einer Wahrheiten und Fakten negierenden, manipulativen Politik. Von einer Politik, die Konzerninteressen und die Wünsche einer total enthemmten Finanzwirtschaft über den Lebenswirklichkeiten und den Bedürfnissen der Menschen einordnet."



      Die Gegenüberstellung von Rechten und Fakten negierenden Politik als Gegenpol (sowie der anderen erwähnten Tatbestände) ist hoffentlich nur als Satire gemeint?



      Genau wie die unterschwellige Anmutung, Rechte würden sich besser um den Klimawandel kümmern?



      Auch nicht schlecht:



      "unser aller Verantwortung für die Krisen und Katastrophen in den Herkunftsländern der Flüchtenden"



      den Rechten zuzuschreiben - famos.

      • 6G
        608196 (Profil gelöscht)
        @Encantado:

        Da haben Sie aber fleissig drauf los interpretiert.



        Versuchen Sie es doch einfach nochmal von vorn.



        Fakt ist, dass im Neoliberalismus o.g. Politik global, egal ob Mitte Links oder Mitte rechts regiert, politische Realtität ist.



        Und alle Politiker, abseits der Extremisten, sollten schnellstmöglich historisch, realpolitisch und kritisch aufarbeiten & kommunizieren, dass wir die Flüchtlingsströme selbst zu verantworten haben und ein abschotten Europas erstens unmöglich ist und zweitens die Versuche nur Symbolpolitik und null zielführend sind.



        Und....ich werde sicher nicht Ausbeutung von Kontinenten, deren Menschen und Bodenschätze, sowie Europäische Aussenhandelspolitik, Klimawandel und/ oder prognostizierte Flüchtlingsströme erklären.

    • @608196 (Profil gelöscht):

      Danke

  • 1) Wirtschaftsliberal: ist gegen die Interessen fast aller _nicht langfristig zu halten.



    2) Rechtsextrem: Schadet so gut wie allen und hat nur dann eine Wahlchance, wenn es sich als einzige Alternative zu 2 gerieren und soziale Missstände und Ängste vorfinden und schüren kann, die angeblich die "anderen" schuld wären.

    Gut, wenn es 3) gibt: eine linke alternative Option. Für die vielen, mit klarer Kante und die auch in der Regierung sich nicht allzu viel verwässern lässt. Damit auch die Wohlstandsverwahrlosten wieder alle ihre angemessenen Steuern zahlen, damit die veresteckten Staatszuschüsse an Autoindustrielle schleunigst aufhören.

    • @Janix:

      Interessant, und dass die Mehrheiten diese "eindeutigen" Präferenzen überhaupt nicht widerspiegeln, geschweige denn ein Mandat für ein linkes Durchregieren mit "klarer Kante" böten, gehört zu den lästigen kleinen Details, um die sich wahre Weltretter nicht kümmern müssen, nicht wahr?

      • 6G
        608196 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Die Wähler*innen spiegeln wieder, was Ihnen auf dem bequemsten Weg an Informationen zugänglich gemacht wird.



        Wieviel % der Wähler*innen denken Sie, recherchieren in Medien abseits Blöd, Spiegel, Zeit, Sueddeutsche oder TAZ?



        Tagesschau, Heute, NTV oder Welt TV?



        Warum verbringen gewählte Abgeordnete 30+% ihrer Zeit in den immer gleichen Talkshows und erzählen die immer gleichen Halbwahrheiten?



        Massiv gehäuft an 3 Monate vor Wahlen.



        Es gehört zu unserer Realität dazu, dass Bprger*innen überfordert sind, politische Polemik von politischer Realität zu unterscheiden. Und das die von Abhängigkeitsverhältnissen geprägte Realpolitik die Menschen zermprbt und müde und wütend gemacht hat. Sowie dass Rechte diese Gemengelage ausnutzen ohne an den Gegebenheiten etwas ändern zu wollen. Ausser die Verantwortung dafür den Opfern dieser Politik anzulasten, um das regieren noch etwas näher an das herrschen zu verrücken.

      • @Normalo:

        Auch Sie - die Wette halte ich - würden mit dem Steuerkonzept der Linken, Grünen oder SPD aus dem Bundestagswahlkampf mehr in der Tasche haben als mit dem Status Quo.



        Den Rechner hierzu finden Sie vielleicht noch im Netz.

        Gegenfinanziert, anders als das fantasterische FDP-Konzept.

        Die Dagegen-Stimmen könnten auch hierzulande, im eher rechts stimmenden Deutschland, Dafür-Stimmen sein, wenn es nicht um Identitäts-Wolken/Stimmungen ginge, sondern um harte Fakten wie siehe oben.

        Bleiben wir bei den harten ökonomischen Fakten. Gell?

  • Wo ist der entscheidende Punkt, dass diese Situation zu einem Patt führt und nicht zu einer guten Koalition? Bei uns in Deutschland ist diese Situation, nämlich mehrere Fraktionen, keine hat die absolute Mehrheit, ja der Normalfall.

  • Die RN ist nicht verschwunden, ganz im Gegenteil. Die extreme Rechte belegte den dritten Platz hinter den Macronisten ist aber stärkste Einzelpartei. Auch wenn sie weit von dem entfernt ist, was die Umfragen nach der ersten Runde hätten erhoffen können, hat sie ihre Punktzahl in kaum zwei Jahren erheblich verbessert. Die NFP, (La France insoumise, die Sozialistische Partei, die Grünen und die Kommunisten "vereint" ??), würde 177 zu 192 Sitze in einer Versammlung mit 577 Sitzen gewinnen. Da sind die nur wegen Anti-RN Protestwählern.

    Aber schon hat der Antisemit und Linksextremist Melanchon wieder seinen Egotrip aufgenomnen. Sein Programm ist gefährlich.



    Da wird es nur Streit geben innerhalb NFP. Putin freut sich, Le Pen freut sich. 2027 steht vor der Tür.

    • @Max Sterckxc:

      Abwarten. Die politische Klasse steht vor einem kollektiven Intelligenztest. Ich bin zwar nicht optimistisch, aber Frankreich hat in der Geschichte mehr als einmal politische Überraschungen produziert.

      Merkel hat für ihre letzte Regierung 6 Monate verhandeln müssen. Geben Sie der Linken erstmal eine Woche, um einen konsensfähigen Kandidaten als Premier vorzuschlagen.

    • @Max Sterckxc:

      2027 vor der Tür ???



      2021 stand demnach 2024 vor der Tür...



      Bei allem, was in den letzten 3 Jahren passiert ist, wurden wohl die meisten Prognosen für 2024 Makulatur.



      Die nächsten 3 Jahre werden wohl auch kaum weniger politische Erdbeben bereit halten.



      Man denke nur daran, dass sich in dieser Zeit das Ergebnis des Ukrainekriegs wohl zeigen wird. Mit den politischen Folgen für Einzelstaaten, EU, NATO.



      Von einer Trump-Präsidentschaft einmal ganz abgesehen...

      • @Monomi:

        Der Unterschied zwischen 2021 und 2024 ist: damals stand Macron noch einmal als Retter der französischen Nation im Fokus, heute soll es die Volksfront richten.



        Das sind überzogene Erwartungen, denn es handelt sich um ein äußerst fragiles, heterogenes Linksbündnis … lediglich vereint im Willen, Le Pen zu verhindern. Das ist vorerst gelungen, also hat die Volksfront - etwas überspitzt formuliert - ihre Schuldigkeit getan.



        Mit Melenchon jedoch - darin stimme ich @Max Sterckxc zu - ist kein Staat zu machen, wohl aber mit Grünen und Sozialisten. Folgen die einem möglichen Ruf Macrons in die Regierungsverantwortung, bedeutet das aber das Aus für die Volksfront.

        • @Abdurchdiemitte:

          Für Macron ist das alte "Teile und Herrsche" ist beim einheitlich, strategisch und straff geführten RN aussichtslos.



          Bei der kurzfristig und lose zusammengewürfelten Bündnis "Volksfront" wird Macron es natürlich versuchen und hat dabei durchaus Chancen auf Erfolg.



          Gelingt es ihm, hat er dem RN kurz vor dem Ziel "Erreichen der Macht" ein Bein gestellt. Hochgradig zweifelhaft, ob das mit einem Wahltermin in 2025 noch möglich gewesen wäre. Ob es mehr ist, als ein Aufschub, wird sich zeigen.



          Aber er hat für Frankreich etwas verhindert, das anderswo nicht verhindert werden konnte.

  • Gefällt mir der Kommentar. Ich finde es auch in Deutschland immer störend, wenn Wahlgewinne der Rechten als Niederlage für diese gesehen werden, wenn die Zugewinne geringer als angenommen sind und das Ergebnis keine absolute Mehrheit ist. Der RN hat stark hinzugewonnen und ist somit auch Wahlgewinner, das ist erst einmal Fakt. Und sie haben den Vorteil eine Partei mit einer Struktur zu sein, nicht 4 Stück wie das Linksbündnis.

  • Naja, Brandmauer? Frankreich steht gerade vor der Situation dass eine Mischung aus Höcke und Wagenknecht nun Regierungschef werden könnte.

    • @Irgendwasdazwischen:

      Nein, Frau LePen wird nicht Regierungschefin. Und es würde in jedem Fall rechnerisch eine Koalitionsregierung. Eine Minderheitsregierung der zweitstärksten Kraft ist genauso wenig wahrscheinlich wie anderes.



      Beachten Sie z.B., dass ein Hollande wieder im Parlament sitzt.

      • @Janix:

        Ich spreche von Melenchon.

        • @Irgendwasdazwischen:

          Ich habe Sie korrekt verstanden und bin gespannt, wie sich die neue französische Regierung in Bezug auf Russland, Israel und jüdische Bürger in Frankreich positionieren wird.

        • @Irgendwasdazwischen:

          Ihre Beschreibung traf aber eher LePen, die gerne so tut, als hätte sie ein Herz für Ärmere.

          Für Mélenchon indes hätte mich die Herleitung interessiert. Ist er Nationalist? Neo-Goebbels? Meines Wissens Nein.

  • Schon die Parlamentswahl 2022 gab Macrons Partei (da sie dauernd den Namen wechselt, ist das wohl die klarere Bezeichnung) keine absolute Mehrheit und hat sich von der republikanischen Rechten tolerieren lassen mit einem Rekord von Anwendungen des Artikels 49.3, der es der Regierung erlaubt, ein Gesetz nicht abstimmen zu lassen, welches der Opposition ein Mistrauensvotum erlaubt. Will sagen, eigentlich ist Frankreich bereits seit 2 Jahren unregierbar und die Blosstellung des Parlaments durch diese Politik hat die politische Krise verschärft.

    Die jetzige Dreiteilung Links-Mitte-Rechtsextrem (mit dem kleineren Drittel für die Rechtsextremen) stellt die Abwesenheit einer absoluten Mehrheit trotz Mehrheitswahlsystems nun klar: so kann es nicht weitergehen und ob die Franzosen bei der nächsten Wahl nochmals der autokratischen Versuchung widerstehen, weiß niemand.

    Die Verfassung erlaubt keine neue Parlamentsauflösung für die Dauer eines Jahres. Die neue Versammlung mit einer republikanischen Zweidrittelmehrheit hat also ein Jahr, das überfällige zu tun, das Wahlrecht zu reformieren und eine Koalitionskultur zu lernen.

  • Das ist mal ein Grund zum Feiern. Merci les Français·es! ♥♥

    Ob sich die Macronisten bei den Linken dafür bedanken?

    Als gute Kapitalisten wahrscheinlich nicht. Sie werden sich nehmen, was kostenlos zu haben ist und weiterziehen, wenn diese Ressource verbraucht ist.

    Zurück bleibt...

    • @tomás zerolo:

      Und TROTZDEM sind Linke und Neoliberale aufeinander angewiesen, wenn es darum geht, dass die Brandmauer gegen Rechts hält … und sie werden es auch hinsichtlich einer stabilen Regierungsbildung sein.



      Macron kann versucht sein, sich eine Regierung aus Sozialisten, Grünen, seinen eigenen Leuten bis hin zu den Konservativen „zusammenzustöpseln“ … damit wäre das Volksfront-Bündnis erledigt und Macron könnte den von den den Bürgerlichen genau so wie Le Pen (möglicherweise noch mehr) gehassten Melenchon von der Macht fern halten.



      Es kommt darauf an, ob die gemäßigte Linke diesen Rettungsversuch des Neoliberalismus durchschaut … aber welche Optionen bleiben ihr denn? Aus meiner Sicht ist die Volksfront - bei aller Euphorie über den Wahlsieg - eh nur ein Zweckbündnis auf Zeit, um die Brandmauer gegen Le Pen stabil zu halten. Das ist jetzt zwar gelungen, aber die Macronisten haben auch noch Trümpfe in der Hand, um ihr Projekt zu retten.

  • Ich kann diese "Brandmauer"-Rhetorik nicht mehr hören. Wenn mehr Menschen wählen gehen zeigt sich einfach das die Rechten in der MINDERHEIT sind. Das ist doch eine gute Nachricht.



    Und wieso ist das Parlament BLOCKIERT, wenn keine Partei die absolute Mehrheit hat? Was für ein Demokratieverständnis steht hinter einer solchen Aussage?



    Dann wäre ja das deutsche Parlament praktisch seit 50 Jahren blockiert.

    • @Semon:

      Ich verstehe zwar, was Sie sagen wollen, bin aber anderer Meinung. Mir pesönlich z. B. (als politisch eher in Dortmund- als in Bayern- oder Werderfarben Getünchter) reicht die Mehrheit Nicht-Rechtsextremer nicht aus, wenn diese Mehrheit so heterogen ist. Um dann aber überhaupt noch wählen zu können, brauche ich die Brandmauer: Ich würde keine Partei wählen, die keine klare, glaubhafte Absage an eine Koalition mit der AfD hinbekommt.

      Und eine Minderheitsregierung kann sehr wohl effektiv ein Parlament blockieren. Es braucht nur Zünglein an der Waage, die ihre Machtposition primär zum eigenen Nutzen einsetzen bzw. denken, jetzt dürfe der Schwanz mit dem Hund wackeln. Gerade wenn die NICHT Teil eienr Koalition sind und entsprechend mit in der Regierungsverantwortung, haben sie mit so einer destruktiven Herangehensweise relativ wenig zu verlieren. In der Zwickmühle steht die Partei, die nominell die Verantwortung trägt, aber gehindert ist, den Willen ihrer Wähler umzusetzen.

      • @Normalo:

        Nicht jeder, der rechtsextrem wählt, "ist" auch rechtsextrem.

        • @Deutschfranzose:

          Kann man so oder so sehen. Wer rechtsextrem wählt, weiß, wem er da Vorschub leistet, und lässt sich davon offenkundig nicht abbringen. "Ich wollte doch nur..., aber DAS wollte ich doch dabei nicht!" erscheint mir angesichts der sehr umfassenden medialen Aufklärung über besagtes "DAS" mehr als nur scheinheilig.

        • 6G
          608196 (Profil gelöscht)
          @Deutschfranzose:

          Das ist die steilste These seit langem.



          Wie kommen Sie darauf?



          Die Mär der Protestwähler?



          Angesichts der bekannten rechtsradikalen und rechtsextrem faschistoiden Bekenntnisse der AfD Meinungsführer ist jeder, der diesen politischen Müllkübel wählt ebenso rechtsextrem.



          Ihre These ist ja noch abwägiger, sls die "schweigende Mitte" zu einer politischen Errungenschaft zu verklären.



          Wer mit den politischen Gegebenheiten nicht zufrieden ist, findet in unserem politischen Spektrum reichlich Alternativen.



          Alternativen, die Rassismus, Fremdenhass, Ausgrenzung, Hetze gegen Andere und ein weiter so auf dem neoliberalen Weg ausschliessen.



          Ebenso ist Schweigen angesichts von Fehlstellungen null politischer Beitrag und spricht nicht von politischer Mündigkeit.

    • @Semon:

      Rechte waren nie eine Mehrheit, denn sie dienen ja immer nur einer (noch kleineren) Minderheit. Aber das ist kein Grund zur Beruhigung.



      Denn die letzte(n) Großkatastrophen haben sie auch als Minderheit verursachen können. Falls überhaupt Mehrheiten notwendig werden, entstehen die durch Mitläufer....

    • @Semon:

      Genauso sehe ich es auch 😘

  • Ja, es stimmt: Blütenträume einer eigenen Mehrheit für Macron sind nicht aufgegangen. Aber wer hatte die? Macron oder doch eher die medialen KaffeesatzleserInnen?



    Man hat über Macron gesagt : ist er verrückt?Oder ähnliches .



    Aber seine Rechnung könnte einfacher sein : die Dinge nach der Europawahl laufen lassen hätte sie zugunsten von Le Pen verändert. Und ihr in einem halben Jahr eine Mehrheit verschafft.



    Er hat hoch gepokert aber nicht wirklich verloren. Er hat Frankreich gefragt :Wollt ihr wirklich eine Rechtsextreme an der Macht?



    Und Frankreich hat geantwortet : Nein!



    Das ist mehr und besser als die anderen Antworten auf diese Frage in Europa.

    • @Monomi:

      Die Frage, ob die Franzosen den Faschismus an der Macht wollen, wird sich halt nur immer wieder stellen, solange das RN ein Drittel oder mehr des Wählerpotentials an sich binden kann. Und die Macronisten können genau diese Frage noch in jeder Wahl immer wieder im Sinne ihrer neoliberalen Agenda instrumentalisieren, um das Wahlvolk bei der Stange zu halten. „Brandmauer gegen Rechts“ heißt diese Strategie.



      Das gute Abschneiden des linken Volksfront-Bündnisses ist jedoch ein Hinweis darauf, dass die Franzosen weder Le Pen wollen noch die neoliberale Politik Macrons. Es hängt nun im wesentlichen von den Linken ab bzw. von den gemäßigt-linken Parteien des Wahlbündnisses, sich nicht von Macron auseinander dividieren zu lassen. Sprich: wenn schon Beteiligung an einer gemeinsamen Regierung mit dem Macron-Lager, dann nur unter der Bedingung der Abkehr vom Neoliberalismus.

    • @Monomi:

      Sehr gute Zusammenfassung!

    • @Monomi:

      Würde die Logik, die Sie hier Macron zuschreiben, stimmen (und sie entspräche auch seinen Behauptungen aus den Wahlkämpfen von 2017 und 2022, er würde alles tun, um Le Pen zurückzudrängen), dann hätte er im Wahlkampf jetzt nicht so spalterisch auftreten dürfen und die Linke verteufeln, und er hätte auch schon vorher nicht eine völlig neoliberale Politik ständig zum Nachteil der arbeitenden Bevölkerung und stets zum Vorteil von Reichen und Großkonzernen machen dürfen.

      Dass es das alles aber tat und tut zeigt, dass Macron gar nicht unbedingt den RN verhindern will, sondern zu allererst und vor allem eine linke Alternative. Wie allen neoliberalen Kapitalisten wären ihm die Faschisten an der Macht sogar lieber als die Linke, wenn es Spitz auf Knopf steht. Dasselbe gilt für seine Barone, Darmanin, Dupont-Moretti, Bayrou, Phillippe...

      Die werden jetzt versuchen die Linksfront aufzubrechen,und wie es Tomas Zerolo oben so exakt sagt, unter dem Deckmäntelchen des TINA und eines angeblichen unumgänglichen Schuldenabbaus für sich und den Neoliberalismus rauszuholen was noch geht, das Land aber endgültig in Ruinen 2027 dem RN zu überlassen.

      • @marmotte27:

        2022 ist nicht 2024. Ich bin keineswegs Fan all der Politiken, die Sie Macron anlasten. Ob Ihre Beschreibungen da alle passen - das führt hier zu weit.



        Aber daß Macron "gar nicht unbedingt den RN verhindern will, sondern zuerst ....eine linke Alternative", halte ich für sehr weit her geholt.



        Aber der Test der These steht ja bevor: Wir werden sehen, mit wem er in der nahen Zukunft eher kooperiert. Ich sage: er wird den RN durch Kooperation nicht noch stärker machen, sondern tatsächlich eher mit "Linken". Warum? Weil der RN eine einheitliche Führung hat - "die Linke" hat sich nur unter der RN-Drohnung zusammengefunden - und wird in Detailfragen schnell wieder auseinanderfallen.



        Teile und herrsche halt....



        Anderswo haben andere Methoden alle nicht funktioniert....