Wagenknecht tritt wieder an: Spitzen- oder Spaltungskandidatin
Sahra Wagenknecht kandidiert in NRW wieder für den Bundestag. Der Landesvorstand stellte sich hinter sie. Andere warnen vor Schaden für die Partei.
Im Vorfeld hatte es in der Partei Auseinandersetzungen, um die Nominierung Wagenknechts gegeben. Nicht nur, weil sie sich kaum in NRW blicken lässt und schon lange mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine im Saarland wohnt.
Auch, weil Wagenknecht bei Themen wie Migration und Klimaschutz immer wieder Kritik am Kurs ihrer Partei übt, Kritik an der sich die Meinungen scheiden. Aktuell hat sich Wagenknecht in mehreren Interviews gegen den Endlos-Lockdown gewandt und insbesondere die Schul- und Kitaschließungen als Zumutung bezeichnet. Die Krux: Die Linke trägt diese weitgehend mit oder ordnet sie, in den drei Ländern, wo sie regiert, sogar mit an.
Die ehemalige Landessprecherin der nordrhein-westfälischen Linken, Gunhild Böth, hatte noch am Tag vor der Sitzung am Samstag in einer Mail an den Landesvorstand davor gewarnt, Wagenknecht als Spitzenkandidatin aufzustellen. Auf der Landesvertreterversammlung „wird sicherlich eine Debatte über einige ihrer Positionen stattfinden“, schreibt Böth in der Mail, die der taz vorliegt. „Dies wird vor laufenden Kameras und allen Medien stattfinden. […] Dabei werden alle alten Streitigkeiten aus den Archiven gekramt. Was Wähler*innen längst vergessen haben, kommt wieder hoch.“
Es sind also die schlechte Presse für die Linke und wieder aufreißende Wunden in der Partei, die Böth befrüchtet. „Meiner Einschätzung nach kann der Landesverband NRW nur verlieren, wenn Sahra kandidiert – und sie auch. Die Partei insgesamt nähme Schaden; das Wahlergebnis würde nicht besser werden, denn bekanntlich wünschen Wählende keine Streitigkeiten“, so ihr Fazit.
Bliebe sie doch im Saarland
Böth schlägt daher vor: „Schön wäre, Sahra würde im Saarland kandidieren (dort hat sie auch ihren Lebensmittelpunkt, da ist doch einsichtig, dass sie dort kandidiert).“ Doch im Saarland zerlegen sich die Genoss:innen derzeit in einer eigenen Schlacht um den wohl einzigen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste für die Bundestagswahl. Keine gute Basis für Wagenknecht.
Wagenknecht sagte am Samstag, sie kandidiere gern wieder in Nordrhein-Westfalen. „Gerade jetzt ist es bitternötig, den sozialen Ungerechtigkeiten und dem Missmanagement der Regierung in der Coronakrise überzeugende Alternativen entgegenzustellen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Krieg in Gaza
Kein einziger Tropfen sauberes Wasser
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren