WHO sieht Ende der Pandemie: Gut gemeint, falsch gesagt

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation hat mit seiner Rede vom Ende der Coronapandemie danebengegriffen: Es ist noch nicht vorbei.

Läufer werden mit Wasser bespritzt

Der Vergleich ging unter: nicht aufgeben vor dem Ziel – wie beim Marathon Foto: Sebastian Wells

Wer jetzt vom Ende der Pandemie spricht, sollte sich im Klaren über die Folgen sein. Insbesondere gilt das für den Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus. Denn wenn der oberste Gesundheitsaufseher der Welt auch nur andeutet, das Ende der Pandemie sei nahe, dann knallen auch in Deutschland die Korken. Pandemie zu Ende, weg mit den Maßnahmen, Schluss mit dem Rücksichtnehmen.

Es ist dann ganz egal, ob mit „Ende“ nur eine Chance gemeint war, ein Ausblick. Es spielt auch keine Rolle, dass Tedros seinem Satz ziemlich eindringliche Warnungen folgen ließ. Zum Beispiel die, dass übereilt beendete Maßnahmen das Ende der Pandemie gefährden. Dass nächste Varianten die Sterblichkeit emportreiben und neue Sorgen schaffen können. Dass es letztlich darum geht, genau jetzt eben nicht nachzulassen und alle Maßnahmen fallen zu lassen, sondern zu impfen, zu schützen, noch einmal Solidarität zu zeigen. All das hat Tedros gesagt, übrig geblieben davon ist bei vielen trotzdem nur: Das Ende der Pandemie ist da.

Es ist aber nicht da. Es wird auch nicht kommen, nur weil es doch jetzt endlich mal Zeit dafür wäre. Sogar eine gesunkene Sterblichkeit hilft wenig, wenn sich wegen fehlender Maßnahmen im Herbst wieder Millionen Menschen infizieren. Es werden erneut Tausende sein, die sterben. Und Long Covid macht zwar nicht tot, aber ­existenziell krank. Ganz abgesehen davon, dass massive Arbeitsausfälle durch Corona-Erkrankungen erhebliche Konsequenzen für die ganze Gesellschaft haben.

Tedros hat deshalb von einem Marathon gesprochen, bei dem man kurz vor dem Ziel nicht aufhören dürfe zu laufen. Ein schönes Bild. Das Schlimme aber ist, dass Deutschland in diesem Bild seit Kilometer 20 auf dem Bordstein sitzt und das Ende des Rennens abwartet.

Besser wäre es, jetzt wieder mitzulaufen. Mit Impfungen und Maßnahmen, mit Abstand und gegenseitiger Rücksichtnahme. Nur so kann das Ende dieser Pandemie greifbar werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.