Verbote russischer Sender in der EU: Billige Symbolpolitik
Natürlich ist Putins Propaganda schlimm. Aber schlimmer ist, wenn die EU meint, sie sei nicht stark genug, die Sender auszuhalten.
E s wird ja viel gestoppt in diesen Tagen. Christian Drosten beendet seine Laufbahn als Podcast-Held, rät aber weiter zur Maske. Béla Anda setzt seinen Podacst mit Altkanzler und Putinversteher Gerhard Schröder ab. Das ist insoweit bemerkenswert, als Anda, als Schröder noch richtig Kanzler war, dessen obersten Regierungssprecher machte. Putin wiederum hat Echo Moskau dicht gemacht, einen der wenigen unabhängigen und Putin-kritischen Radiosender in Russland. Die EU hat dafür am Mittwoch RT und Sputnik verboten.
Für die Umsetzung des Verbots sind die nationalen Behörden zuständig, die auch Sender und Plattformen wie Sky & Co. zur Kasse bitten können, wenn sie RT weiterverbreiten. Und deshalb verhängt die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) gerade munter Zwangsgelder gegen RT DE, den deutschsprachigen RT Ableger. Weil der ja schon länger verboten ist, aber immer noch deutschlandweit sendet. Im Umkehrschluss hat der Kreml der Deutschen Welle in Moskau die Akkreditierung entzogen. Wegen des europaweiten Verbots machen sich jetzt auch andere internationale Sender wie die BBC Sorgen, dass Moskau ihnen alle Leitungen kappt.
Dabei ist das ganze Senderabgeschalte nach dem Motto „Wie Du mir, so ich dir“ hanebüchen. Das Netz ist nicht abschaltbar, und so bleiben die heute wirklich erfolgreichen Propagandakanäle über die sozialen Medien für Putin offen. Natürlich ist Propaganda schlimm. Schlimmer ist aber, wenn eine Gesellschaft bzw. die EU meint, sie sei nicht stark genug, das auszuhalten. Und die dann mit Verboten um sich wirft, die nichts anderes sind als billige Symbolpolitik.
Die meiste Propaganda ist dabei eher schlicht und dank Fact-Checking schnell entlarvt. Die britische Investigativ-Website Bellingcat macht sich zurecht über Putins intellektuelle Schmalfilmchen lustig und schreibt, „dass ihre Propaganda im Vergleich zu vor ein paar Jahren eher schlechter geworden ist. Sie ist einfach dumm und simpel.“ Deshalb nennt der Kreml Bellingcat auch eine Propaganda-Maschine des amerikanischen MKI (Militärisch-Industrieller-Komplex), was auch wieder lustig ist.
Ein echtes Männerding
Das ganze Medien-Duell ist dabei ein echtes Männerding. „Viele Fakten werden nicht benannt oder verdreht. Noch schlimmer ist es, dass viele Seiten vollkommen ignoriert werden, vor allem die der Frauen“, sagt die Mitbewohnerin. „Putin tritt immer ohne weibliche Begleitung auf, doch was meinen Ex-Putina und ihre beiden gemeinsamen Töchter? Welche Medien nutzen sie eigentlich?“
Deswegen kommt hier jetzt ein Programmtipp. Unbedingt nochmal die Folge „Angriffslust“ aus der ARD-Reihe „HERstory“ gucken! Beziehungsweise gerne gleich alle vier Folgen. Zu sehen in der ARD und der 3sat-Mediathek.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag