Urteil von Oberverwaltungsgericht: Das Wissing-Schutz-Gesetz
Ein Oberverwaltungsgericht erinnert die Ampel an ihr Klimaschutzgesetz. Die will das aber sowieso aufweichen, um das Verkehrsministerium zu schützen.
D ie Bundesregierung hält ihre eigenen Klimagesetze nicht ein. Das musste sich die Bundespolitik jetzt vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg sagen lassen. Das Urteil kommt nicht überraschend. Was die Richter:innen nun offiziell feststellen, ist schon lange bekannt: Die Bundesregierung ist vor allem beim Verkehr und bei Gebäuden im Rückstand.
Das Urteil kommt immerhin günstig. Der Klimaschutz ist massiv unter Druck geraten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Klima- und Transformationsfonds 60 Milliarden Euro entzogen hatte, sind viele Projekte nicht mehr sicher finanziert. Im Haushalt 2024 konkurrieren sie jetzt mit der Ukrainehilfe, der Kindergrundsicherung und anderen Projekten. Das OVG-Urteil erinnert daran, dass Klimaschutz kein verzichtbarer Luxus ist, sondern rechtliche Pflicht.
Allerdings argumentiert das OVG strikt auf Basis des aktuellen Klimaschutzgesetzes. Und die entsprechende Norm dafür will die Ampelkoalition ändern – um solche Urteile nicht nur in der Zukunft, sondern schon in der nächsten Instanz zu vermeiden.
Dies ist ein Zugeständnis an die FDP, deren wenig klimaambitionierter Verkehrsminister Volker Wissing nicht immer am Pranger stehen soll. Denn nichts wäre mehr geeignet für ein Sofortprogramm als ein Tempolimit, das nicht einmal etwas kosten würde. Aber der FDP scheint die Verhinderung von Geschwindigkeitsbeschränkungen ein genauso heiliges Ziel zu sein, wie die Verteidigung der Schuldenbremse.
Doch die aktuelle Haushaltskrise bringt vieles in Bewegung. Vielleicht muss die Koalition auch die Aufweichung des Klimaschutzgesetzes noch einmal in Frage stellen. Denn die Zustimmung der Grünen erging zu einem Zeitpunkt, als sie die Finanzierung der wichtigsten Klimaprojekte sicher glaubten. Davon kann inzwischen bekanntlich nicht mehr die Rede sein.
Wichtiger als der Pranger für Volker Wissing ist aber natürlich die Finanzierung von Klimaschutz und Modernisierung. So könnten die Grünen (und die SPD, falls ihr Klimaschutz wichtig ist) ihre Zustimmung zum Volker-Wissing-Schutzgesetz an Zusagen der FDP für die nachhaltige Finanzierung des Klimaschutzes knüpfen.
Ob diese dann über höhere Steuern, die Abschaffung von FDP-nahen Subventionen oder die Lockerung der Schuldenbremse erfolgt, wäre zweitrangig. Entscheidend ist, dass der Klimaschutz in der Haushaltskrise nicht hinten runterfällt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos