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Unwetter in Garmisch-Partenkirchen8 Zentimeter große Hagelbrocken

Fast alle Gebäude eines südbayrischen Orts sind kaputt. Der weltgrößte Rückversicherer warnt vor der Klimakrise.

Bad Bayersoien hat es besonders schwer erwischt Foto: Felix Hörhager/dpa

Berlin taz | In Bad Bayersoien im bayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen herrscht offiziell der Katastrophenfall: Ein heftiges Unwetter mit Sturm und massivem Hagel hat am Wochenende vier Fünftel der Gebäude beschädigt, etwa Fenster zerschmettert und ganze Dächer abgedeckt. Zahlreiche Bäume wurden aus dem Boden gerissen. Immerhin kamen keine Menschen physisch zu Schaden.

„Das Unwetter hat meine Gemeinde schwer getroffen, umso dankbarer bin ich für die schnelle und großartige Hilfe der Einsatzkräfte“, sagte Bürgermeisterin Gisela Kieweg von der Wählervereinigung „Für Bad Bayersoien“.

Dass Landrat Anton Speer (Freie Wähler) den Katastrophenfall ausgerufen hat, ermöglicht dem Ort mit 1.300 Ein­woh­ne­r:in­nen den Zugang zu mehr Hilfsangeboten, etwa zur Anforderung von Einsatzkräften aus den Nachbarlandkreisen und darüber hinaus.

Weil es zunächst weiter regnete, widmeten sich Feuerwehr, Bergwacht und Technisches Hilfswerk vor allem der Abdichtung und Sicherung der Dächer im Ort. Sie mussten zahlreiche Notfalldächer ordern.

Schäden durch extremes Wetter nehmen zu

„Das Ende des Einsatzes ist noch nicht, und die Kräfte vor Ort haben noch einige schwere Arbeit vor sich“, sagte Landrat Speer.

Die weltweit größte Rückversicherung Munich Re warnt indes schon lange vor wachsenden Risiken und potenziellen Schäden durch Hagel. „Durch den Klimawandel wird der Trend zu mehr schweren Hagelschlägen anhalten“, schreibt der Konzern auf seiner Internet-Seite.

Das heißt nicht, dass es unbedingt häufiger Hagel gibt. Im Vergleich zu anderen Wetterextremen wie Hitzewellen ist ein Zusammenhang zwischen Hagel und Klimawandel viel schlechter belegt. Es gibt aber Studien, die darauf hindeuten, dass Hagelkörner tendenziell größer werden. Das wäre durch einen höheren Anteil von Wasserdampf in der Atmosphäre zu erklären – und den gibt es durch die Erderhitzung.

Das heißt: Hagel könnte gefährlicher werden und für mehr Schäden sorgen. Schließlich macht es einen Unterschied, ob Eiskörner, Eistennisbälle oder noch größere Kugeln herunterprasseln – wie gerade in Südbayern. Der Hagel erreichte dort Durchmesser von bis zu 8 Zentimetern.

Insgesamt verursacht extremes Wetter immer höhere Schäden. Laut Munich Re lagen die weltweiten Gesamtkosten im vergangenen Jahr bei 270 Milliarden US-Dollar. Das entspricht dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Im Vergleich zu den Werten früherer Jahrzehnte ist die Summe hoch. „Der Klimawandel fordert zunehmend Tribut“, sagte Thomas Blunck aus dem Vorstand des Rückversicherers.

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21 Kommentare

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  • Die Münchner Rück heißt jetzt Munich Re?

    • @Fezi:

      schon länger

  • An vielen Orten der Welt sind Menschen schon länger Flüchtlinge im eigenen Land, Häuser kaputt, Angehörige tot, Heimat weg. Nur meist ohne Versicherungen. Hier bei uns ist das erst der Anfang. Und es wird von Jahr zu Jahr spannender werden. Und bald ebenfalls nicht mehr versicherbar.

  • In den USA bieten große Versicherer in Teilen des Landes keine Wohngebäudeversicherung mehr an.

    versicherungsmonit...hr-in-kalifornien/

    So wirds hier auch werden.

  • "Hoppla! Erst Klimawandel und nun auch noch Folgen des Klimawandels!?! Diese gemeinen Grünen, Ökos und so! Was die einen alles einbrocken!"



    - so ähnlich könnte es aus konservativer Ecke lauten.

    • @Uranus:

      "Diese gemeinen Grünen, Ökos und so!"



      Ja, klar: Wäre Habecks Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause durchgegangen, dann wäre das nicht passiert...

      • @sollndas:

        Klar doch! Darauf wollte ich hinaus! Problematische Politik gibt es ja erst, seit die Grünen mitmischen. ;-)

    • @Uranus:

      Der Trend geht eher zu "Diese gemeinen Grünen, Ökos und so! Da gibt es EINMAL alle 10.000 Jahre so ein Unwetter, und die erzählen euch Klimalügen, um von ihrer Gendergagaagenda abzulenken!"

      Aber wer nich will dieken, usw.

      • @Ajuga:

        Okay, das können sicher auch einige. :-D Ja, gemein diese grünen Fieslinge! Bauen wir lieber nun Deiche gegen Hagelkörner, äh, Hagelbälle. ;-)

  • Wie kann man angesichts der dort entstandenen Schäden konkrete Vorsorge treffen?



    Um in Zukunft noch eine bezahlbare Elementarschadenversicherung aufrecht erhalten zu können, wird nur noch eine staatliche Pflichtversicherung, helfen.

    • @Axel Schäfer:

      Das wär ja quasi Kommunismus. Das geht nun wirklich nicht.

    • @Axel Schäfer:

      Und die drucken ihr Geld selber, oder wie?

      • @Christian Lange:

        Nein, aber die wären nicht gewinnorientiert, das Risiko wird auf das ganze Land umgelegt und jeder wird versichert. Geschenkt wird das nicht sein, aber jeder wird versichert. Momentan werden ja viele aufgrund der Risiken nicht versichert oder müssten Prämien zahlen, die sie sich nicht leisten können. Ich persönlich kenne nur ganz wenige (gesichert nur eine) Familie, die einen Komplettverlust ihrer Immobilie spontan aus ihrem Vermögen begleichen könnte.

        • @Axel Schäfer:

          In einigen Bundesländern ist eine Gebäude-Elementarschadenversicherung Pflicht.

  • Der Bürgermeister des Ortes ist gehört zur Fascho-Hubsi-Partei. Die Bürger*innen haben also mehrheitlich jemanden gewählt, der parteipolitisch gegen Klimaschutz und für weiter so mit "verbrennen was das Zeug hält" ist.

    Ironie des Schicksals.

    • @OhWeh:

      Ich dachte, die heißt Gisela Kieweg?



      Steht zumindest im Artikel.



      Der Landrat ist von den FW und die sind je nach Region unterschiedlich drauf.



      Ob da ein strammer CSUler besser wäre, was Klimaschutz angeht?

    • @OhWeh:

      Solche Hagelschauer hats da unten im Süden des öfteren. Ich kann mich an das Jahr 1986 erinnern, da war es ebenso.

      • @Tom Tailor:

        Ich lebe "da unten im Süden", nicht sehr weit von Bayersoien. Die Häufigkeit bzw. die Schwere solcher Unwetter hat eindeutig zugenommen. Man hat mittlerweile vor jedem Gewitter ein ungutes Gefühl.

  • Tja. Ahrtal -- vergessen. Ganz zu schweigen von dem, was sonst auf der Welt los ist.

    Ob der deutsche Michel aufwacht, wenn die Versicherung nicht mehr mitmacht? Oder ob der weiter darüber debattiert, ob sich-auf-die-Strasse-kleben nur Nötigung oder schon Gewalt ist?

  • 8 cm Hagel-“Körner“ sind krass und richten sicher große Schäden an. Was in den Schadensstatistiken oft zu kurz kommt und auch dieser Artikel vermissen lässt, sind allerdings die Ernteausfälle in der Landwirtschaft - für viele Kulturpflanzen bedeutet so ein Hagel den Totalausfall einer kompletten Jahresernte und damit verbunden Herausforderungen der Ernährungssicherheit.



    Überschätzt wird dagegen häufig die Aussage zu den Kosten, welche durch Schäden (auch bei anderen Unwettern) entstehen und deutlich am steigen sind. Durch höhere Investitionen in Gebäude (bspw. PV auf den Dächern) sind die Kosten



    durch Schäden nur bedingt mit Sturmstärke iTunes korrelieren, hier werden Abhängige und unabhängige Variable vertauscht.

    • @Raflmao:

      Womöglich gibt es um Bad Bayersoien nicht so viel Landwirtschaft.



      Es liegt nah am Gebirge, da ist klimatisch eher Milchwirtschaft möglich und der Weizen ist schon geerntet.