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Todesfahrt in MannheimSorgt endlich für echte Sicherheit

Mohamed Amjahid
Kommentar von Mohamed Amjahid

Rechte schlachten die Amokfahrt in Mannheim aus, dabei dachte der Täter selbst rechtsextrem. Zeit für eine Sicherheitspolitik, die diesen Namen wirklich verdient.

Ermittler der Polizei durchsuchen eine Wohnung in Ludwigshafen, in der der Todesfahrer von Mannheim gelebt haben soll Foto: Ferdinand Merzbach/news5/dpa

E s passiert schon wieder: Eine Gewalttat hat in Deutschland Menschen das Leben gekostet – und andere instrumentalisieren sie für ihre politischen Zwecke. Doch beim mutmaßlichen Attentat von Mannheim, bei dem bisher zwei Menschen gestorben sind und viele verletzt wurden, bleibt die rechte Instrumentalisierung bislang eher subtil. Warum ist das so?

Recherchen legen nahe, dass der mutmaßliche Attentäter von Mannheim in der Vergangenheit rechtsextremes Gedankengut geäußert oder zumindest damit sympathisiert hat. Dennoch hat ein großer Teil der medialen und politischen Öffentlichkeit bereits entschieden: Ein politisches Motiv wird ausgeschlossen, der Fall kann zu den Akten gelegt werden.

Dass der mutmaßliche Täter psychisch erkrankt war und deshalb mit seinem Wagen in eine Menschenmenge raste, mag zutreffen – doch es ist viel zu früh, dies als endgültige Erkenntnis festzuhalten. Eine ergebnisoffene Analyse und Ermittlungen in alle Richtungen sind notwendig, um daraus zu lernen und die Bevölkerung besser zu schützen.

Die bittere Erkenntnis wenige Stunden nach dem Attentat: Weiß-deutsche Täter werden anders behandelt als jene, die nicht weiß sind.

Deutsche Doppelstandards

In Deutschland herrscht ein Doppelstandard: Je nach Herkunft des Täters wird eine Tat unterschiedlich bewertet. Die Fixierung auf Hautfarbe und Namen verdrängt andere relevante Fragen: Warum nehmen so viele Männer mit psychischen Erkrankungen keine Hilfe in Anspruch? Sind die bestehenden Hilfsangebote ausreichend? Und warum sind deutsche Innenstädte oft nicht besser gesichert?

Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben – das erkennen mittlerweile auch immer mehr In­nen­po­li­ti­ke­r*in­nen an. Doch was tatsächlich zu mehr Sicherheit beitragen könnte, wäre der Verzicht auf Doppelstandards. Jeder Attentäter, jede potenzielle Gefahr sollte nüchtern analysiert werden. Unabhängige, seriöse wissenschaftliche Erkenntnisse müssen im Mittelpunkt stehen – nicht politisch motivierte Kampagnen.

Doch auch im Mannheimer Fall: Wenige Augenblicke nach der ersten Eilmeldungen versuchten verschiedene Seiten das Blame-Game zu betreiben, in der Hoffnung, dass der Attentäter schon ein Asylbewerber oder mindestens einen nicht-deutschen Namen tragen würde.

Auf verschiedenen sozialen Medien, besonders auf der Hassschleuder X, machten AfD-Trolle mit blauen Herzen im Profil schnell „importierten Terrorismus“ oder „die Islamisierung“ für die Gewalttat verantwortlich. Andere versuchten absurderweise pro-palästinensische De­mons­tran­t*in­nen pauschal zu diffamieren. Kurz: ihre eigene politische Agenda zu bedienen.

Wirksame Maßnahmen sind bekannt

Dabei führt genau dieser politisierte Ansatz nirgendwohin: Während des Wahlkampfs wurden die mutmaßlichen Attentate von Magdeburg, Aschaffenburg und München von nahezu allen Parteien für ihre Zwecke instrumentalisiert. Drei nicht-weiße Täter, deren Gewalttaten Menschen das Leben nahmen und ganze Gemeinschaften in eine Krise stürzten, wurden vor allem unter einem migrationspolitischen Blickwinkel diskutiert.

Das Gedenken an die Opfer oder konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit rückten in den Hintergrund. Stattdessen schielten viele Po­li­ti­ke­r*in­nen auf die Prozentpunkte, die sie durch populistische Narrative gewinnen könnten.

Dabei ist längst bekannt: Mehr Sicherheit entsteht durch eine bessere Betreuung psychisch erkrankter Menschen, eine effektivere Nutzung der bereits (zu sehr) erweiterten Kompetenzen der Sicherheitsbehörden und eine bessere Koordination zwischen Bund und Ländern. Doch anstelle pragmatischer Lösungen setzen viele parteipolitische Ak­teu­r*in­nen auf migrationspolitische Panikmache, hasserfüllte Parolen im Wahlkampf – und politische Gleichgültigkeit danach.

Deutsche Debatten machen uns alle unsicherer. Es ist höchste Zeit, eine Sicherheitspolitik einzufordern, die diesen Namen wirklich verdient.

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Mohamed Amjahid
Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen. Im September 2024 erscheint sein neues, investigatives Sachbuch: "Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt" ebenfalls bei Piper.
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7 Kommentare

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  • Und die Mainstream Medien sind für die Tonne oder noch schlimmer Brandstifter. Seit Jahrzehnten werden circa 1,5 Menschen pro Tag ermordet. Mit Hilfe rassistischem frameings werden falsche Zusammenhänge konstruiert und die Gesellschaft in den Wahn getrieben. Ich wende mich von Zeit, DLF und schlimmerem ab. Diese Clickbait Meinungsfabriken sind die Aufbauhelfer der AfD und von Merz.

  • Man kann nach Attentaten bis quasi auf das letzte Staubkorn Analysen betreiben. Die Aufteilung in Migranten und Bio-Deutsche und erst recht die Diskussionen darüber ändern nichts an den Attentaten. Sie ist nur für die unterschiedlichen, politische Ecken hilfreich, sich zu profilieren.



    Der Autor hat es schon richtig erkannt: es gibt keine 100-prozentige Sicherheit. Das Problem ist eher, dass jede tiefgehende Berichterstattung eine Blaupause für jeden weiteren potentiellen Täter ist. Mehr Psychologen im Land wäre wohl für viele eine gute Situation und wohl auch die einzig hilfreiche Prävention.

  • Sicherheit ist eines von vielen Versprechen, die PolitikerInnen ebenso routiniert von sich absondern, wie sie darauf hinweisen, was alles zum allgemeinen Lebensrisiko richtig dazu gehört: Diskriminierung, Exklusion, Armut, Hunger, Unfalltod und die BürgerInnenpflicht, die selbst gewählte Herrschaft 4 Jahre lang zu ertragen. Und man darf sich nicht wundern, wenn sich darin so ziemlich alle Parteien durch die breite Mitte hindurch, von Links bis Rechts und in allen Regenbogenfarben einig sind.



    BürgerIn darf sich da auch bei den Vordenkern neoliberaler Sozialdemokratie bedanken: Anthoy Giddens und Ulrich Beck.

    Und da sag noch einer, die Soziologie wäre tot.



    Es hört nur keiner mehr auf die SoziologInnen, die für kommunitaristische Gesellschaftsmodelle argumentieren.

  • Sehr gute Analyse!

    Prävention ist hier das Entscheidende. Diese kann auch darin bestehen, Mittel gegen soziale Vereinsamung und gegen diese Art von Incel-Phänomen bzw. Hikikomori-Syndrom zu finden, die oft mit solchen Taten einhergehen, da sie eine von der Außenwelt unbemerkte Radikalisierung über soziale Medien begünstigen.

  • Danke für diese kluge Analyse.

  • Dabei ist längst bekannt: Mehr Sicherheit entsteht durch eine bessere Betreuung psychisch erkrankter Menschen...



    ==> Die dazu notwendigen Resourcen stehen nicht einmal für die Kinder in diesem Land in auch nur annähernd ausreichendem Maße zur Verfügung.



    Wie viele der aktuellen Täter hätten den überhaupt betreut werden wollen? Zwangseinweisungen sind bekanntermaßen schwierig und würden von Linker Seite bestimmt nicht gut geheißen. Mit gutem Grund, nachweislich würden die Zwangseingewiesenen ja keine Attentate begehen, sie wären also zu unrecht eingewiesen. ;)

    Der Ansatz im Artikel ist nachvollziehbar, argumentativ - und überhaupt nicht durchzuziehen.

    • @Dr. Idiotas:

      " Mit gutem Grund, nachweislich würden die Zwangseingewiesenen keine Attentate begehen , sie wären also zu unrecht eingewiesen "



      Aber es gibt doch die Sicherheitsverwahrung Paragraph 66 StGB - zum Schutz.



      Hier muss aber auch das soziale Umfeld der Täter, im Vorfeld mal reagieren.