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Sprachverbote auf Palästina-DemosDeeskalation sieht anders aus

Hanno Fleckenstein
Kommentar von Hanno Fleckenstein

Im Umgang mit Palästina-Demos haben die Berliner Behörden jedes Maß verloren. Sprachverbote sorgen nicht für eine Befriedung der Lage – im Gegenteil.

Nach einer Stunde aufgelöst: Palästina-Demo am Samstagnachmittag in Berlin-Schöneberg Foto: Maurizio Gambarini/imago

E s kam, wie es kommen musste: Nach nur einer Stunde erklärte die Polizei am Samstagnachmittag eine propalästinensische Kundgebung auf dem Wittenbergplatz für beendet und schubste und zerrte verharrende Teil­neh­me­r*in­nen weg. Was war passiert? Ein Redner hatte Hebräisch gesprochen, De­mons­tran­t*in­nen hatten palästinensische – also arabischsprachige – Musik abgespielt sowie Sprechchöre auf Arabisch angestimmt. Das klingt unspektakulär, war aber verboten.

Denn die Versammlungsbehörde hatte im Vorfeld strenge Auflagen erlassen. Alle Sprachen außer Deutsch und Englisch waren für Reden, Parolen und Musik tabu. Die Demonstration durfte nicht laufen, sondern musste an einem festen Ort stattfinden. Außerdem gab es eine Trommelquote: Pro hundert Teil­neh­me­r*in­nen war nur ein Perkussionsinstrument erlaubt.

Begründet wurden die Einschränkungen mit einer „Vielzahl an Straftaten bei solchen Versammlungen in der Vergangenheit“, Anlass dürfte aber vor allem Kritik an der Polizei nach einer ähnlichen Demo vor rund einer Woche gewesen sein. Dort war Medienberichten zufolge auf Arabisch zum Mord an Juden aufgerufen worden, doch die Be­am­t*in­nen vor Ort bemerkten das offenbar nicht. Erst im Nachhinein wurden Ermittlungen aufgenommen.

Nun hat die Polizei es sich also leicht gemacht. Des Arabischen nicht mächtig? Einfach verbieten! Als die Demonstrierenden dann am Samstag diese Auflage missachteten, trat durch das gesprochene arabische Wort eine „unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ ein, wie es im Polizeijargon heißt. Die Polizei sah sich „gezwungen“, die Versammlung aufzulösen.

Die Polizei dreht an der Eskalationsspirale

Doch das ist der völlig falsche Weg. Es ist ohnehin schon fragwürdig, warum die Berliner Polizei nicht in der Lage ist, genügend sprachkundige Be­am­t*in­nen oder Dol­met­sche­r*in­nen einzusetzen, um Äußerungen in weit verbreiteten Fremdsprachen zu übersetzen. Doch dann als Reaktion auf einzelne mutmaßlich strafbare Äußerungen kurzerhand ein pauschales Sprachverbot zu verhängen, zeigt erneut, dass die Behörden im Umgang mit Palästina-Demos jegliches Maß verloren haben.

Mehr noch: Mit den überharten Auflagen dreht die Polizei selbst kräftig an der Eskalationsspirale. Denn die Eingriffsschwelle der Be­am­t*in­nen ist niedrig, nahezu jeder Regelbruch führt sofort zu einer Maßnahme. Die Verbote sorgen dadurch nicht für eine Befriedung der Lage, im Gegenteil. Es gibt mehr Zwischenfälle, mehr Gewalt.

Es steht zu befürchten, dass die Kundgebung am Samstag nicht die einzige bleibt, die so schnell beendet wird. Eine Polizeisprecherin hat bereits angekündigt, dass die Sprachverbote „bis auf Weiteres“ auch für künftige Palästina-Demos gelten sollen. Ein fatales Signal. Trauer und Wut werden dadurch auch weiterhin unter Generalverdacht gestellt – eine Erfahrung, die palästinensische Menschen in Deutschland seit Jahrzehnten machen.

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Hanno Fleckenstein
Redakteur taz.berlin
Redakteur für Innenpolitik im Berlinteil. Seit 2021 bei der taz, zuerst als freier Mitarbeiter und Text-Chef in den Ressorts Inland, Wirtschaft+Umwelt, Meinung und taz.eins. Hat Politikwissenschaft und Publizistik in Berlin und Maskat (Oman) studiert.
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63 Kommentare

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  • Das solche Demonstrationen, in denen gegen Israel und gegen Juden gehetzt und Terroristen gefeiert werden, überhaupt in Deutschland stattfinden, ist ein Skandal und eine Schande!

  • Naja, eine Demo in Deutschland auf Deutsch ist jetzt wirklich kein Unding.

    Und ganz ehrlich: Wahrscheinlich soll es auch unbequem sein. Den antiisraelischen Käse wollen viele nicht…

  • Die Polizei scheint zunehmend überlastet mit den Demos und sucht einen Weg, um Grenzen zu setzen. Sie ist alleingelassen mit den unterschiedlichen Ansprüchen und Vorwürfen. Dies wird weder den Palestinensern noch den Juden/Israelis gerecht. Wo bleiben eigentlich die Distanzierungen von der Hamas auf den Demos?

  • Ich bin kein Freund dieser Demos und unterstütze die einseitige propalästinensische Propaganda nicht aber ich möchte hier doch zu etwas mehr Ausgeglichenheit aufrufen.

    Die Situation der Palästinenser im Nahen Osten ist verzweifelt und sie werden vermutlich auch diesmal - ähnlich wie die Kurden - von der internationalen (sicher aber von der deutschen) Politik alleingelassen - mit der Perspektive der vollständigen und endgültigen Vertreibung der Überlebenden.

    Jeder der (palästinensischen) Teilnehmer hat Tote in der Familie zu beklagen. Was für eine übermenschliche Beherrschung verlangt man eigentlich von diesen Menschen (aber wir nicht von uns und nicht von den Isaraelis) ?

    • @Sonntagssegler:

      Wäre es für Sie auch eine "übermenschliche Beherrschung", von den Demonstranten zu verlangen, keine antisemitischen Parolen zu brüllen?

      Auch der Verzicht auf arabische Rufe und Sprechchöre gehört dazu. Denn so erreicht man die "Eingeborenen" nicht und darf sich dann über Vorurteile nicht wundern.

      Ich habe in Mainz einige, allerdings kleine, Demos und Kundgebungen von Palästinensern, Kurden und Syrern erlebt. Dort haben die Redner deutsch gesprochen, auch die Sprechchöre und die verteilten Flugblätter waren auf deutsch. Es geht also und erhöht die Chance, dass zumindest einige Leute die Flugblätter lesen, die man ihnen in die Hand drückt.

  • Wenn das Problem größer ist, dass Redner auf deutsch oder englisch sprechen sollen als dass zum Mord an Juden (oder auch anderen) aufgerufen wird, stimmt irgendwas im Wertesystem nicht.

    Aber passt in eine Zeit, wo jeder nur Rechte haben will und von Pflichten (wie nicht zum Mord aufzurufen) keine Rede mehr sein darf.

    • @Dr. McSchreck:

      Also jetzt wird es aber hanebüchen. Wenn die Polizei sich nicht in der Lage sieht, ob Mordaufrufe gegen Juden in arabischer Sprache skandiert werden, sollte man die Demo dann unter Generalverdacht stellen und prophylaktisch verbieten? Vor Gericht hätte eine solche Begründung keinen Bestand, denn zunächst hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit höhere Priorität.



      Selbst die polizeilich verordneten Auflagen, unter denen die pro-palästinensische Kundgebung dann stattfinden sollte, halte ich für reichlich fadenscheinig - dass es dann zur Eskalation kommen musste, war abzusehen. Und offensichtlich einkalkuliert, um die Auflösung der Demo legitimieren zu können.



      Aber ohnehin hat der Berliner Senat in diesem Konflikt jegliches Maß verloren.



      Was wurde übrigens auf der vorangegangenen Demo, die zu diesen Auflagen erst führte, in hebräischer Sprache ausgesagt? Weiß die Polizei auch nicht? Na prima!

      • @Abdurchdiemitte:

        Es ist doch sogar gegen die Auflagen für die Demo schon vor Gericht gegangen - und verloren - worden. Das Gericht sah es eben durchaus als gerechtfertigt, dass die Polizei nicht ihre eigenen Dolmetscher mitbringt, oder im Zweifelsfall doch einer der deutschsprachigen Organisatoren die Botschaft überbringt. Die werden ja wohl kaum jemandem das Megafon in die Hand drücken, dessen Sprache niemand der anderen Organisatoren der Demo versteht. Das wär schon gewaltig unverantwortlich.

    • @Dr. McSchreck:

      Ich bin erst einmal skeptisch, worin der Mordaufruf eigentlich bestand. Das ist ja bereits auch sehr eingeschränkt.

      Dabei sind den Demonstranten in Deutschland Ausdrücke verboten, die sich regelmäßig umgekehrt in israelischen Regierungsverlautbarungen wiederfinden.

      Das ist schon bedenklich - für Deutschland.

      • @Sonntagssegler:

        Warum bedenklich?



        Wenn ausländische Regierungen etwas sagen / machen müssen wir das in unsere Entscheidungsfindung bei deutschen Gesetzen berücksichtigen?



        Wenn etwas hier verboten ist, ist es egal was Hinz und Kunz in der Welt zu dem Thema verlautbaren.



        Daraus irgendein Bedenken zu konstruieren ist bedenklich.

      • @Sonntagssegler:

        Was sind das denn für Ausdrücke, die Sie gerne erlaubt sehen würden?

  • „ "... warum die Berliner Polizei nicht in der Lage ist, genügend sprachkundige Be­am­t*in­nen oder Dol­met­sche­r*in­nen einzusetzen,"

    Warum sind die Demonstranten nicht in der Lage, ihre Parolen auf Deutsch vorzutragen? Es wird doch wohl jemanden unter ihnen geben, der beide Sprachen, Arabisch und Deutsch, spricht?

    • @Suryo:

      Gewiss können Sie sich das fragen. Konkret geht es HIER aber um ein Verbot für überwiegend arabischprachige Menschen (nehme ich an), ihren Protest auf deutschen Strassen in ihrer Muttersprache zu artikulieren. Als ob Arabisch per se eine subversive oder irgendwie gewaltaffine Sprache sei. Ich kann Ihnen versichern, sie ist es genau so wenig wie die englische, deutsche oder hebräische Sprache.



      Wesentlicher wäre doch die Klärung der juristischen Frage, ob hier mit derartigen Auflagen nicht ein eklatanter Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung vorliegt.



      Die Beweislast, dass dort Parolen antisemitischen oder anderen verfassungsfeindlichen Inhalts skandiert wurden, liegt in unserem Rechtssystem immer noch bei der Polizei..



      Wenn in diesem Kontext also Probleme auftauchen bzw. die Berliner Behörden ins „Schwimmen“ kommen, ist dies u.a. auch einer wissenschaftlich unscharfen, ideologisch motivierten IHRA-Antisemitismusdefinition geschuldet, die sich der deutsche Staat zu eigen gemacht hat und mit denen die Staatsorgane arbeiten müssen.



      Viele haben vor dieser Entwicklung gewarnt, darunter nicht wenige jüdische Intellektuelle.

      • @Abdurchdiemitte:

        Die Versammlungsfreiheit gemäß Art 8 GG steht nur Deutschen zu. Das Forderung, daß Demonstrationen auf Deutsch stattfinden sollen, führt somit nicht zu einer Einschränkung des Demonstrationsrechts.

        • @Moby Dick:

          Deutsche haben also gefälligst Deutsch zu sprechen. Gut zu wissen, dass die nationalistische Propaganda des Sprachkampfes aus dem 19. Jahrhunderts weiterhin ihre Früchte trägt.

          AgD und der Allgemeine Deutsche Sprachverein lassen grüßen.

          Sorry, aber diese Art eine monolinguale Ideologie als Selbstverständlichkeit hinzustellen finde ich einfach nur erschreckend im 21. Jahrhundert.

  • Es sollte doch - maschallah - der ein oder andere mit einer arabischen Mutter und -sprache bei der Polizei Berlins anzutreffen und abzuordnen sein.

    Man kann Misstrauen haben, dann muss mensch aber konsequent z.B. Netanyahu hier auch nur Englisch oder Deutsch reden lassen.

    Was nie geschehen sollte, ist der Eindruck, dass die Universalität von Menschen- und Bürgerrechten nur nicht für eine bestimmte Gruppe gelten soll. Das ist ein Fehler, das ist unaufgeklärt und klageanfällig.

    • @Janix:

      Tatsächlich sind Menschenrechte und Bürgerrechte nicht dasselbe.

      Das Versammlungsrecht, zum Beispiel, ist nach dem Grundgesetz ein sog. „Deutschenrecht“, das nur Staatsbürgern (als Grundrecht) zusteht.

      [In der Berliner Landesverfassung ist es jedoch ein „Jedermannrecht“.]

      • @Ruhrpott-ler:

        Mir und anderen vermutlich allgemein bekannt. Ja (das mit Berlin wusste ich dabei noch nicht, vielleicht Nachwehen des Besatzungsstatuts).



        Aber auch innerhalb von Bürgers darf nicht unterschieden werden, ob sie jetzt zufällig Darwisch, Kuzorra, Meir oder Müller heißen.

  • Ich möchte meinen Vorrednern hier attestieren, dass Sie exzellent in die neue libertäre Welt eines Lindner oder Trump passen.



    Leider haben ihre Kommentare nichts mit unserer Verfassung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Versammlungs- und Meinungsfreiheit zutun.



    Die Exekutive, gerade in Berlin bezüglich der Propalästina Proteste schafft hier Präzedenzfälle, bei denen sich alle Verfassungsfeinde die Hände reiben.



    So kann später der Fascho mit Hang zur Autokratie besser schalten und walten.

    • @SkepsisHilftImmer:

      Stimmen die behaupteten Sprüche von der vorangegangenen Demonstration, haben Sie voll recht.

      Auf einer Demo dazu aufzurufen, Juden zu erschießen oder sie Mördern auszuliefern, ist zweifellos ein Präzedenzfall.

      Biodeutsche Faschos und andere Verfassungsfeinde reiben sich die Hände.

      • @rero:

        Es liegt auf der Hand, dass @SkepsisHilftImmer in der Analyse des Vorgangs ideologisch ein klein wenig vergaloppiert hat. Ihrem Hinweis schließe ich mich daher an.



        Aber ganz offensichtlich ist auch - und DAS bleibt einem auch nicht verborgen, sofern man die die politischen Debatten hierzulande aufmerksam beobachtet -, dass von rechter politischer Seite offensichtlich ein hochgradiges Interesse daran besteht, die Diskussionen um Migration, Islam(kritik) UND Antisemitismus so zu verknüpfen, dass sie politisches Kapital daraus schlagen können.



        Wenn man nach Motiven sucht, warum gewisse politische Debatten von wem auch immer angezettelt werden, sollte man das auch in alle Richtungen tun - übrigens nicht bloß in Wahlkampfzeiten.

        • @Abdurchdiemitte:

          Vergalloppiert haben Sie sich mit ihren Präjurisdiktionen die Rechtssprechung anlangend. An vielen Lehrstühlen und Departments wird gerade linker Antisemitismus und die daraus resultierende Querfront erforscht. Dazu gehört auch der Schulterschluss mit dem arabischen Faschismus, der in Deutschland seit dem Sechstagekrieg bekannt ist und in der Kollaboration von RAF, Roten Brigaden und PLO mündete.

    • @SkepsisHilftImmer:

      Die Propalästinenser haben sich das Misstrauen schließlich hart erarbeitet, es gibt übrigens auch genügend Aussagen auf Deutsch die trotz Versammlungs- und Meinungsfreiheit verboten sind, das nennt man dann Volksverhetzung.

      • @Abraham Abrahamovic:

        Ach, @Herr Abraham Abrahamovic, wenn doch unsere Behörden bei der Ahndung von Volksverhetzung aus dem rechten Spektrum mit der selben Konsequenz vorgehen würden wie in diesem Fall, könnte ich weitaus ruhiger schlafen.



        In meinem Lebensalltag erlebe ich das meistens anders.

  • Muss man eigentlich auf einer Demo, wo eine Woche zuvor noch Personen, die Waffen besitzen, aufgerufen worden sein sollen, Juden zu erschießen oder sie an die Hamas zu übergeben, noch deeskalieren?

    Ich stelle mir vor, auf einer Neonazi-Demo sollen Leute mit Waffen aufgerufen worden sein, Angehörige einer bestimmten Religion zu erschießen oder sie dem NSU auszuliefern.

    Würde ein Kommentar der taz dann Deeskalation fordern?

    Ich kann es mir nicht vorstellen.

  • Sollen Demos nicht die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung beeinflussen?

    Wozu dann Demos auf Arabisch? Das ist nun mal keine Sprache, die hierzulande die Sprache des öffentlichen Diskurses ist.

    Würde einer von uns auf die Idee kommen, zB in Frankreich bei einer Demo Parolen auf Deutsch zu rufen? Natürlich nicht, das wäre absurd.

    • @Suryo:

      Ok, wenn wir dabei sind hypothetische Parallelen zu ziehen, warum nicht. Stellen wir uns vor, die AgD übernimmt die Macht in Deutschland und es gibt Demonstrationen von Communities von Menschen mit Verbindung zu diesem Land in anderen Ländern, beispielsweise Frankreich. Welches Problem besteht jetzt darin, wenn sich Leute auf diesen Demos auf Deutsch artikulieren wollen? Muss man nicht, aber mit welcher Begründung (außer einer sprachnationalistischen oder einer opportunistischen) will man das verbieten?

      Was du und eine Reihe anderer ForistInnen hier machen, ist eine Vermengung von Sprachform und -inhalt, die ich äußerst gefährlich finde, weil sie auf essentialistischen Vorstellungen von nationaler und sprachlicher Identität basieren - du bist DeutscheR, daher sprichst du gefälligst Deutsch. Du bist SüdafrikanerIn, also sprichst du gefälligst Südafrikanisch...

      Die zwei anderen Argumente zur strategischen Wirkung der Sprachwahl und inhaltlichen Problemen/Strafbarkeit von *konkreten Äußerungen*, die hier öfter kommen, sind unabhängig davon, dass hier ein Pauschalverbot für Sprachen im (immerhin *noch* einem zeitlich und lokal begrenzten) öffentlichen Raum etabliert wird.

      • @Outis:

        Es ist eigentlich ganz einfach: niemand MUSS hier auf Arabisch demonstrieren und tatsächlich wäre es ganz konkret (!) auch unpraktisch (!) im Hinblick darauf, politisch und gesellschaftlich Gehör und (im wahrsten Sinne des Wortes!) Verständnis zu bekommen.

        Also mal runter von der abstrakten Ebene kommen, bitte. Und im wahren Leben sieht's dann eben so aus, dass illegale Parolen ganz bewusst in einer Sprache skandiert werden, die eben die Mehrheit nicht versteht.

  • Grundrechte sind allgemein und unteilbar, sie sind weder an Sprachen noch an Nationalitäten geknüpft. Sie gelten absolut, nicht relativ.



    Auch wenn jemensch ausschließlich hebräisch oder arabisch oder kurdisch oder Quechua spricht, hat dieser Mensch trotzdem dieselben Grundrechte wie Menschen, die Deutsch sprechen.

    Auflagen, die das Grundrecht der freien Meinungsäußerung auf Äußerungen in Deutsch oder Englisch (wieso eigentlich Englisch?) begrenzen, sind deshalb rechtsmißbräuchlich und verfassungswidrig.



    Soll etwa die Pressefreiheit nur für Publikationen in Deutsch und Englisch gelten?



    Oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit nur für Deutsche, Iren, US-Amerikaner und Bürger des ehemaligen britischen Commonwealth?

    Wenn die Ordnungsbehörden Rechtsverstöße auf Kundgebungen ermitteln wollen, müssen sie sich die Reden halt übersetzen lassen.

    Alles andere erodiert die FDGO.

    • @Elmudo:

      @Elmundo Schon mal ins Grundgesetz geschaut? Das ist die deutsche Verfassung.

      Zur Versammlungsfreiheit ist das folgendes zu lesen:



      Artikel 8

      (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.



      (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

      • @Gesunder Menschenverstand:

        Und müssen alle Deutschen dabei Deutsch sprechen?

    • @Elmudo:

      Laut Grundgesetz ist das Demonstrationsrecht strenggenommen gerade kein Grundrecht, sondern nur eines der deutschen Staatsbürger.

      • @Suryo:

        Es ist Grundrecht. Aber kein Menschenrecht, sondern Bürgerrecht.

  • Warum demonstriert man in Deutschland? Doch vermutlich, um die Öffentlichkeit hierzulande auf Missstände aufmerksam zu machen und um Verständnis für die eigenen Anliegen zu werben.



    Das Grundgesetz kennt das Recht auf freie Meinungsäusserung und damut auf Demonstrationen, aber keines auf Hetze, Krawall und Mordaufrufe.

    • @Carsten S.:

      Meinen Sie nicht, dass man sich dann auch der Sprache bedienen sollte, die hierzulande gemeinhin verstanden wird ?

  • Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut unserer Verfassung. Gleichzeitig gibt es ein Diskriminierungsverbot. Sprachen auf Demos pauschal zu verbieten scheint mir in dieser Hinsicht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar zu sein.

    • @Henne Solo:

      Gewiss, die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut! Wie hier in den Kommentaren allerdings schon mehrfach zu Recht bemerkt wurde, sollte man seine Meinung in einer Sprache kundtun, die von allen verstanden wird. Ansonsten handelt es sich nämlich nicht um eine Demonstration / Meinungsfreiheit, sondern um Missbrauch derselben, um seine Peergroup aufzustacheln. Das scheint mir mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

    • @Henne Solo:

      Anderer Auffassung das zuständige Verwaltungsgericht (mit Berufsrichtern, die sich also wohl auskennen werden). Gegen die Auflage wurde geklagt, sie wurde aber nicht aufgehoben - die Gründe dürften auf der Hand liegen, wenn man den Artikel aufmerksam liest.

      • @Dr. McSchreck:

        Als Begründung hat das Berliner Verwaltungsgericht die Gefahrenabwehr herangezogen. Ähnlich konstruiert wie das Hamburger Urteil zur Kalifat-Demo.

        Interventionen gegen Versammlungen sind erst möglich, wenn gegen Strafgesetze verstoßen wird, weil etwa Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet werden (§ 86a StGB) oder der Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt wurde. Aber nicht im Vorfeld, weil strafbare Handlungen vermutet werden.

        Klare Position dazu vom Bundesverwaltungsgericht v. 27.03.2024 – B 6 C 1/22, Rn. 41. Stützt sich auf die Beschlüsse des BVerfGE v. 24.10. 2001 und 21.09.2020.

        "Eine Bewertung des Inhalts des mit einer Veranstaltung verfolgten kommunikativen Anliegens bzw. der Eignung oder Sinnhaftigkeit einer Veranstaltung sowie der in ihrem Rahmen geplanten Aktionen und AUSDRUCKSFORMEN im Hinblick auf den jeweils bezweckten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung steht den grundrechtsgebundenen staatlichen Stellen nicht zu“

        Einem Redner zu verbieten in seiner Muttersprache zu sprechen, wäre zudem ein Verstoß gegen die Grundrechtcharta der EU Art. 21.

    • @Henne Solo:

      Wo ist die Gleichheit wenn man nicht mehr weiß was die Gruppe skandiert oder sagt?



      Es verbietet niemand pauschal etwas sondern auf einer Großveranstaltung, da sollte schon jeder die Möglichkeit haben zu verstehen was gesagt wird.

    • @Henne Solo:

      Mit Verlaub das ist eine Scheinargumentation, die rassistische Aufrufe und Diskriminierung gegen Juden doch irgendwie sprechfähig machen möchte. Vor allem da alles heute leicht im Netz transkribiert werden kann.



      Ich weiß nicht wie weit das Holocaust-Mahnmal vom Veranstaltungsort entfernt ist, aber Antisemitismus auf Arabisch ist immer noch Antisemitismus und kein Fliegenschiss.

    • @Henne Solo:

      Pauschal stimmt ja nicht.

      In welcher Sprache sich die Demonstranten unterhalten, interessiert keinen.

      In welcher Sprache Parolen skandiett werden, das war hier das Spannende .

  • "..... nahezu jeder Regelbruch führt sofort zu einer Maßnahme. "



    Ja!! Wozu sind Regeln sonst da?



    Die Einhaltung der den Demonstrierenden bekannten Regeln durch die Polizei als Eskalation zu bewerten halte ich schon für dreist.

    • @B. Trübt:

      Ja, wenn es immer so wäre!



      Ist es aber nicht: Oft macht die Polizei rein gar nichts, oder bittet höchstens höflich die Versammlungsleitung, die Teilnehmer jetzt aber wirklich zur Ordnung zu rufen.

      Diese Selektivität ist Willkür und eines Rechtsstaats nicht würdig.

  • Nach all den zurückliegenden feindseligen Vorkommnissen ist es eine gute Idee Englisch und Deutsch als Sprache einzufordern. Transparenz ist gefragt! Ich kann Hanno Fleckenstein überhaupt nicht zustimmen. eine Demonstration soll ja auch von den Passanten verstanden werden können.

  • "... warum die Berliner Polizei nicht in der Lage ist, genügend sprachkundige Be­am­t*in­nen oder Dol­met­sche­r*in­nen einzusetzen," Das ist beine sehr eigenartige Sicht! Wenn man Argumente hat , dann sollen diese auch so vorgetragen werden, dass alle Teilnehmenden der Demo diese verstehen. Nicht nur Polizist*innen verstehen kein arabisch oder hebräisch, sondern z.B. ich auch nicht, - ein Hindernis wenn ich mich hätte über die Beweggründe der Demo schlau machen wollen.



    Außerdem, falls es einem/r auffallen würde, was dort gesagt wird, was soll dann passieren? Soll er/sie auf der Demo Knöllchen verteilen?



    Die Sprach-Auflagen waren im Vorfeld bekannt!

    Das Demonstrationsrecht ist wichtig, aber inhaltlich müssen Demos mit unserem Grundgesetz vereinbar sein. Das sind sie m.E. schon dann nicht, wenn es auf Demos Geschlechtertrennung gibt.



    Die Bundesregierung hat es mit ihrer Innenpolitik geschafft, dass ALLE Menschen hier trotz der Geschehnisse am 07 .Oktober 23 in der BRD weitgehend in Frieden leben können.



    (-womit ich die Feindseligkeiten in der BRD besonders gegen Menschen jüdischen Glaubens, nicht relativieren möchte.)

    • @maria2:

      So als Fazit: Der Sinn einer Demo ist es, sich öffentlich zu äußern, in einer Sprache, die für Menschen in diesem öffentlichen Raum am verständlichsten ist. Das ist nun mal die Landessprache!

  • Ich kann mir gut vorstellen, was in Palästinensern vorgeht.



    Sie haben Familienmitglieder und Freunde verloren. Ihre Heimat ist zum Großteil zerstör, und sie müssen ihren Mund halten.



    Wo sie doch am Liebsten ihre Trauer und Schmerz herausschreien wollten. Unvorstellbar. Ich schäme mich für das Verhalten der deutschen Politiker, die angesichts dieser humanitären Katastrophe nichts Anderes einfällt, als Demonstrationen zu unterbinden.

    • @Horst Ulrich Lohmann:

      Sie werden auf Demos in Berlin kaum einen Menschen finden können dessen Heimat der Gazastreifen ist. 99,9% der Teilnehmer waren noch nie dort genau wie deren Eltern und wahrscheinlich inzwischen auch Großeltern.



      Die Demonstranten schreien für gewöhnlich auch nicht ihren Schmerz und Trauer hinaus sondern ihren eliminatorischen Antisemitismus.

      • @Šarru-kīnu:

        Deshalb ist es ja so wichtig, vorzuschreiben das bitte in verständlicher Sprache skandiert wird.

    • @Horst Ulrich Lohmann:

      Das stimmt doch nicht.

      Die Leute können ihre Trauer und ihren Schmerz frei herausschreien.

      Es geht hier nur um bestimmte politische Parolen.

      • @rero:

        Wiederum Zustimmung meinerseits. Dazu muss aber erst mal VERSTANDEN werden, was da auf der Straße so skandiert wird. Sprachlich sowieso - da hapert es offensichtlich schon bei der Berliner Polizei - wie auch emphatisch. Damit meine ich die Fähigkeit zur Empathie auch für den Schmerz und die Wut auf palästinensischer Seite.



        OHNE übrigens palästinensischen Judenhass zu relativieren und zu legitimieren. Schwierig, aber sollte das nicht möglich sein?

  • Ich bin vollkommen konträrer Meinung zum Autor: Es ist absolut zu begrüßen, dass die Polizei sog. propalästinensische Demonstrationen mit Auflagen versieht. Das geschieht ja nicht aus Jux und Dollerei sondern aufgrund einer Vielzahl von negativen Erfahrungen mit ähnlichen Veranstaltungen in der Vergangenheit. Dort wurde immer wider zu Gewalt gegen Israel und Judenhass aufgerufen wie der Autor selbst feststellt. Es ist beschämend, dass das ausgerechnet auf deutschen Straßen wieder möglich war und es ist richtig, dass Maßnahmen ergriffen werden dieser Hetze Einhalt zu gebieten. Die Auflagen waren bekannt und kommuniziert, wenn der Veranstalter nicht in der Lage ist diese einzuhalten, dann kann er schlechterdings die Polizei dafür verantwortlich machen. Bei einem Aufmarsch von Nazis würde der Autor doch sicher auch verlangen, dass sofort eingeschritten wird wenn Auflagen nicht eingehalten werden.

  • Es ist wohl kaum Aufgabe der Polizei, genügend Dolmetscher einzusetzen, damit nicht wieder heimlich zum Mord an Juden aufgerufen werden kann. Es ist auch nicht die Polizei, die eskaliert, sondern Teilnehmer solcher Demos, die regelmäßig solche Mordaufrufe in die Welt setzen und dass das auf Arabisch passiert, hat doch auch nur den Zweck, dass es nicht sofort auffällt. Die übrigen Teilnehmer der Demo scheinen sich an den Aufrufen auch nicht wirklich gestört zu haben und somit haben sich diese Leute die Auflagen selbst zuzuschreiben. Es verwundert übrigens immer wieder, wie gnädig manche Autoren mit diesen Demos ins Gericht gehen. Mordaufrufe bei einer AfD Demo würden wohl ganz andere Artikel nachsichziehen

  • "Es ist ohnehin schon fragwürdig, warum die Berliner Polizei nicht in der Lage ist, genügend sprachkundige Be­am­t*in­nen oder Dol­met­sche­r*in­nen einzusetzen"

    Das ist maximal so fragwürdig, wie warum es die Organisatoren von solchen Demos nicht schaffen, sich bereits im Vorfeld klar von Hamas Sympatisanten zu distanzieren und dann antisemtische Parolen zu verhindern. Am Ende isses nichts Anderes als wie bei den Rechten, Querdenkern, etc. Mit Extremisten in einer Reihe laufen und sich dann über "Sprachverbote" echauffieren. Macht euch mal grade!

  • www.juedische-allg...denhass-in-berlin/

    Scheint wohl angebracht waa?



    Wo sind denn eigentlich die nie wieder ist jetzt demos wenns um solche geschichten geht?

    • @Hannes Petersen:

      Dass sich die JA ausgerechnet auf einen Bericht der Zeitung mit den vier großen Buchstaben bezieht, die ja allgemein bekannt ist für notorische Hetze gegen Migranten, finde ich ein bisschen fragwürdig. Gab es keine seriösen Quellen?



      rbb24 schreibt: „ Die Polizei begleitete die Demonstration am Wittenbergplatz nach eigenen Angaben mit rund 250 Beamtinnen und Beamten. Laut Polizei waren rund 300 Demonstranten anwesend, ein ein rbb-Reporter vor Ort schätzte die Zahl der Teilnehmenden auf 200 bis 300.“ Also 1 Beamte*r auf 1 Demonstrierenden.



      Meines Erachtens wird da ein Popanz aufgebaut. Zudem sind pauschale Verbote unzulässig. Vor jeder einzelnen Demonstration muss geprüft werden, bevor Auflagen erlassen werden.

    • @Hannes Petersen:

      Bitter, dass es die Jüdische Allgemeine zur Korrektur benötigt.



      Danke für den Link!

  • Cancel Culture Rebounce. Recht so. Antisemitismus ist keine Meinung.

    • @rakader:

      zwei faschisten planen die vertreibung von 2 millionen menschen, um den gazastreifen zur "riviera des mittelmeers" ausbauen zu können, und alles, was dir einfällt ist, allen menschen die dagegen protestieren pauschal antisemitismus zu unterstellen und von cancel culture zu schwurbeln. gruselig.

      • @Pflasterstrand:

        "allen menschen die dagegen protestieren"



        Das ist ja gerade der Punkt! Menschen die nur dagegen protestieren, sollen nicht behelligt werden. Dazu muss man sie aber verstehen.



        Dazu kann man nun stehen wie man will, aber ihre Behauptung, dass das alles völlig unschuldige Demonstranten sind, ist eine Behauptung ohne Grundlage.

        • @Encantado:

          tun Sie mir bitte den gefallen und lesen Sie meinen kommentar sorgfältig durch. dann werden sie feststellen, dass ich an keiner einzigen stelle behaupte, es gäbe keine strafbaren äusserungen oder handlungen unter den demonstrierenden. wogegen ich mich verwehre sind pauschalisierungen. nicht mehr aber auch nicht weniger.

          • @Pflasterstrand:

            "tun Sie mir bitte den gefallen und lesen Sie meinen kommentar sorgfältig durch."



            Das habe ich, und ich sehe hier eine gewisse Einseitigkeit durchschimmern.



            Inwiefern die Polizei mit Auflagen für Demonstrationen völlig ohne Pauschalisierung aufgrund Erfahrungen auskommen soll, ist ebenfalls offen. Und dass Antisemitismus in den vergangenen Palästinenser-Demos recht präsent war, lässt sich schlecht leugnen.