Sparmaßnahmen bei VW: Aus den Fehlern nichts gelernt
Der größte Konzern der wichtigsten deutschen Exportbranche setzt den Rotstift an. Für die deutsche Wirtschaft verspricht das nichts Gutes.

E s ist eine Ironie der Geschichte: Kaum 24 Stunden nachdem Volkswagen mitteilte, im Rahmen seines Sparprogramms Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr auszuschließen, begann nun endlich der Strafprozess gegen seinen Ex-Chef Martin Winterkorn. Auch wenn dieser die gegen ihn erhobenen Vorwürfe von sich weist, muss er sich dafür verantworten, dass unter seiner Ägide einer der größten Skandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte, die massenhafte Manipulation von Diesel-Abgaswerten, stattfand.
Dass jetzt der größte Konzern der wichtigsten deutschen Exportbranche den Rotstift ansetzt, ist ein guter Grund für Pessimismus. Deutschland schrammt gerade irgendwo an der Rezession herum. Ob es irgendwann mal besser wird und die Transformation doch eines Tages zu einer Erfolgsgeschichte wird, steht mehr denn je in den Sternen. Drohen nun auch Massenentlassungen im großen Stil, kann die Stimmung im Land endgültig kippen.
CDU-Chef Friedrich Merz findet, dass die Autoindustrie nun die Uhr zurückstellen sollte. Es könne sein, dass VW mit einer einseitigen Festlegung auf die Elektromobilität einen Fehler gemacht habe, kritisierte er das Management. Doch gerade der Fall Volkswagen zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist, dass die Autobranche viel zu lange aufs falsche Pferd gesetzt hat.
Statt kleine, umweltfreundliche Autos zu entwickeln, steckten die Wolfsburger Autobauer jahrelange ihre Energie in die Konstruktion illegaler Abschalteinrichtungen, um die Stickoxid-Emissionswerte nach unten zu manipulieren. 2015 deckten US-Behörden diesen Skandal auf. Vom Imageschaden abgesehen, kostete dies Volkswagen einen zweistelligen Milliardenbetrag an Bußgeld- und Schadenersatzzahlungen. Geld, das in die Entwicklung von kleinen Elektromodellen sinnvoller investiert wäre.
Falsche Prioritäten
Gelernt hat die Wolfsburger Chefetage offenbar trotzdem nichts aus dem Skandal. Statt Probleme bei der Software-Sicherheit zu beheben, stellte der Autobauer den beliebten VW-Kleinstwagen „up!“ Ende vergangenen Jahres ein. Dabei schaffte es die Elektroversion 2021 noch mit knapp 31.000 verkauften Exemplaren auf Platz zwei der beliebtesten E-Autos in Deutschland.
VW hat also weniger ein Kosten-, sondern vielmehr ein Produktproblem. Trotzdem will das Management bei den Beschäftigten sparen und in Massen entlassen. Dafür ist Volkswagen-Chef Oliver Blume mit einem Jahresgehalt von zuletzt mehr als zehn Millionen Euro der am besten bezahlte Manager Deutschlands. Noch ein Fehler.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen