Sexualpädagogin übers Wickeln: Empowerment für Babys
Eine Pädagogin findet, Eltern sollten ihr Baby fragen, ob es mit dem Wickeln einverstanden ist. Ein wichtiger Schritt in Richtung Consent Culture.
Deanne Carson weiß, dass es ganz so einfach nicht ist. Klar werde ein Säugling keine klare Antwort geben, fügte sie im Interview mit ABC News hinzu. Dennoch könne man auf die Körpersprache achten und Augenkontakt herstellen, um dem Baby zu vermitteln, dass seine Reaktion wahr- und ernstgenommen werde.
Es prallen hier zwei Faktoren aufeinander, die einen Shitstorm garantieren: Zum einen geht es um Tipps zu Kindererziehung, die von dem abweichen, was die Mehrheitsgesellschaft für „normal“ hält. So was kommt nie gut an. Und dann hat Deanne Carson auch noch pinkfarbene kurze Haare und ihr sexualpädagogisches Konzept fußt auf der Inklusion aller Kulturen, Religionen, Familienstrukturen und Geschlechteridentitäten. Klar, dass sich rechte Medien wie Breitbart an dem Shitstorm beteiligen. Carson bekommt inzwischen Morddrohungen und wird als „linke Verrückte“ beschimpft.
Bei all dem Hass wird der eigentliche Anlass des Interviews vergessen: der letztendliche Freispruch des ursprünglich einmal wegen Vergewaltigung verurteilten Luke Lazarus aus Sydney. In seinem Gerichtsverfahren war es immer wieder darum gegangen, ob die Frau, die ihn angezeigt hatte, in den Sex eingewilligt hatte – und falls nicht, ob Lazarus sich ihrer Nichtzustimmung bewusst war.
Empfohlener externer Inhalt
Deanne Carson will mit ihrer sexualpädagogischen Arbeit eine Kultur des „consent“, also der Zustimmung, fördern. Damit ein Mensch einer sexuellen Handlung zustimmen oder sie ablehnen kann, muss er erst einmal wissen, wo genau seine körperlichen, seine intimen Grenzen liegen. Und er muss wissen, dass sein Gegenüber diese respektiert. Je früher ein Mensch sich mit seinen eigenen Grenzen beschäftigt und ernst genommen wird – Stichwort Empowerment –, desto wirksamer wird sexuellen Übergriffen vorgebeugt. Das ist nicht nur Carsons These, sondern die Grundlage jeglicher heutiger Präventionskonzepte.
Mit einem Baby über das Windelnwechseln zu kommunizieren, mag für viele komisch klingen. Ein Anfang in Richtung Consent Culture statt Rape Culture wäre es in jedem Fall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“