Rückgabe der Benin-Bronzen: Geklärte Besitzlage
Schade wäre, könnte man die Benin-Bronzen nur noch in ihrem Heimatland sehen. Überall sollten sie zu sehen sein – unter nigerianischer Flagge.
D ass Deutschland die ersten 20 aus dem einstigen Königreich Benin geraubten Artefakte an Nigeria zurückgibt, ist längst überfällig. Benin liegt im heutigen Süden Nigerias. Die bereits vor Jahrzehnten gestellten Forderungen ignorierten europäische Staaten und Museen viel zu lange erfolgreich. Und das sehr zum Ärger in Nigeria.
Endlich werden die Bronzen an die ursprünglichen Besitzer:innen zurückgegeben. Es ist gut, dass Außenministerin Annalena Baerbock deutliche Worte findet: Der Raub war ebenso Unrecht wie das Behalten. Dabei geht es nicht nur um den Diebstahl. Anders als im Globalen Norden oft angenommen wird, sind die Bronzen nicht nur enorm kostbare Kunstwerke.
Sie haben bis heute eine kulturelle und religiöse Bedeutung für zahlreiche Menschen. Diese lässt sich in Europa und in den USA kaum ermessen. Meist wird vergessen, dass die Bronzen bis zu ihrem Raub 1897 keine Museumsobjekte in Glasvitrinen waren, sondern Teil des täglichen Lebens und zentral für Zeremonien.
Was der nigerianische Staat, der Oba von Benin – aus dem Palast der Vorfahren des traditionellen Herrschers wurden die Bronzen geraubt – sowie die Landesregierung von Edo künftig mit ihnen machen, ist allerdings ihre Sache. Es ist bevormundend und arrogant, ständig den Bau eines neuen Museums zu fordern und nach den Baufortschritten zu fragen.
Denn damit schwingt die Unterstellung mit, dass Nigeria nicht auf die wertvollen Schätze aufpasse und sie möglicherweise sogar auf dem Schwarzmarkt oder in Privathäusern verschwinden. Doch das Argument dafür, Diebesgut zu behalten, weil man dem rechtmäßigen Besitzer nicht zutraut, angemessen damit umzugehen, ist noch nie überzeugend gewesen.
Die Rückgabe der Bronzen wird dafür sorgen, dass künftig intensiver nach weiterem Raubgut aus Afrika in europäischen Museen gesucht wird. Das ist nur legitim. Eins sollte im Rahmen der Rückgabeforderungen jedoch nicht geschehen: Es wäre ein großer Verlust, wenn Artefakte, Skulpturen oder Gemälde künftig nur noch in ihren Herkunftsländern zu sehen sind. Stattdessen sollten sie überall dort gezeigt werden, wo Interesse besteht, freilich bei geklärter Eigentümerschaft. Davon profitieren alle.
Für Deutschland hat die Übergabe eine enorm positive Nebenwirkung. Seit Jahren ist der Kontakt nach Nigeria gut, auch weil sich Präsident Muhammadu Buhari und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel bestens verstanden haben. Die Restitution wird die Beziehung zwischen beiden Ländern weiter stärken, auch weil Baerbock die Bronzen persönlich zurückgebracht hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“