Rassismus bei Konferenz in Frankfurt: Boomer befeuern rechte Debatten
Bei der Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ traf sich das Who’s who der als harmlose bürgerliche Mitte verkleideten Rechten.
I ch würde lieber über etwas Schönes schreiben, aber Deutschland zwingt mich dazu, mich mit rassistischen Geschehnissen auseinanderzusetzen. Auch deswegen, weil viele Medien sie nicht richtig einordnen können. Die Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ zum Beispiel, zu der die Hertie Stiftung und das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam mit der Direktorin Susanne Schröter am vergangenen Freitag in die Räume der Goethe-Uni eingeladen hatten.
Die Liste der Redner*innen liest sich wie ein Who’s who der Rechten – verkleidet als harmlose bürgerliche Mitte, die unwissenschaftlich vor allem Muslim*innen problematisieren. Redner*innen, wie Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbands, der Leistung nach Herkunft beurteilt und Migrantenquoten für Schulen fordert.
Manuel Ostermann, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, der für das rechte Onlinemagazin „The Germanz“ schreibt. Oder Ahmad Mansour, Psychologe und von vielen Medien, ähnlich wie Schröter, zum „Islamexperten“ auserkoren. Sie alle sind in der Vergangenheit mit rechten und rassistischen Äußerungen aufgefallen, die teils bei der AfD anschlussfähig sind.
Und der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer nutze im Vorfeld der Konferenz auch noch mehrfach das N-Wort und verglich sich selbst mit Jüd_innen während des Nationalsozialismus. Der Aufschrei war groß. Doch das Problem wurde vor allem auf Palmer reduziert. Auch Schröter findet, dass lediglich Palmers „Verhalten“ die ansonsten „gute“ Tagung beschädigt habe.
Argumentieren und radikalisieren
Schröter wollte mit der Konferenz wohl die, wie sie sagt, „Wissenschaftsfreiheit“ gegenüber der „politischen Korrektheit“ stärken. Doch nur weil Thesen von Schröter und Co leicht widerlegbar sind, bedeutet das für Akademiker*innen keine Einschränkungen. Weder in der Forschung noch in der Meinungsäußerung. Was als politische Korrektheit diffamiert werden soll, ist der Kampf für eine gerechtere Gesellschaft. Doch Ideolog*innen wie Schröter sehen die Demokratie und Meinungsfreiheit gefährdet. Es ist ermüdend, gegen dieses rechte Mantra anzureden. Denn Schröter und Co profitieren von der Aufmerksamkeit.
Es sind vor allem Boomer, die diese rechten Debatten befeuern und das politische Geschehen bestimmen. In Videos von der Konferenz sind fast nur ältere Menschen im Publikum zu sehen. Entscheidungsträger*innen, die rassistisches, anti-queeres und anderes menschenfeindliches Gedankengut verbreiten oder umsetzen, sind eben die älteren Semester.
Seien es Schröter, Faeser, Scholz oder Uni- und Redaktionsleitungen. Anlässlich drängender Fragen in der Asylpolitik, zu Antisemitismus und Rassismus hat reden bislang nicht viel gebracht. Egal, wie sachlich argumentiert wurde. Klimaaktivist*innen greifen deswegen zu radikaleren Maßnahmen, trotzdem mauert die Politik. Scheinbar können wir Änderungen erst erreichen, wenn diese rechten Boomer ausgestorben sind. Oder wir radikalisieren uns auch.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“