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Proteste von Jugendlichen in FrankreichSie haben keine Wahl

Die Proteste in Frankreich reagieren auf die Polizei, die einen 17-Jährigen erschoss. Sie sind für Jugendliche der einzige Weg, gehört zu werden.

Kämpft für „ur-französische“ Ideale: Mann umgeben vor brennenden Barrikaden am 30. Juni 2023 in Paris Foto: Juan Medina/reuters

Seitdem der 17-jährige Nahel in Nanterre von einem Polizisten kaltblütig erschossen wurde, brennt es in Frankreich. Dort, wo die rassifizierte Arbeiterklasse vom Staat auf Ewigkeiten geparkt und von seiner Polizei unterdrückt wird, lassen vor allem Jugendliche ihrem Frust freien Lauf. Das Video, das den Mord an Nahel zeigt, wurde längst von Bildern der Zerstörung abgelöst: eine ausgebrannte Tram nach Protesten in Bordeaux, demolierte Glasfassaden in Marseille.

Insbesondere viele deutsche Kor­re­spon­den­t*in­nen zeigen sich schockiert über die Ausmaße des Protests. Die De­mons­tran­t*in­nen werden zur Ruhe aufgerufen. Sie würden mit den Randalen nur ihr eigenes Eigentum zerstören, heißt es.

Diesem eingeübten Blick von außen – manchmal vom Homeoffice mit Aussicht auf die restaurierte Kathedrale von Notre-Dame aus – liegt ein grundsätzliches Missverstehen des historisch gewachsenen Kastensystems in Frankreich zugrunde. Die Bilder der brennenden Autos, der Feuerwerkskörper, die auf die Staatsmacht abgefeuert werden, wirken wie eine fragile Lebensversicherung für die rassifizierte Jugend Frankreichs.

Auch in anderen Ländern mussten in den vergangenen Jahren Polizeiwachen in Flammen aufgehen, damit die Schwächsten eine Überlebenschance bekommen. Diesen Zusammenhang zwischen Mobilisierung und Selbstschutz verstehen nur die wenigsten.

Rein analytisch und aus der Perspektive der De­mons­tran­t*in­nen betrachtet: Paris muss brennen, damit sich zumindest kurzfristig etwas in Sachen Polizeigewalt im Land tun könnte.

Der Preis für die Morde, die von Po­li­zis­t*in­nen begangen und von der Politik überhaupt ermöglicht werden, muss nach oben getrieben werden. In diesen Tagen erinnern sich viele an das Jahr 2005. Damals starben die beiden Jugendlichen Zyed Benna und Bouna Traoré in Clichy-sous-Bois bei Paris. Sie versteckten sich vor einer rassistischen Polizeikontrolle in einem Elektroverteilerkasten und wurden von Stromschlägen getroffen.

Verbale und physische Dehumanisierung

Es folgten heftige Proteste, die von der Polizei und mit dem Segen einer Mehrheit in Politik und Gesellschaft gewaltsam niedergeschlagen wurden. Der damalige Innenminister Nicolas Sarkozy hatte seine Be­am­t*in­nen angestachelt, „den Abschaum“ mit einem „Dampfreiniger“ zu entfernen.

Die Proteste gegen diese verbale und in der Polizeipraxis normalisierte Dehumanisierung entfalteten nach 2005 ihre Wirkung in den Vorstädten: Wir müssen uns im äußersten Fall selbst verteidigen, erkannten damals viele Jugendliche. Ihre jüngeren Geschwister knüpfen an diese Mobilisierungs-Tradition nun an. Sie haben keine Wahl.

In Frankreich hat bisher keine andere Maßnahme gegen Polizeigewalt gewirkt: weder der friedliche Protest mit Schildern und Sprechchören, noch ein geordneter Diskurs, noch die Demokratie selbst. Im Gegenteil. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017, das Po­li­zis­t*in­nen erlaubt bei Verkehrskontrollen zu schießen, wurde von einer demokratisch gewählten Regierung verabschiedet und diente als Grundlage für den Polizisten, der Nahel mit einer Maschinenwaffe ermordete.

Die Jugend in den Vorstädten kennt es gar nicht anders: Der französische Zentralstaat, mit allem, was ihn ausmacht, möchte sie kontrollieren, unterdrücken, im äußersten Fall töten. Dagegen hilft nur die Revolte. Und die gehört in Frankreich zum Standardrepertoire der Bürger*innenbeteiligung. Die Jugendlichen, so kann man es auch lesen, erfüllen mit den Randalen eine ur-französische, republikanische Pflicht gegen die unmenschliche Staatsgewalt, die ihre Würde mit Polizeistiefeln tritt.

Egal ob Gelbwesten oder monatelange Streiks: Immer gehen in Frankreich Fensterscheiben zu Bruch, werden Barrikaden errichtet und Autos angezündet. Immer antwortet die Polizei mit noch mehr Gewalt. Doch nur im Fall der Jugendlichen in den Vorstädten wird mit einem derart großen Entsetzen reagiert. Es stellt sich die Frage, ob einige Be­ob­ach­te­r*in­nen hier mit zweierlei Maß messen.

Hauptverantwortlich ist die Polizei selbst

Zumindest ist es mehr als nur weltfremd, auf die Lage in Frankreich eine deutsche Sehnsucht gesellschaftlicher Friedensromantik zu projizieren. Während hierzulande von Rassismus betroffene Menschen zur Grünen Jugend oder den Jusos stoßen, schmeißen Jugendliche in Nanterre und Marseille Pflastersteine, um ihr Leben zu retten. So funktioniert das politische System in Frankreich nun mal.

Ebenfalls rein analytisch betrachtet: Hauptverantwortlich für die brennenden Städte und Vorstädte ist Florian M. Jener Polizist, der Nahel zuerst bedroht und dann in die Brust geschossen hat. Florian M. ist derjenige, der all die Gewalt gegen Sachen verursacht hat. Auf ihn könnte man gut die eigene Empörung umleiten.

Das sollten wir uns als Be­ob­ach­te­r*in­nen stets vergegenwärtigen. Von Lille bis Marseille hat die Polizeigewalt in den vergangenen Nächten also großen Sachschaden angerichtet – der die betroffenen Jugendlichen nachvollziehbar emotional wenig trifft.

Selbst die Idole der Banlieues, so wie der Fußballer Kylian Mbappé, können die Situation derzeit nicht beruhigen, die Jugendlichen nicht erreichen. Mbappé bat in einer Stellungnahme die jungen Demonstrant*innen, keine Gewalt anzuwenden.

„Es ist euer Eigentum, das ihr zerstört, eure Nachbarschaften, eure Städte“, schrieb der Fußballer von Paris Saint-Germain. Nur: Wenn man von der Polizei erschossen wird, hat man von Eigentum, Nachbarschaften und Städten nichts.

Polizei droht mit Gewalt

Das haben die jungen De­mons­tran­t*in­nen verinnerlicht, weil viele von ihnen in bedrohliche Situationen gegenüber der Polizei geraten sind oder mit hoher Wahrscheinlichkeit geraten werden. Viele Eltern verzweifeln in diesen Tagen an ihren eigenen Kindern. 13, 14 oder 16 Jahre alt, lassen sie sich nicht mehr bändigen und bestehen darauf, dem tödlichen Zentralstaat die Stirn zu bieten.

Einige Eltern sollen aus Angst ihrem Nachwuchs Hausarrest auferlegt haben. Um ihre Leben zu schützen, dürften diese Jugendlichen aber nie wieder auf die Straße gehen – zumindest nicht, solange die Polizei in Frankreich im Auftrag von Staat und einem großen Teil der Gesellschaft frei dreht.

Zur Ruhe könnte und müsste daher in diesen Tagen die Polizei selbst gerufen werden – bevor sie noch mehr Sachschaden anrichtet und Menschen tötet. Das Gesetz von 2017 und andere Regelungen müssten zurückgenommen werden, die Sicherheitskräfte in den Vorstädten abrüsten.

Was haben Maschinenpistolen bei Verkehrskontrollen zu suchen? Der Protest könnte Reformen erzwingen. Ein Blick in die Realität ist allerdings mehr als schockierend: Die beiden größten Polizeigewerkschaften des Landes forderten vor wenigen Tagen in einem martialischen Ton auf, „angesichts dieser wilden Horden“ nicht nur um Ruhe zu bitten, sondern sie „durchzusetzen“. Die „Schädlinge“ müssten mit „allen Mitteln“ bekämpft werden.

Das kann nur als Gewaltankündigung verstanden werden und ist der eigentliche Grund für brennende Trams und Autos, für eingeschlagene Scheiben und schockierte Be­ob­ach­te­r*in­nen.

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69 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • luzi , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • "Teenager in Frankreich getötet : Eine Million Euro für Polizist gespendet"



    www.zdf.de/nachric...st-kritik-100.html



    www.instagram.com/redstreamnet/



    Jean Messiha



    "The fundraiser for the policeman who killed Nahel Merzouk in France last week has raised almost €1.5 million. The government’s failure to shut it down sends the message that killing Arab youth in 2023 pays big."



    twitter.com/redstreamnet?lang=de

    • @Land of plenty:

      Im Sinne von; Geld regiert die Welt und stellt sich hiermit über die zehn Gebote, die Grundgesetzte der Nationen und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN wonach töten und Diskriminierung falsch, verboten oder schlicht eine Sünde ist.

  • Maßnahme die auch von hier aus möglich ist:



    Einreiseverbot gegen den Rechtsradikalen, der zu Spenden aufgerufen hat für den Polizisten-Todesschützen.



    Nichts ist beruhigt, denn der Aufruf brachte über 1 Mio € Spenden für den Schützen - und das heißt über alle Ablaufdetails hinaus - Töte Araber, töte in den Banlieues, denn dafür wirst Du mit einem Lottogewinn belohnt.



    Außerdem folgen:



    -Massenblockaden der Bayreuther Festspiele gegen "Richard Wagner" und für die Verwendung der 100 Mio € für andere Kultur/Künstler



    - Sanktionen verhängen gegen Areva, den frz. Atomkonzern, der weiterhin Uran aus Frankreich einführt.



    - als antirassistische Aktivist_innen sich einbringen in die Abschaffung der Polizei und eine Neuorganisation von Sicherheit - in der Nachbarschaft, grass roots beginnend. Und jedem Antisemitismus, wie er auch in Frankreich stattfindet, im mündlichen Plenum vorbauen.



    Die Zeit ist nicht nur zum Lesen da.

  • Hallo,



    ich wohne in Frankreich und ich kann über diesen Artikel und viele der Kommentare nur mit dem Kopf schütteln.



    Wenn jugendliche Migranten öfters kontrolliert werden, liegt das u.a. daran, dass die Wahrscheinlichkeit, u.a. Drogen bei ihnen zu finden viel höher ist als bei der Kontrolle einer Oma. Wenn die Polizei nichts tun würde, dann würde man ihr vorwerfen, nicht gegen die Drogenkriminalität vorzugehen.



    Ich denke, in Deutschland ist das ähnlich. Dass sich der Polizist nicht korrekt verhalten hat, ist offensichtlich und er wird dafür bestraft werden.



    Frankreich ist ein Rechtsstaat.



    Auch ist es nicht DIE Jugend, die randaliert ( Es ist auch nicht sicher, dass die alle aus den benachteiligten Vierteln kommen). Es sind vor allem einige abgehängte junge Männer, keine Mädchen, die sitzen nämlich zu Hause und lernen für die Schule.



    Wie kann man Sympathien für Leute haben, die Schulen, Kultureinrichtungen anzünden ( hier in Strasbourg wurde die Oper angegriffen, einfach erbärmlich).



    In einer Stadt wurde das Haus eines Bürgermeisters angegriffen und die Frau musste sich mit ihren Kindern in ein Nachbarhaus retten.



    Kann man dafür Verständnis haben?

  • "Auch in anderen Ländern mussten in den vergangenen Jahren Polizeiwachen in Flammen aufgehen, damit die Schwächsten eine Überlebenschance bekommen. Diesen Zusammenhang zwischen Mobilisierung und Selbstschutz verstehen nur die wenigsten."

    Also eine Variante von „Macht kaputt, was euch kaputt macht“. Ich sehe diese jungen Männer nicht als "die Schwä chsten" und denke, es gibt für jeden bessere Wege zu einem gelungenen Leben, auch für die Menschen in den Banlieus.

    • @*Sabine*:

      Das ist die amerikanische Argumentation, einzelne wie zB der Fußballstar können es schaffen, man kann also aufsteigen, also ist das System gut. Funktioniert für die Mehrheit nur nicht…

    • @*Sabine*:

      Wenn man in der "Bannmeile" leben muss, wo man ja absichtlich von den besseren Vierteln der Hauptstadt ferngehalten wird, wird man sich mangels Möglichkeit kaum ein "gelungenes Leben" aufbauen können.



      Das Problem ist wie bei uns auch, das alte Versprechen, das es den Kindern mal besser gehen wird, funktioniert nicht mehr. In Frankreich kommt da sicher auch noch eine andere Form von institutionalisiertem Rassismus dazu, aber insgesamt bröckeln nach 30 Jahren Reallohnverlusten die Schichten am Rande schneller ab.



      Wer sieht, dass er kaum eine realistische Chance darauf hat, dass sein Leben gelingen könnte, der reagiert vielleicht auch schon mal gewalttätig.

  • It‘s classisme, stupid!

    „Die migrantischen und sozial abgehängten Milieus haben kein Verständnis mehr dafür, daß ihnen die Gesellschaft keine Perspektiven bietet, daß ihnen die Wege für Aufstiegsbiografien versperrt sind, daß die Immobilienpreise in den Städten so hoch sind, daß die Leute in die Sozialbauten am Stadtrand oder ganz aus der Stadt verdrängt werden. Das ist die Realität in Paris, Marseille und Lyon und betrifft inzwischen auch akademische Milieus...

    In Frankreich speist sich die zahlenmäßig kleine, wirtschaftlich und politisch herrschende Klasse mit Macron an der Spitze aus drei Elite-Universitäten. Dieser Zirkel ist in sich geschlossen und abgetrennt von den Lebensrealitäten der Gesellschaft. Dagegen steht die Ghettoisierung der Abgehängten, stehen diese Banlieues, in denen jetzt die dritte Generation der einstmals willkommenen Arbeitskräfte aus den maghrebinischen und anderen Staaten heranwächst und unter sich bleibt. Sie kriegen keinen Fuß auf den Boden in dieser Gesellschaft. Da schafft man es, mit zwei oder mehr shitty jobs gerade so über die Runden, während andere mit ihren Jachten und Anwesen protzen.

    Der Schuß und der Tod des Jungen sind ein Symbol für eine seit Jahrzehnten anhaltende Erniedrigung und eine Reihe von getöteten Jugendlichen. Die Gewalt wird extremer, weil sich die Situation immer weiter zuspitzt: Die Schere zwischen Arm und Reich geht durch die von Macron verantworteten Steuer- und Rentenreformen immer weiter auf. Eine Reinigungskraft, ein Grundschullehrer, ein Uber-Fahrer, ein Pizzabote wie der in Nanterre getötete Nahel, kann sich ein Leben in einer der Metropolen des Kapitalismus nicht mehr leisten.

    Es hat sich rohe Wut als blinde Gewalt entladen, aus dem Affekt heraus und aus dem über Jahrzehnte aufgestauten Frust in den Banlieues. Aber die Verhältnisse und das System werden sich erst dann ändern, wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können.“ (Thomas Ostermeier heute in der Berliner Zeitung)

    • @Reinhardt Gutsche:

      Danke, für dieses ausführliche Zitat. Das hilft mir beim Verstehen und erweitert meinen Horizont.

  • Die De­mons­tran­t*in­nen "würden mit den Randalen nur ihr eigenes Eigentum zerstören" - das schrieb Kylian Mbappé.

    Das als "eingeübten Blick von außen" abzutun, ist leider eine typische Reaktion auf interne Kritik von Mitgliedern einer marginalisierten Community. Diese Reaktion kommt allerdings meist von Weißen, die offenbar selbst entscheiden wollen, welche Meinung die Mitglieder der von ihnen paternalistisch entmündigten Community zu äußern haben.

  • Für mich sind diese Menschen Helden. Statt dass junge und agile Menschen eine politische Repräsentation erhalten und sich in die Gesellschaft einbringen können werden sie alltäglich diffarmiert durch ein riesiges Konglomerat an rechten Mediendiskursen (siehe CNEWS uvm.) traktiert und Ihren Lebenskräften beraubt (in Deutschland scheint das bereits längt geklappt zu haben). Wut ist eine menschliche und gesunde Reaktion auf die unvorstellbare Arrganz und die Zustände nicht nur in Frankreich, mit der man (sic!) die Person, das Leben, die Geschichte, die Gefühle, das Eigentum, die Visionen und die Zukuft dieser Menschen reflexartig und eingepbt abwertet - und dass nicht nur in FR, sondenr bis heute in vielen Ländern Europas und auf / in allen gesellschaftlichen Ebenenen, auch in denen sich als progressiv wähnenden...

  • Die Wut, die da ensteht, ist erstmal absolut verständlich. Sicher auch, dass diese sich hier und da in Krawallen ihren Weg bricht. Und das so eine Wut hier und da blind ist, muss man sicher auch akzeptieren. Zu kaputt ist die Struktur in den Vororten, zu schlecht die Integration, zu gering die Zukunftsaussichten, zu groß die Polizeigewalt.

    Man muss aber sicher nicht den Aufruf einen Pariser Fußball Millionärs zitieren und negieren, wenn dieser Aufruf auch von den oftmals selbst migrantischen Bewohnern der Gemeinden, von ebenfalls abgehängten Menschen kommt, die unter diesen Zuständen selbst leiden, ausgesprochen wird.

    Als nach dem Tod von George Floyd Demonstranten auf Polizeiwachen losgingen hat sich die Gewalt dort entladen, wo sie herkam.

    Aber abseits davon haben die friedlichen Proteste von Millionen Menschen überwogen. Tagelange blinde Gewalt und Zerstörungswut, die sich gegen zivile Infrastruktur richtet und das Credo "Paris muss brennen" als "rein analytisch" und " ur-französische, republikanische Pflicht" zu bezeichnen ist dagegen mehr als unterkomplex.

  • Plünderungen von Geschäften Unterbeteiligter sind also der einzige Weg der Jugendlichen, gehört zu werden?

    • @Carolin Rudolf:

      Funktioniert. Ist rational. War vorhersehbar. .. Das Entemotionalisieren, hier zB die Lüge, es läge seitens Polizei eine Form von Notwehr vor, von hochemotionalen Sachverhalten, hier tödlicher Schusswaffengebrauch durch Polizei, ist eine Verhinderungsstrategie, die gern von Konservativen benutzt wird.

  • Der Kommentar lässt einen ratlos zurück und wirft Fragen auf. Fest steht, dass kein geringer Teil der französischen Polizei rassistisch und zumindest rechtsradikal ist. Racing Profiling durch die Polizei steht für die Kids mit maghrebinischen Wurzeln auf der Tagesordnung und nicht nur einmal, sondern mehrmals täglich. Zudem werden sie von der Mehrheitsgesellschaft benachteiligt: in der Schule, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, auf dem Arbeitsmarkt u.s.w. und so fort. Fast in allen Bereichen des Lebens keine Perspektive zu haben, zermürbt, frustriert, macht wütend und aggresiv. Und nicht jeder hat das Talent gut zu kicken oder zu rappen, um aus dieser Misere herauszukommen.



    Dann gibts wieder einen toten Jugendlichen, ermordert von einem Polizisten, kein Einzelfall, sondern eine Regelmäßigkeit. Und dieser Tote könnte jeder dieser Kids sein, denken die sich und so handeln und reagieren sieh danach auch.



    Die ganze Wut, der ganze Frust bricht sich dann Bann in Demonstrationen, Ausschreitungen, Gewalt, und niemand vermag dies zu stoppen. Die Polizei sowieso nicht, die giesst noch zusätzlich Öl ins Feuer mit ihrem Vokabular von 'Krieg und Schädlingen'. Und die Regierung ist wieder mal ohnmächtig. Man weiss, dass es immer wieder passiert, dass es immer wieder Tote durch die Polizei gibt, bei diesen Gesetzen auch kein Wunder. Und man weiß, dass die Reaktionen darauf auch wieder so ausfallen werden, wie zur Zeit.



    Dann stehen alle vor diesen Trümmern, aber auch vor dem ermordeten Jugendlichen, vor der Perspektivlosigkeit, vor dem Rassismus, Wenn sich gesellschaftlich nichts ändert, die Politik und die Polizei ihre Gesetzte und ihr Vorgehen nicht hinterfragen und ändern, wird es beim nächsten Toten durch die Polizei wieder zu den gleichen Szenen kommen.

    • @Klaus Waldhans:

      Hätte Macron das viele Geld für die Aufstockung der Polizeikräfte in sinnvolle Aktionen für die weiterhin ausgegrenzten Jugendlichen gesteckt, würde er zumindest ein anderes Zeichen setzen als derzeit, wo es so aussieht, als stände er auf Seiten der Polizei und damit gegen die zurecht so wütenden jungen Leute.

    • @Klaus Waldhans:

      Die Frage ist auch, wie geht es den Polizisten?

      In dieser Hinsicht ist die Zahl der Polizisten, die in Ausübung ihres Amtes verletzt (3800 im Jahr 2004, 4900 im Jahr 2020) oder von Rasern getötet wurden, ein deprimierender Indikator für das Ausmaß der Gewalt. Nicht zu vergessen sind die Angriffe auf Feuerwehrleute, die seit einigen Jahren ständig zunehmen, oder die Übergriffe auf Krankenhauspersonal und Lehrer.

      Ein ewiges Hin und Her und Aufschaukeln von Gewalt. Eine üble Spirale.

      Was kann helfen?

      Das größte Problem in Frankreich ist die Arbeitslosigkeit, im Durchschnitt doppelt so hoch wie hier. Und hier ist sie mit Millionen Menschen schon sehr hoch.

      Wie kriegt Frankreich Millionen von oft jungen Menschen in Jobs? Und dass innerhalb eines gewissen Zeitfensters, denn mittel und langfristig wird die Wegdigitalisierung von Jobs auch in Frankreich nochmal Millionen Jobs kosten.

      Die Staatsschulden sind horrend.

      Und wenn die jungen Leute keine Jobs haben, ist eins ganz klar:

      Frustration erzeugt Aggression.

      Gute Wünsche an Frankreich.

  • "Denn wo Recht zu Unrecht wird



    Wird Widerstand zur Pflicht"

    • @Captn Bonafide:

      Und mit Widerstand ist das Anzünden von Schulen und das Plündern von kleinen Läden gemeint?

  • Einfach mal schauen wie die Banlieue entstanden sind.

    Vor 60 oder 70 Jahren gab es für ein paar Jahre in Frankreich Arbeitskräftebedarf auch aus anderen Ländern. Dieser wurde mangels Wohnungen in den Vorstädten untergebracht.

    Die Situation veränderte sich. In den 70ern kam es zur Massenarbeitslosigkeit. Gleichzeitig wurde der Familiennachzug für diese zugezogenen Arbeiter angekurbelt.

    Die hohe Arbeitslosigkeit blieb und damit die Perspektivlosigkeit der Menschen in den Banlieue.

    Salafistische Hetzer erkannten ihre Chance. Längst ist Frankreich in zwei Kulturen gespalten. Die Banlieue segregieren.

    Womit die Menschen dort natürlich in ihren Parallelgesellschaften verloren sind.

    Hass und Gewalt nehmen auf beiden Seiten zu.

    Aussichtslos.

    • @shantivanille:

      Da sind auch schon ein paar aus den ehemaligen Kolonien nach Frankreich gekommen, auf dem Papier Franzosen, die auch gerne mal in den Kriegen den Kopf hinhalten durften, aber so als gleichberechtigte Bürger, das hat nicht so geklappt.

  • C'est vrai, C'est vrai, Monsieur Amjahid. Solange das Gesetz von 2017 (zur Waffenanwendung der Polizei) nicht vom Tisch ist, wird sich nichts ändern. Insbesondere als Jugendlicher kann man fast nur unter Lebensgefahr auf die Straße gehen, und -



    "sie haben keine Wahl"



    Der Rassismus ist nicht nur bei der Polizei omnipräsent.



    Man fragt sich, wo die ganzen Spenden herkommen für den Polizisten, der Nahel erschossen hat und der damit auch die "violences" ins Rollen gebracht hat.



    "Franzosen mögen keine Araber", ist zwar wahr, aber trotzdem zu kurz gegriffen als Erklärung.



    Der gemeine französische Rassismus ist leider extrem institutionalisiert...

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Nahel war kein Araber. Er war Franzose.

      • @Winnetaz:

        Ändert aber nichts an der francofranzösischen Perception von Rassismus.

  • Wahnsinn. Hier kämpfen Jugendliche gegen Ausländerfeindlichkeit und Polizeigewalt. Und die meisten taz-Kommentare lesen sich, wie wenn wir bei der AfD wären. Was bei BLM noch in Ordnung war, wird innerhalb von wenigen Jahren verurteilt.

    George Floyd, Oury Jalloh und all die anderen Opfer von rassistischer Polizeigewalt würden sich im Grabe umdrehen.

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @Troll Eulenspiegel:

      Wo sehen Sie einen Kampf, der allseits akzeptierte Elemente einer politischen Willensbildung enthält?

  • Mit blinder Wut und Hass ist man immer schlecht beraten, selbst wenn man im Recht ist. Gegengewalt dreht die unselige Spirale nur weiter.

    Man hat immer die Wahl. Unerwartet komplett friedliche Massendemonstrationen mit singenden Demonstranten, die vor Polizeiwachen feierlich Trauerkränze für Nahel niederlegen und Kerzen anzünden hätten die Polizeikräfte emotional mehr beeindruckt als die - erwartbare - Gewaltorgie.

    Profitieren werden von all diesen traurigen Ereignissen wieder einmal die extremen Rechten. Marine Le Pen freut sich schon auf die nächsten Wahlen, vor denen sie mit den Ängsten der "braven Bürger" spielen wird.

    • @Winnetaz:

      "Marine Le Pen freut sich schon auf die nächsten Wahlen, ..."

      Nicht nur Marine Le Pen in Frankreich; ähnlich wie die Kölner Silvesternacht werden diese Ausschreitungen auch politische Einstellungen und vielleicht Wahlen in anderen Ländern beeinflussen.

  • Wenn deutsche Opfer von rassistischer Gewalt sich an demokratische Parteien wenden, um Schutz und Hilfe zu finden, französische Opfer aber das Land anzünden, scheint das kein systemisches Problem zu sein, sondern eine falsche Wahl der Mittel. Das ist die alte Geschichte mir dem Hammer, für den alles wie ein Nagel aussieht. Es gibt offenbar keine Fähigkeit für Diskurs in Frankreich. Wenn jemandem etwas nicht gefällt, gibt es gleich öffentliche Proteste, brennende Barrikaden und Angriffe auf die eigene Infrastruktur. Völlige Kurzschlußreaktionen ohne Sinn. Und die reichen Rechten reiben sich die Hände. Zum einen stört es ihr Klientel nicht, wenn sich die Jugendlichen ihr Umfeld zerstöre, zum anderen haben sie wieder Wahlkampffutter für die entsetzten Bürger in anderen Regionen.



    Dabei ist das völlig absurd. Der Polizist ist in Haft und wird seinen Prozess bekommen, bei dem alle Fakten auf den Tisch kommen. Das Opfer wird nicht ohne Schuld bleiben (Gas geben, wenn ein aufgebrachter Cop eine Waffe auf mich richtet?), aber der Täter hat völlig falsch gehandelt und wird zumindest für Totschlag dran sein, denn Notwehr sehe ich da nicht. Mord wird sich nicht nachweisen lassen.



    Am Ende bleiben schwelende Trümmer, hohe Kosten, vernichtete Existenzen und sonst bleibt alles beim Alten, denn der Mehrheit wurde wieder einmal gezeigt, warum diese Gruppe besser nicht integriert werden sollte und offenbar statt zum Wort lieber zum Knüppel greift. Wenn Gewalt als erste und einzige Lösung gesehen wird, wird es keine Verbesserung geben, denn Gewalt erzeugt Gegengewalt und ganz sicher keine fruchtbare Diskussion und Änderungen.

  • "Sie haben keine Wahl"



    Es gibt immer eine Wahl.



    "Die Proteste in Frankreich reagieren auf die Polizei, die einen 17-Jährigen erschoss. Sie sind für Jugendliche der einzige Weg, gehört zu werden."



    Rein gesprächslogisch müsste mir noch jemand erklären, wie man jemanden zu besserem Zuhören bringt, indem man auf ihn einprügelt.



    Just sayin'.

    • @Encantado:

      Es gibt immer eine Wahl?



      was du nicht sagst?



      Warum musste dann der Junge sterben?



      Hätte der Polizist denn nicht auch eine andere Wahl gehabt als eine Kugel in ein Kind zu schießen?

      • @Zora Larousse:

        "Es gibt immer eine Wahl?



        was du nicht sagst?"



        Gibt es. Gewalt oder keine Gewalt.



        "Hätte der Polizist denn nicht auch eine andere Wahl gehabt als eine Kugel in ein Kind zu schießen?"



        Richtig. Und was schließen Sie daraus?

  • 2005 wurden Ankündigungen gemacht, die Lage war schwierig, einzelne Handelnde in der Politik waren aber auch verbal provokativ unterwegs, mehrfach dann wiederholt in den darauf folgenden Jahren. Die Gewaltbereitschaft wurde offenbar nicht "kausal" angegangen.



    //



    "Chirac: Alle Bürger gleich behandeln



    Chirac forderte die Franzosen auf, aus der Krise zu lernen. „Wir müssen mit großem Mut und Klarheit all die Konsequenzen aus dieser Krise ziehen, wenn die Zeit gekommen und die Ordnung wieder hergestellt ist“, sagte der Präsident bei einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero. Die Regierung müsse stärker dafür sorgen, daß alle Bürger gleich behandelt würden. Die meisten Randalierer stammen aus Einwanderer-Familien und fühlen sich aufgrund ihrer Herkunft und Hautfarbe benachteiligt."



    //



    Quelle:



    www.faz.net/aktuel...andit-1294067.html



    //



    Das Ganze ist sicherlich kein ausschließlich französisches Problem, ganz im Gegenteil. Gewaltanwendung ist für viele Mitbürger*innen in zahlreichen Zivilgesellschaften wieder ein probates Mittel geworden. Der Journalismus "kann ein Lied davon singen"!

  • Ich weiß nicht, ob man da zuhören und Verständnis zeigen soll. Eine rassifizierte Jugend im Selbstschutz gegen einen mörderischen Staat und Gesellschaft - die anderen Menschen sind alle nur Dreck, der das eigene Leben verstellt?

    Erwartet der Autor hier wirklich, dass nur, weil er in manchen Punkten auch recht hat, dass man als Leser dieser Abwertungen von Menschen und Gesellschaft folgt?

    Die treffendere Analyse scheint mir da: die Gesellschaft ist bunt geworden und verschiedene Gruppen kotzen sich jenseits der Erträglichkeitsgrenzen an - trifft es das in etwa?

    Neben allen guten Punkten, die der Autor hat: Staat und Gesellschaft tun auch sehr viel - niemand zwingt Jugendliche ohne Führerschein mit Autos herumzurasen´und dabei Menschen zu gefährden, auch Macht zu demonstrieren. Ich glaube hier liegt neben allen Fehlern auch ein tiefes, vielleicht mehr kulturell, vielleicht anders bedingtes gegenseitiges Ankotzen zugrunde. Gepaart mit sehr viel Hilflosigkeit.

    • @Markus Michaelis:

      Klassen- und kein Rassenkampf

      Zitat @Markus Michaelis: „Ich weiß nicht, ob man da zuhören und Verständnis zeigen soll. Eine rassifizierte Jugend...“

      Was heißt hier „rassifizierte Jugend“? Was ist denn das nun schon wieder für eine bizarre politische Kategorie? Die französische Jugend der Banlieues ist nicht „rassifiziert“ (von wem?), sondern sozial deklassiert. Das ist nicht dasselbe. Es handelt sich hier weniger um einen Rassen- als einen Klassenkonflikt.

  • Gewalt erzeugt Gewalt.

    Die seit Jahrzehnten sich verschlechternde Lebenssituation der französischen Jugend und die gleichfalls gesteigerten Repressionen gegenüber der Jugend wegen deren Aufbegehren, sind bereits Gewalt an den nun Gewaltausübenden.

    Wer dem Republiknachwuchs keine echte Lebensentwicklungsperspektive bietet, und versucht diese mit Repression ruhig zu halten, muss sich nicht wundern wenn das Fass nach einer Hinrichtung überläuft.



    Der Stein welcher das Fass zum Überlaufen brachte ist eine übelst dilettantisch ablaufende Verkehrskontrolle mit schwerster Bewaffnung.

    Geht`s noch?

    Nur gut das solche Dinge immer wieder gefilmt werden.

    Ich möchte mir nicht vorstellen, welche Geschichte im Polizeibericht stehen würde, wenn es das Video nicht gäbe.

  • Die massive Zerstörung/Plünderung hunderter Geschäfte, Angriffe auf Rathäuser, Schulen , Banken, das Abfackeln von Pkw's etc.



    ist blinde Gewalt, die (den Steuerzahler)200 Mill. € kosten werden (nach France 2). Der frz. Staat hat in den letzten Jahren viel Geld in die 'quartiers chauds' investiert, allerdings nicht ausreichend. Da, auch der permanente Rassismus ist ein Problem. Das frz. Polizeisystem muss grundsätzlich erneuert werden. In D dauert die Ausbildung von PolizeianwärterInnen drei Jahre, in F knapp ein Jahr.

    Übrigens: Eine von einem Rechten initiierte Spendensammlung für den Polizisten hat eine Mill. € ergeben (!), die für die Mutter von 160000 €.

    • @Thomas Kniep:

      Macron hat als junger Präsident eine große finanzielle Summe als Hilfe extrem zusammengestrichen.



      Es war etwas skuril, dass die ARD aus dem Zentrum von Paris live berichtete und sich nicht traute, in den Außenbezirken zu filmen. Da kann man auch gleich aus dem Studio in Deutschland berichten.

  • Die Situation ist die offensichtliche, nicht überraschende und sehr traurige Quittung einer ungerechten, ungleichen Gesellschaft.



    Von der Aufstockung der Bewaffnung der Polizei bis zu den Ausschreitungen.

  • "Rein analytisch und aus der Perspektive der De­mons­tran­t*in­nen betrachtet: Paris muss brennen, damit sich zumindest kurzfristig etwas in Sachen Polizeigewalt im Land tun könnte." Was dabei herauskommt ist Folgendes: "Rein analytisch und aus der Perspektive von LE PEN betrachtet: Eine bessere Wahlwerbung als ein brennendes Paris kann man sich nicht wünschen, um langfristig mehr Wählerstimmen zu bekommen."

  • Mir fällt schwer zu glauben dass dieser Artikel ernst gemeint ist.

  • "Sie sind für Jugendliche der einzige Weg, gehört zu werden."

    Gewalt als alternativlose Reaktion auf Ungerechtigkeiten, hat schon immer nur zu neuer Ungerechtigkeit geführt. Hier ist es der Tod eines Feuerwehrmanns, die Zerstörung der eigenen Umgebung, von Geschäften und Existenzen. Btw, eine Tötung -schlimm genug- wird zum Mord wenn dies in einem fairen Gerichtsprozess von Juristen festgestellt wird.

  • "Was haben Maschinenpistolen bei Verkehrskontrollen zu suchen?" Wie man auf Aufnahmen sehen konnte, verfügen manche jugendliche Randalierer selbst über solche Waffen. Die Aufrüstung erfolgt von beiden Seiten. Warum musste der jugendliche Kleinkriminelle mit einem Mercedes durch die Stadt rasen und dann, als er, nach misslungenen Versuchen, ihn zu stoppen, angehalten wurde, nochmals aufs Gas treten? Und andere gefährden? Nein, darauf steht natürlich nicht die Todesstrafe und deshalb ist der Polizist in Haft. Zu Recht. Das eigentliche Problem liegt aber woanders. In soziale Projekte wurde in letzter Zeit zwar viel Geld gepumpt. Aber die Probleme bleiben: mangelnde Bildung(schancen) - der Jugendliche war Schulabbrecher - und damit Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, bei gleichzeitiger Orientierung an materiellen Werten und Statussymbolen wie eben teuren Autos. Und: Drogen. Und diese Probleme gibt es bei uns auch.

    • @LeandraM:

      "deshalb ist der Polizist in Haft. Zu Recht." Nochmal genauer anschauen wie es wirklich dazu kam. Hier wurde von Behörden aus probiert, den fall unter den Teppich zu kehren. Erst als, völlig blöd natürlich, das andere Video auftauchte agierte, OBWOHL man wußte was passierte. Hier ist es eben nicht "Recht" passiert, sondern ERST als andere Beweise darlegten das Polizist und Polizeibehörde der Falschaussage überführt wurden und somit der Rassismus bar darlag, wurde gehandelt. Bitte bei den Fakten bleiben. Denn wenn es hier schon hapert, kann man nur erahnen warum sie behaupten, wer versucht zu flüchten kann halt auch erschossen werden!

      • @Chris Ehl:

        Sind Sie kein deutscher Muttersprachler? Er ist "zu Recht" in Haft heißt, er ist berechtigterweise in Haft. Schauen Sie mal in einem Duden nach. Damit habe ich meine Zustimmung ausgedrückt. Und das hat nichts mit der Sichtweise der Behörden zu tun. Wer versucht zu flüchten, darf natürlich nicht einfach erschossen werde.

        • @LeandraM:

          Doch bin ich. Nur verstehen Sie in diesem Zusammenhang wohl nicht das Ursache-Wirkungsprinzip.

          Denn die erste Maßgabe von Polizei und Co. war es eben "entgegen Recht" diesen Vorfall unter den Tisch kehren zu wollen. Erst als das schief lief (Videoveröffentlichung!), hatte man "zu Recht" zurückgefunden. Was aber nicht heißt das auch "Recht am Ende gesprochen"! Ist das so schwer zu verstehen...?

          • @Chris Ehl:

            Ich kann kaum glauben, dass Sie Mutterspracher sind. Noch einmal "zu Recht" bedeutet: berechtigterweise. Es ist gut und richtig, dass der Polizist jetzt in Haft ist - nur das habe ich geschrieben. Ja, und die erste Reaktion der Polizei war "entgegen Recht". Dem habe ich nie widersprochen.

      • @Chris Ehl:

        Besser könnte ich es nicht ausdrücken👍🏼

        • @Zora Larousse:

          Weil Sie meinen Kommentar offenbar nicht genau gelesen haben, oder das Wort "zu Recht" nicht verstehen.

    • @LeandraM:

      kleinkrimineller gefährlicher Raser? Wo haben Sie denn bitte sowas her?



      "We have alternative facts."

      • @Wurstprofessor:

        In einem Punkt war ich allerdings vielleicht zu schnell im Urteil. Wir wissen nicht, warum er, als er angehalten worden war, aufs Gaspedal getreten ist. Vielleicht war ei einfach geschockt von der Waffe, die auf ihn gerichtet war. Natürlich verdient niemand, schon gar nicht ein 17-jähriger, wegen solcher Delikte den Tod. Und deshalb ist sehr zu hoffen, dass die Sache vor Gericht aufgearbeitet wird.

      • @Wurstprofessor:

        Man kann das sehr leicht recherchieren. Seine Delikte: Fahren ohne Führerschein, Nutzung falscher Nummernschilder, Versicherungsbetrug, Drogendelikte. Er hatte einen Gerichtstermin im September. Angehalten wurde er, nachdem er wegen seiner Raserei von den Polizisten auf Motorrädern verfolgt worden war. Quellen dafür finden Sie viele, u.a. in einem Wikipedia-Artikel mit dem Titel "Tötung von Nahel Merzouk".

        • @LeandraM:

          Dann lesen sie doch bitte den Artikel auch vollständig durch: "Nach ersten Angaben der Polizei habe ein Beamter einen Schuss abgegeben, während der junge Autofahrer auf ihn zugefahren sei. Diese von der Gewerkschaft Unité SGP Police-Force Ouvrière unter Berufung auf Notwehr übernommene Version wurde hinfällig, nachdem ein Video in den Sozialen Medien zeigte, dass ein Polizist mit der Waffe in Höhe des Fahrertürfensters auf den Fahrer zielte, wobei er seinen linken Ellenbogen an der vorderen Ecke des Fensters abstützte und seine linke Taille seitlich an die Motorhaube drückte." Was sie oben ja leugnen...

          • @Chris Ehl:

            " Was sie oben ja leugnen..." Was soll das? Das ist eine Lüge. Ich habe das nie geleugnet.

  • Und wieder: Root Cause allen Übels ist der rassistische Polizeiapparat.

  • Selten so viel in einem taz-Artikel gelesen, das bei mir so wenig Zustimmung hervorruft.

  • Florian M. ist nicht für die Ausschreitungen verantwortlich.

    Die gesamte Verantwortung auf eine einzige Person zu schieben, wird erstens der konkreten Sachlage in Frankreich nicht gerecht - wenn sich da nichts aufgestaut hätte, hätte sich jetzt auch nichts entladen.

    Und zweitens ist ein einzelner Fehler einer einzelnen Person, egal wie schlimm er ist, immer zu verzeihen. Er muss Konsequenzen haben, auch negative für diese Person usw. Das ist klar. Aber ein einzelner Fehler einer einzelnen Person darf niemals als Rechtfertigung für Ausschreitung, undemokratische Gesetze oder Kriege dienen, sondern ein (politisches) System muss immer so ausgelegt sein, dass ein einzelner Fehler einer einzelnen Person toleriert werden kann.

    So gut und richtig der Rest dieses Artikels ist, der Abschnitt "Florian M. ist derjenige, der all die Gewalt gegen Sachen verursacht hat. Auf ihn könnte man gut die eigene Empörung umleiten.

    Das sollten wir uns als Be­ob­ach­te­r*in­nen stets vergegenwärtigen. " macht den Artikel bzw. Autor:in leider unglaubwürdig.

    • @TAE EZR:

      Guter Kommentar

    • @TAE EZR:

      Hätte Florian M. nicht geschossen, gäbe es die Ausschreitungen nicht. Das macht ihn zum Hauptverantwortlichen; dass und warum er das werden konnte, ist Gegenstand des Kommentars.



      Ich bin immer wieder erstaunt, welche hanebüchenen Rosinen Kommentator*innen hier finden, um auf Nebenschauplätze auszuweichen und die Diskussion AfD-affin zu halten.

      • @Nesliyah Love:

        Danke, ähnlich denke ich es auch.



        Rassismus, Diskriminerung und Co. muss immer ertragbar sein laut denen. Nur ein Gesetz was für die zukunft ausgerichtet ist, da darf man wochenlang von "Verbot und Gängelung" sprechen. LoL, der Opportunismus vom Vorkommentator ist schon sehr speziell.

      • @Nesliyah Love:

        Ja, Sie haben Recht. Endlich mal ein humorvoller, vorurteilsfreier und differenzierter Blick auf das lustige Treiben unserer Nachbarn.

      • @Nesliyah Love:

        "Hätte Florian M. nicht geschossen, gäbe es die Ausschreitungen nicht. Das macht ihn zum Hauptverantwortlichen..."



        Nein. Zur Ursache vielleicht.



        Aber die Verantwortung für die Gewalt tragen die, die Gewalt ausüben.

  • Sorry, aber es gibt keine Rechtfertigung für diese Gewalt durch Jugendliche. Im übrigen erinnere ich daran, dass es in Frankreich in den letzten Jahren schwerste islamistische Anschläge gegeben hat, die das Tragen einer MP im alltäglichen Polizeidienst möglicherweise sinnvoll machen. Der Fall des erschossenen Jungen muss juristisch aufgearbeitet werden.

  • Der Kommentar jongliert instrumentell mit personalen vs. strukturellen Schuldzuweisungen. So gelingt die totale Schuldzuschreibung / Opferrolle. Der einzelne Polizist sei an der Eskalation beim bereits 2. Anhalteversuch Schuld, aber: die Polizei als Ganzes am Abfackeln öffentlicher Infrastruktur? Im Ernst? Hier bitte ich doch recht herzlich um wissenschaftskritische Aufarbeitung der defizienten "Systemtheorie": umfassende #Rassifizierung und #Überlebenskampf. - Bei diesem blinden Fleck hilft auch ein rhetorisches Einstreuen des Wörtchens Analyse nichts.



    (Und natürlich dürfen Polizisten nicht "die Jugend" kontrollieren. Prinzipiell aber doch Autofahrer.)