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Pro-Israel-DemonstrationenUns doch egal

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Die Solibekundungen der Deutschen für Israel sind im Vergleich zum Ukrainekrieg dürftig. Die eigentliche Prüfung steht noch bevor.

Sieht nach viel aus, war aber nicht so: Pro-Israel-Demo am Brandenburger Tor am 8. Oktober Foto: Fabian Sommer / dpa

M it einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt, haben deutsche Politiker ihre Solidarität mit Israel erklärt. Es scheint, als stünde ein ganzes Land auf Seiten der angegriffenen Jüdinnen und Juden. Aber dies scheint nur so.

Denn all die Beteuerungen aus der Politik stoßen in der Bevölkerung auf nur wenig Resonanz. Die größte deutsche Demonstration für Israel zählte 2.000 Teilnehmer. Selbst das wurde schon als Erfolg gewertet. Eine Versammlung von gerade einmal 350 Menschen, die sich in Solidarität mit deutschen Juden vor einer Synagoge versammelt hatten, schaffte es bis in die Hauptnachrichtensendungen. Zur Erinnerung: Als Russland 2022 die Ukraine mit einem Krieg überzog, waren es Hunderttausende, die aus Protest auf die Straße gingen. Aber da fürchteten viele Deutsche auch, dass ihnen eine Atombombe auf den Kopf fallen könnte.

Demonstriert haben in diesen Tagen auch Palästinenser. Der Verdacht liegt nahe, dass einige unter ihnen damit ihre Unterstützung für die terroristische Hamas zum Ausdruck bringen wollten. Auch diese Proteste zogen nur sehr wenig Publikum an. Schon gar nicht beteiligte sich eine relevante Zahl Deutschstämmiger an diesen landsmannschaftlichen Veranstaltungen, auch keine so genannten Linken. Das war in der Vergangenheit schon mal anders und lässt ein wenig hoffen.

Es scheint, bitte entschuldigen Sie die Wortwahl, als ginge der Krieg um Israel den in Deutschland lebenden Menschen egal welcher Couleur am Arsch vorbei. Unangefochten auf Platz eins der Beliebtheitsskala hiesiger Probleme bleibt die Migration unerwünschter Asylsuchender.

Dabei steht der eigentliche Lackmustest zur Solidarität mit Israel noch bevor: Wenn die Armee in Gaza einmarschiert, um dem Terror ein Ende zu bereiten. Die Absetzbewegungen, die Relativierungen, die Forderungen nach Verhältnismäßigkeit, sie sind so erwartbar wie die Kugeln der Hamas gegen Juden.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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56 Kommentare

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  • Paula , Moderatorin

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Ich weiß nicht, was der Autor mit dem "Lackmusttest" im letzten Absatz meint.



    Aber ich denke mir, was er meinen könnte - und habe eine diametral andere Meinung.



    Ein Lackmustest läuft längs und er heißt:



    Wie lange soll die kritiklose Haltung zum Handeln der israelischen Militärs in Gaza noch anhalten?



    Ca. 2.500 Zivilisten wurden bereits getötet; wie viele verwundet sind ist nicht bekannt.



    Der israelische Staat hat jedes Recht, die Monster der Hamas zu verfolgen, die diese Massaker am vorvergangenen Wochenende anrichteten. Und ebenso die Planer und Auftraggeber.



    Auch der Hass auf die Täter, den Angehörige und Freunde verspüren müssen, ist nicht zu kritisieren und als Emotion nachvollziehbar.



    Aber das gegenüber Zivilisten rücksichtslose Bombardement Gazas ist zu verurteilen.



    Nicht nur, weil es dem Völkerrecht Hohn spricht.



    Auch nicht wegen einer möglichen Opfer-Täter-Umkehr.



    Die Ermordeten und Verschleppten, deren Familien und Freunde und auch Israel als Ganzes sind ohne Wenn und Aber Opfer der Hamas-Massaker.



    Die israelische Armee jedoch hat trotzdem kein Recht, bei der Jagd auf die Mörder Zivilisten in Gaza (und anderswo) zu töten.



    Dafür gibt es nicht den Hauch einer Rechtfertigung.

  • Was erwarten sie von einem Land das den Holocaust zu verantworten hat, in dem seit Jahrzehnten jüdische Einrichtungen mit ihren Menschen auf den Schutz des Staates angewiesen sind?

  • Was erwartet der Kolumnist denn bitte? Dass ich vorbehaltlos die Bombardierung von Zivilisten gutheiße? Dass ich die Bezeichnung "das sind alle Tiere" des israelischen Verteidigungsministers unreflektiert hin nehme? (Er hat nicht klargestellt, ob er die Hamas oder die Bevölkerung meint). Unzählige Außenminister, Staatsoberhäupter und auch Nato Generalsekretär Stoltenberg haben Verhältnismäßigkeit und die Einhaltung des Völkerrechts eingefordert damit befinde ich mich in guter Gesellschaft.

  • Den pessimistischen Ausblick teile ich, dazu muss es aber nicht mal gleich zu einem Einmarsch kommen, wie auch immer geartet, momentan ist das auch unsicher. Aber je weiter das zurückliegt desto leichter fällt es vielen, sich davon zu distanzieren und auch zu zerreden, das Muster ist auch nicht neu, war auch (selbst) nach 9/11 so. Hier kommt noch dazu dass Israel in Deutschland - und zwar auch unter Deutschen - einen deutlich schlechteren Stand hat als in manchen westlichen Ländern, das ist meine Meinung, auch ohne Grund das immer gleich auf Antisemitismus zurückführen zu müssen. Aber auch das ist neu und keinesfalls einfach mit tagesaktuellen politischen Verhältnissen oder Personen in Israel zu erklären. Aber der Ansatz hier oder die Erwartung ist vielleicht auch einfach nicht realistisch, ich möchte daran erinnern dass sich bei solchen Protesten immer, überall, nicht ganz zuletzt natürlich Diaspora angesprochen fühlt. Das war auch bei den Ukraine-Demos nicht anders und dann muss man sehen dass die Zahl der Israelis (Staatsbürger) auf glaub ich 20 Tausend geschätzt wird? In ganz Deutschland! Bereits vor dem russischen Überfall gab es dagegen etwa 150 Tausend Ukrainer im Land.

  • Bedingungslose Unterstützung und Ignorieren von Verhältnismäßigkeit kann es nirgends geben. Nichtmal im Familie- oder Freundeskreis.



    Und einer so explosiven wie komplexen Gemengelage wie der Nahost-Konflikt kann man so einen Schein gleich mal gar nicht ausstellen.



    Ich finde nicht, dass echte Solidarität ist, jeden kritischen Blick zu verlieren.

    • @Deep South:

      Danke, so ist es!

  • Es ist nicht egal und geht mir auch nicht am A... vorbei. Das Thema begleitet mich seit der Oberstufe und der damaligen Schulliteratur "Der Nahost Konflikt".

    Was bei mir bleibt ist

    Solidarität mit Palästinensern 50%



    Solidarität mit Israelis 50%



    Solidarität mit Terroristen und Radikalen 0%

    Das reicht um mich von allen Demonstrationen fernzuhalten.

    Es bleibt weiter eine große Traurigkeit und das ungute Gefühl das die Palästinenser gerade nur alles verlieren können.

    • @Moonlight:

      Der menschliche narzissmus lässt fur personliche gottmacht gerne millionen leiden ,die ihnen auch noch blindlings folgen um ein paar Macht krumen ab zu bekommen ,um vielleicht etwas mehr zu sein als der Nachbar

    • @Moonlight:

      Da kann man nur zu 100% zustimmen. Alles andere ist leider wieder nur Aktionismus und die Erbschuld der Deutschen. Sorry!

    • @Moonlight:

      Sie haben mE recht. Überall gibt es A..löcher. Und genau die sind auch in jeder Hinsicht das Problem.

  • "Die Absetzbewegungen, die Relativierungen, die Forderungen nach Verhältnismäßigkeit, sie sind so erwartbar wie die Kugeln der Hamas gegen Juden."



    Nein. Relativierung ist die Akzeptanz von Unverhältnismäßigkeit, Bruch des Völkerrechts und die ungleiche Behandlung von ZivilistInnen etc. aus vollkommen windigen "Gründen", wie: das ist alles alternativlos nötig, "um den Terror zu beenden." Der ist aber de facto und völlig offensichtlich niemals zu beenden mit Maßnahmen, die ebenfalls Terror sind und ein solcher ist IMMER und GEGENÜBER ALLEN menschlichen Wesen vollkommen inakzeptabel.



    B´tselem erinnert dieser Tage an etwas, dass doch heute eigentlich Konsens sein sollte:



    "Abandoning the basic moral principle that all human beings were created equal ("b´tselem elohim") is a loss of humanity."



    Und naja, Linke, die selbst diesen fundamentalen Grundsatz irgendwie vergessen, kann man dann tatsächlich als "sogenannte" Linke bezeichnen.

    Ich war auch noch auf keiner Demo. Hatte schon bei der letzten Krise in Israel/Gaza (was jetzt passiert ist natürlich noch unvergleichlich viel schlimmer) das Problem, dass ich keine fand, bei der ich sicher sein konnte, dass ich da sein will. Ich fand damals "standing-together", eine Bewegung in Israel, und wünschte ich fände ein politisches Pendant dazu in Berlin. Es ist halt nicht unerheblich sicherzustellen, dass man mit Leuten demonstriert/sich organisiert, deren politische Ziele, Forderungen etc. man teilt. Und erst recht, dass man nicht neben Leuten herumwatschelt, die Parolen skandieren, die einem die Haare zu Berge stehen und aggressiv werden lassen.



    Da würde ich den eigentlichen und gravierendsten Mangel sehen: Proteste/Demos/Bewegungen mit aus meiner Sicht vernünftigen Forderungen und Zielen.

  • Vor der Synagoge in Kreuzberg redeten einige junge Leute darüber, wie in ihrem Umfeld diskutiert und auch gestritten wird.



    Es lässt tatsächlich hoffen, dass wenige der sonst auf Demos teilnehmenden Linken sich an den Jubelfeiern für die Hamas beteiligen.

  • Naja, es gibt Unterschiede in den Konflikten.



    *Israel-Palästina-Konflikt hat eine lange Vorgeschichte



    *auf Reaktion folgt Reaktion jeweils mit neuen Opfern



    *sowohl Hamas als auch Israels-Regierung sind rechts



    ...



    Entsprechend ist wohl eine eindeutige Parteinahme schwierig. Dass der Konflikt, die Angriffe und wie diese erfolgen vielen egal wären, würde ich nicht unbedingt annehmen. Zumindest mir geht es so.

    • @Uranus:

      ...bewerten Sie Irans Regierung auch eher rechts ?

      • @Alex_der_Wunderer:

        Geht es hier gerade um den Iran? Oh, da hab ich wohl was verpasst.

  • Ja, die Demos für Israel könnten größer sein. Es gibt auch diese Frage: wie können sich die Einwohner des Gaza-Streifens von der Hamas unterscheiden?



    Wird Israel noch weiter angegriffen?



    Diese sadistischen Ideen gegen Geflüchtete dürfen auf keinen Fall Praxis werden. Alle sollen die Chance haben, sich weiter zu entwickeln in Sicherheit ohne Schikanen.

  • Bei aller Solidarität mit den Israelis fällt es halt schwerer, Solidarität mit Bibi zu fühlen. Ich kann mich nicht erinnern, wann es jemals so leicht fiel, den beiden Seiten in einem Konflikt so platte Begriffe wie Gut und Böse aufzuerlegen wie im Ukrainekrieg. Der Nahostkonflikt könnte komplizierter und vielschichtiger nicht sein.

    • @Christian:

      Man muss ja auch nicht mit Netanjahu solidarisch sein, es reicht erstmal, wenn man den Opfern und ihren Familien die Unterstützung anbietet und die sich vor die Juden in Deutschland stellt, wenn diese von Terroristenfreunden bedroht werden.

      • @Axel Schäfer:

        Das ist aber eine andere Solidarität als mit Israel. Und hier ist ja die Frage, was diese Solidarität mit Israel denn i Kern bedeutet?



        Solidarität mit der recten Rdgieru g und ihrer Politik?



        Mit allen Israelis, oder den Aufrechten, die gegen die Justizreform protestierten?



        ...

  • Und wie stellt man sich das konkret vor? Ich muss auf keine Demo gehen, um Verständnis dafür aufzubringen, dass Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen. Die Terroristen nutzen gleichermaßen das Völkerrecht, die Geiseln und die Bevölkerung als Schutzschilde.

    Denen, die bei Demonstrationen, ob des Erfolges der Hamas gefeiert haben, wird schon bald das Lachen im Halse stecken bleiben. Die Menschen in Gaza werden einen sehr hohen Preis für den Pyrrhussieg der Hamas zahlen müssen.

    Die Israelis tun mir leid, weil sie in eine praktisch ausweglose Situation gebracht wurden, denn nichts tun ist leider keine Option. Und jene Menschen in Gaza, die mit der Hamas nichts zu schaffen haben wollen, bedauere ich ebenso.

  • Das Thema hat enorme Sprengkraft für die innere Sicherheit und weiteren Anstieg der Flüchtlinge aus Gaza. Und die dann dort ausgebombt werden und sich notgedrungen auf den Weg machen, sind mit Sicherheit keine Israel Freunde. Wenn die Wohnungen zerbombt werden, wo sollen die Menschen dann hin?

  • Wenn jemand sich über zu wenig Resonanz / Beteiligung beklagt, gilt (und nicht nur da): „Es ist besser, ein Licht anzuzünden als sich über die Dunkelheit zu beschweren.“ Sprich: Wer Israel unterstützen will, könnte auch eine Mahnwache o.ä. veranstalten, da wäre auch eine - zahlenmäßig - geringe Beteiligung schon etwas. Und wenn‘s sein müsste, eben auch allein. Mich stört es ein wenig, wenn Leute immer wieder fordern, wer bei … demonstriere, müsse doch eigentlich auch … usw.

  • Da wir in Deutschland allen vorran die Politiker immer wieder international auf das völkerrechtlich pochen werden wir es auch jetzt bei Israel machen müssen wenn wir das völkerrecht ernst nehmen ansonsten können wir uns alle Appelle das völkerrecht zu achten in zukunft schenken.

  • Gibt es eine zentrale Internetseite, die Demos ankündigt, so dass man sich beteiligen kann?

    • @Ciro:

      Das wüsste ich auch gerne, guter Punkt!

  • Die Angriffe der Hamas auf Israel ist eindeutiger Terrorismus. Das bedeutet aber nicht, dass ich mich uneingeschränkt mit Israel solidarisiere. Die Angriffe auf Gazah und die Vertreibung von 100.000 Menschen hinterlassen mehr als einen faden Beigeschmack.

  • "die Forderungen nach Verhältnismäßigkeit"



    Ja, aber was denn sonst? Soll man die Unverhältnismäßigkeit fordern oder zumindest doch stillschweigend akzeptieren? Wenn dieser Tage wieder einmal so viel von einer historischen Verantwortung die Rede ist muss zu dieser doch auch gehören, dass man dort wo einer Kriegslogik gefolgt wird die die Vernichtung des Gegners fordert, die diesem die Menschlichkeit abspricht und dessen Zivilbevölkerung den eigenen militärischen Zielen unterordnet und humanitäres Völkerrecht als optional begreift entgegentreten muss und dabei sollte man an die eigenen Freunde genau den selben Maßstab anlegen wie an deren Feinde.



    Wenn eine so selbstverständliche Forderung wie die nach Verhältnismäßigkeit und Wahrung allgemein akzeptierter humanitärer Standards zu etwas Ungehörigem wird das man guten Gewissens nicht mehr vertreten sollen darf, ist es ernsthaft mal Zeit sich zu fragen an welchen Punkt der Diskurs geraten ist und wohin das wohl führen wird.

    • @Ingo Bernable:

      Das Maß der Verhältnismäßigkeit wird sich wohl am Ende erst beurteilen lassen. Das eine hochgerüstete Terrortruppe mitten aus einem faktischen Flüchtlingslager barbarische Angriffe fährt ist erstmal eine Unverhältnismäßigkeit und stellt die primäre Gefahr dar. Für alle. Die Palästinenser können Hamas nicht stoppen. Nur Israel kann das. Für Terroristen, Menschen mit Todeskult, ist die Verhältnismäßigkeit wohl schwer zu bemessen, insbesondere wenn es um das Leben geht.

      • @Ward Ed:

        Und genau darum.müssen wir die Verhältnismäßigkeit wahren.

        • @pablo:

          Wir?



          Die Entscheidungen liegen bei den Israelis und die machen es sich, weil sie seit 75 Jahren Konflikte um Leib um Leben und um die Existenz ihres Staates austragen müssen, gerade nicht leicht.

          • @Axel Schäfer:

            Austragen MÜSSEN? Ja warum das denn?

      • @Ward Ed:

        "Das Maß der Verhältnismäßigkeit wird sich wohl am Ende erst beurteilen lassen."



        Da bin ich anderer Meinung. In der Ukraine ist man ja auch dazu in der Lage etwa die russischen Angriffe auf die Energieversorgung in Hinsicht auf Verhältnismäßigkeit und internationalem Recht einordnen zu können bevor der Krieg beendet ist.



        Und bei allem was man vollkommen zu Recht über die Barbarei und Skrupellosigkeit der Hamas sagen kann muss man Mittel und Wege finden sie zu bekämpfen ohne sich diese Dinge selbst zu eigen zu machen.

  • Mein Eindruck ist, das von vielen Deutschen das Verhältnis von Israel zu Palästina als ambivalent angesehen wird, das eine eindeutige Positionierung erschwert.

    Viele Informationen, auch aus dem historischen Verlauf, stehen nebeneinander und sind für den Einzelnen schwer objektiv zu gewichten.

    Nach dem fürchterlichen 2 Weltkrieg und dem Holocaust zogen viel Juden nach Israel und gründeten 1948 ihren eigenen Staat, auf einem Gelände, in dem vorher Palästinenser lebten.

    Bedauerlicherweise hat die Weltgemeinschaft damals keine tragfähige Zweistatenlösung schaffen können und möglicherweise waren die Menschen vor Ort nicht zu Kompromissen (Gebietsverzicht) bereit.

    So lag in der Gründung Israels unter diesen Bedingungen schon der Keim für seine konfliktreiche Zukunft in der Region.

    In späteren Kriegen wurde Israel von den umliegenden arabischen Ländern mehrfach angegriffen und konnte sich mit internationaler finanzieller und militärischer Hilfe wehren.

    Militante israelische Siedler und eine 8 m hohe Mauer, die viele Palästineser einschließt, erscheint als eine Politik, die weiter Öl ins Feuer gießt.

    Seit Anfang des Jahres sollen (bis zum Überfall der Hamas) die Israelis 200 Palestineser getötet haben.

    Diese parallelen Informationen erschweren in meiner Wahrnehmung eine eindeutige Solidarität mit Israel, weil der brutale Überfall der Hamas als Antwort auf vorherige isralischen Politik erscheint.

    Ich bin mir aber durchaus der historischen Verantwortung Deutschlands bewusst. Ohne den Holocaust und die Millionenfacher Ermordung und Vertreibung der Juden hätte es keine Gründung des Staates Israels gegeben, weswegen Deutschland zur Unterstützung Israels verpflichtet ist.

    Aber das ist eben die Staatsräson Deutschlands und nicht unbedingt die Haltung der einzelnen Bürger.

    • @Paul Schuh:

      Die Siedler können Sie in Bezug auf Gaza schlecht als Argument ins Feld führen, weil dort ja bei der Räumung von Gaza auch alle Siedlungen geräumt wurden.

      Hat sich für Israel nur so gar nicht ausgezahlt, wie wir sehen.

    • @Paul Schuh:

      Schliesse mich an.



      Es ist schwierig die glaubhaften Infos rauszufiltern.

    • @Paul Schuh:

      "Nach dem fürchterlichen 2 Weltkrieg und dem Holocaust zogen viel Juden nach Israel und gründeten 1948 ihren eigenen Staat, auf einem Gelände, in dem vorher Palästinenser lebten."

      Wenn ich es richtig weiß, lasse mich aber gerne korrigieren, haben auch vor 1948 dort bereits Juden gelebt. Außerdem scheinen die Neuankömmlinge das Land von den Besitzern gekauft zu haben.

      --> Bitte korrigieren Sie mich auf jeden Fall, da ich keine fake news verbreiten will. Es ist schwer genug, objektive Informationen über den Sachverhalt zu bekommen.

      "Seit Anfang des Jahres sollen (bis zum Überfall der Hamas) die Israelis 200 Palestineser getötet haben."

      Haben Sie dazu eine Quelle? Bzw. war das in Zusammenhang mit Kampfhandlungen bzw. Angriffen von palästinensischer Seite oder wurden von den Israelis wahllos Zivilisten getötet?

      • @*Sabine*:

        Das mit dem Landkauf war vor 300 Jahren. Die Leite sind aber nicht sesshaft geworden, nachdem der angeblicje Messias kurz dasuf verstarb. Sie haben sich dann teilweise anderen Religionen angeschlossen. Mal nach "Zionismus" suchen.

      • @*Sabine*:

        Was die Ereignisse vor der israelischen Staatsgründung betrifft: es haben immer Juden in dem Gebiet Palästinas gelebt. Aber wenn Sie auf dem Zeitstrahl der Geschichte immer noch weiter zurückgehen - bis in biblische Zeiten hinein -, werden Sie sehen, dass es vor der Ankunft monotheistischer semitischer Nomadenstämme (“Volk Israel”) auch schon eine als “Philister” bezeichnete sesshafte Urbevölkerung gegeben hat. Viele der alttestamentarischen “Narrative”, wie wir heute sagen, drehen sich um eben diese Vorzeit-Geschichten um Landnahme und Kampf zwischen Nomaden und sesshaften Bauern (“David gegen Goliath”).



        Insofern beruht auch der zionistische Anspruch auf Eretz Israel auf diesen mythologischen, religiös abgeleiteten Narrativen. Hinzu kommen natürlich die Erfahrungen von jahrhundertelanger Stigmatisierung und Verfolgung sowie der aufkeimende Nationalismus und Antisemitismus in den europäischen Gesellschaften des 19. Jahrhunderts.



        In der heutigen israelischen Gesellschaft transformierte sich der ursprünglich emanzipatorische, von liberalen und sozialistischen Ideen getragene Zionismus zu einer knallhart rechtsextremistischen und ultrareligiösen Ideologie. Warum das so kam? Das zu erläutern würde leider den üblichen Kommentarrahmen sprengen.



        Aber das ist lediglich meine Interpretation der Geschichte, informieren Sie sich ruhig noch anderswo.

    • @Paul Schuh:

      Danke für die umfangreiche Stellungnahme. Die teile ich. Es ist schwierig, bei all den Informationen die vorliegen, eine bedingungslose Unterstützung für Israel zu erwarten. Am Beispiel von Ursula von der Leyen, die unaufgefordert in Israel auftauchte, bedingslose Unterstützung der EU zusicherte und ohne auf die Einhaltung der Reglen hinwies und jetzt massiv von anderen Ländern in der EU kritisiert wird, zeigt sich, dass wir nicht immer richtig liegen. Wir sollten es schon den Gremien der EU überlassen wie sie diesen Konflikt beurteilen. Diesen dann mitzutragen, ist deutlich besser als überhastet und schnell mal einen Satz rauszuhauen, wie es Frau von der Leyen getan hat.

  • Die Bejahung der Kollektivstrafe gegen die gefangene Bevölkerung in Gaza, als klare Verletzung des humanitären Völkerrechts, wäre ein "Lackmustest" zur kollektiven Dummheit. Eine steile These ist auch , Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zu vergleichen mit dem Überfall einer Horde von Terroristen, der nur möglich war, weil die Netanyahu Regierung in ihrer Hybris meinte , es sei wichtiger, ihre illegalen Siedlungen im Westjordanland gegen das internationale Völkerrecht zu verteidigen als ihre Grenze zum Gaza zu schützen. Die israelische Bevölkerung weiss sehr genau wen sie für die jetzige Situation verantwortlich macht: Netanyahu mit seinen rechtsextremen Kumpanen, die mit der Sicherheit Israels Roulette gespielt haben.

    • @Rinaldo:

      Man muss von Bibi nicht viel halten. Ich halte auch nicht viel von ihm, sondern stehe voll auf der Seite der Israelis, die in den vergangenen Monaten zu Tausenden versuchten, ihre Demokratie gegen ihn zu verteidigen.

      Trotzdem ist ihr Kommentar ein billiger Versuch, die Verantwortung für die Massaker der Hamas bei jemand anders abzuladen.

      Die israelische Bevölkerung weiß sehr genau wen sie für die jetzige Situation verantwortlich machen muss: die Hamas, nur die Hamas und sonst niemanden, denn nichts, wirklich gar nichts kann die gezielten Morde an unbewaffneten Zivilisten, Kindern und Senioren und die Verschleppung von Geiseln rechtfertigen. Nicht einmal die grottenschlechte Politik von Bibi.

      Die Bewohner von Gaza haben das mindestens kollektiv zugelassen. Sie tragen jetzt auch ein Stück weit kollektiv die Konsequenzen, weil sie auch weiterhin die immer noch laufende Geiselnahme decken.

      • @Winnetaz:

        "Die Bewohner von Gaza ...tragen jetzt auch ein Stück weit kollektiv die Konsequenzen, weil sie auch weiterhin die immer noch laufende Geiselnahme decken."...Ihre Aussage ist eine Unterstellung. Sie entbehrt zudem der Realität vir Ort und verletzt die Genfer Konvention, die auch im Kampf gegen den Terrorismus gilt.

    • @Rinaldo:

      Ihre "Kollektivstrafe" ist eine steile These.



      Können Sie die irgendwie belegen?



      Aus den Medien kann man nur eine terroristische Aktion der Hamas und eine militärische Reaktion Israels gegen die Hamas entnehmen.

      Es gab ein Massaker und jetzt eine militärische Reaktion.

      Wieso instrumentalisieren Sie die israelische Bevölkerung?

      Die weiß die ganze Zeit ebenfalls, dass sie von der Hamas nichts Gutes zu erwarten hat.

      • @rero:

        Meine Solidarität mit dem Antierrorkampf Israels endet dann, wenn die Zivilbevökerung Palästinas durch Abschaltung von Wasser und Strom kollektiv bestraft wird. Zudem sind unverhältnismäßige Bombardierungen eines Gefängnisses, wie es Gaza nun mal darstellt, unverhältnismässig und damit eine klare Verletzung des humanitären Völkerrechts.

  • Nein "egal" ist mir das nicht. Nur sehe ich keinen Sinn einer "bedingungslosen Unterstützung". Es gibt auch kritische Stimmen, z.B. des Verein "Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost". Nur davon ist auf den Pro-Israel-Demos-Demos nichts zu sehen. Vertreibung der Zivilbevölkerung, das Abschneiden von lebensnotwendigem Wasser, Strom, Lebensmittel, Medikamenten etc. ist ja nicht das, was ich mir unter einer Bekämpfung gegen die Hamas vorstelle.

  • Ich denke, das Ganze fällt bei vielen in den Topf "Israel und Palästina ist doch immer Unruhe", ohne die neue Qualität des Ganzen wirklich zu vergegenwärtigen. Hinzu kommt, dass eine Lösung nicht annähernd in Sicht ist. Hamas & Co. sollten bereits viele Male zerschlagen werden. Geklappt hat es nie.



    Im Vergleich ist der Ukrainekrieg a) neu b) näher. Auch hier zeichneten sich in den letzten Wochen Ermüdungserscheinungen ab. Wenn der Ukrainekrieg ein paar Jahre gelaufen sein wird (was ich nicht hoffe, aber befürchte), wird auch kaum noch jemand groß demonstrieren gehen...

  • Dieses "auf eine Seite schlagen" ist grundsätzlich antidemokratisch. Wenn Israel und Palästina seit 70 Jahren im Krieg sind, haben beide Seiten Dreck am Stecken. Und damit bin ich keinesfalls solidarisch.

    • @Kappert Joachim:

      So ist es.

    • @Kappert Joachim:

      Eigentlich ja eher seit 2700 Jahren.

  • Den Mut und die Tapferkeit Israels wird man in Deutschland nicht genauso finden. Leider hat auch der allgegenwärtige islamistische Terror in der Öffentlichkeit seine Spuren hinterlassen. Öffentlich bekundete Solidarität mit Israel und Auseinandersetzung mit den Islamismus kann für den einzelnen lebensgefährlich sein oder zu Ausgrenzungen dergestalt führen, dass man keinen Blick für die Palästinenser hätte, was gleich in Islamophobie umgedeutet wird. Das terroristische Paradigma ist leider auch in Deutschland im öffentlichen Raum wirksam.

    • @Ward Ed:

      Die Bemerkung über den islamistischen Terror und seine Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Deutschland ist zu pauschal. Die meisten Menschen in Deutschland treten nach wie vor für den Frieden im Nahen Osten ein und verurteilen Terrorismus in all seinen Formen auch den Staatsterror durch die aktuelle Rechte isrealische Regierung.

      Die Meinungsfreiheit hier bei uns in Deutschland erlaubt es, sich kritisch mit verschiedenen Themen auseinanderzusetzen, ohne dass dies zwangsläufig zu lebensgefährlichen Situationen oder Ausgrenzung führt.

      Terrorismus sollte niemals als Rechtfertigung für Vorurteile und Vorverurteilungen dienen. Die breite Mehrheit der deutschen Gesellschaft steht für Toleranz und eine differenzierte Betrachtung der komplexen Konflikte im Nahen Osten ein.