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Positionen im NahostkonfliktEinfach mal schweigen

Said Rezek
Gastkommentar von Said Rezek

Dauernd soll ich mich als libanesischstämmiger Muslim zum Nahostkonflikt positionieren. Doch meine Herkunft macht mich nicht zum Experten.

An entschiedenen Positionen zum Nahostkonflikt fehlt es nicht Foto: Christoph Schmidt/dpa

D ie Debatte zum Nahostkonflikt wird in sozialen Netzwerken von uneingeschränkten Un­ter­stüt­ze­r:in­nen Israels und Palästinas dominiert. Die moderaten Stimmen sind leise und gehen auf Facebook, Twitter und Co unter. Am lautesten sind jedoch jene, die schweigen.

Als Muslim und libanesischstämmiger Deutscher erwarten viele meiner Landsleute und Glaubensgeschwister mein Statement zum Nahostkonflikt. Wenn ich den Aufforderungen nicht nachkomme, wird mir wahlweise der Glaube abgesprochen, Verrat an meiner Heimat oder Feigheit vorgeworfen.

Dabei habe ich gute Gründe für mein Schweigen. Ich halte mich mit Äußerungen zum Nahostkonflikt bewusst zurück, weil er sensibel, komplex und emotional hoch aufgeladenen ist. Ich kenne weder die Historie im Detail noch all die UN-Resolutionen und Beschlüsse, geschweige denn alle Überlieferungen in den heiligen Schriften, wonach die eine oder andere Seite Anspruch auf das Heilige Land erhebt. Natürlich habe ich eine Meinung. Aber eine Meinung ist eben kein Argument. Weder die Herkunft noch die Religionszugehörigkeit sind für die Einschätzung des Nahostkonflikts entscheidend. Ausschlaggebend sind das Wissen und die Erfahrung.

Es ist schon erstaunlich, wie viele sich in der Internetcommunity zu Ex­per­t:in­nen im Nahostkonflikt aufspielen. Natürlich kann je­de:r seine/ihre Meinung ungefiltert im Netz veröffentlichen, aber die Schwarmintelligenz führt nicht unbedingt nach dem Habermas’schen Ideal zum Sieg des besten Arguments. Zuweilen wird unnötig Öl ins Feuer des ohnehin hoch explosiven Konflikts gegossen.

Said Rezek

ist Politikwissenschaftler, Blogger und Journalist. 2020 erschien sein Buch „Bloggen gegen Rassismus – Holen wir uns das Netz zurück!“ (tredition).

Wir Muslime können nicht über die vermeintlichen Islam- oder Nahostexperten klagen, aber uns vormachen, dass wir aufgrund unserer Herkunft oder Religion per se qualifizierter sind, um über bestimmte Themen zu sprechen. Wenn ich eines Tages mehr über den Nahostkonflikt weiß, werde ich mich zu Wort melden. Solange werde ich weiter schweigen, egal was andere dazu sagen.

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53 Kommentare

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  • Nuja, es ist gerade die große Mode, sich zu Dingen zu äußern, von denen man keine Ahnung hat. Ob es Schauspieler sind, ehemalige Pokerspieler oder HNO-Ärzte. Allesamt Experten per Selbsternennung

  • Enttäuscht aber nicht entnervt, sprechen statt schweigen:



    Mut machen trägt Früchte!

    M U T :



    "Was keiner wagt, das sollt ihr wagen./



    Was keiner sagt, das sagt heraus./



    Was keiner denkt, das wagt zu denken./



    Was keiner anfängt, das führt aus./



    //



    Wenn keiner ja sagt, sollt ihr's sagen./



    Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein./



    Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben./



    Wenn alle mittun, steht allein./



    //



    Wo alle loben, habt Bedenken./



    Wo alle spotten, spottet nicht./



    Wo alle geizen, wagt zu schenken./



    Wo alles dunkel ist, macht Licht.“/

    Lothar Zenetti

  • Eine Positionierung ist enorm wichtig und die leisen Stimmen sollen gehört werden.

    Ich habe hier schon einen total ungeschickten Versuch gemacht die Position von Vertriebenen deutlich zu machen und von Antisemitismus abzugrenzen. Den kleinen Shitstorm auf meine Provokation habe ich verdient.

    Ich bin kein Experte aber ich durfte Experten kennen lernen.

    Wenn eine Familie innerhalb von 3 Generationen zweimal aus Ihrer Heimat vertrieben wird, einmal im 6 Tage Krieg durch ein expandierendes Israel und dann aus Ihrer späteren Heimat in Damaskus, dann wird deutlich das es selbst hier in Deutschland Menschen gibt die von diesem Dauerkonflikt direkt betroffen sind.



    Ich finde das ist Expertenstatus und sie haben jedes Recht auf die Straße zu gehen gegen Krieg, für ein Ende der Provokationen und eine friedliche Lösung.

    Sie hoffen heute noch auf eine Rückkehr und Gerechtigkeit irgendwann.

    Gruß vom Mondlicht

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Moonlight:

      Das sehen die Vertriebenen aus den Ostgebietes und Tschechien genauso. Die Sieger sehen es genau anders.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @97287 (Profil gelöscht):

        Die Vertriebenen Deutschen wurden doch entschädigt und leben nicht im Elend. Außerdem hat man die wegen einer Kollektivschuld vertrieben. Die Palästinenser trifft da keine Schuld.

        • 9G
          97287 (Profil gelöscht)
          @4813 (Profil gelöscht):

          Wie denn? Lastenausgleich? Ein 30- jähriger Familienvater, der nichts hatte, hat auch nichts bekommen. Ein Besitzer eines Hauses hat 1962 max . 10000 DM bekommen. Die Palästinenser hatten doch auch 70 Jahre Zeit sich mit Jordanien Libyen, Syrien und der Arabischen Nation incl. SaudiArabien, Kuwait , Ägypten, Irak zu einigen, nachdem diese Nationen jegliche Hilfe verweigerten und die Menschen in Lager sperrte

        • @4813 (Profil gelöscht):

          Warum blenden Sie aus, daß im Palästinakrieg 1948 Israel *in Vernichtungsabsicht* von Ägypten, Syrien, Libanon, Jordanien und Irak angegriffen wurde. Im Mandatsgebiet Palästina haben die "Palästinenser", wie Sie sie nennen sich angeschlossen. Unter der Federführung des Großmuftis al-Husseini entstand die "Arme des heiligen Krieges" :de.wikipedia.org/w...s_heiligen_Krieges



          Die Absicht hinter diesem Angriff war schlicht den Staat Israel plattzumachen. Die arabischen Nachbarstaaten UND die Palästinenser haben sich entschieden KEINE Verhandlungslösung zu suchen, sondern den Konflikt nach dem Prinzip "das Recht des Stärkeren siegt" zu lösen. Davon sind die Palästinenser, im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten bis heute kein Jota abgewichen.

  • Danke für Ihren Kommentar. So wäre ein Weg gangbar. Und so sind die Bedingungen: wenn Israel sich nicht verteidigt, kann das tödlich enden, weil es sehr klein ist.

  • Ausschlaggebend für die Protestwelle in der letzten Woche war wesentlich die Zugehörigkeit.

  • Entgrenzt und enthemmt.



    Traditionell sind verbale Antipathie und praktizierter Hass mit Gewalt die Ventile u.a. für Antisemitismus, weltweit verstärkt in Zeiten der Eskalation im Nahen Osten, der uns doch so fern ist, speziell bei Intransparenz der aktuell speziellen Konfliktursachen.



    In der Levante Öl ins Feuer zu gießen heißt übersetzt: Geld aus externen (Öl-)Geschäften z.B. am Golf, an denen u.a. europäische und transnationale Konzerne sowie Banken teilhaben, "einzahlen" auf die Konten von radikalisierten Verbrechern und deren militanter Entourage. Die unbeteiligte Zivilbevölkerung ist auf der VerliererInnenseite, wie immer, Frauen und Kinder als Opfer. Woher das Geld für Raketen und Tunnelbau kam? Das sollte zu klären sein, dort wurde die Lunte gelegt. Selbst einige Freunde mit Wurzeln in der Levante sehen derzeit keinen wirklichen Ausweg aus der Eskalationsspirale. Den Geldhahn u a. vom Golf her abdrehen für die ExtremistInnen, das wäre ein humanitäres Zeichen. Den Sumpf gärender Desinformation trockenzulegen ist ein hehres, aber derzeit wohl frustranes Ziel. Seit tausenden von Jahren ist die multiethnische Gesellschaft in friedlicher Koexistenz eine Utopie für viele, nah und fern. Es sollte im Diesseits gelingen können.

  • Da fällt mir Dieter Nuhr ein ,der mal sagte das man natürlich zu allem seine Meinung äußern kann ,aber nicht muß!



    Auch wenn ich sonst kein Nuhr-Fan bin,der Spruch ist einfach gut.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Mustardmaster:

      Wenn er ihn nur öfter mal selbst zu Herzen nehmen würde.

    • @Mustardmaster:

      Was spricht gegen Dieter Nuhr ?

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Nicolai Nikitin:

        Er hat auf Lehramt studiert. Und macht belehrende Witzchen

        • RS
          Ria Sauter
          @4813 (Profil gelöscht):

          Das ginge ja noch. Andere Menschen aber lächerlich ist etwas ganz anderes.

      • RS
        Ria Sauter
        @Nicolai Nikitin:

        Vieles!



        www.rnd.de/promis/...AFEOCGQSQDYCI.html



        oder seine verachtende Äusserungen über Greta



        Einfach mal die Suchmaschine anwerfen, da gibt es einiges.

  • „Dauernd soll ich mich als libanesischstämmiger Muslim zum Nahostkonflikt positionieren.“

    Nun ja - Deutsche sollen sich hier ja auch ständig zu Israel und zum Judentum positionieren, so als wären sie da die Experten schlechthin.

  • Solche fundierte Nicht-Meinung zu lesen, ist sehr erholsam. Mehr davon!



    Könnte nicht fast jeder Journalist vergleichbar fundiert eine Nicht-Meinung zu Themen wie AstraZeneca, Amerika, Russland, Wirtschaft oder Abtreibung schreiben?



    Das wäre eine richtig gute Zeitung - als Anregung zum Nachdenken wie schnell wir meinen...

  • Juden und Jüdinnen in Deutschland eht es auch nicht anders. Sie werden allerdings von Nichtjuden dazu genötigt, zur israelischen Politik und dem Nahostkonflikt Stellung zu beziehen. Es mag ja in bestimmten Situationen klüger sein, zu schweigen. Doch ich denke, dass gerade in der muslimischen Community die Menschen, die eine etwas differenzierte Sichtweise auf den Nahostkonflikt haben, nicht schweigen sollten, wenn sie von ihren muslimischen Glaubensbrüdern und -schwestern nach ihrer Meinung gefragt werden. Der Nahostkonflikt ist komplex und wird seit Jahren geschürt und eskaliert, weil die Kontrahenten sich anschweigen und bekämpfen, statt miteinander zu reden.

    • @Jossi Blum:

      "Juden und Jüdinnen in Deutschland eht es auch nicht anders. Sie werden allerdings von Nichtjuden dazu genötigt, zur israelischen Politik und dem Nahostkonflikt Stellung zu beziehen. "



      Eigentlich gibt es ja eine Trennung von Religion und Politik. Vielleicht sollte auch der Zentralrat der Juden in Deutschland-immerhin kein x-beliebiger kleiner Taubenzüchterverein -keine offizielle Stellungnahme mehr abgeben.Die Aussagen sind unausgewogen, einseitig,in steter "Nibelungentreue" zu Israel. Da würde wenigstens "offizielles Schweigen" schon mal ein wenig deeskalierend wirken. Das ist auch kein Maulkorb,denn privat gilt natürlich die Meinungsfreiheit,was sonst!

      • @Mustardmaster:

        Wieso sollte sich der ZdJ nicht zu den jüngsten antisemitischen Ausschreitungen bei den Pro-Palästina-Demos auf deutschen Straßen äußern und Israel in Schutz nehmen? Hätten zwischen 1933 und 1945 nicht so viele Deutsche geschwiegen und weggesehen, dann hätte der Holocaust nicht durchgeführt werden können. Insofern bin ich froh, dass es den ZdJ gibt und er die Alarmglocken schrillen lässt. Nachdem sich die Politik mal wieder echauffiert hat über den Antisemitismus und den Israelhass hätte ich mir Solidaritätskundgebungen seitens der nichtjüdischen Bevölkerung für die hier lebenden Jüdinnen und Juden gewünscht. Fehlanzeige. Die Demonstrationen am 15. Mai 2021 haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sich Jüdinnen und Juden einmal mehr fragen müssen, ob sie in Deutschland wirklich sicher sind und sie hier eine Zukunft für sich und ihre Familien sehen.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Jossi Blum:

      Da kann ich ihnen Mal beipflichten.

  • Schweigen zum Sachverhalt, ok, muss mich bei Faktenkenntnissen anschließen.

    Schweigen zum Meinungsteil: Der offene Antisemitismus auf den Demos (Jude mit Hörnern und langer Nase als Puppe) ist widerlich, menschenfeindlich und hat mit legitimen Protest gegen Krieg und für Frieden rein gar nichts zu tun.



    Die fehlende Benennung der Organisatoren und Akteure in den Medien ist auch sehr bezeichnend.

    Da ist Schweigen einfach falsch.

  • Said Rezek spricht ein wichtiges Thema an, über das u.a. Karim El-Gawhary in der Taz sehr differenziert berichtet, auch durchaus so, dass Ziele und konkrete Forderungen in Richtung Frieden formuliert werden können. Menschen mit einem hohen Informationsgrad haben m.E. eine Pflicht, nicht zu schweigen, sondern zumindest jene Aspekte in die Debatte einzubringen, die weiteres Leiden verhindern (besonders jene, die über Zeit und Energie verfügen). Sicher, keiner weiß alles. Aber die Debatte wird bereichert durch alle Infos, wenn man sich noch zuhören kann und nicht gleich bei jedem Argument für die "andere Seite" defensiv reagiert(da ist Zurückhaltung wohltuend!).



    Hier ist ein link zum "Intercept", der findet, dass die (berechtigte) Kritik bei an Hamas eine Ausflucht sein kann, um sich nicht vom großen Leid der Betroffenen angesprochen zu fühlen (die Hamas regiert extrem autoritär, andere Meinungen gelten als Verrat).

    theintercept.com/2...rcept%20Newsletter

  • Schweigen ist keine Lösung. Man kann sich immer mindestens dafür aussprechen, dass die Menschen auf beiden Seiten des Konflikts nicht mehr auf die jeweiligen Hardliner hören, sondern auf Deeskalation setzen. Solche Stimmen der Vernunft hört man derzeit viel zu wenig. Die Stimme eines libanesischstämmigen Muslims wäre in diesem Sinne auf jeden Fall hilfreich. Das wäre auch kein "Verrat", sondern ein wichtiges Korrektiv der Sichtweise in der muslimischen Community.

    Genauso wünsche ich mir von der inner-israelischen Opposition Stimmen, die für Deeskalation und Gewaltlosigkeit plädieren. Die derzeitige Reaktion Israels auf den Hamas-Terror ist überzogen und irrational und wird nur dazu führen, dass noch eine weitere Generation in Gaza Israel nur als Feind erlebt.

    • @Winnetaz:

      "Die derzeitige Reaktion Israels auf den Hamas-Terror ist überzogen und irrational und wird nur dazu führen, dass noch eine weitere Generation in Gaza Israel nur als Feind erlebt."

      Wie würden Sie reagieren, wenn tausende Raketen auf Ihr Wohngebiet abgeschossen würden, die nur teshalb nicht töten, weil ein ausgeklügeltes Abwehrsystem den Großteil abfängt? Abwarten bis die Arsenale leer sind? und dann hoffen, dass die Hamas friedlich wird und die Palästinenser die Juden als Nachbarn akzeptieren? Das glauben Sie doch selber nicht.

      • @TazTiz:

        Frieden wird nur möglich sein, wenn der Stärkere in so einem asymmetrischen Konflikt ein Zeit lang still hält und konsequent deeskaliert. Nur so verliert Hamas Rückhalt in Gaza. Ja, so ein Frieden wäre teuer zu erkaufen, aber Krieg ist auf Dauer teurer - sowohl materiell als auch nach Todesopfern auf israelischer Seite.



        Israel hat die Mittel: um Gaza großzügig zu versorgen, um Schulen, Krankenhäuser und zivile Infrastruktur zu bauen, um der Jugend in Gaza ein Zukunft zu geben, die sich derzeit im Hass verliert.

        • @Winnetaz:

          Die Hamas ist auf Rückhalt nicht angewiesen, weil Gaza keine Demokratie ist. Die können problemlos gegen den Willen der absoluten Mehrheit herrschen.

        • @Winnetaz:

          Ihnen scheint nicht klar zu sein, wieviele international Milliarden zu diesem Zwecke bereits nach Gaza geflossen sind. Israel hat sich zuletzt aus Gaza zurückgezogen, weil eine Fremdbeglückung nichts gebracht hat. Unter der Selbstverwaltung wurde es noch schlimmer. Wer hat Schuld? Die Palästinenser sind keine Kinder, die wissen genau, was sie tun.

  • 9G
    90454 (Profil gelöscht)

    In dem Konflikt gibt es nur Verlierer. Ich will und kann dazu auch nichts sagen bzw. kann mich da auch nicht positionieren.

    • @90454 (Profil gelöscht):

      Auch viele seriöse Politikbeobachter halten den Grundkonflikt für schier unlösbar. Also gibt es wohl keine andere Lösung als die Waffen niederzulegen und möglichst friedlich - so gut es eben geht - zu koexistieren.

  • Die Konfliktlösung scheint nur durch die völkerrechtliche Anerkennung eines souveränen arabischen Staates auf dem Territorium des früheren Mandatsgebietes Palästina und der Selbstbestimmung der arabischen Palästinenser möglich, wie es die UN-Resolution 181 (II) v. 29. Nov. 1947 als Junktim für die Gründung Israels postulierte: „In Palästina (solle) ein unabhängiger arabischer Staat und ein unabhängiger jüdischer Staat sowie das internationale Sonderregime für die Stadt Jerusalem“ entstehen. Dies implizierte notwendig die Schaffung einer Palästinischen Wirtschafts- Währungs- und Zollunion mit dem Ziel einer „gemeinsamen wirtschaftlichen Entwicklung“ und sollte den „Zugang beider Staaten und der Stadt Jerusalem zu Wasser und Energiequellen auf der Grundlage der Nichtdiskriminierung“ gewährleisten. „Die Bestimmungen (sollten) als Grundgesetze des Staates anerkannt (werden). Gesetze oder sonstige Vorschriften oder Amtshandlungen dürfen zu diesen Bestimmungen nicht im Widerspruch stehen.“

    Schließlich wird der Sicherheitsrat aufgefordert, „jeden Versuch, die in dieser Resolution vorgesehene Regelung gewaltsam zu ändern, als eine Bedrohung oder einen Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung gemäß Artikel 39 der Charta“ anzusehen.

    Wenn diese UNO-Resolution die völkerrechtliche conditio sine qua non der Errichtung des jüdischen Staates von Palästina bildet, dann ist sie es folglich auch für dessen gesicherte Fortexistenz. Es liegt also im existenziellen Interesse Israels, sie einschränkungslos zu respektieren und als Zweistaaten-Lösung in den 1947 fixierten Grenzen eine Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen, um auch den arabischen Palästinensern endlich eine gleichberechtigte und diskriminierungsfreie sozial-ökonomische Perspektive und Ressourcen-Zugang zu eröffnen, ohne die auf Dauer die sichere Existenz Israels, des jüdischen Staates von Palästina im Sinne der UNO-Resolution 181, nicht zu gewährleisten sein wird.

    „It‘s ecomomic, stupid!“

    • @Reinhardt Gutsche:

      Ungeachtet der mal mehr, mal weniger aufbrodelnden Konflikte, über die dann natürlich sofort weltweit in allen Medien berichtet wird, gibt es ja schon seit jeher wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen aus Israel und den Autonomiegebieten. Das bedeutet nichts anderes als dass vernünftige Menschen auf beiden Seiten die gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung auf dem kleinen Dienstweg längst in die Praxis umsetzen. Natürlich gibt es auf beiden Seiten auch erhebliche Widerstände dagegen, aber ich sehe keine andere längerfristige Lösung als diese kleinen Schritte zu Leuchtturmprojekten zu machen. Was nützen großspurige abstrakte Überlegungen der Weltpolitik zu irgendwelchen Friedenslösungen, wenn diese einerseits an den praktischen Lebensrealitäten der meisten Menschen dort vorbeigeht, anderseits von Machteliten mit ganz anderen Interessen aktiv sabotiert werden.

      In der Tat muss die zwingende Basis jedoch die UN-Resolution 181 (II) v. 29. Nov. 1947 sein. Wer das Existenzrecht Israels in Frage stellt, wie die Hamas oder eine "Friedenslösung" forciert, die für Israel einem Suizid gleichkäme, wie es viele linke Antisemiten in Europa fordern, sollte im Nahost-Diskurs keine akzeptierte Stimme mehr sein.

      Abgesehen davon hätte es die Gründung Israels ohne den von Deutschland begangenen Holocaust doch gar nicht erst gegeben. Leider hat Deutschland Israel aber in entscheidenden Situationen allein gelassen und damit den USA das Feld überlassen, was einerseits Israel das Überleben sicherte, anderseits die Spannungspirale in der Region deulich nach oben schraubte.

      • @Khaled Chaabouté:

        "Abgesehen davon hätte es die Gründung Israels ohne den von Deutschland begangenen Holocaust doch gar nicht erst gegeben. "

        Die Zionistische Bewegung und die Bestrebungen einen eigenen Staat zu gründen existierten bereits lange vor 33. Das es heute keinen jüdischen Staat gegeben hätte ist in dem Zusammenhang Spökenkikerei.

        "was Israel das Überleben sicherte"

        Ein Staat ist kein Lebewesen. Menschen leben.

        • @Rudolf Fissner:

          Die Zionisten um Birnbaum et al. formulierten überhaupt erstmalig Ideen zu einem jüdischen Staatswesen. Die Ambitionen um Wiederansiedlung im Land der Ahnen kamen erst viel später mit Herzl auf und hatten damals allein zahlenmäßig kaum die Relevanz irgendwelche Konflikte der heutigen Tragweite heraufzubeschwören.

          Aggressionen bis hin zu Pogrome gegen Juden gab es auch in der Vergangenheit im Gebiet Palästinas wie auch in Europa und sonstwo in der Welt und waren Ausdruck eines latenten Antisemitismus, aber die Dreyfuß-Affäre lässt sich jawohl in keinster Weise mit dem Holocaust in Relation setzen.

          Ein Staat mag kein Lebewesen sein, aber der Vergleich mit einem Organismus kommt dem sehr nahe und auch Organismen müssen überleben.

      • @Khaled Chaabouté:

        Zitat @KHALED CHAABOUTÉ: „....hätte es die Gründung Israels ohne den von Deutschland begangenen Holocaust doch gar nicht erst gegeben.“

        Nein, den entscheidenden Impulsschub für den modernen Zionismus gab nicht die Shoa sondern die Dreyfus-Affäre in Frankreich. Aber schön, daß Sie der Auffassung zuzustimmen scheinen, daß die besagte UNO-Resolution zumindest in ihrem Geist der Vergessenheit entrissen werden sollte, was natürlich konsequenterweise einschließt, die Existenz Israels zu den in diesem Junktim definierten Konditionen einschließt.

        Was die Haltung der Bundesrepublik zu Israel anbetrifft (kristallisiert etwa im Luxemburg-Abkommen 1952), sollte man nicht blauäugig deren politisch-utilitaristischen Aspekte außer Acht lassen. Adenauer sah darin ein Trampolin für die Rückkehr Deutschlands auf die Bühne der Weltpolitik („Meine Damen und Herren, dat Weltjudentum is eine jroße Macht.", zitiert von Rudolf Augstein im „Spiegel“ v. 08. 05. 1995), einen Ablaßhandel für die Exkulpierung der Deutschen von der moralischen Schuld des welthistorisch singulären Gräuel der Shoah und die Chance, einen Fuß in die für Deutschland verbotene Atomwaffen-Entwicklung zu bekommen. Allerdings hätte Deutschland nie die militärische Rolle übernehmen können, die die USA für die Sicherheit Israels spielen. Die USA hätten dies auch nie zugelassen, zu Recht.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Danke für diesen Kommentar. Endlich einmal ein sachlicher, und inhaltlich faktenreicher Beitrag.

      • @Rolf B.:

        Ich schließe mich dem an!

  • Dieses "Schweigen" würde auch vielen anderen gut tun, die weder Muslime noch Libanesen, Israelis oder Palästinenser sind.

    Die Schuld an diesem Konflikt liegt bei vielen Seiten, die Gründe sind bei oberflächlicher Betrachtung gar nicht erkennbar.

  • DAnke. Herr Rezed. Gilt für viele andere Themen auch...

  • Natürlich ist es vernünftig erstmal zuzuhören wenn man von einem Thema keine Ahnung hat. Versteht sich eigentlich von selbst...

  • Ich wüsste nicht, warum gerade angesichts der Tragödie des Nahostkonflikts geschwiegen werden sollte, ist er doch ein ganz zentraler Punkt der interreligiösen, ethnischen und politischen Auseinandersetzung seit über 70 Jahren. Komplexität zeichnet fast alle Konflikte der Welt aus, dies kann also kein Argument sein, nichts zu sagen, angesichts von Unrecht, Tod und Zerstörung.

    • @Rinaldo:

      Er schweigt ja auch nicht, sondern stellt nur fest, dass er aufgrund seiner Faktenkenntnis nur seine Meinung äußern könnte und das nicht möchte. Das würde ich mir bei vielen, die ihre Meinung immer laut herausschreien, auch wünschen. Ich werde meine Meinung zum Inhalt des Nahostkonfliktes hier auch nicht äußern.

    • @Rinaldo:

      Weil a) viel Halbwissen unterwegs ist und das b) durchaus bedrohliche Szenarien nach sich ziehen kann. Was haben "Scheiß Juden!" Rufe auf Demos noch mit konstruktiver Kritik zu tun? Das ist kein Deut besser als das Gelaber vom "Finanzjudentum".

    • @Rinaldo:

      Sie sollten den Beitrag nochmal lesen. Sie haben ihn ganz offensichtlich nicht verstanden...

  • Wenn auf deutschen Straßen (oder anderswo) aufgefordert wird, Juden (oder andere Menschen) zu töten, ist Schweigen stille ZUSTIMMUNG.

    • @lulu schlawiner:

      Schweigen ist keine Zustimmung und keine Ablehnung.



      Es erscheint mir unsachlich, Dritten durch Umdeutung der Nichtäußerung zu einer Haltung zwingen zu wollen.

      • @mensch meier:

        -Wo Unredcht zu Recht wird,



        wird Widerstand zur Pflicht.

        Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sollte das einleuchten.

        Wir kennen doch alle den Satz: "Wir haben von nichts gewußt"

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @lulu schlawiner:

          Sich gegen Antisemitismus und Terror auszusprechen, ist noch lange keine Stellungnahme zum Nahostkonflikt, also dazu, welches Verhalten für die Akteure in dem asymmetrischen Konflikt nun legitim oder angebracht wäre oder wie der deutsche Staat in dieser Hinsicht sich verhalten sollte.



          "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht." Auf ihr Widerstandsrecht berufen sich auch Palästinenser. Was ist da legitim (Raketen sind es nicht.)? Welche Aktionen des israelischen Staates sind Selbstverteidigung, welche Aggression? Für so eine Einschätzung sollte man schon einiges an Wissen mitbringen, sonst produziert man sich einfach nur selbst in seinem Halbwissen und das ist gefährlich.

          • @85198 (Profil gelöscht):

            Ich beziehe mich lediglich auf die Demonstrationen auf denen rassistische Parolen gerufen wurden.

            Um das zu verurteilen muss man kein Nahostexperte sein.

  • Danke. Eine Stimme der Vernunft. Davon brauchen wir mehr.

  • Wie wäre es mit einem radikalen Gegenvorschlag zu anworten? Die ganze Region sollte demilitarisiert und entwaffnet werden.

    • @Thomas R. Koll:

      Niedlich und putzig.