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Pietätlose Propaganda aus den USAFrom the Riviera to the Sea

Trump veröffentlicht ein KI-generiertes Video über seine Pläne für den Gazastreifen. Ein Fiebertraum, so bizarr wie gefährlich.

Künstlich-schreckliche neue Welt Foto: Screenshot: Truth Social Youtube

Berlin taz | In Gaza regnet es plötzlich Geld. Die Trümmer und Toten sind einer neuen Metropole gewichen, der Horizont besteht aus Hochhäusern, die goldenen Strände laden zum Tanzen, Trinken und Essen ein, während man umgeben von Luxusvillen ist. Moderne Basare reihen sich an Hotels, Restaurants und Schnellstraßen.

Wer dieses neue Idyll am Mittelmeer erbaut hat? Jemand, der sich selbst für den Messias hält und dessen Name wie eine Flagge überall zu sehen ist. In der neuen Gaza-Metropole stehen goldene Statuen von ihm, auf jedem Gebäude steht sein Name, die vergoldeten Luftballons und Souvenirs tragen sein Gesicht.

Er ist nicht nur dort omnipräsent, sondern auf der ganzen Welt: Donald Trump mag egomanisch und schuld an so vielem sein, doch er beherrscht geschmackloses Marketing.

Am Mittwoch veröffentlichte der US-Präsident auf seiner eigenen Social-Media-Plattform Truth Social ein mit künstlicher Intelligenz generiertes Video, bevor er es auch auf anderen Medien vertrieb. An Pietätlosigkeit ist es kaum zu überbieten. Das Video stellt gleich zu Beginn die Frage, wie man 2025 mit Gaza umgehen soll. Die Bilder der Trump-Metropole sind im besten Influencer-Weichzeichner gehalten, konturenlos und ästhetisch kaum ansprechend.

Die Demontage der Demokratie und Menschenrechte ist sogar angekündigt gewesen

Auch ein deutlich verjüngter Elon Musk ist zu sehen, wie er an dem fiktiven Strand genüsslich etwas isst und im Geldregen spaziert. Das Video gipfelt darin, dass sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Trump auf einer Liege am Pool sonnen, ein Glas in den Händen, ein Lächeln auf den Lippen.

Niemand hat erwartet, dass Trump in seiner zweiten Amtszeit plötzlich Empathie und Nächstenliebe predigt. Wenn überhaupt, ist die aktuelle Demontage der Demokratie und Menschenrechte erwartbar und sogar angekündigt gewesen.

Wer gehört zum Kapital, wer wird verstoßen

Doch das Gaza-Video ist selbst für den egozentrischen Autokraten ein Einschnitt. Schon seine Aussage Anfang Februar, dass er die palästinensische Bevölkerung in die anliegenden Nationen umsiedeln will, sorgte für Kritik. Er sähe in dem Küstenstreifen das Potenzial, „die Riviera des Nahen Ostens“ zu werden. Das Video zeigt nun seine utopischen Pläne.

Das perfide daran: Die Kinder, die zu Beginn des Videos noch in Schutt und Asche spielten, kommen noch immer aus denselben Höhlen heraus. Sie sind nicht Teil der Metropole, sie sind Aussätzige, die nicht die nötigen Finanzen für den goldenen Traum haben. Das Video macht deutlich, wer zum Kapital gehört und wer von ihm verstoßen wird.

Nicht nur das Video zeigt, wem man diese vermeintliche Utopie zu verdanken hat, auch der Song im Hintergrund – ähnlich scheußlich generiert wie die Bilder – lässt daran keinen Zweifel.

Immer wieder hört man Text-Versatzstücke wie „Trump Gaza is finally here“, „Trump Gaza Number One“ und „Donald Trump will set you free“. Doch wer hier überhaupt von was befreit wird, interessiert den US-Präsidenten selbstredend nicht.

Vielmehr treibt er mit seinen Gaza-Plänen neokolonialistische Interessen voran, wie er sie bereits in abstrakten Friedensverträgen mit der Ukrai­ne auslebt, in denen er das Land zugunsten der USA ausbluten lassen will. Noch dazu greift er in einen geopolitischen Konflikt ein und will ihn für seine und US-amerikanische Zwecke nutzen.

„America First“ gilt auch in anderen Ländern. Trump macht aus dem umstrittenen Slogan „From the River to the Sea“ schlichtweg „From the Riviera to the Sea“. Damit riskiert er noch mehr Leid der palästinensischen Bevölkerung.

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23 Kommentare

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  • Ein glitzerndes Verblödungsparadies mit hasserfüllten Vertriebenen drumherum. Ob das Bestand hat? Oder so auf Sand gebaut ist wie die künstlichen Inseln in Arabien, wo die Entwicklungsgelderdiebe aus Afghanistan und anderswo sich eine Eigentumswohnung gekauft haben?

  • Nun, Gaza könnte längst so aussehen wenn Hamas & Co. die ganzen Hilfsgelder entsprechend investiert hätten (und halt nicht in Waffen, Tunnelbau usw.).

    • @Saile:

      Naja, Spekulation; könnte auch sein, dass es Gaza sonst überhaupt nicht mehr gäbe. Man sieht ja im Westjordanland, wie Israel vorgeht.

      • @Kay Brockmann:

        "...dass es Gaza sonst überhaupt nicht mehr gäbe. Man sieht ja im Westjordanland, wie Israel vorgeht."



        ...und man hat im Gazastreifen gesehen was passiert, wenn es das nicht tut.



        Schon verzwickt, was?

  • Das größte Problem an diesen Plänen ist, dass ja tatsächlich ein Körnchen Wahrheit dahinter steckt.



    Man könnte Gaza durchaus dadurch retten, indem man es mit Geld zusch***, sodass die Menschen dort sich etwas aufbauen können, was sie nicht mehr verlieren wollen.



    Nur ist der zweite Teil meines Satzes in dem Trump-Video nicht vorgesehen.



    Das Geld soll zwar nach Gaza, aber die Leute dort sollen nicht entscheiden dürfen, was mit dem Geld geschieht und sie sollen es vor allem nicht für sich haben dürfen.



    Auch wenn man Trump-Fans kaum davon überzeugen können wird, dass diese Pläne moralisch unterirdisch sind. Man kann ihnen vielleicht klarmachen, dass das nicht funktionieren wird.



    Es gab schon einmal Pläne, aus Gaza ein Ferien-Paradies zu machen. Wenn man die Menschen, die dort leben, maximal als billige Putzkräfte ansieht, werden die Pläne nicht aufgehen. Die Menschen in Gaza selbst brauchen Perspektive, nicht die die Grundstücke, auf denen die Menschen leben.

  • Ich kann mir nur vorstellen, dass er einen extrem eigenartigen sarkastischen und morbiden Sinn für Humor hat. Maximale Aufmerksamkeit erlangen, auch irgendwie über sich selbst lachen können auf eine extrem verstörende Weise. Maximal Schocken und Nebelgranaten werfen. Und - was er wieder erreicht hat - alle regen sich auf, sind geschockt, entrüsten sich, und er ist wieder im Mittelpunkt und setzt das Thema. Wie man auf diese immer extremeren und übleren Provokationen antworten soll ?? Ich weiss es nicht.

    • @Konstantin Wosner:

      Ich kann mir nur vorstellen, dass er einen extrem eigenartigen sarkastischen und morbiden Sinn für Humor hat.

      Sie sind ein richtiger Optimist. Nein, ich als Pessimist meine, der glaubt auch noch, was er erzählt und findet das gut.

  • "Vielmehr treibt er mit seinen Gaza-Plänen neokolonialistische Interessen voran, wie er sie bereits in abstrakten Friedensverträgen mit der Ukrai­ne auslebt, in denen er das Land zugunsten der USA ausbluten lassen will."



    Das erinnert an d. Zeit in Kuba v. d. Revolution, als US-Interessen maßgeblich waren f. Casinos, Luxusimmobilien und Mafia.



    "Nun war Kuba wieder unter Batistas Herrschaft geraten und damit war auch der Weg frei für Meyer Lansky, der zum Berater des Präsidenten wurde, um insbesondere das Glücksspiel zu einer erfolgreichen Einnahmequelle zu entwickeln. Bereits während Batistas Aufenthalt in Miami war vereinbart worden, dass Batista gegen gewisse Zahlungen Lansky und der Mafia die Kontrolle der Rennbahnen und Casinos überlassen wurde. 1955 kündigte Batista an, dass Kuba jedem eine Glücksspiellizenz erteilen würde, der 1 Million US-Dollar in ein Hotel oder 200.000 Dollar in einen Nachtclub investieren würde. Jedes Casino sollte der Regierung 250.000 Dollar plus einen gewissen Prozentsatz des Gewinns für die Lizenz zum Glücksspiel zahlen. Zusätzlich würde die Regierung öffentliche Mittel für den Bau bereitstellen, eine zehnjährige Steuerbefreiung gewähren."



    infranken.de

  • Gebt ihm doch nicht für jeden Mist Aufmerksamkeit.



    So erreicht er genau was er will: Überladen aller Kanäle und ausblenden der wichtigen Vorgänge.

    • @Scheintod:

      Auch wieder wahr.

  • Nun werden schon Werbeprospekte als Erfoge unter die Leute gespamt.

  • So schlecht die Beziehung zu Melania ist, sie könnte eines Tages die Welt retten.

  • Und was haben Hamas und Co aus Gaza gemacht? Ist das besser?

  • Nun will Trump Gaza nicht "ausbluten" lassen.

    Ein Trümmerfeld, das von Terroristen regiert wird, ist Gaza aktuell.

    Was soll da noch ausbluten?

    Ist die Hamas irgendwie weniger egozentrisch oder autokratisch als Trump?

    Keine Finanzen für goldene Träume haben die Menschen jetzt auch.



    (Außer sie gehören zur Hamas oder dem Djihad)

    Es gibt Schlimmeres, als dort die Regierenden zu entmachten und Hotelanlagen zu bauen. Oder in den Nahostkonflikt einzugreifen.

    Das Traurige ist die Vertreibung auch derjenigen, die nicht zum Hamas-Fanclub gehören.

    Das ist das an dem Traum, was nicht geht.

    Die Hamas-Chefs ins iranische Exil zu schicken, könnte recht progressiv sein.

  • Nein, das ist kein Fehler, das ist gewollt.



    Es geht um eine Verächtlichmachung des Islams. Für Trump und Konsorten ist jeder Moslems ein bärtiger Islamist/ Terrorist.



    Also nur ein weiteres Zeichen von Respektlosigkeit und Menschenverachtung wie der gesamte Video.

  • Ein interessanter Aspekt wird hier gar nicht erwähnt, bärtige Männer in Frauenkleidern, die Bauchtänze aufführen.... ist Trump gar nicht homophob, queerfeindlich etc. ... oder war es einfach nur ein KI Fehler, der Trumps Leuten nicht aufgefallen ist...? :)



    Beide Varianten wären positiv :)

    • @nutzer:

      That made my day.

    • @nutzer:

      Trump hat sich doch auch die queere Hymne YMCA von Village People zu eigen gemacht. Von daher passt das also.

    • @nutzer:

      Er unterstreicht weiterhin seine Transphobie, indem er Moslems als Menschen charakterisiert, die in seinen Augen einen mentalen Schaden haben. Dann bedient er sich Stereotypen, dass alle im arabischen Raum Bauchtänze tanzen.

    • @nutzer:

      Das ist Provokation. Sie tragen grüne Stirnbänder wie die Hamas.

    • @nutzer:

      Das sind natürlich die armen Araber, die sich lächerlich machen müssen um die Reichen zu bespaßen. Queere gibt's für Trump nur bei Feinden

    • @nutzer:

      ...oder eine gezielte Herabwürdigung traditioneller Muslime?

    • @nutzer:

      nein, das ist als Verächlichtmachung des Islams gedacht. Für Trump und Konsorten ist jeder Muslim ein bärtiger Islamist.