Parkgebühren in Freiburg: Nicht zu hoch, aber falsch bemessen
Einen Euro am Tag kostet Parken in Freiburg Anwohner, Halter großer Autos mehr, ärmere Menschen weniger. Was ein Gericht daran falsch findet.
taz | Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag eine städtische Satzung gekippt, mit der Freiburg höhere Anwohnerparkgebühren erheben wollte. Allerdings beanstandete das Gericht nicht die Höhe der mittleren Parkgebühr von 360 Euro pro Jahr. Diese stehe nämlich „angesichts des erheblichen Wertes eines wohnungsnahen Parkplatzes“ nicht in einem groben Missverhältnis zu den damit verbundenen Vorteilen.
Aber einige Details hält das Gericht für unzulässig. Zudem hätte die Stadt anstelle einer Satzung eine Rechtsverordnung erlassen müssen. Ein Freiburger FDP-Stadtrat hat das Urteil erwirkt.
Vorangegangen waren der neuen Freiburger Satzung diverse Änderungen in der Bundes- und Landesgesetzgebung. Lange Zeit waren die Gebühren für Anwohnerparkplätze nämlich gesetzlich streng geregelt gewesen. Aufgrund eines Bundesgesetzes durften Städte seit 1993 nicht mehr als 30,70 Euro pro Jahr erheben. Der ehemals bei 60 Deutsche Mark liegende Preis war fast drei Jahrzehnte lang nicht angepasst worden – bis im Juli 2020 der Bund das Straßenverkehrsgesetz änderte und die Obergrenze aufhob.
Die baden-württembergische Landesregierung nutzte alsbald die neue Freiheit und ermöglichte im Juli 2021 den Kommunen des Landes, in gewissen Grenzen über die Höhe der Gebühren selbst zu entscheiden. Die Stadt Freiburg erhöhte daraufhin zum 1. April 2022 die Gebühren für Anwohnerparkausweise deutlich – der knappe Parkraum müsse sich auch in den Preisen niederschlagen, so die Argumentation.
„Beträchtliche Ungleichbehandlung“
Seither lag die Parkberechtigung in Freiburg bei durchschnittlich 360 Euro im Jahr. Der Preis wurde je nach Platzbedarf der Fahrzeuge gestaffelt – auch um den Besitz großer, öffentlichen Platz beanspruchender Fahrzeuge unattraktiver zu machen: Autos mit einer Länge von weniger als 4,21 Meter mussten 240 Euro bezahlen, solche mit einer Länge von mehr als 4,70 Meter hingegen 480 Euro. Empfänger von Sozialleistungen und Personen mit Behinderung erhielten Preisnachlass.
Genau diese Punkte wurden der Stadt nun zum Verhängnis. Die mit diesen Sprüngen einhergehende „beträchtliche Ungleichbehandlung“ – also ein deutlicher Preissprung aufgrund von wenigen Zentimetern Unterschied in der Fahrzeuglänge – sei nicht zu rechtfertigen, so das Gericht. Für die Ermäßigung und den Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen fehle ebenfalls eine Rechtsgrundlage. „Eine Bemessung der Gebühren nach sozialen Zwecken hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen“, so das Gericht.
In erster Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim war der Antrag noch abgewiesen worden: Die Gebührensatzung sei legitim und verhältnismäßig, befand damals das Gericht. Ihr Zweck, den Vorteil auszugleichen, den Bewohner durch die Parkberechtigung bekämen, sei schließlich erkennbar, da Inhaber eines Anwohnerausweises ja von den allgemeinen Parkgebühren befreit seien. Weil das Gericht aber eine bundesweite Bedeutung des Falls anerkannte, hatte es eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen – das nun doch an einigen Details etwas auszusetzen hatte und damit die ganze Satzung kippte.
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