piwik no script img

Norwegen kritisiert IsraelGegen den nordischen Mainstream

Beim Nahost-Konflikt vertritt Norwegen eine andere Position als die restlichen des nordischen Rats. Trotzdem bietet das Land sich als Vermittler an.

Blick aus dem norwegischen Parlament in Oslo am 2. November Foto: Ole Berg-Rusten/NTB/reuters

Stockholm taz | Die Sprechchöre „Jonas hør, barn i Gaza dør“ („Jonas hörst du, die Kinder in Gaza sterben“) und „Folk i Gaza har rett til å leve“ („Die Menschen in Gaza haben ein Recht zu leben“) waren selbst im Plenarsaal des norwegischen Parlaments, dem Storting, noch so laut zu hören, dass der Versammlungsleiter empfahl, Kopfhörer zu benutzen. Sie richteten sich an Jonas Gahr Støre, Norwegens Ministerpräsidenten. Tausende waren am Dienstagnachmittag dem Aufruf einer Palästina-Aktionsgruppe gefolgt. Sie demonstrierten auf dem Eidsvoll-Platz vor dem Storting.

Dort trafen sich die Regierungen des Nordischen Rats, dem die fünf Mitgliedsstaaten Dänemark, Island, Schweden, Finnland und eben Norwegen angehören. Die Busse mit den Regierungschefs mussten sich ihren Weg durch die Menschenmenge bahnen.

Normalerweise beachtet die Öffentlichkeit Treffen des Rats wenig. Routinemäßig geht es gerne darum, die Einigkeit Nordeuropas in wichtigen Fragen zu betonen. Doch diesmal wollten JournalistInnen bei der anschließenden Pressekonferenz vor allem wissen: Weshalb sind die Staaten denn uneinig beim Thema Gaza?

Schweden, Finnland, Dänemark und Island enthielten sich bei der Abstimmung der UN-Generalversammlung über einen Waffenstillstand in Gaza, wie auch Deutschland und viele andere westliche Regierungen. Norwegen hat hingegen dafür gestimmt – zusammen mit 119 Staaten.

Ministerpräsident hat Verständnis

Norwegens Außenminister Espen Barth Eide hatte diese Linie schon beim Nahostgipfel in Kairo am 21. Oktober vorgegeben. Auf dem forderte Norwegen als erstes westliches Land eine „humanitäre Pause“. Barth Eide erklärte vergangene Woche in einem Interview mit der Tageszeitung Klassenkampen: „Wir erkennen Israels Recht auf Selbstverteidigung an, aber die Ausübung dieses Rechts muss im Rahmen des humanitären Rechts erfolgen.“ Nach Auffassung Oslos habe Israel diesen Rahmen aber nun überschritten.

Selbst Angriffe auf militärische Ziele seien ja verboten, wenn sie die Bevölkerung „unverhältnismäßig“ treffen: „Eine kriegführende Partei muss Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass das Leben der Zivilbevölkerung geschützt wird. Das ist jetzt nicht der Fall.“

Zudem bezeichnete der Außenminister den Vorwurf der „Doppelmoral“ gegen den Westen als „vollständig nachvollziehbar“. Verglichen mit den Reaktionen auf die Ukraine seien die auf Gaza bislang viel vorsichtiger und vager. „Norwegen muss dazu beitragen, dass wir da deutlicher werden“, betonte er: „Jedes Leben ist gleich viel wert.“

Und auch Ministerpräsident Jonas Gahr Støre zeigte, dass er die „Jonas hør“-Rufe verstanden hatte. In mehreren Interviews verurteilte er in den vergangenen Tagen die Angriffe Israels auf Gaza als „unverhältnismäßig“. Israel wisse, dass Norwegen den Terror der Hamas verurteile und das Recht des Landes auf Selbstverteidigung anerkenne, „aber das Ausmaß der Zerstörung und des humanitären Leids, das jetzt geschieht, geht über jegliche Proportionalität hinaus“.

„Angriffe auf Krankenhäuser und Gesundheitspersonal, zivile Infrastruktur und die Verhinderung des Zugangs zu lebenswichtigen Gütern durch eine vollständige Blockade sind nach humanitärem Recht nicht zulässig“, konkretisierte er gegenüber Aftenposten: Nach Meinung der norwegischen Regierung sei das „ein Verstoß gegen die Anforderungen humanitärer Normen und Standards“.

Zustimmung der Öffentlichkeit

Die Haltung der Regierung stößt in Norwegen auf breite Zustimmung. Das Dagbladet lobt am Donnerstag in einem Leitartikel „die vorbildliche Deutlichkeit“. Norwegen mache in dieser „grausamen Situation das moralisch einzig Richtige“, schreibt Dagsavisen unter der Uberschrift „Stolz auf Norwegen“. Gahr Støre gehe mit seiner Israel-Kritik so weit „wie eigentlich nur das Staatsoberhaupt eines anderen Nato-Lands“, stellt Aftenposten fest, nämlich der türkische Präsident Erdoğan.

Bisher kritisierte nur die rechtspopulistische Fortschrittspartei die Position des Ministerpräsidenten. Die Regierung stelle Norwegen auf die „falsche Seite“, meint deren Vorsitzende Sylvi Listhaug.

Die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung will Außenminister Barth Eide noch nicht abschreiben, auch wenn sie „total schwierig“ wäre, „seit dem Oslo-Abkommen sind 30 Jahre zu viel verstrichen“: „Aber alle Alternativen sind schlimmer – eigentlich für alle.“ Norwegen sei erneut zu einer Vermittlerrolle bereit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

41 Kommentare

 / 
  • Bei aller Sympathie für Norwegen, einem der freiesten Länder der Welt, sollte nicht übersehen werden, dass es eine sehr israelkritische Haltung fast aller politischen Kräfte gibt.



    Ich habe mehrere Jahre dort gelebt und musste immer wieder feststellen, dass hinter der kritischen Haltung oftmals antisemitische Untertöne hörbar waren.



    Auch während der deutschen Besatzung im 2. WK. tat sich das skandinavische Land z.B. im Gegensatz zu den Dänen nicht dadurch hervor, dass es seine jüdische Bevölkerung vor der Nazimordmaschine zu schützen versuchte. Im Gegenteil war die norwegische Polizei sehr kooperativ bei der Auslieferung norwegischer Juden.



    Es stünde den Norwegern gut an, diese dunkle Seite ihrer Geschichte näher anzuschauen.



    Vielleicht würde es eine leichtfertige Zustimmung zu solch unsäglichen, israelfeindlichen UN-Resolution dann nicht mehr geben.

    • @Horst Franke:

      Die eigenen Verbrechen der Vergangenheit (immerhin der Großeltern) sind ein schlechter Grund, nur deshalb wissentlich aktuelle Verbrechen der damaligen Opfer zu unterstützen.

      • @Sonntagssegler:

        Allegemein ist die Aussage sicher richtig, hier werden aber keine Verbrechen begangen (bei der Siedlungspolitik vielleicht, aber dass man die Hamas zerschlagen muss, ist einfach zwingend).

    • @Horst Franke:

      Israel verübt Greultaten gegen Zivilbevölkerung. Wenn jetzt alles als antisemitisch bezeichnet wird, dann wird nichts besser. Unterdrückte Meinungen führen zu unterdrückter, aber realer, Verachtung.

      • @Jörg Dreher:

        Gilt das mit den "unterdrückten Meinungen" auch für deutsche Faschisten? Oder ist die Hamas, die die Vernichtung Israels und der Juden anstrebt, für Sie nicht faschistisch?

  • Suchst Du Demokratie, Menschenrechte und Beschlüsse, die auch dann noch gelten wenn sie gefordert werden, muddu Norwegen schauen. Selbt der Rechtsruck kam bisher dagegen an. Norge ist der Meilenstein in Sachen Demokratie. Deutschland hingegen kann sich schämen mit seiner Unbeständigkeitsneurose. imho.

  • Tja, und was soll Israel denn genau tun? Ich Frage nur...

    • @Emmo:

      nun, man hätte zum Beispiel Gaza einfach "nicht" bombardieren können.



      Heute schwer vorstellbar, aber in der Tat war das eine Enscheidung, es gab dazu keinen Zwang.

  • "Die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung will Außenminister Barth Eide noch nicht abschreiben, auch wenn sie „total schwierig“ wäre, „seit dem Oslo-Abkommen sind 30 Jahre zu viel verstrichen“: „Aber alle Alternativen sind schlimmer – eigentlich für alle.“ Norwegen sei erneut zu einer Vermittlerrolle bereit." "



    /



    Die (ver)handenden Personen sind auch andere, Geopolitik sieht heutzutage unter den Kautelen der Diplomatie in einer differenzierten, multimedial aktiven Informationsgesellschaft und in der in Echtzeit globalisierten Welt ganz anders aus. Der wesentliche lokale Macht-Faktor mit langfristigen Strategien ist augenscheinlich die israelische Regierung, denn ein Paradigmenwechsel ist nur zu offensichtlich.



    taz-Archiv 2013



    taz.de/Debatte-Zwe...nloesung/!5060664/



    taz-Archiv 1993



    "Doch Rabin hält beispielsweise einen möglichst baldigen „einseitigen Rückzug“ aus dem Gazastreifen nicht für erstrebenswert, im Gegensatz zu einigen Mitgliedern der Regierung, die dieses Gebiet nur mehr als eine Belastung für Israel betrachten. Über alle Fragen, die eine zukünftige Autonomie- Zwischenlösung – auch im Gazastreifen – betreffen, soll mit den Palästinensern in Washington verhandelt werden. Aber bei der israelischen Öffentlichkeit, die in erster Linie auf ihre persönliche Sicherheit bedacht ist, kommt der Wunsch nach Separierung immer stärker zum Ausdruck, im Grunde also doch die Befürwortung einer Zweistaatenlösung für Israelis und Palästinenser."



    Und taz zu Netanjahu 2019:



    "Netanjahus Annexionsplan



    Das Recht des Stärkeren



    Israels Ministerpräsident setzt auf die Macht des Stärkeren. Die Annexion des Jordantals wäre das endgültige Aus für eine Zweistaatenlösung."



    taz.de/Netanjahus-...ionsplan/!5622468/



    taz-Archiv vor 10 Jahren:



    "20 Jahre Oslo-Abkommen



    Viele Worte, kein Fortschritt



    Israel und die PLO schienen dem Frieden 1993 sehr nah zu sein. Heute verhandeln sie immer noch über die gleichen Konfliktpunkte."



    taz.de/20-Jahre-Oslo-Abkommen/!5059222/

  • Wenn Norwegen fordert: "Israel als kriegsführende Partei sollte Vorkehrungen treffen das die Zivilbevölkerung geschützt wird", was ist dann mit der Hamas, wo schießt sie ihre Raketen hin, doch nur auf die zivile Bevölkerung Israel. Ihr Motto " tötet die Juden". Seltsamerweise wird das für die Hamas nicht gefordert, Umkehrschluss wäre: bei Ihnen ist es erlaubt. Was ist wenn Israel jedesmal aufhören würde sich zu verteidigen, es gebe es nicht mehr.



    Norwegen hat zusammen mit der Nato Lybien bombardiert, was haben die bitteschön mit denen für einen Konflikt.



    Als der IS bekämpft wurde, wurde gejubelt, als Al Quaida bekämpft wurde, wurde gejubelt. Wenn die Hamas bekämpft wird, die sich hinter der palästinensischen Bevölkerung versteckt, wird geschimpft. Doch wo ist der Unterrschied zwischen den Dreien, es gibt keinen. Hamas = ISIS = Al Quaida.

    • @André Mertens:

      Ja, das nervt mich mittlerweile auch. Dann heißt es automatisch: Hamas nicht gleich Gaza-Palästinenser. Ja, soll ich dann antworten: Natanyahu und Konsorten nicht gleich Israel?!

      Hamas ist de facto die "Regierung" im Gaza-Streifen und feuern gezielt(!) auf Zivilisten. Und ja auch die Regierung in Israel handelt höchst unmenschlich was die Siedlungen angeht.

      Da stehen zwei Parteien im Konflikt und die Welt steht zum großen Teil auf der Seite von Gaza (und somit hinter Hamas), weil man sich dadurch irgendwas erhofft. Aber dann kann der hiesige "Linke" nicht mehr davon sprechen, auf der Seite der Gerechtigkeit zu stehen und sollte schleunigst die AfD wählen. Denn was die Hamas will, ist AfD-Programm in hardcore.

      Und ja, ich finde auch, man sollte Rücksicht auf die Zivilisten nehmen. Jedes genommene Leben ist unwiderruflich, das erlittene Leid ist viel zu viel.

      Aber es ist auch so: wir sitzen hier im Warmen, während Israel eingekreist von selbsterklärten Todfeinden ist. Ich wage zu behaupten, dass jeder Syrer, Jordanier etc. in Israel besser behandelt wird als jeder Jude in Syrien, Jordanien etc.

      • @John Pragmatik:

        Man sollte es klar benennen. Hamas steht für Faschismus. Aber erschreckend große Teile der Linken sehen in dieser islamistischen Terrortruppe offenbar eine emanzipatorische Befreiungsarmee. Geradezu grotesk, wenn LGBT-Leute an den propalästinensischen, gegen lsrael gerichteten Demos teilnehmen. Was hätten sie wohl in einem palästinensischen Staat zu erwarten?

  • Man will Israel also dazu drängen, mit der Hamas, die ganz klar und laut tönt, dass sie Israel samt aller Juden dort vernichten will, zu verhandeln?

  • Es kann keine „humanitäre Feuerpause“ geben, bei der Humanität nur von Israel verlangt wird. So lange die Geiseln von den unmenschlichen Terroristen nicht humanitär freigelassen, sondern inhuman gefangen gehalten werden, gibt es keine Feuerpause. Humanität ist nicht teilbar.

  • Wenn man es ernst meint mit dem Selbstverteidigungsrecht Israels dann müsste man in der UN auch gegen eine Resolution stimmen die nichts anderes ist als Israel sein Recht auf Selbstverteidigung anzuerkennen.



    Wer sich um die Zivilisten in Gaza sorgt der sollte auf Israels bitte reagieren und Lazarettschiffe schicken. Der sollte mit Druck und Unterstützung auf Ägypten für die weitere Öffnung von Rafah sorgen.



    Was man nicht machen sollte ist das Spiel der Hamas mitzuspielen.

    • @Hannes Hartmann:

      Ägyptens Interesse ist es, keine palästinensischen Flüchtlinge aufzunehmen, die dann evtl. von Israel daran gehindert werden, in den Gazastreifen zurückzukehren.



      Alle anderen Beschränkungen am Grenzübergang Rafah gehen auf Forderungen Israels zurück.

      • @Francesco:

        Ägyptens Interesse ist es, keine Palästinenser:innen aufzunehmen, weil die alle potentielle Terrorist:innen seien, die mit den Muslimbrüdern im Bunde stünden.



        Warum sollte sich Ägypten im Übrigen nach Israels Forderungen richten, wenn es doch dessen Vorgehen gegen Gaza prinzipiell ablehnt?



        Nein, Ägyptens Interesse ist, Israel gegen die Hamas vorgehen zu lassen, ohne selbst Palästinenser:innen aufzunehmen oder sich öffentlich so positionieren zu müssen.

        • @Zangler:

          "Warum sollte sich Ägypten im Übrigen nach Israels Forderungen richten, wenn es doch dessen Vorgehen gegen Gaza prinzipiell ablehnt?"

          Weil es Abkommen mit Israel gibt. Es wurde jedenfalls oft genug gesagt, dass Ägypten die israelische Zustimmung abwartet, bevor es Hilfsgüter in den Gazastreifen lässt oder Ausländer oder Verletzte ausreisen lässt.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Der Friedens-Nobelpreis wird in Oslo verliehen.



    Friedens No Bell Preis.



    ---



    „Freude dieser Stadt bedeute,



    Friede sei ihr erst Geläute.“



    (Friedrich Schiller - „Das Lied von der Glocke“. Ganz am Ende)

  • Ich gehe davon aus, dass eine Waffenruhe den Krieg verlängern würde, da die Hamas dann wieder zu neuen Kräften kommt, zusätzliche Kämpfer aktiviert, sich verstärkt unter Nicht-Kämpfer mischt etc..

    Tatsächlich wäre es aber interessant von Militärstrategen zu hören, was für und was gegen eine Waffenruhe spricht, welche der beiden Parteien stärker davon profitiert. Ich stehe auf der Seite von Israel und wenn sich die Chancen von Israel, die Hamas und Hamas-Unterstützer zur Verantwortung zu ziehen, ggf. vor Gericht zu stellen, durch eine Waffenruhe verschlechtern, dann bin ich gegen eine Waffenruhe.

    Aber wie erwähnt, die Einschätzung von Militär-Strategen hierzu interessiert micht.

  • Die grundsätzliche Haltung, dass Selbstverteidigung nicht das Recht zur unverhältnismäßigen Gefährdung von Zivilisten enthält, ist ja nun alles andere als exotisch. Die Frage ist wohl eher, wie man "unverhältnismäßig" definiert (Beispiel: Ist der Angriff auf ein Krankenhaus, das gleichzeitig Kommandostand für Raketenangriffe ist oder auf einem solchen steht, in JEDEM Fall unverhältnismäßig oder nur dann, wenn man nicht vorher zu seiner Evakuierung aufruft?).

    Der Artikel gibt zwar wider, dass in Norwegen offenbar überwiegend die Meinung herrscht, dass die Rücksichtnahme Israels auf die Zivilbervölkerung unzureichend sei. Aber auf welcher Basis das genau diagnostiziert wird, ist leider eher pauschal abgehandelt.

    • @Normalo:

      Das Völkerrecht ist da sehr deutlich. Ein Ziviles Objekt das wenigstens zum Teil militärisch genutzt wird ist ein militärisches Ziel. Das Kriegsverbrechen ist es zivile Objekte militärisch zu nutzen nicht diese Objekte zu bombardieren. Von Völkerrecht her macht Israel viel weniger als es dürfte.

    • @Normalo:

      Wenn man schon fragt, ob ein Raketenangriff auf ein Krankenhaus mit Hunderten vonnToten - von welcher Seite auch immer ausgeführt - „verhältnismäßig“ sei, so kann man auch gleich fragen: ist es realistisch, davon auszugehen, dass das Krankenhaus nach eingegangener Angriffswarnung tatsächlich noch rechtzeitig evakuiert werden kann?



      Dazu höre ich nämlich nichts in den Medien, bloß immer nur, dass das israelische Militär vor Beschuss die palästinensische Zivilbevölkerung dazu auffordert, dieses oder jenes Gebiet zu verlassen.



      In Dschabalia haben sich zur Zeit der israelischen Angriffe jedoch noch Hunderttausende Zivilisten aufgehalten. Ist es realistisch, dass die Hamas deren Flucht in den Süden Gazas vollständig verhindern kann, um sie als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Alles Detailfragen, die aus meiner Sicht nicht geklärt werden können und die auch der israelischen Seite gestellt werden müssen.

      • @Abdurchdiemitte:

        So krass es ist, aber die Hamas zwingt nicht unbedingt alle dazu, als menschlicher Schutzschild zu dienen. Es ist ja nicht so, als ob unter den Zivilisten nicht auch viele Fanatiker sind, die das freiwillig tun und glauben, dass der Märtyrertod ihnen und ihrer Familie Ruhm und Ehre einbringt.

        Auf den Videos der Hamas, in denen entführte Israelis im Gaza zu sehen sind, sieht man massenweise Zivilist_innen, die eindeutig mitmachen, die die Geiseln anspucken, schlagen, auslachen.

        Es ist nicht so, als gäbe es eine kleine Hamas, die die große friedliebende Mehrheit unterdrückt.

        Gerade wir Deutsche sollten wissen, dass es nicht so einfach sein kann.

        • @Suryo:

          Ja, die Bilder von diesen Hassexzessen auf Gazas Straßen habe ich auch gesehen, auch das unmenschliche Quälen und Demütigen verletzter Geiseln, die wie im Triumphzug durch Gaza geführt wurden. Von den barbarischen Taten der Hamas im israelischen Grenzland zu Gaza ganz zu schweigen. Für all das gibt es keine Entschuldigung oder Rechtfertigung, auch nicht mit Verweis auf die jahrzehntelange Geschichte dieses ungelösten Konflikts. Punkt.



          Dennoch lehne ich das archaische Prinzip des “Auge um Auge” wie auch das der Sippenhaft entschieden ab. Beides darf nicht zur Richtlinie des politischen Handelns für demokratische, zivilisierte Staaten werden, es verletzt das humanitäre Völkerrecht und überhaupt alle Prinzipien der Menschlichkeit. Damit stellt man sich nur auf dieselbe Ebene wie diejenigen, die diese grausame Gewalt zuerst anwenden.



          Zehn getötete Palästinenser in Gaza für einen ermordeten Israeli? Was für ein zynisches, menschenverachtendes Weltbild. Der Gedanke an Rache kann die Trauer und den Schmerz nicht wegnehmen, er bringt die Toten nicht ihren Angehörigen zurück.



          Und die Spirale der Gewalt dreht sich immer weiter.

  • Die falschen Mitstreiter dürfen lange kein Vorwurf mehr sein oder für sich genommen was anrüchig machen, schon gar nicht vor dem Hntergrund, sonst bietet sich etwa Orbán ja auch gleich als Antwort an. Aber sich irgendwie abzusetzen, zu differenzieren, kann ja für sich ne Motivation sein, grad in ner Region in der das oft nicht so einfach ist man, aber auch eigentlich ganz gern mal recht hat und mir kommt das bei den Äusserungen bisweilen so vor. Natürlich wird das dann auch von der Öffentlichkeit getragen. Aber Vermittlerrolle ist wohl nicht ganz ernst gemeint und wenn man ernst wäre, ginge es z.B. darum schlimmstenfalls palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen, würde sich Norwegen unter den überhaupt noch vorstellbar Freiwilligen in der ersten Reihe auch nicht unbedingt aufdrängen. So kann es etwas blasiert wirken, bequem, aber in der Hauptsache erreicht man immerhin mal etwas Aufmerksamkeit. Nur wenn man auch dann ehrlich wäre, dort, wo sie jetzt eigentlich nicht in erster Linie gebraucht wird, wenn sich schon die Ukrainer bald verrenken müssen überhaupt noch gesehen oder gehört zu werden. Andererseits schön wenn man es jetzt auch ganz oben mit dem Völkerrecht und vermeintlich abenteuerlichen Reaktionen besonders ernst nimmt, Stichwort Irak, Bush-Koalition. Nein es waren nicht viele Soldaten, aber sie waren dabei. Viele andere waren es nicht.

    • @Tanz in den Mai:

      Was hat denn vermitteln damit zu tun, Flüchtlinge aufzunehmen?

  • "Trotzdem bietet das Land sich als Vermittler an."



    Warum "trotzdem"? Ich würde eher sagen, "deswegen"...

    • @sollndas:

      Beidem Satz musste ich auch die Stirn runzeln. Vielleicht wollen manche Positionen gar keinen Vermittler?!

  • Was soll denn bitte der Ukraine-Vergleich. Wurde aus der Ukraine ein Massaker geplant und umgesetzt, das der Ausgangspunkt für Russlands Angriff war.

    So etwas gab es tatsächlich mal aus Tschetschnien - aber da hat der Westen die Reaktion Russlands auch anders bewertet als den Angriff auf die Ukraine.

  • Ich wünschte, die Bundesregierung handelte ein wenig so wie die norwegische Regierung. Auch und gerade als Verbündete Israels.

    • @Jörg Levin:

      Ich finde es gut, wenn es da einen bunten Strauß an Bemühungen auf vielen Ebenen gibt.

    • @Jörg Levin:

      Sehe ich anders. Mir ist es deutlich lieber, wenn die USA oder andere Freunde Israels in diese Kerbe hauen (wie das ja auch gerade heute wieder geschieht). Deutschland dagegen hat am WENIGSTEN von allen Verbündeten ein Mandat, sein vermeintlich besseres Wissen darüber, was Israel tun sollte, diesem ungefragt aufzudrängen.

      Natürlich haben wir alle als Menschen Meinungsfreiheit und können auch äußern, was wir denken. Aber spätestens auf dem internationalen Parkett schaden wir als Deutsche damit im Zweifel mehr, als wir nützen. Wortgewaltige Israelkritik gibt es eher zu viel auf der Welt, wohlmeinende deutlich seltener, aber immer noch zur Genüge. Warum sollten ausgerechnet wir, das Land mit der um Quadratlichtjahre größten Angriffsfläche für Ressentiments - gerade aus Sicht israelischer Nationalisten -, da in vorderster Front mitmischen??

      • @Normalo:

        “Deutschland hat dagegen am wenigsten von allen Verbündeten ein Mandat, sein vermeintlich besseres Wissen darüber, was Israel tun sollte, diesem ungefragt aufzudrängen.”



        Das tut Deutschland ja nun gerade nicht. Und die Stimmenthaltung in der UN-Vollversammlung war ja gerade Ausdruck dieser Haltung, für die unsere Regierung Keile von allen möglichen Seiten bekommen hat. Ich persönlich habe das deutsche Abstimmungsverhalten vor der UNO als richtig und angemessen empfunden.



        Israel und die jüdischen Bürger unter uns musste es jedoch zwangsläufig enttäuschen, die Palästinenser übrigens ebenso. Ein Dilemma, das sich nicht einfach auflösen lässt, weil es eben keine einfachen Antworten in diesem Konflikt gibt.



        In einem Punkt muss ich Ihnen allerdings deutlich widersprechen: warum sollte ich auf israelische Nationalisten Rücksicht nehmen, wenn ich deren Ideologie - salopp formuliert - Sch … finde. Da halte ich es wie mit allen Nationalisten dieser Welt.



        Wissen Sie, mein Herzblut schlägt da eher mit der israelischen Linken und den Menschenrechtsaktivisten dort, die momentan alles andere als einen leichten Stand haben.

    • @Jörg Levin:

      Als Verbündeter unterstützt man erst einmal grundsätzlich die Handlungen des anderen, steht ihm bei Problemen bei. Und ja, man kann die Reaktion Israels auf den Hamasangriff (der übrigens nicht nur Juden galt, die haben alle massakriert die sie trafen) kritischer sehen als die deutsche Regierung etc., aber dann erwarte ich von einem Verbündeten gangbare Wege aufzuzeigen wie mit Hamas nach dieser Attacke umzugehen ist.

  • Den Leuten, die "dem Westen" aufgrund der unterschiedlichen Reaktionen bei Ukraine und Gaza Doppelmoral vorwerfen, kann man das selbe attestieren.

    Der Großteil der Länder, die jetzt lautstark für die Palästinenser Partei ergreifen, hat das Schicksal der Ukrainer so gar nicht interessiert. Der globale Süden ist in den letzten 2 Jahren nicht damit aufgefallen, die Ukraine zu unterstützen und vehement gegen Russland zu demonstrieren. Das gilt für die Regierungen als auch für die Bewohner dieser Länder.

    • @gyakusou:

      Woher haben Sie diese Info? Es gab meines Wissen incl. RU nur 3 Länder die gegen die UN Verurteilung des Angriffs auf die Ukraine gestimmte haben. taz.de/UN-Generalv...lt-Krieg/!5839174/



      Wie können Sie da eine Unterstützung Russlands herauslesen und in die Köpfe von mehreren Milliarden Menschen blicken.

    • @gyakusou:

      Die Mehrheit der Generalversammlung hat den Überfall Russlands auf die Ukraine verurteilt. Konkrete Unterstützung ist sicher auch eine Geldfrage, hier hat USA die größeren potenzen, auch militärisch. Und Politiker die sich durch Russland korrumpieren lassen gibt es auch hier, andere Staaten des globalen Südens, brauchen Geld und Rsssourcen noch viel nötiger als wir

      und trotzdem kaufen wir weiter russ Gas u Öl, wenn auch über Indien.

  • Doppelmoral ist es auch niemals gegen die Hamas oder den Genozid an den Rhongya demonstriert zu haben, aber immer eifrig gegen Israel zu wettern.

  • Man könnte neidisch werden auf die Norweger und Norwegerinnen. Die haben einen Kanzler. Wir nicht.

  • danke norwegen!