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Neuer GeneralsekretärStures Weiter-so bei der FDP

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Ja, Marco Buschmann kennt die Partei und die Tricks. Aber für einen echten Neuanfang nach der „D-Day“-Affäre steht er nicht.

Wieder mit neuem Job – Buschmann bei der Entlassung vom alten Foto: Kay Nietfeld/dpa

F ür Christian Lindner war die Personalie naheliegend. Nach dem Rücktritt seines Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai wegen des Skandals um die „D-Day“-Pläne wird nun Marco Buschmann neuer Generalsekretär, Lindners Freund und Vertrauter, bis eben noch Bundesjustizminister. Buschmann ist ein Arbeitstier und kann organisieren, er kennt die Partei, war bereits drei Jahre Bundesgeschäftsführer, Gleiches auch für die FDP-Fraktion im Bundestag. Er kann verhandeln, dealt gern: In der Ampel blockierte er die Vorratsdatenspeicherung und blockierte dafür mehr Mieterschutz.

Bis zur Neuwahl ist nicht mehr viel Zeit. Für die FDP wird der Wahlkampf zum Existenzkampf. Deshalb setzt Lindner auf einen Mann, der sofort loslegen kann. Wofür diese Personalie dagegen nicht steht: für einen Befreiungsschlag und für einen ernsthaften Willen der FDP zur Aufarbeitung ihrer jüngsten Politschauspielerei, ihres Hintertreibens der eigenen Regierung.

Denn Buschmann war prägender Teil davon. Er gehört seit Jahren zum Führungszirkel der FDP, auch er soll bei den „D-Day“-Runden dabei gewesen sein – vehementer Widerspruch von ihm ist nicht überliefert. Nach dem Bekanntwerden der Pläne verteidigte er diese als übliche Strategieüberlegungen, warf der SPD eine „Vernichtung der FDP“ vor.

Das passt zur Linie der Parteispitze um Lindner, die nicht mit Selbstkritik, sondern sturem Weiter-so auf die Affäre reagiert. Dabei ist es alles andere als wahrscheinlich, dass man ausgerechnet dort das „D-Day“-Papier nicht gekannt haben will. All das zeigt, dass die FDP-Spitze immer noch nicht verstanden hat, dass es für sie längst um alles geht: um ihre Glaubwürdigkeit.

Will die Partei bei der Wahl noch irgendeine Chance haben, müsste sie einen viel klareren Schnitt machen, eine tatsächliche Umkehr erkennen lassen. Da hilft auch kein Austausch eines Generalsekretärs, vor allem nicht dieser. Für diese Umkehr wäre allen voran Christian Lindner verantwortlich – der den Kurs aber längst anders setzt und damit längst nicht aus der Schusslinie ist. Ganz im Gegenteil.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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25 Kommentare

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  • Ist das wirklich eine Affäre? Nach den desaströsen Wahlergebnissen im Sommer (dreimal 1 Prozent) musste die Partei handeln. In der Koaltion ging sie unter. Sie für die Wortwahl interner Papiere zu bashen, ist wohlfeil. Dass die Flucht aus der Ampel die einzige Chance der FDP ist, politisch zu überleben, sollte aber jedem objektiven Beobachter klar sein, der weiß, dass Rotgrün nicht die Traumregierung der FDP-Wähler ist.

  • "Stures Weiter-so bei der FDP" - nicht nur bei der FDP ! Die Grünen treten mit einem gescheiterten Wirtschaftsminister an , die SPD mit einem ebenfalls gescheiterten Kanzler, der zudem noch äußerst unbeliebt ist ! Die 3 Gesichter des Ampelcrash machen einfach weiter- verstörend und für uns Wähler nicht gerade ein Angebot , das auf Zustimmung hoffen darf !

  • Gegen eine liberale Stimme im Bundestag hab ich nichts einzuwenden. Aber bitte nicht ausgerechnet die der Partei, aus der ich nach einer Woche Mitgliedschaft (die mir heute noch peinlich ist. Ist hoffentlich verjährt und wird nicht mehr strafverfolgt, obwohl ... verstehen könnt ich's schon) wg. des damaligen "Radikalenerlasses" in den 70ern ausgetreten bin . Für die bedeutet Freiheit nur Freiheit zur Selbstbereicherung.

  • Während es halt so gut wie immer zum medialen "Ablaufplan" gehört, eigene Gedächtnislücken vorzutäuschen, wenn es eng wird, beginnt der neue Generalsekretär gleich am Anfang damit und erklärt in Berlin direkt, er könne sich jedenfalls nicht daran erinnern, dass in seiner Gegenwart der Begriff D-Day benutzt worden sei.



    So kommt er an der Behauptung vorbei - und bei seinem journalistischen Gegenüber auch damit durch -, dieser Begriff sei nicht gefallen.



    Jeder kann sich ausmalen, wie es wirklich gelaufen ist, aber es gibt weiterhin genug Deppen, die solche Leute in den Bundestag schicken wollen - nicht nur von der FDP.

  • Weiter so, FDP.



    Lol

  • Stures Weiterso funktioniert bei unserer Bevölkerung aber super. Deutschland ist dabei, gedankenlos wie immer eine Partei zur Regierung zu wählen, deren Markenzeichen Rückwärtsgewandtheit und Weiterso sind: die CDU.

    Und auch für die FDP, der rückwärts gewandteste Teil der Ampel, funktioniert das prächtig. Während alle sich in der Presse über die unmöglichen Machenschaften der FDP mockieren (was sie natürlich auch sind), zeigen die Umfragewerte, dass es ihnen nicht nur nicht geschadet, sondern geholfen hat, dass sie den Staat zu sabotiert und der Demokratie schweren Schaden zuzufügt haben.

    Stand die FDP in den Umfragen am 06.11. (Datum des drei Jahre überfälligen Rauswurfs Lindners) noch bei 3,8%, sind sie jetzt bei 4,1%.



    (www.zeit.de/politi...neuwahl-wahltrend)

    Der FDP-wählende Teil der Bevölkerung findet es offenbar hervorragen, wenn die Partei erst unsere Wirtschaft und anschließend unsere Demokratie schreddert. Eine Eigenschaft, die die FDP übrigens mit der AfD verbindet. AFDP.

  • Die FDP kämpft ums Überleben, aber das macht sie nicht besonders gut. Allerdings ist das Angebot aus Inhalten und Personal schon eine ganze Weile sehr dürftig. Eigentlich bietet die FDP nicht eine zeitgemäße Idee an, Deutschland zu führen und fit zu machen. Vielmehr bietet sie der Wirtschaft einen kruden Lobbyismus an. Für den stehen die Anführer und dieses Manöver, die Regierung platzen zu lassen. Es hätte mich überrascht, wenn die FDP anders vorgegangen wäre. Aber das kann sie wohl nicht.

  • Lindner geht, nach eigener Aussage bei Miosga am 1.12. durch "Hagelschauer mit faustgroßen Körnern", die SPD wolle die FDP "zerstören" bzw. "vernichten" heißt es an anderer Stelle. Der Märtyrer Lindner stellt, so er selbst, die eigene Überzeugung über den Machterhalt - darum steht er diese Hagelschauer durch. D-Day-Lindner und seine FDDP schreiben, während sie den "D-Day" auf die "Mitarbeiterebene" abwälzen, ebendiese "D-Day"-Denke fort. Die "Hagelschauer" muss man sich wohl als "Bombenhagel" denken. Ein solcher Missbrauch echter Opfer-Narrative ist sonst vor allem von der AfD und ihren Vorfeldorganisationen bekannt: Diese Nazis befreien die BRD von Nationalsozialismus sowie, in einem Aufwasch, DDR/"Planwirtschaft" und Stasi-"Übergriffigkeit" ("Meine Heizung gehört mir - genauso wie Dein Körper, Baby"). Wenn Libertäre wie Lindner sich als "Idealisten" ausgeben, heißt das: Sie betrachten sich als identisch mit Hayeks allwissendem Markt, wer sich Ausbeutung, rassistischer und klassistischer Diffamierung widersetzt, wird an den Pranger gestellt und in die Gosse geworfen. Und die Buschmann-Musi spielt dazu.

    • @Blanc-Qui:

      Hagelschauer sagt maus halt, wenn sie Stahlgewitter überführen würde.

  • Und doch erweist Lindner Deutschland einen großen Dienst indem er die FDP; nach den "grandiosen" Ergebnissen bei den Landtagswahlen, jetzt hoffentlich die Bundestagswahl verkackt!

    verkackt > Kontrapunkt zu seinem gestelzten/pseudointellektuellen Sprachduktus

    • @jeggert:

      Das stimmt - man sieht, dass es ihn oft körperlich anstrengt, die vorgestanzten Sprüche auszugraben und unfallfrei abzusondern.

  • Wirtschaft-Kompetenz - Ungenügend



    Das konnte man sehen bei der "Zukunftsbremse cum Schuldenbremse"

    Aber dann auch noch zu blöde beim Lügen sein und jetzt auch noch so tun als sei so etwas normal......



    während man, defakto, einfach nur zu blöde gewesen ist.



    Eindeutig ist dieser "Ausschiß" in der Führung der FDP, daß Beste was die FDP zu bieten hat.



    Kein Wunder also das die FDP seit 75 Jahren jeden Koalitions-Partner verraten hat.



    Die müssen das tun um davon abzulenken wie inkompetent und dumm und dreist die FDP wirklich ist!

  • _Lindner müsste weg, fürs Land und auch fürs langfristige Wohl einer Partei, die Dahrendorf hatte und in der Gerhard Baum täglich schamesrotiert.



    Es wäre dann die Wahl endgültig aus, doch besser so als noch mal Westerwelle-Loch, nur maligner.

  • Für die paar Tage bis zur Wahl braucht man auf dem Posten weder frischen Wind, noch kann man sich da eine (faktische oder tatsächliche) Vakanz leisten. Lindner hat also nicht viel Möglichkeiten gehabt. Und ein braver Parteisoldat ist versorgt. Das wird er in Anbetracht zukünftig umfangreicher Personalüberhänge sicher im Auge gehabt haben.

  • "Nach dem Bekanntwerden der Pläne verteidigte er diese als übliche Strategieüberlegungen,"



    ja genauso wie es halt so BWL-Streber so tun: schöne PowerPoint Präsentationen entwerfen, mit Stufenmodellen, tollen Schlagwörtern, die auch noch cool klingen sollen, jedenfalls für kleine Jungs aus der Grundschule, Ablaufpläne, alles was halt so dazu gehört...



    Genauso weit her ist es auch mit der Wirtschaftskompetenz der fdp`ler: Hauptsache bunt und wichtig aussehend, nur von der Materie keinen Schimmer außer Schlagworten. Für Versicherungsmakler voll ausreichend.... mehr aber auch nicht.

    • @nutzer:

      Die Frage ist doch nicht, in welcher Form oder welchem Format man den Plan "zu Papier bringt". Sondern, was vorgesehen ist. Sich die Frage zu stellen, wie lange bleibt man in der Regierung, wird ja gar nicht kritisiert. Sondern die Behauptung, die wäre nicht schon so lange so beantwortet gewesen (während Lindner auf die Fragen von Scholz ganz anders reagiert habe). Und außerdem die Umsetzung: Niemand hat die FDP-Leute daran gehindert, geschlossen zurückzutreten. Aber nein, sie wollten rausgeschmissen werden, um rumopfern zu können. Und haben den Rausschmiß dann in einer derart primitiven Art und Weise provozieren müssen, daß man sogar Schwerbehinderte oder Azubis, würden die sich auch nur annähernd Vergleichbares leisten, ohne Probleme fristlos entlassen bekäme.

  • Die FDP wird ganz sicher nicht das tun, was sie als linkes Medium sich wünschen, sondern ausschließlich eine Politik für ihre Wähler anstreben.



    Nein, ich bin nicht Wähler der FDP.

    • @Hans Dampf:

      Das ist ja genau das Problem, dass sie immer nur Klientelpolitik macht/gemacht hat. Das ist keine staatstragende Partei, die sich für die Belange von Deutschland interessiert geschweige denn einsetzen würde.



      Mich würde außerdem schon interessieren, was sich denn ein linkes Medium wünscht. Sie wissen das ja offenbar gut.

      • @ Cornelia Bade:

        Eigentlich eine einfache Frage. Als Linker oder linkes Medium wünscht man sich wohl am ehesten eine völlig Unbedeutsamkeit der FDP, sprich unter 5%.

      • @ Cornelia Bade:

        Worin liegt das Problem? Die FDP hat ein bestimmtes Profil und erreicht damit eine bestimmte Klientel. Das diese nicht staatstragend ist mag zwar sein, dies gilt für viele andere Parteien (z.B. die LINKE) ebenso. Würden Sie das dort ebenso als Problem bezeichnen?

    • @Hans Dampf:

      Sie meinen, Versicherungsmakler und Finanzberater, die sich für die Leistungselite dieses Landes halten, aber außer Dampfplaudern nicht viel mehr tun und dennoch im Geld schwimmen? Genau die hat dieses Papier bestimmt mächtig beeindruckt, genau wie beim letzten Meeting.

      • @nutzer:

        Also statt "Versicherungsmaklern" würde ich doch eher Investmentbanker oder Versicherungsvertreter als Beispiele nehmen.



        Versicherungsmakler sind nicht vertraglich an eine Versicherungsgesellschaft gebunden, sondern stehen als „treuhänderähnliche Sachwalter“ der Interessen des Versicherungsnehmers auf dessen Seite. Gehören also nicht die klassischen Arme-Leute-Ausnehmen-Gruppen.



        ;-)

  • Och, das geht noch effizienter: Wenn der Generalsekretär und der Bundesgeschäftsführer wegen des zu hohen Drucks schon zurücktreten müssen, könnte anschließend doch der eine den Job des anderen, und der andere den Job des einen machen. Stiltreue bitte, FDP!

  • taz: *Stures Weiter-so bei der FDP*

    Was erwartet man denn auch anderes von dieser Partei? Die "Freiheitspartei der Reichen" kann doch nur zwei Zaubertricks. Der erste ist 'Steuersenkung für Reiche' und der zweite heißt 'Armen-Bashing'. Zuerst war die FDP die Mövenpick-Partei, dann wurde sie zur Porsche-Partei und jetzt ist sie sogar eine „D-Day“-Partei geworden. Hoffentlich sind wir diese sogenannte Partei bald los.

  • Wenn man es mal so betrachtet, dass die FDP Wähler tatsächlich froh sind, dass die FDP alles, was rot grün wichtig war verhindert hat, dann dürfte das mit dem D-Day auch nicht als negativ wahrgenommen werden, sondern das wäre dann im Sinne all dieser Wähler.

    Die FDP wird es wieder in den Bundestag schaffen und wird weiterhin den Umbau Deutschlands hin zu einem neoliberalen Kapitalistenstaat vorantreiben. Abbau der sozialen Marktwirtschaft wo immer möglich, verdienen sollen nur die, die eh schon genug haben.