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Neuer Bundesagrarminister Alois RainerMarionette der Agrarlobby

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

CSU-Politiker Rainer, der „Sprechautomat des Bauernverbands“, sabotiert Klima und Arbeiter. Er will Umweltschutz- sowie Mindestlohn-Regeln aufweichen.

Alois Rainer (CSU) beim Abschluss des Deutschen Bauerntags Foto: Jörg Carstensen/dpa

B undesagrarminister Alois Rainer hat sich als Sprechautomat des Bauernverbandes geoutet. Brav wiederholte der CSU-Politiker beim Bauerntag Slogans gegen Umweltschutzregeln, die Delegierte auf Schildern hochhielten. Der Minister unterstützte alle wichtigen Forderungen des Verbands, auch wenn sie dem Klima schaden oder Ausbeutung von Arbeitern erleichtern.

So will Rainer die Subventionen für fossilen Diesel wieder einführen, mit dem Bauern Trecker und andere Landmaschinen betreiben. Das schadet dem Klima, weil Landwirte dann weniger Anreize haben, Sprit einzusparen. Schon lange sind Anlagen auf dem Markt, die den Reifendruck von Traktoren so regeln, dass der Verbrauch sinkt.

Aber viele Bauern verzichten darauf, da sie für den Diesel so wenig zahlen müssen. Auch Elektromotoren für kleinere Maschinen würden ohne Dieselsubventionen wettbewerbsfähiger. Fehl geht das Argument, dass andere EU-Länder noch weniger Steuern auf Diesel erheben. Denn manche Staaten kassieren auch mehr, oder sie haben im Gegensatz zu Deutschland andere Auflagen, die die Produktion verteuern.

Der Agrarminister will zusätzlich die Stoffstrombilanz abschaffen, mit der die Menge von Stickstoff und Phosphor aus Düngern berechnet wird, die die Höfe in die Umwelt abgeben. Nur mithilfe solcher Daten könnten zu hohe, für Klima, Grundwasser und Artenvielfalt schädliche Mengen sanktioniert werden.

Die Stoffstrombilanz ist zuverlässiger als die herkömmlichen Düngebilanzen, die teils einen unrealistisch hohen Nährstoffbedarf der Pflanzen veranschlagen. Bauern argumentieren, dass die Stoffstrombilanz zu aufwendig wäre. In Wirklichkeit kostet die Rechnung die Höfe laut dem Nationalen Normenkontrollrat nur rund 5 Stunden pro Jahr.

Weniger Lohn für eh schon Arme

Rainer sucht auch nach Möglichkeiten, die Landwirtschaft vom Mindestlohn auszunehmen. Dabei gehören Saisonarbeiter eh schon zu den Ärmsten, sie leisten oft Knochenarbeit. Ausgerechnet ihnen soll die Erhöhung des Mindestlohns vorenthalten werden? Geht’s noch unsozialer?

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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9 Kommentare

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  • Es wird Zeit die Bauernlobby und ihre Haupttäter mit einer Rechnung zu konfrontieren, die den Tod von 80 Prozent der Vögel und 80 Prozent des Insektenbestands dieses Landes zum Thema hat.

    Die Menschen mögen es nicht wenn Herbizide und Insektizide so ein Massensterben zur Folge hat.

    Die Menschen mögen es auch nicht, wenn 90 Prozent der Kühe dieses Landes niemals in ihrem armseligen kurzen traurigen Leben eine Weide sehen, viele sogar in dieser entsetzlichen Anbindehaltung.

    Dass Söder diesen Rainer auf diesen Stuhl gesetzt hat, macht Döner-Söder unsympathisch. Wird Zeit, dass er geht.

  • Der Herr macht das, wofür er nach Berlin geschickt wurde. Zwar ausgesprochen plump und extrem dreist, aber subtile Politik ist von einem CSU-Minister auch nicht zu erwarten.



    Wir drehen also das Rad zurück und lassen der hoch subventionierten, Brunnen vergiftenden, Luft verpestenden, Menschen ausbeutenden Agraindustrie wieder freien Lauf.

  • Die Forderung nach Aussetzung des Mindestlohns ist eine echte Unverschämtheit.



    Gleichzeitig fordert man, dass dieselben Leute die Landwirtschaft mit ihren Steuern subventionieren.



    Für Landwirte ist Solidarität wohl eine Einbahnstrasse.

  • Das ist Politik aus dem vorletzten Jahrhundert. Zwar brauchten die Aggras damals keinen Diesel aber hatten ähnliche Beziehungen zu den Mächtigen - jedenfalls die Großgrundbesitzer. Heute ist es ähnlich: die Konzerne bestimmen die Richtung und lenken ihre Lakaien in Regierung und Verwaltung. Die wenigen noch verbliebenen Familienbetriebe profitieren ein paar Brotkrümel davon und bangen um ihre Existenz. Die aber wird weniger von fehlenden Subventionen gefährdet, sondern von dem Bestreben der Großbetriebe, sich möglichst alles einzuverleiben - da können sie nicht viel gegen ausrichten - und wählen höchstselbst ihre Gegner in die Führung des Bauernverbandes. In diese Gemengelage passt eine Partei wie die CSU bestens hinein.

  • Na na na, wie böse. "Marionette der Agrarlobby". Das kann man ja nun wirklich nicht sagen. Er IST die Agrarlobby.

    Dass der Metzger für mehr Fleisch an den Schulen ist, kann man ihm ja nun nicht als Einflüsterung der Agrarlobby ankreiden. Auf die Idee kommt er schon selbst.



    Was erwarten sich die Leute eigentlich vom rechtsnationalen Flügel /csU) des Wirtschaftslobbyistenverbandes (cdU)? Umweltpolitik? Soziale Politik?

  • Ich bin CDU/CSU irgendwo auch dankbar für die Ehrlichkeit und Offenheit, mit denen sie immer wieder irgendwelche Kapital-Interessen vertreten 😅

    • @vøid:

      Meinen Sie tatsächlich, die Bauern sind das Kapital?

    • @vøid:

      Stimmt. Dass sie damit hinter dem Berg gehalten hätten, ist vermutlich das Einzige, das man ihnen nicht vorwerfen kann. Wie bei Trump auch. Inkl. des Scheißens auf den Rechtsstaat (Dobrinth, Merz).

  • Ich würde sogar sagen, dass die gesamte CSU die Agrarlobby ist und nicht nur eine Sprecherin. Nicht ganz zufällig ist ja der Bayerische Bauernverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.