Nach der Debatte ums Heizungsgesetz: Was wird aus der Klimapolitik?
Wirtschaftsminister Habeck hat das Ruder herumgerissen, die Leute hören ihm wieder zu. Versagt haben die angeblich so Klima-Engagierten.
D ie letzten zwei Wochen erlebten wir Robert Habeck bei einem außergewöhnlichen Politiker-Sprechakt – wenn das nicht eine Tautologie sein sollte. Nicht, dass er in Sack und Asche gegangen wäre, gar nicht, aber der Wirtschafts- und Klimaminister thematisierte seinen eigenen Schuldanteil an der missglückten gesellschaftlichen Mehrheitsfähigkeit des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).
Selbstreflexion und nun gar Selbstkritik ist etwas, was man von den politischen Superchecker-Darstellern Scholz, Lindner und Baerbock gewiss nicht erwarten darf. „Robertkritisch“, nannte der Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland das auf seiner Sommertour diese Woche; ganz klar Habeckstyle, aber auch ein Begriff, der vermutlich besser nicht in die heavy rotation übernommen werden sollte.
Nichts im Übermaß, wie das Orakel von Delphi zu sagen pflegt. Angesichts der Lage und des partiellen Vertrauensverlustes seiner Person und seiner Politik hat Habeck aber mit seiner persönlichen Mischung aus Intuition und Strategie bei Markus Lanz und anderenorts offenbar einen Weg gefunden, der dazu führt, dass Leute ihm wieder offen zuhören.
Es ist ungewohnt in der bundesdeutschen Maß-und-Mitte-Kultur, nicht nur defensive Fehlervermeidungspolitik und -kommunikation zu machen, sondern Fehler zu riskieren, zu korrigieren und dafür Kritik offen und konstruktiv zu nutzen, aber es ist auf der notwendigen Höhe der Problemlage. Dieses Denken und diese Methode will Habeck durchsetzen.
Das große Problem der Zukunftspolitik sind nicht Nazis
Grundsätzlich stellt sich jetzt die Frage, ob und wie es mit der sozialökologischen Transformation weitergehen kann, angesichts der vielfältigen Widerstände, in- und außerhalb der Bundesregierung, und des eher geringen öffentlichen Engagements dafür.
Der Zusammenhalt der im Aggregat und Vergleich wohlhabenden deutschen Gesellschaft ist schwieriger als gedacht oder gehofft, die negativen Emotionen sind intensiver und sehr viel einfacher zu schüren, als die berühmte positive Zukunftsgeschichte zu zünden.
Die größten Versager sind in dieser Lage die angeblich so Klima-Engagierten: Sowohl Fridays for Future als auch NGOs und Ökobürger sind nicht für das Heizungsgesetz auf die Straße gegangen, sondern verharrten in der physikalisch korrekten, strategisch problematischen, aber halt supergemütlichen „alles viel zu wenig“-Ecke.
Wenn man nun die Hauptfehler des Wirtschaftsministeriums nennen will, dann wären das vermutlich – abgesehen von der sogenannten Trauzeugenaffäre – die fehlende politische Übersetzung des Transformationskonzeptes, das die Agora Energiewende ausgearbeitet hat, seine Überarbeitung auf Durchsetzbarkeit, sowie die mangelnde Antizipation und kommunikative Strategie zum erfolgreichen Umgang mit der politischen und medialen Gegenkampagne.
„Der große Medienkommunikator“, also Habeck, habe nach einem in dieser Hinsicht brillanten ersten Regierungsjahr den Faden verloren, lautet eine Fachexpertise. Ja. Allerdings hatte der Vizekanzler im Unterschied zu der Phase der Energiesicherung ohne russisches Gas auch die aktiv-aggressive FDP und die passiv-aggressive SPD gegen sich, die die Interpretationsspielräume des Koalitionsvertrages ein ums andere Mal gegen transformative Wirtschafts- und Klimapolitik ausreizten. So kann das halt nur bedingt funktionieren.
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Und man sollte erst mal nicht davon ausgehen, dass Scholz und Lindner in den Sommerferien in sich gehen, um danach auch Teil der Transformation zu werden. Das große Problem der Zukunftspolitik sind nicht Nazis, sondern es ist das fehlende Commitment der beiden Ex-Volksparteien.
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