Nach antisemitischem Vorfall in Leipzig: Hotel irritiert mit Banner

Nach Antisemitismusvorwürfen des Musikers Gil Ofarim sind zwei Mitarbeiter des Hotels Westin beurlaubt. Eine Entschuldigungs-Aktion misslingt.

Mitarbeiter des Hotel Westin, die mit einem Banner ein Zeichen gegen Antisemetismus setzen wollen.

Mitarbeitende des Westin Hotels wollten am Dienstagabend ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen Foto: Dirk Knofe/dpa

LEIPZIG taz | Das Leipziger Hotel Westin hat nach Antisemitismusvorwürfen des Musikers Gil Ofarim reagiert. Zwei Mitarbeiter seien beurlaubt worden, das bestätigte die stellvertretende Hotelmanagerin Antje Reichstein gegenüber der taz.

„Wir sind ein weltoffenes Hotel und lehnen jede Form von Intoleranz, Diskriminierung und Antisemitismus auf das Schärfste ab. Deshalb sind wir über die unerträglichen Vorwürfe von Herrn Ofarim besorgt und alarmiert. Antisemitismus ist nicht entschuldbar und wird in unserem Hotel nicht geduldet!“, heißt ist in Reichsteins Stellungnahme. „Während wir weiter versuchen mit Herrn Ofarim persönlich in Kontakt zu treten, um den Vorfall vollständig aufzuklären, haben wir die betreffenden Mitarbeiter beurlaubt.“

Nachdem der Vorfall am Dienstag großes Aufsehen erregt hatte, hatten sich am Abend hunderte Menschen zu einer Solidaritätskundgebung vor dem dem Hotel versammelt, zu der das Bündnis „Leipzig nimmt Platz“ aufgerufen hatte. „Wir solidarisieren uns mit allen Jüdinnen und Juden, denen das in Deutschland immer noch viel zu häufig passiert“, sagte Irena Rudolph-Kokot von „Leipzig nimmt Platz“ bei der Kundgebung.

An der Kundgebung nahmen auch Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Hotels teil. Sie hielten vor dem Hoteleingang ein Banner hoch, auf dem die Flagge Israels zu sehen war. Abgebildet war aber auch ein Halbmond mit Stern.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte dazu: „Nach der antisemitischen Anfeindung gegen einen Juden in Deutschland fällt dem Hotel nichts anderes ein, als die israelische Flagge und Symbole des Islam auf ein Banner zu drucken. Und das, obwohl die Leipziger Synagoge fußläufig vom Hotel entfernt liegt. Offenbar gibt es im Westin Grand in Leipzig wenig Bewusstsein dafür, dass Juden Teil der deutschen Gesellschaft sind.“ Der Zentralrat der Juden sei zudem „mehr als irritiert, dass eine deutliche Entschuldigung des Hotels gegenüber Gil Ofarim bisher ausgeblieben ist“.

In einem knapp zweiminütigen Instagram-Video hatte Ofarim am Dienstagmorgen berichtet, dass ihn ein Mitarbeiter im Leipziger Westin Hotel aufgefordert habe, seine Kette mit einem Davidstern einzupacken. Dann dürfe er einchecken.

Zuvor habe sich wegen Computerproblemen eine lange Schlange am Hotelempfang gebildet. Ofarim, der selbst anstand, sagte, dass immer wieder Personen vorgezogen seien worden. Als er schließlich nach 15 Minuten an der Reihe gewesen sei, habe er den Hotelmitarbeiter nach dem Grund gefragt. Dieser habe geantwortet: „Um die Schlange zu entzerren.“ Ifarim wiederum habe gesagt, dass er selbst in der Schlange gestanden habe. Daraufhin habe „irgendeiner aus der Ecke“ gerufen, dass Ofarim seinen Stern einpacken solle. Gemeint war sein Davidstern, den er an seiner Halskette trug. Daraufhin habe auch der Hotelmitarbeiter gesagt: „Packen Sie Ihren Stern ein.“

Das Video von Ofarim war am Dienstag auf breite Aufmerksamkeit gestoßen. In den sozialen Medien hatten sich schnell zahlreiche Nut­ze­r*in­nen über den Vorfall im Westin Hotel schockiert gezeigt. Auch viele Po­li­ti­ke­r*in­nen äußerten sich. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sagte auf einer Presskonferenz: “Ich kann nur hoffen, dass er Anzeige erstattet, so dass wir den Vorgang auch polizeilich untersuchen können.“ Sachsen sei ein „weltoffenes Land“.

Olaf Hoppe, Sprecher der Leipziger Polizei, sagte, dass die mutmaßliche Aussage des Hotelmitarbeiters für ihn klar antisemitisch sei.

Der beschuldigte Mitarbeiter hat am Dienstag Anzeige wegen Verleumdung gestellt. Der Mann schildere den Vorfall im Hotel ganz anders als Ofarim, sagte Hoppe der taz. Wie genau der Angestellte den Vorfall darstellt, dürfe Hoppe nicht sagen. Darüber hinaus habe der Hotelmitarbeiter noch eine weitere Anzeige gestellt – wegen Bedrohung. Wie die Staatsanwaltschaft Leipzig der taz mitteilte, wurde der Mitarbeiter „auf bisher nicht bekanntem Wege“ identifiziert und erhielt über seinen Instagram-Account Drohnachrichten. Außerdem sei bei der Leipziger Polizei eine Anzeige eines Unbeteiligten wegen Volksverhetzung eingegangen.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig und die die Kriminalpolizei hätten sämtliche Ermittlungen aufgenommen, sagte Hoppe. Nach einer ersten Bewertung des Videos sei die Staatsanwaltschaft am Dienstag zu der Einschätzung gekommen, dass der von Ofarim geschilderte Vorfall „höchstwahrscheinlich keine strafrechtliche Relevanz“ habe. Ein Prüfverfahren sei eingeleitet worden.

Die Staatsanwaltschaft untersuche das Video jetzt noch mal „intensiv“, sagte Hoppe. Die Polizei hingegen müsse nun „jede Menge“ Zeugen vernehmen. „Es gilt abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben“, sagte der Sprecher. Gil Ofarim habe bisher keine Anzeige erstattet.

Aktualisiert am 6. Oktober 2021 um 15:10 Uhr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.