Messerangriff in Würzburg: „Eine entsetzliche Nachricht“

In Würzburg tötet ein Mann mit einem Messer drei Menschen und verletzt weitere. Das Motiv ist noch unklar – außer für die AfD.

Blumen und Kerzen am Tatort des Messerangriffs in Würzburg

Nach dem Messerangriff herrscht Trauer: Blumen und Kerzen am Tatort in Würzburg Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

BERLIN/WÜRZBURG taz | Auch am Samstag herrschen in Würzburg Bestürzung und Trauer. Menschen legen Blumen und Kerzen am Tatort ab. Die Stadt schaltet eine Notfallhotline, über die Be­treue­r:in­nen psychologische Hilfe anbieten. Von einer „schrecklichen Gewalttat“, die tags zuvor in der Stadt geschehen sei, ist in einer Mitteilung die Rede.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht von einer „entsetzlichen und schockierenden Nachricht aus Würzburg“. Man trauere mit den Opfern und deren Familien. Ein „großer Dank und Respekt“ gelte zudem dem „beherzten Eingreifen vieler Bürger, die sich dem mutmaßlichen Angreifer entschlossen entgegenstellten“.

Am Freitagabend gegen 17 Uhr hatte ein 24-Jähriger in einem Kaufhaus am Würzburger Barbarossaplatz und danach in einer Sparkasse und auf der Straße auf mehrere Menschen eingestochen. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wurden dabei drei Personen getötet und weitere verletzt, fünf davon schwer.

Passanten hielten den Täter auf

Auf Augenzeugenvideos, die auf Twitter oder Facebook verbreitet wurden, ist zu sehen, wie Passanten den Täter aufhielten, etwa indem sie ihn mit Gegenständen bewarfen. Kurz darauf traf auch die Polizei ein. Sie gab nach eigenen Auskünften einen Schuss auf den Mann ab und nahm ihn fest. Er sei am Oberschenkel verletzt worden.

Das Motiv der Tat blieb vorerst unklar. Innenminister Herrmann sagte, der Täter habe „mit unglaublicher Brutalität auf die Opfer eingestochen“. Die meisten Angegriffenen seien Frauen gewesen, auch ein kleiner Junge wurde verletzt. Laut Polizei kannten sich Opfer und Täter nicht.

Zeugen sollen zudem von „Allahu akbar“-Rufen des Täters berichtet haben – die Polizei Unterfranken prüft deshalb nach eigenen Auskünften ein islamistisches Motiv. Andererseits hatte sich der Täter zuletzt laut Herrmann psychisch auffällig verhalten, auch mit Gewalttaten. Er sei deshalb kürzlich in psychiatrische Behandlung eingewiesen worden.

Laut Polizei und Herrmann handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen 24-jährigen Somalier, der 2015 nach Deutschland kam. Er soll zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg gewohnt haben. Medienberichten zufolge soll er polizeibekannt sein, aber nicht wegen politischer Delikte. Auf den Augenzeugenvideos ist er barfuß, mit Atemschutzmaske und einem langen Messer zu sehen.

Laut Polizei wurde er noch am Freitag im Krankenhaus kurz vernommen. Zum Inhalt seiner Aussage äußerte sie sich nicht. Die Ermittler werten derzeit auch noch Zeugenaussagen und Überwachungsvideos aus. Am Samstagnachmittag wollte sie sich auf einer Pressekonferenz genauer äußern.

AfD instrumentalisiert die Tat

Bundesweit äußerten Po­li­ti­ke­r:in­nen Betroffenheit über die Tat. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet sprach von „schrecklichen Nachrichten aus Würzburg“ und dankte den Einsatzkräften und den eingeschrittenen Bürgern. Auch Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock nannte die Tat „entsetzlich“. Sie wünschte den Verletzten volle Genesung und dankte ebenfalls den Einsatzkräften. Gleichlautend äußerte sich auch SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz.

Die AfD lud die Tat dagegen bereits am Freitagabend mit ihrer politischen Agenda auf. Gottfried Curio, AfD-Innenpolitiker im Bundestag, sprach von einem „islamistischen Terroranschlag“ und ätzte, man warne schon lange, dass „Masseneinwanderung auch Messereinwanderung ist“. Es handele sich „mitnichten um einen Einzelfall“, nun brauche es ein „fundamentales Umdenken in der Migrationspolitik“. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka twitterte, die Tat sei auch „dank Merkel“ geschehen.

Ilse Aigner (CSU), die Präsidentin des bayrischen Landtags, betonte dagegen: „Ich mahne zur Zurückhaltung – aus Rücksicht auf die Opfer.“ Auch sie sei „entsetzt über die Gewalttat“ und wünsche den Angehörigen viel Kraft.

Schon vor fünf Jahren ein Messerangriff

Bereits vor fünf Jahren hatte ein 17-jähriger Afghane in Würzburg in einer Regionalbahn Reisende mit einem Messer und einer Axt attackiert und schwer verletzt. Anschließend griff er noch eine Passantin an und wurde von Polizisten erschossen. Der Attentäter hatte seine Tat zuvor in einem Video angekündigt, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ die Attacke für sich reklamiert – als erste in Deutschland.

Zuletzt wurden immer wieder schwere Straftaten von Tätern verübt, die auch psychisch auffällig waren. 2018 war ein Mann mit einem Transporter in Münster in eine Menschengruppe gerast und hatte vier Personen getötet, danach auch sich selbst. Die Polizei wertete die Tat als erweiterten Suizid. Im gleichen Jahr zündete ein Syrer im Kölner Hauptbahnhof einen Molotow-Cocktail, nahm eine Frau als Geisel und bezeichnete sich als IS-Anhänger. Auch hier sprachen die Er­mitt­le­r:in­nen jedoch von der Tat eines psychisch Kranken.

Wenige Monate später fuhr dann ein Mann in Essen und Bottrop in mehrere Menschengruppen, offenbar gezielt Migrant:innen. Ein Gericht attestierte auch ihm Wahnvorstellungen und schickte ihn in eine geschlossene Psychiatrie. Auch ein Iraker, der im August 2020 in Berlin auf der Stadtautobahn Motorradfahrer umfuhr und „Allahu akbar“ geschrien haben soll, landete in der Psychiatrie. Bei einem Autoangriff auf Menschengruppen in Volksmarsen im Februar 2020 genauso wie im Dezember in Trier, wo fünf Menschen starben, sind die Motive noch offen.

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