Merz, Söder und die K-Frage: Alt und unerfahren
Hofft man darauf, dass die Union nicht so stark vom Ampel-Versagen profitiert, wie sie könnte, ist Merz, nicht Söder der Traum-Kanzlerkandidat.
D a Gottes Geschenk an die Menschheit, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, seinen Hut wieder einmal in den Ring geworfen hat, ließ am Sonntag nun auch CDU-Chef Friedrich Merz durchsickern: Er wolle selbstverständlich selbst Kanzlerkandidat werden. Gut, das überrascht nun niemanden, davon durfte man schon ausgehen, noch bevor der Sauerländer in die zu großen Fußstapfen von Angela Merkel getreten ist. Doch es sind nicht allein seine schlechten Umfragewerte und die Tatsache, dass er sich gern selbst im Weg steht, die ihn zu einem schlechten Kanzlerkandidaten machen.
Für Merz gilt, was vor drei Jahren auch für die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ein Stolperstein war: Er hat keine Regierungserfahrung. Doch während Baerbock als junges, frisches Gesicht ihr Manko wenigstens noch mit dem Etikett „Ich stehe für den Neuanfang“ überkleben konnte – wenn auch vergebens –, sieht es für Merz anders aus. Er ist einfach nur alt und unerfahren. Wünschte man sich bei der Bundestagswahl in einem Jahr einen Wahlsieg der Union, könnte man ihr nur raten, bloß nicht mit dem miesepetrigen und oft unbeherrscht wirkenden Merz anzutreten. Aus diesem Blickwinkel ist es gar nicht mehr so abwegig, dass Söder sich schon mal als Ersatzmann anbiedert, sollte Merz allzu viele Eigentore schießen.
Hofft man dagegen darauf, dass die Union nicht einmal annähernd so stark von der schlechten Regierungsführung der Ampel profitiert, wie sie könnte, dann gibt es nur einen echten Traumkandidaten: Merz. Er ist die einzige Chance für die Parteien links der Union, nach der Ampelkoalition in der Wähler*innengunst nicht dramatisch abzusacken. Gleichzeitig birgt eine Merz-Kandidatur allerdings auch die Gefahr, dass die Stimmen der Wechselwähler*innen weiter nach rechts abwandern.
Schon jetzt lässt sich also voraussagen: War die Regierungsbildung schon nach der letzten Bundestagswahl nicht einfach, wird es 2025 mit Sicherheit noch komplizierter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?