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Lieferketten-Richtlinie im EU-RatFDP bleibt beim Nein

Die Bundesregierung findet keine Einigung beim Thema Lieferketten. Damit droht die EU-Richtlinie wegen Deutschland zu scheitern.

Vergebliche Aktion vor dem Kanzleramt im Janaur 2024, die FDP hat sich mal wieder durchgesetzt Foto: Stefan Boness

Berlin taz | Der Versuch von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Zustimmung Deutschlands zur EU-Lieferkettenrichtlinie zu retten, ist gescheitert. Die FDP wolle den angebotenen Lösungsweg für Entlastungen deutscher Unternehmen nicht mitgehen, sagte Heil der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten vorige Woche ihre Ablehnung des bereits ausgehandelten EU-Kompromisses angekündigt und dafür vor allem „bürokratische Hürden“ für Unternehmen angeführt. „Dass sich Deutschland aufgrund einer ideologisch motivierten Blockade der FDP bei der anstehenden Abstimmung enthalten muss, enttäuscht mich sehr“, sagte Heil.

Groß ist die Enttäuschung auch bei weiten Teilen der deutschen Zivilgesellschaft, die sich für ein europäisches Lieferkettengesetz eingesetzt haben, das die deutschen Lücken stopfen soll. Die europäische Version sieht etwa die Möglichkeit zivilrechtlicher Klagen oder stärkere Klimaverpflichtungen von Unternehmen vor. Das Gesetz würde auch für mehr Firmen gelten und über den ersten Zulieferer hinausgehen. Unternehmen müssten dann sicherstellen, dass Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette eingehalten werden.

Mit Deutschlands Enthaltung im Rat ist die Richtlinie nicht gescheitert, es wird aber knapp. Damit die Richtlinie durchkommt, braucht es eine qualifizierte Mehrheit, das heißt 55 Prozent der Mitgliedstaaten mit einer Repräsentation von 65 Prozent der Bevölkerung müssen zustimmen. Eine Enthaltung kommt daher einer Ablehnung gleich, und Deutschland als bevölkerungsreichstes Land fällt dabei besonders ins Gewicht.

Schweden, Estland, Lettland, die Slowakei, Tschechien und Litauen werden wahrscheinlich mit Nein stimmen oder sich enthalten. Der Blick fällt auf Italien und Frankreich, eines der beiden Länder könnte nun allein die Richtlinie kippen. Ähnlich wie in Deutschland machen dort die Wirtschaftsverbände Druck gegen die Unternehmenspflichten, viele Firmen haben sich aber auch dafür ausgesprochen. Die Abstimmung im Rat findet am Freitag statt.

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25 Kommentare

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  • Man muss so ehrlich sein und zugeben das dieses Gesetz weit übers Ziel hinausschießt.

    Auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen wäre es ein Ding der Unmöglichkeit die Vorgaben zu erfüllen ob alle Teile die ich weltweit beziehe wirklich den Vorgaben entsprechen.

    Am Ende würde es darauf hinauslaufen dass der Zulieferer mir dies als schriftlich und von dort beglaubigt bestätigt dass alles seine Richtigkeit hat. :-)

    Darüber hinaus, außerhalb von Europa gilt das nicht, also binden wir uns nur einen Arm auf den Rücken und in vielen Ländern innerhalb Europas wird das nur als Papier aus Brüssel gewertet werden, wo man der Zentrale regelmäßig meldet:

    " Alles OK bei uns "

  • Immer wenn ich vom Porsche-Fahrer lese, muss ich an Klaus Ernst denken.

  • Also Neuwahlen und zwar schnell.

    • @Filou:

      Und dann was? CDU/CSU-FDP-Koalition?

      • @Ajuga:

        Die FDP wird dem nächsten Bundestag gar nicht angehören. Und sollte das wider Erwarten doch geschehen, haben sie zusammen mit der CDU bei weitem nicht die Mehrheit.



        Und jeder potentielle Koalitionspartner dürfte es sich angesichts des Verhaltens dieser Partei in der aktuellen Regierung 3x überlegen, eine Koalition einzugehen.

    • @Filou:

      Dann gibt es schwarz rot oder schwarz grün. Die FDP, Linkspartei und BSW fliegen aus dem Bundestag, die SpD wird froh sein wenn sie zweistellig sind. Dann ändert sich daran nichts, die Grünen würden sich in einer solchen Koalition auf Umweltpolitik fokussieren und die SPD auf Sozialpolitik. Diese Koalition war vermutlich die einzige Chance das dieses Gesetz durchkommt.

    • @Filou:

      Rot und Grün werden nie und nimmer diese Koalition platzen lassen, im Leben nicht - die SPD würde sich ja halbieren und maximal wieder den Steigbügelhalter in ner GroKo mimen dürfen und die Grünen bekämen selbst im Falle von Kenia bestimmt nicht mehr das Wirtschafts- und das Außenministerium...



      Nein, Rot und Grün sitzen das aus und hoffen auf Besserung, auf einen Stimmungsumschwung, auf ein Wunder oder egal was.



      Der FDP wäre es noch am ehesten zuzutrauen die Ampel platzen zu lassen, Kubicki und Konsorten wären dafür prädestiniert - allerdings ist die FDP eine ein-Mann-Partei und Lindner gibt 'sein' Finanzministerium niemals freiwillig auf - der biedert sich weiterhin ganz offen den Konservativen an, lähmt die Ampel und hofft wahrscheinlich insgeheim, dass es bei der nächsten Wahl für die GroKo nicht ganz reicht und er in ner Deutschland-Koalition wieder ein Ministerium zugesprochen bekommt - sozusagen für die treuen Dienste die er der CDU während der Ampel geleistet hat...

  • Die FDP sollte sich schämen, dass sie hier Umweltausbeutung, Zwangs- und Kinderarbeit Vorschub leistet. Es ist moralisch einfach untragbar. Wahrscheinlich nur um einige Großkonzerne in ihren dreckigen Geschäften zu schützen.

  • Die Würdigung der Regierungsfähigkeit der FDP wird bei der nächsten BT-Wahl genauso ausgehen wie 2013. Und das ist gut so.

  • Was ich zu Lindner geschrieben habe gilt auch für die FDP.



    Es geht nur noch darum das sinkende Schiff zu verlassen und am Leben zu bleiben.



    Das hat mit Regierungsverantwortung nichts mehr zu tun sondern gilt nur noch dem Erhalt der "Macht", oder dem "Einfluss" und dem damit verbundenen Annehmlichkeiten die die Mitgliedschaft in einer Klientelpartei wie der FDP so mit sich bringt.

    Ekelhaft.



    FDP Furunkel der deutschen Parteienlandschaft

    • @Tom Lehner:

      "… damit verbundenen Annehmlichkeiten die die Mitgliedschaft in einer Klientelpartei wie der FDP so mit sich bringt."

      So sind doch schon viele unserer Politiker - nicht nur in der 'Freiheitspartei der Reichen und Mächtigen'. Und wenn das "karge" Politiker-Gehalt, was sie von uns Steuerzahlern bekommen, nicht ausreicht, dann halten sie Vorträge bei großen Unternehmen und anderen Klima- und Umweltzerstörern. Spitzenreiter ist und bleibt aber Christian Lindner (FDP) im 'nebenher' Geld verdienen, denn Porschefahren, Hochzeit auf Sylt etc. kostet nun einmal viel Geld und man will ja auch als "Volksvertreter" nicht leben wie ein armer Hartz 5/Bürgergeldempfänger. Wer immer noch glaubt, dass die FDP für alle Bürger Politik macht, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. Die FDP ist eine Lobbypartei für die Großkonzerne, denn nur die können später lukrative Aufsichtsratsposten verteilen.

      **Christian Lindner - Nebeneinkünfte (abgeordnetenwatch)** www.abgeordnetenwa.../nebentaetigkeiten

  • Ach ja, wie war es gleich nochmal Herr Lindner, "besser nicht regieren, als falsch zu regieren".

  • Könnte ja auch so laufen wie 2017 bei der Verlängerung von Glyphosat: Landwirtschaftminister Schmidt stimmt unautorisiert zu und redet sich hinterher mit einer marginalen Änderung raus. Hinterher hats niemaus gekümmert. Hubertus Heil könnte es ja einfach auch so machen.

  • "Eine Enthaltung kommt daher einer Ablehnung gleich, und Deutschland als bevölkerungsreichstes Land fällt dabei besonders ins Gewicht."



    /



    Wäre doch verwunderlich, wenn hinter den Kulissen nicht schon die StrippenzieherInnen das Ergebnis angebahnt hätten. Aber die Geschichte lehrt: Manchmal geht's daneben, sogar mit unerwarteter "Schützenhilfe".



    /



    "Du hast jetzt einen Krimi geschrieben, „Verrat am Rhein“. Es geht um das Misstrauensvotum Barzel gegen Brandt 1972. Oppositionschef Rainer Barzel unterlag knapp, Brandt blieb Kanzler. Später kam raus, dass die Stasi die Stimmen eines CDU- und eines CSU-Abgeordneten gekauft hatte."



    Quelle:



    taz.de/Hartmut-Pal...nalismus/!5875972/

  • nur Mut- einfach Nein zur FDP in der Regierung, dann lernt sie, was Mehrheit ist - egal was dann passiert. Wer so ohne Regeln arbeitet wie die FDP, mit dem darf keiner zusammenarbeiten, der ist einfach nur verantwortungslos. Nicht Zusammenarbeiten ist ja auch bei anderen Parteien die Regel und Pflicht -- oder?

    • @StefanMaria:

      Etwas mehr Rückgrat täte dem Kanzler und der Regierung gut.... aber wann ist der richtige Augenblick und bei welchem politischen Konflikt...also wird weiter gewurschtelt und dem Neoliberalismus der FDP/CDU der rote Teppich ausgerollt...bis?

    • @StefanMaria:

      Wer mit 11% in die Regierung rutscht und dann u. a. Finanz- und Verkehrsminister stellen kann, verliert wohl leicht den Sinn für Realität im Bezug auf Mehrheit.



      Aber eine Demokratie muss das aushalten...

  • Toll

    ..wie diese 4% Partei auf der (europäischen) "Weltbühne" Politik macht.

    ..erst das Verbrenneraus blockiert..jetzt das Lieferkettengesetz (wofür eigentlich.??.die meisten Wirtschaftsverbände sind doch sogar dafür)

    ...naja Profilierung ist eben alles..irgendwie muss man ja groß rauskommen..

    ..auch wenn dabei nur Mist rauskommt..

    (Satire)

    • @Wunderwelt:

      Sagen wir 11.5% vs 14.8%. Do groß ist der Unterschied nicht gewesen. Ohne FDP hätte es nicht gereicht, also war das der Wunsch des Wählers, dass sie liberale Vorstellungen einbringen soll. Ansonsten könnte man auch fragen, was Stand heute überhaupt noch die Ampel legitimiert.

  • Das Lieferkettengesetzt ist die neue Art der kolonialen Politik, und Übergriffe gegen andere Staaten.

    • @Stoffel:

      Eine neue Art der Ausbeutung ist das nicht. Der derzeitige Zustand soll gewahrt bleiben. Das Lieferkettengesetz soll auch stärker gegen Kinderarbeit vorgehen. Das geht der FDP aber am Allerwertesten vorbei.

    • @Stoffel:

      Isses eben ned, es verringert Wettbewerbsverzerrungen zu Schaden von Mensch und Umwelt und wenn es wirklich ernstgenommen wird hat auch der produzierende Staat was davon. Kolonial isses, es als hinnehmbar anzusehen, daß "unser" Krempel auch von Zwangsarbeitern, Kindern usw. zusammengetackert wird.

    • @Stoffel:

      Und es ist wie so viele Regulierungen ein Geschenk für das Großkapital.

    • @Stoffel:

      Können Sie das bitte ausführen?

  • Dass die FDP hier blockiert ist so beschämend ☹

    Es konterkariert auch die Versuche der EU, ihren Ruf in der Außenpolitik zu verbessern.