Lidl-Kampagne für Einwegflaschen: Ein System für die Tonne?

Moderator Günther Jauch wirbt für ein neues Einwegplastik-System. Die Deutsche Umwelthilfe warnt davor, auf die Kampagne reinzufallen.

Eine Mann trägt seine Einkäufe, in der einen Hand einen roten Beutel und eine Plastiktüte, in der anderen Hand einen Sixpack mit PET-Flaschen

Laut Einschätzung der Umweltorganisation verwendet Lidl irreführende Zahlen Foto: Michael Gstettenbauer/imago

BERLIN taz | „Ist das nicht ein richtig gutes System für die Umwelt?“, fragt Günther Jauch. Im Werbespot für neue PET-Flaschen des Discounters Lidl läuft der Moderator durch eine futuristisch anmutende, computergenerierte Fabrik. „Kein Neuplastik, viel weniger CO2-Verbrauch beim Transport, weniger Müll und günstiger für Sie als Verbraucher ist es auch noch“, sagt Jauch.

Ein umweltfreundliches System also? Nein, meint die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Sie kritisiert die Lidl-Kampagne „Aus Liebe zur Natur“ samt der Ökobilanzstudie des Ifeu-Instituts, auf die sich der Lebensmitteldiscounter stützt. „Wir warnen Verbraucherinnen und Verbraucher davor, auf die Werbekampagne von Lidl hereinzufallen“, so Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH.

Laut Einschätzung der Umweltorganisation verwendet Lidl zur Begründung irreführende Zahlen – und verschweigt unliebsame Ergebnisse. So vergleiche Lidl sein eigenes Einwegplastik-System nicht mit dem eines spezifischen Mehrweg-Abfüllers, sondern mit Marktdurchschnittsdaten von Mehrweg. Ähnlich hat sich der Verpackungsexperte des Umweltbundesamtes, Gerhard Kotschik, in der Neuen Osnabrücker Zeitung geäußert.

Für das System des Discounters würden ferner neue technische Daten der Jahre 2021/22 verwendet, für Mehrweg hingegen Zahlen, die teils älter als zehn Jahre sind, erläutert die DUH. „Darüber hinaus verschweigt der Discounter in seinen Werbespots und auf Plakaten, dass die 0,5-Liter-Lidl-Einweg-Plastikflasche aus 100 % Recyclingmaterial ökobilanziell schlechter als Mehrweg abgeschnitten hat“.

Ein bisschen Materialschwund ist immer

Die DUH stößt sich auch an der Behauptung von Lidl, beim Kreislauf der Flaschen gehe kein Material verloren. Tatsächlich gebe es beim Recycling immer einen Materialschwund von 2 bis 5 Prozent – das verlorene Plastik müsse wieder aufgefüllt werden.

Wie der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer, berichtet, kauft Lidl dafür alte Plastik-Einwegflaschen von anderen Unternehmen auf. Diese Firmen „müssen das Material dadurch anderweitig ersetzen. In der Regel greifen sie dazu auf fossil basiertes Neuplastik zurück. Der angebliche 100-Prozent-Recyclingkreislauf von Lidl wird so zur Farce“, sagt Fischer.

In einer Mitteilung des Konzerns, die der taz vorliegt, antwortet Lidl auf die Kritikpunkte. So bestünde die Kreislaufflasche ausschließlich aus recyceltem Material. Dazu gehörten aber „auch Flaschen anderer Hersteller“.

Jauch will Wein weiter in Glasflaschen abfüllen

DUH-Geschäftsführerin Metz forderte Jauch auf, sich von der Kampagne zu distanzieren. Der Moderator hingegen verteidigte das neue Lidl-Produkt in der Neuen Osnabrücker Zeitung als „ökologische Getränkeverpackung, zu der es allerdings noch Aufklärungsbedarf gibt“. Vom Vorwurf des „Greenwashings“ wollte Jauch jedoch nichts wissen.

Während Jauch weiter zu der Kampagne steht, scheint er von der Lidl-Idee nicht komplett eingenommen zu sein. Auf seinem Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar plant er nach eigenen Angaben jedenfalls nicht, auf das PET-Flaschen-System umzusteigen.

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