Liberale Männer gegen Gender: FDPler gründen Männergruppe
Im Wahlkampf wollen sich die „Liberalen Männer in der FDP“ gründen und gegen „Genderideologie“ kämpfen. Die Parteispitze ist nicht begeistert.
Die Initiatoren wollen nicht genannt werden und mit der taz-Redakteurin eigentlich auch nicht reden, sie ist ihnen zu feministisch. Aber es gibt bereits einen Programmvorschlag, den der Männeraktivist Arne Hoffmann auf seinem Blog „genderama“ veröffentlicht hat und dessen Existenz ebenso wie der anvisierte Gründungstermin der taz von einem der Initiatoren bestätigt wurde.
Das Ziel der liberalen Männer: „Eine tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern kann es nur geben, wenn die berechtigten Anliegen beider Geschlechter berücksichtigt und die Benachteiligungen beider Geschlechter thematisiert und beseitigt werden“, heißt es in dem Gründungspapier. „Jungen-, Männer- und Väterfeindlichkeit sind ebenso zu verurteilen und zu beseitigen wie Frauenfeindlichkeit.“
Die FDP ist allerdings ein nicht ganz einfacher Ort für fortschrittliche Männerpolitik. Sie ist auf Geschlechterpolitik insgesamt so gar nicht eingestellt. Und so ergeben sich im weiteren Programmentwurf einige Widersprüche:
Einerseits lehnt man – ganz FDP – Frauenquoten natürlich ab. Andererseits fordert man Männerquoten für alle Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind. Man findet Gleichstellung im Prinzip falsch, möchte aber gleichzeitig den weiblichen Gleichstellungsbeauftragten männliche zur Seite stellen. Die FDP-Spitze dürfte über solcherlei „Regulierungswut“, wie sie es nennen würde, nicht erbaut sein.
„Wir kommentieren das Vorhaben nicht“
Diskutabel werden auch weitere Forderungen sein: Das Sorgerecht getrennter Eltern soll ohne das heutige Einspruchsrecht der Mutter automatisch bei beiden Elternteilen liegen. Und ebenso wie Frauen abtreiben dürfen, sollen Männer eine Kindschaft ablehnen dürfen.
Letzteres findet etwa Dag Schölper vom Bundesforum Männer problematisch: „Männer, die keine Kinder wollen, sollten verhüten“, so seine Meinung. „Erst russisches Roulette spielen und dann keine Verantwortung übernehmen wollen, das ist mit unserer Vorstellung von Vaterschaft nicht vereinbar.“
Insgesamt sieht er ein etwas undifferenziertes Geschlechterbild in dem Programm. So werde der „Genderideologie“ vorgeworfen „Gleichmacherei“ zu betreiben. Genderorientierte Pädagogik wolle aber exakt das Gegenteil: jeden frei von Rollenstereotypen fördern. Die FDP-Männer jedoch finden, dass Jungen andere Interessen hätten als Mädchen – was eher wieder in die Klischee-Ecke führt.
„Ich weiß nicht, ob ich weinen oder mich freuen soll“, resümiert Schölper. „Es ist gut, wenn die FDP sich für Gleichstellungspolitik aus der Männerperspektive einsetzen will.“ Aber man müsse trotzdem immer beide Geschlechter berücksichtigen. „Da scheint hier eine gehörige Schieflage zu herrschen.“
Die Partei ist offenbar auch nicht ganz glücklich mit der neuen Initiative. Wortreich erklärt ein Sprecher, dass solche Organisationen in der FDP keinen offiziellen Einfluss haben. Auch die liberalen Frauen etwa gelten nur als „Vorfeldorganisation“ der Partei – allerdings eine einst erwünschte: Ihre Gründung wurde von der Parteispitze angeregt – wenn sie auch bis heute immer wieder in Frage gestellt wird. Zu der liberalen Männergruppe möchte sich die FDP aber so gar nicht äußern: „Wir kommentieren das Vorhaben nicht“, heißt es schmallippig aus dem Vorstand.
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