Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Lebenslange Haft für was ? Mord ? Totschlag ?? Völlig unklar.
@Mee Mord.
@Mee Sorry, wenn das hier ziemlich patzig kommt. Aber so langsam gehn mir die relativierenden Einzeiler, die hier seit einiger Zeit hingeworfen werden und mit denen selbst die endeutigsten Dinge in Frage gestellt werden, ziemlich auf Zeiger.
Was soll denn hier unklar sein? Ein Soldat erschießt ohne Not einen unbewaffneten Zivilisten, um einen Diebstahl zu verdecken. Der Angeklagte ist geständig. Nicht einmal ein Befehl entlastet ihn hier. In welcher Welt bitte ist das kein Mord?
Danke an Barbara Oertel für den klugen Kommentar.
Ich muss mich ein wenig wundern, wie akademisch verbrämt hier zT kommentiert wird, so als ob wir uns in ganz normalen Zeiten einer Bundesrepublik Deutschland befinden würden, die sich nicht im Krieg gegen einen grausamen Aggressor verteidigen muss. Kathederhafte Rabulistik ist in dieser Situation unangebracht. Wer war denn hier wehrlos: der ermordete Ukrainer oder der befehlsnotständige russische Soldat? Wer möchte der Familie des Opfers erklären, dass der Täter leider nicht zur Rechenschaft gezogen werden könne? Und welche Streifenpolizisten soll die Ukraine bitteschön aufbieten, um derjenigen habhaft zu werden, die die Schießbefehle erteilt haben? Es ist Krieg, und die Ukraine bemüht sich völlig zu Recht, jene russischen Kriegsverbrecher einzusammeln, die sie benötigen wird, um die Tausenden von Landsleuten irgendwann aus der Kriegsgefangenschaft befreien zu können, die die russische Armee nicht nur aus Mariupol verschleppt hat und derzeit womöglich foltert oder sich anschickt, zum Tode zu verurteilen.
In einer für derartige Verfahren aus guten rechtsstaatlichen Gründen ungewöhnlich kurzen Zeit, ja rasenden Schrittes wurde von der vorgeworfenen Tat über die Ermittlungen bis hin zum Prozess und lebenslangen Schuldspruch gelangt.
Weder ein Geständnis noch andere Beweise können dieses Tempo erklären, wobei in der Rechtspsychologie bestens bekannt ist, wie schnell in so einer solchen Situation ein Geständnis erhalten werden kann, egal, was stattgefunden hat.
Die New York Times hat übrigens ein Video in seiner Echtheit bestätigt, auf dem Ukrainische Soldaten gefangenen Russen in die Beine schossen.
Der Prozess zu diesem Vorfall ist weder abgeschlossen, noch hat er überhaupt begonnen. So etwas geht eigentlich auch nicht so schnell.
Selbst wenn ein Videobeweis vorliegt, ist ein so schneller Prozess nicht möglich:
Schließlich muss der Kontext ermittelt werden und der Beschuldigte muss in seiner gesamten Person, seiner Biografie, seiner psychischen Entwicklung und seiner psychischen Situation zum Tatzeitpunkt im Prozess wahrgenommen werden, um zu einem rechtsstaatlichen Urteil zu gelangen und auch die verschärfenden wie mildernden Umstände erkennen und abwägen zu können.
Es hat also einen sehr guten Grund, warum es bei einem rechtsstaatlichen Vorgehen bei solchen Taten typischerweise sehr lange braucht bis überhaupt ein Prozess beginnt und warum solch ein Prozess dann auch typischerweise nicht in einem Schnellverfahren erfolgt.
Vielleicht weiß die Kommentatorin mehr über die Inhaftierungs- und Befragungsbedingungen? Die Leser:innen erfahren es nicht. Erfolgte die Befragung und Einlassung unter Todesangst oder Bedrohung, wie es so oft unter solchen Bedingungen der Fall ist?
Ich denke, es ist ein Fehler, zu glauben, dass im Krieg den Rechtsstaat über Bord geworfen werden darf. Es ist ebenso ein Fehler zu meinen, dass solch ein Schnellverfahren rechtsstaatlich oder gar ein Vorbild sein kann.
@PolitDiscussion Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie eigentlich nur ins Blaue hinein spekulieren?
Es war nicht sein direkter Vorgesetzter, der ihm befahl, den Zivilisten zu töten.
Er kann sich also nicht damit herausreden, dass er nur Befehle ausgeführt hat.
Warum durfte die deutsche Wehrmacht denn schon nach 10 Jahren wieder nach Hause????
@Kappert Joachim Naja man hat einigen individuelle Schuld nachgewiesen und sie hingerichtet ansonsten war der sowjetischen Führung Beziehungen zu Westdeutschland wichtiger als Gerechtigkeit den eigenen Toten gegenüber. Wobei die letzten Kriegs-gefangen meist salopp einfach als Kriegsverbrecher klassifiziert worden waren (nicht zu Unrecht in meinen Augen), individuelle Schuld wie hier wurde meist nicht festgestellt.
"Auf der einen Seite ein 62-jähriger Zivilist, der, zur falschen Zeit am falschen Ort, kaltblütig erschossen wurde. Auf der anderen Seite ein geständiger 21-Jähriger, der, offenbar aus Angst, an die Ukrainer verraten und wegen Befehlsverweigerung zur Rechenschaft gezogen zu werden, zum äußersten Mittel griff."
Ist vielleicht nicht aufgefallen, aber bevor man mit tendenziösen Worten wie "kaltblütig" daher kommt, sollte man prüfen, ob die komplette Meinung, die man hier propagieren möchte, auch konsistent ist. Ist sie nicht. Denn "kaltblütig" erschossen wurde der Mann nicht, wenn der Schütze sich dagegen gewehrt hat auf ihn zu schießen und nur mit Strafandrohung seines Vorgesetzten (warum steht der eigentlich nicht vor Gericht?) dazu zu bewegen war.
Seien wir doch ehrlich: das ist ein Bauernopfer. Ein armer Junge, der durch den Drill der harten russischen Armee gezogen wurde, und nun in einer absoluten Ausnahmesituation ist, und unter dem Druck seiner Kameraden und seines Vorgesetzten steht. Was hätte der machen können? Sich selbst erschießen lassen wegen Befehlsverweigerung?
Aber wie immer: die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.
@Jalella "Was hätte der machen können? Sich selbst erschießen lassen wegen Befehlsverweigerung?"
Der Soldat hätte laut der, auch von Russland ratifizierten, Genfer Konvention nicht schießen dürfen, und nicht schießen müssen, und natürlich wäre er dann nicht erschossen worden. Es gibt massenweise russische Soldaten, die wollen keine Kriegsverbrechen begehen, bzw. sie wollen nicht sterben in diesem Krieg, und wissen Sie, was die machen? Die schreiben eine formlose Erklärung, dass sie an der "Spezialoperation" nicht teilnehmen wollen, händigen die ihrem Kommandeur aus und fahren nach Hause. Russland führt nämlich der offiziellen Lesart nach, die auch den juristischen Rahmen für die Verfolgung von Befehlsverweigerung absteckt, keinen Krieg, sondern eine "Spezialoperation", es hat weder der Ukraine den Krieg erklärt noch den Kriegszustand im eigenen Land ausgerufen. Soldaten können deshalb nicht gezwungen werden, an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Die Anzahl der "Spezialoperations-Verweigerer" dürfte mittlerweile deutlich vierstellig sein, Strafverfahren gibt es gegen sie in Russland bislang kein einziges, und erschossen wurde schon gar niemand.
Leider kennen viele russische Soldaten (die, gerade die niederen Dienstgrade, häufig aus bildungsfernen Schichten stammen) ihre Rechte nicht, und wahrscheinlich auch nicht die Genfer Konvention. Unwissenheit schützt aber nicht vor Strafe.
@Jalella Ihren letzten Satz verstehe ich nicht, denn weiter unten schreiben Sie:
"Den Prozess machen und verurteilen kann man ihn natürlich nur wenn man ihn auch zu fassen kriegt."
Sie können sicher sein, und es wurde darüber bereits umfänglich berichtet, dass die Ermittlungsverfahren gegen die Großen schon geraume Zeit laufen. Dass die ganz Großen, die Russland höchstens noch zum Besuch von Schurkenstaaten verlassen werden, vor Gericht gestellt werden, ist allerdings unwahrscheinlich, wenngleich sich das Ceausescu auch gedacht haben mag.
@Jalella "Ein armer Junge, der durch den Drill der harten russischen Armee gezogen wurde, und nun in einer absoluten Ausnahmesituation ist, und unter dem Druck seiner Kameraden und seines Vorgesetzten steht."
Druck aus der Peergroup macht den Täter also zum Opfer? Würde das nicht etwa für den Schützen vom Tankstellenmord in Ida-Oberstein genauso gelten, der ganz ungewollt in den Einfluss fragwürdiger Kreise geriet und dann indoktriniert wurde? Oder den Sexualmörder der ja auch gar nicht so kaltblütig, sondern nur situatives Opfer seiner Triebe ist, oder ... Er hat sich der Situation eben nicht verweigert, sondern gemeordet und dafür ist er verantwortlich.
"Was hätte der machen können? Sich selbst erschießen lassen wegen Befehlsverweigerung?"
Die Todesstrafe ist in Russland nicht vorgesehen, die Befehlsverweigerung wäre also vermutlich mit einer Haftstrafe sanktioniert worden; und zwar vermutlich nicht mit einer lebenslänglichen. So gesehen wäre das nicht nur in ethischer Hinsicht die rationale Wahl gewesen.
Seltsam was hier diskutiert wird:
Entweder er ist ein Kriegsverbrecher oder ein Kriegsgefangener. Nur in zweiteres Fall halte ich einen Gefangenenaustausch gegen andere Gefangene für opportun! Sonst müsste es ja Kriegsverbrecheraustausch heißen, gell!
Ansonsten hoffe ich, dass die Revision ein geändertes Strafmaß zeitig. Freiwillig gestellt, geständig, reuig,... da sollte doch keine Höchststrafe für einen 21 Jährigen stehen, der letztlich in etwas hineingeraten ist was in seinem bisherigen Leben beispiellos war.
Was ist eigentlich mit dem militärischen Vorgesetzten (vulgo: Befehlshabenden) ?
Hat man den schon? Kennt man den ?
Wurde der bereits werden Anstiftung verknacken ?
Warum hört und liest man darüber nichts ?
@Bolzkopf Der ist angeblich schon *befreit* worden/tot.
@Bolzkopf Völlig richtig. Aber von "Anstiftung" würde ich bei einer Befehlskette nicht reden. Sich dem Befehl zu widersetzen, hätte für den 21 jährigen vermutlich selbst das Ende bedeutet.
@Jalella Ich hätte meinem Vorgesetzten meine Waffe übergeben mit der Aufforderung mit seinem Beispiel voranzugehen, da es einem offensichtlich an Ausbildung/Sicherheit für das Umsetzen ein solchen Befehls fehlt - danach hätte ich ihn übergangen und das vorgefallene seinem Kommandierenden Offizier gemeldet.
Aber stimmt das ist im Nachhinein betrachtet und mutmaßt, dass es in der russischen Armee so etwas wie Kontrollstrukturen gibt.
Es gibt auch andere Berichte, auch von Ukrainer*innen, in denen Russische Vorgesetzte kurzen Prozess mit solchen Anwandlungen in der Russischen Truppe gemacht hätten ... vielleicht weniger verkehrt aber auch nicht wirklich richtig - nach unseren Vorstellungen ...
Krieg ist nun einmal die Aussetzung von Regeln/vereinbarten Gesetzen - sonst wäre es kein Krieg.
@Moe479 Waffe übergeben? In einem geklauten Auto sitzend, in Feindesland, und zusehen wie ein Faschist( Meinung der Russischen Armee und Putin) das gegnerische Militär herbei telefoniert um sie an der Flucht zu hindern? Natürlich ist dies ein politisches Urteil und hat mit Rechtssprechung nichts zu tun. Nach seinen Aussagen vor Gericht wird sich dieser Junge geradezu weigern ausgetauscht zu werden und flehentlich darum bitten in ein Drittland überstellt zu werden. Bin gespannt wie die Deutschen Behörden darauf reagieren.
@Pepi Das Fahrzeug wurde wohl zur einsatzdienlichen Verwendung - Flucht statt Gefangennahme - *requiriert*. Ein nicht unüblicher Akt beim Militär.
Beim 62 Jährigen Ukrainer - der merkwürdiger Weise immer noch keinen Namen hat, hätte es ggf. gereicht sein Mobilfunktelefon zu zerstören um vorgeblich unmittelbar drohender Verfolgung durch eine umgehende möglich Nutzung selbigem durch diesen zur Meldung an möglicher Weise vorhandene Einsatzkräfte der Ukraine zu entkommen.
Vielleicht hätte der mit seiner ggf. altersbedingten Lebenserfahrung auch gesagt: Wen ihr mich nicht seht, ich hab euch nicht gesehen, verschwindet besser schnell, damit es kein anderer tut - wir wissen das leider nicht ...
Hat den ein als unabhängig anzunehmender Jornalist (jemand der zu bewiesenen Fakten statt wilden Behauptungen neigt) mit Wadim Schischimarin darüber frei sprechen dürfen?
@Bolzkopf Ich glaube da müssen sie nicht Gendern. Es wird mit 99,99% Wahrscheinlichkeit ein Befehlshaber gewesen sein.
Antwort ist aber einfach: Russland (wie auch die USA) haben die entsprechenden Verträge nicht unterschrieben und die Ukraine nur zum Teil.
In der Praxis können Russen nur für Kriegsverbrechen belangt werden die sie auf ukrainischem Boden begangen haben und müssen auch dort geschnappt werden (oder von einem befreundeten Land ausgeliefert werden).
Wenn Herr General aber aus Russland geführt hat, hat er sich erstmal nicht strafbar gemacht, weil halt nicht verboten.
Und bevor sich alle darüber aufregen. Ich mach die Regeln ja nicht. Er kann aber ganz klassisch nach Strafgesetzbuch angeklagt werden. Im Zweifel sogar vor nem deutschen Gericht.
@Beowulf Ich denke, den direkten Schießbefehl ha der Komandant vor Ort gegeben. Wenn der Junge ihn genannt hat, müsst er auf jeden Fall auch angeklagt werden. Den Prozess machen und verurteilen kann man ihn natürlich nur wenn man ihn auch zu fassen kriegt.
@Bolzkopf Der ist wohl tot laut Aussage beider Soldaten.
"Unabhängig davon, wie der Gang vor die nächsthöhere Instanz ausgeht, lässt dieses Prozedere darauf schließen, dass dieser Prozess rechtsstaatlichen Kriterien folgt und die Rechte des Angeklagten gewahrt werden."
So einfach ist das? Zweifel sind ausgeschlossen? Prozessbeobachtung aus der Ferne?
@Blick " ... lässt darauf schließen ..."
Bei dieser Formulierung sind doch Zweifel enthalten.
@MACHIAVELLI
Ich möchte vorschlagen, mit Wagner anzufangen. Nicht als Terroristen, sondern als organisierte Kriminalität.
Konsequenterweise dann aber auch Akademi (früher Blackwater).
Und oh, wenn die ach-so-demokratischen europäischen Demokratien was auf sich halten: die PKK endlich von der schwarzen Liste nehmen. Solange die Türkei kein Rechtsstaat ist sind sie eine Befreiungsbewegung, oder?
@tomás zerolo Definitiv der Chef von Wagner ist ja auch ein Nazi und Akademi sind genauso Schlächter. Die PKK ist in meinen Augen aber eine terroristische Organisation zu oft greifen die zivile Ziele an. Auch wenn ich mit den Kurden sympathisiere.
" ... das Schicksal eines jeden russischen Staatsbürgers sei von Bedeutung." Das wäre ja eine neue Wertvorstellung.
Leben und Wohlbefinden von Soldaten galten in der zaristischen Armee und in der Roten Armee schon wenig. Sie wurden schlecht behandelt und hatten oft nicht genug zu essen. Das hat sich nicht geändert. Das zeigt exemplarisch der Fall des Schweizer Journalisten Guillaume Briquet, der am 7. März von einem russischen Kommando beschossen und ausgeraubt wurde. U. a. wurden ihm die Lebensmittel abgenommen, weil die Soldaten Hunger hatten. Die Worte von Dimitri Peskow sollen wohl die russischen Bevölkerung beruhigen.
Falls der in der Ukraine verurteilte Soldat nach Russland zurückkehren kann, muss er damit rechnen angeklagt zu werden, weil er und seine Kameraden fliehen wollten, anstatt zu kämpfen.
Es wird wegen der großen Zahl an Verbrechen und der Zuständigkeit sowie Zugriffsmöglichkeit bei der Signalwirkung singulärer Prozesse bleiben, vorerst. Dass zukünftig bei Auslandsreisen an internationalen Flughäfen Handschellen klicken, dafür sorgt hoffentlich eine umfangreiche Datensammlung zur dauerhaften Dokumentation von Kriegsverbrechen. Daten aus Telekommunikation und Nutzung des Internets werden neben biometrischen Charakteristika eine Basis für das Nichtvergessen sein können. Ironischerweise brauchen wir die Technik des Überwachungsstaates für die Herstellung von Gerechtigkeit. Ein großer Prozess in Den Haag ist die Vision der Verteidiger:innen von Menschenrechten und der Ankläger:innen von Kriegsverbrechen, mit prominenten Angeklagten aus der Reihe der Mächtigen.
Natürlich ist die russische Regierung völlig rücksichtslos im Umgang mit den eigenen Soldaten. Aber was dieser eine Fall in Russland bewirken soll, solange die russische Propaganda darauf verweisen kann, dass Selenskys Regierung trotz Fernsehaufnahmen keinen einzigen von dem Rechtsradikalen Mob vor Gericht gestellt hat, der am 02.05.2014 in Odessa 50 Ukrainerrussen abgefackelt haben. Da wirkt dieser Fall für die Russen immer noch wie ein Schauprozess.
Man sollte die russische Armee als terroristische Organisation klassifizieren, die ist ohne Kriegserklärung in der Ukraine eingefallen und wütet da = Terrorismus. Jeder Russe der an diesem Krieg teilnimmt macht sich strafbar und sollte in Deutschland dafür vor Gericht gestellt werden sollte er einreisen.
@Machiavelli So ganz freiwillig nimmt aber auch nicht jeder teil. Zudem ist das ja auch keinen Einbahnstraße, wenn das erst einmal von der eigenen Seite so gehandhabt wird.
Bei Kriegsverbrechen muss aus gutem Grund in einem rechtstaatlichen Verfahren die individuelle Schuld festgestellt und gewichtet werden, wie in diesem Fall geschehen... und dann gibt es ja auch noch die sogenannten "Kollateralschäden".
Ich denke man hält sich am Besten an die international vereinbarten Regeln (Genfer Abkommen I-IV und die Zusatzprotokolle) und sieht zu, dass ein Krieg erst gar nicht ausbricht oder möglichst schnell beendet wird.
Aktuell, indem die Russische Föderation nachdrücklich dazu gebracht wird, einen Rückzieher zu machen.
@Waage69 Befehlsnotstand lasse ich nicht gelten außer für unbewaffnetes Personal, im Zweifelsfall muss man von der Waffe gegen Offiziere Gebrauch machen die Kriegsverbrechen befehlen, anschließend kann man überlaufen.
@Machiavelli Ja klar, die russischen Soldaten sollen ihre Offiziere erschießen und überlaufen, ansonsten gelten sie als Terroristen und sind dementsprechend zu bestrafen. Wer waren hier nochmal die Faschisten?
@Machiavelli " im Zweifelsfall muss man von der Waffe gegen Offiziere Gebrauch machen die Kriegsverbrechen befehlen, anschließend kann man überlaufen."
Das ist hier sehr leicht in die Tastatur getippt.
@Waage69 Ist es aber wenn man die Wahl hat zwischen den Offizier zu erschießen und den Zivilisten hatte man eine Wahl. Dann ist man wegen Mordes dran wenn man den Zivilisten erschießt.
@Machiavelli Wenn er den Offizier erschossen hätte, wäre er in Russland dran gewesen, er wollte ja zu Mutter und Freundin nach Hause abhauen.
Wo soll so eine Bauernblage denn auch sonst hin, in die Große weite Welt ins Exil?
Sie schließen da mit Ihrer geistigen Flexibilität, Ihrem erweiterten Horizont und Möglichkeiten von sich auf andere.
Er hätte daneben schießen sollen, aber das sagt sich hinterher immer leicht wenn man im Nachgang Gelegenheit hat, eine Situation, die eventuell nur 30 Sekunden oder einige Minuten gedauert hatte, tausende Male zu durchdenken.
@Waage69 Nicht das hier der Eindruck entsteht, dass ich im konkreten Fall gegen rede.
Auch den Befehlsnotstand hatte ich nicht eingebracht. Taten fallen letztlich immer auf einen selber zurück, und da befinden sich Soldaten grundsätzlich in einer prekären Lage.
Bei aller Tragik und einer Verknüpfung der Umstände in einer für ihn selber lebensgefährlichen Situation muss der junge Mann sich dafür verantworten, einen nicht- Kombattanten in einem unrechtmäßigen Angriffskrieg umgebracht zu haben.
Inwiefern aber offener, bewaffneter Widerstand innerhalb der russischen Armee eingefordert werden kann...
@Waage69 Du kannst auch ohne Waffe Wiederstand leisten, indem du sie einfach niederlegst ... und "peace out", Herr General sagst!
@Waage69 Befehlsnotstand gab es in dem Fall ja auch nicht, der "Kamerad", der Sch. zum Schießen aufforderte und drängte, war ja kein Vorgesetzter. Gruppendruck war in der Situation natürlich trotzdem vorhanden, falls sie der praktisch einvernehmlichen Darstellung der Anklage und des Geständigen entsprach.
@Günter Picart Es war wohl schon ein Vorgesetzter. Er konnte befehlen zu schießen. Aber er konnte nicht befehlen, dabei auch zu treffen.
Israels Premier Netanjahu zündelt, um an der Macht zu bleiben. Die Menschen in der Region, die Frieden wollen, drohen unter die Räder zu geraten.
„Lebenslänglich“ für russischen Soldaten: Mit den Waffen des Rechts
Das Urteil gegen einen Soldaten wegen Kriegsverbrechen ist kein billiges ukrainisches Manöver. Auch in Russland könnte es etwas in Bewegung bringen.
Von ukrainischem Gericht verurteilt: der 21-jährige russische Soldat Wadim Schischimarin Foto: Viacheslav Ratynskyi/reuters
Lebenslange Haft – so lautet das Urteil eines ukrainischen Gerichts gegen einen russischen Soldaten wegen eines Kriegsverbrechens. Mit diesem Verfahren bekommen menschliche Abgründe und Tragödien, die seit drei Monaten den Kriegsalltag prägen und ihren Ausdruck meist nur in anonymen Statistiken finden, reale Gesichter: Auf der einen Seite ein 62-jähriger Zivilist, der, zur falschen Zeit am falschen Ort, kaltblütig erschossen wurde. Auf der anderen Seite ein geständiger 21-Jähriger, der, offenbar aus Angst, an die Ukrainer verraten und wegen Befehlsverweigerung zur Rechenschaft gezogen zu werden, zum äußersten Mittel griff.
Die Frage ist, ob von diesem Prozess eine Art Signalwirkung ausgehen könnte. Mehrere Aspekte verdienen Beachtung: So hat der Anwalt des Verurteilten angekündigt, in Berufung zu gehen. Unabhängig davon, wie der Gang vor die nächsthöhere Instanz ausgeht, lässt dieses Prozedere darauf schließen, dass dieser Prozess rechtsstaatlichen Kriterien folgt und die Rechte des Angeklagten gewahrt werden.
Das dürfte all diejenigen Lügen strafen, die in dem Verfahren ein billiges Manöver sehen – getreu dem Motto: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Dazu passt auch die Einlassung der Witwe des Opfers, die, nach dem Strafmaß gefragt, auch einen Austausch des Täters gegen die gefangenen ukrainischen Soldaten aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol nennt. Rachegelüste sehen anders aus.
Auch in der russischen Öffentlichkeit könnte der Prozess, den selbst staatliche Medien vermelden, etwas in Bewegung bringen: So sieht sie also aus, die „Spezialoperation“ – ein grausamer Krieg, der so nicht genannt werden darf. Soldaten, auch wenn sie am untersten Ende der Befehlskette agieren, werden für ihr Tun zur Verantwortung gezogen.
Aufhorchen lässt ein Statement des Kremlsprechers Dimitri Peskow, das Schicksal eines jeden russischen Staatsbürgers sei von Bedeutung. Tatsächlich? Angesichts des Umstandes, dass die untersten Chargen nur verheizt werden, klingt das fast unglaublich.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
Themen
Journalismus im Angriffskrieg – taz Talk