Russische Großoffensive im Donbass: Erfolgsmeldungen von der Front

Prorussische Separatisten sollen die strategisch wichtige Stadt Lyman kontrollieren. Der ukrainische Präsident Selenski wirft Moskau Genozid vor.

Bewaffneter Soldat vor einer Fahne mit Hammer und Sichel

Prorussischer Separatist vor der zivil-militärischen Verwaltung in Switlodarsk

BERLIN taz | Stehen russische Truppen vor einem ersten wichtigen Durchbruch im Donbass? Prorussische Separatisten wollen eigenen Angaben zufolge die ostukrainische Stadt Lyman erobert haben. Der wichtige Eisenbahnknotenpunkt nordöstlich der Städte Slowjansk und Kramatorsk sei in ihrer Hand, teilten die Separatisten der sogenannten Volksrepublik Donezk am Freitag mit. Ukrainische Truppen stehen seit Tagen in der Ostukraine unter massiven Angriffen russischer Truppen und den mit diesen verbündeten Separatisten.

Oleksi Arestowitsch, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, sprach davon, dass die Schlacht an dem Eisenbahnknotenpunkt zeige, dass Moskau seine Taktik verbessert habe. „Unbestätigten Angaben zufolge haben wir die Stadt Lyman verloren. Die russische Armee – das muss verifiziert werden – hat sie erobert“, sagte er.

Auch die Stadt Sewerodonezk im Gebiet Luhansk, das mittlerweile zu über 90 Prozent unter Kontrolle russischer Truppen stehen soll, war am Freitag wieder Ziel massiver Angriffe. Angaben des Gouverneurs von Luhansk, Serhi Haidai zufolge, seien vier Menschen getötet worden. Mittlerweile sei die Stadt zu zwei Dritteln von russischen Truppen eingeschlossen. Wohngebiete stünden unter Dauerbeschuss.

Seit Beginn des Kriegs seien insgesamt 90 Prozent der Wohnhäuser zerstört worden 60 Prozent müssten vollständig neu errichtet werden. Sewerodonezk ist das einzige Gebiet in der Region Luhansk, das die ukrainische Regierung derzeit noch kontrolliert. Russische Truppen versuchen, die Stadt vom Rest des von der Ukraine dominierten Territoriums abzuschneiden.

Nächtliche Videobotschaft

In seiner allabendlichen Videobotschaft in der Nacht zu Freitag hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski schwere Vorwürfe an die Adresse Russlands erhoben. Russlands schwere Angriffe auf Sewerodonez und die benachbarte Stadt Lisitschansk könnten die gesamte Region unbewohnbar machen. „Dies zusammen mit der Deportation unserer Menschen sowie Massenmorden an Zivilisten sei ein offensichtlicher Genozid, sagte Selenski.

Einen Grund für diese brutale Vorgehensweise nennt die ukrainische Webseite focus.ua. Russlands Hauptinteresse in diesem Krieg seien nicht Städte und Menschen, sondern territoriale Gewinne. Und weiter: „Russland braucht keine zivile Infrastruktur in den besetzten Gebieten, denn in der Russischen Föderation herrscht eine demografische Krise, es gibt niemanden, den man dort ansiedeln kann. Eine illoyale Bevölkerung unterwerfen zu wollen, ist unrentabel, weil es von Partisanen nur so wimmelt.“ Mit anderen Worten: Feuer frei!

Unterdessen haben im russischen Gebiet Primorje mehrere Abgeordnete der Kommunistischen Partei (KPFR) Präsident Wladimir Putin öffentlich dazu aufgefordert, die „spezielle Militäroperation“ in der Ukrai­ne zu beenden. Das berichtet das russischsprachige Internetportal insider ru. „Wenn wir das nicht tun, wird es in unserem Land noch mehr Waisen geben“, sagte der Abgeordnete Leo­nid Wasjukewitsch auf einer Sitzung der gesetzgebenden Versammlung. Viele junge Menschen würden sterben und zu Invaliden werden, dabei könnten gerade sie von großem Nutzen für Russland sein, sagte er.

Der anwesende Gouverneur Oleg Koschemjako nannte Wasjukewitsch einen Verräter, ließ ihn des Saals verweisen und ihm das Stimmrecht erziehen. Laut der Nachrichtenseite des Kommersant drohen Wasjukewitsch jetzt harte Konsequenzen.

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