Künstlerkollektiv Taring Padi: Gruppe fühlt sich missverstanden
Taring Padi berufen sich angesichts der Vorwürfe auf die Tradition indonesischer Protestkunst. Von der Kritik scheint das Kollektiv überrascht.
Der Kalender war eine Provokation. Er brachte der Gruppe und dem Künstler Yayak Yatmaka Anerkennung in oppositionellen Kreisen des Landes und im Exil ein. Dort musste der indonesische Künstler dann auch fortan die Restzeit der Suharto-Diktatur verbringen. Seine Werke zierten fortan noch Publikationen der Solidaritätsbewegung. Sein Stil ist mit den indonesischen Künstler*innen, die jetzt in Kassel für den Eklat sorgen, vergleichbar. Sie sind seit Jahren befreundet.
Es sind drastische Karikaturen, deren begrenzte Stilform man in der dauernden Wiederholung langweilig finden mag, zumal sie bewusst nicht ästhetisch ansprechend sind. Sie sind Ausdruck einer politischen Protestkultur, oder wie es jetzt Taring Padi formuliert, „Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt“.
Suharto kam 1965/66 mit einem Blutbad an die Macht, bei dem rund eine Million Menschen getötet wurden. Westliche Regierungen einschließlich der Deutschen haben dies geduldet und Suharto (Helmut Kohl: „mein Freund“) jahrelang unterstützt. „Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen“, erklärt Taring Padi. „Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, zum Beispiel für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren.“
Kollektiv zeigte sich überrascht von der Kritik
Nur wenige Menschen in Indonesien setzen sich mit Judentum und Antisemitismus auseinander. Die palästinensische Bewegung hingegen ist in dem Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt durchaus ein Thema. Zudem haben seit Suhartos Sturz islamistische Strömungen an Einfluss gewonnen. Doch sind nach taz-Information rund die Hälfte der Mitglieder von Taring Padi christlich oder buddhistisch, was natürlich Antisemitismus nicht per se ausschließt
Aber der in Teilen antisemitischen Bildsprache der Künstler jetzt tiefere Intention zu unterstellen, verkennt die innenpolitische Hintergründe dieser Protestkunst. Die antisemitische Symbolik fußt eher auf Naivität und Unwissen, vor allem auch über den Kontext der Wahrnehmung dieser Symbole in der zu Recht von besonderer Empfindlichkeit geprägten deutschen Öffentlichkeit.
Von der Kritik an der antisemitischen Bildsprache scheint das Kollektiv überrascht worden zu sein. „Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners anders verstanden werden als ihr ursprünglicher Zweck“, heißt es in ihrer Erklärung. So hing das kritisierte Banner vor zwanzig Jahren schon in Australien öffentlich aus, ohne dass es dort jemand störte.
In ihrem Statement äußert die Künstlergruppe nun die Hoffnung, dass die umstrittene Installation in Kassel „der Ausgangspunkt für einen neuen Dialog“ sein könne.
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