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Kommunikation von Habeck und ScholzMehr Habeck wagen

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Während Habeck für ein Handyvideo gefeiert wird, in dem er seine Politik erklärt, denkt Scholz immer noch, etwas Pathos im Bundestag würde ausreichen.

Robert Habeck wird von Vielen als Musterbeispiel gelungener Kommuni­kation angesehen Foto: Thomas Trutschel/photothek/imago

W etten, dass Robert Habeck die TV-Serie „Diener des Volkes“ gesehen hat? Darin spielt ein gewisser Wolodimir Selenski einen Geschichtslehrer, der unverhofft zum Präsidenten wird. Aus Konvention und Korruption befreit er sich durch: Authentizität. Weg mit der teuren Uhr, fort mit dem Redemanuskript, mit den Leuten reden, ihnen zuhören. Seinen Wahlerfolg hat dieser Geschichtslehrer übrigens einem Handyvideo zu verdanken.

Nicht nur Selenski nutzt diesen authentisch-emotionalen Kommunikationsstil erfolgreich, wenn er täglich Videos aus dem Alltag eines Präsidenten im Krieg postet. Auch Habeck hat am Mittwoch ein Handyvideo hochgeladen, in dem er seinen Gesinnungswandel bezüglich eines Importstopps für russisches Gas und Öl erklärt. Noch vor wenigen Wochen, so der hemdsärmelige Minister, habe er gedacht: „Oje“– ein Embargo werde Deutschland kaum aushalten. Heute aber halte er es für „handhabbar“.

In einfachen Worten legt der Wirtschafts-und Klimaminister dar, was er bis jetzt erreichen konnte – Deutschlands Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen aus Russland von 35 auf 12 Prozent reduzieren – und warum der Rest noch dauern wird. Er sagt nicht: „Wir kriegen das hin“, doch nach dem Video hat man genau dieses Gefühl. X-fach schon wurde es geteilt, als Musterbeispiel gelungener Kommuni­kation. Es gibt sogar die ersten Ratgeber-Artikel: Wie lerne ich reden wie Robert Habeck?

Auch Olaf Scholz hat in den letzten Wochen einen beachtlichen Sinneswandel hingelegt: weg vom kategorischen Nein zur Lieferung schwerer Waffen, hin zu einem Bundestagsbeschluss, der genau dies bejaht. Scholz’ Kehrtwende ist folgerichtig: Extreme politische Weltlagen erfordern schnelles Umdenken. Doch anders als Habeck vermag es ausgerechnet der bundespolitische Profi Scholz nicht, sein Umschwenken nachvollziehbar zu machen: In der öffentlichen Wahrnehmung gilt der Kanzler als zaudernd – was auch seiner ungeschickten Kommunikation geschuldet ist.

Das persönlich Nahbare war noch nie Scholz’ Sache. Anders als Habeck, der im Fernsehen schon mal mit den Tränen kämpfte oder seine völlige Ratlosigkeit eingestand, hält sich Scholz auch im Kriegsfall eisern an das, was er in 47 Jahren SPD-Zugehörigkeit gelernt hat: Mehrheiten organisieren, an Beschlussvorlagen und Anträgen feilen. Zum Verkaufen muss hin und wieder ein Talkshow-Auftritt reichen, in dem er vorgefertigte Sätze unterbringt.

Ja, kürzlich schwang sich Scholz zu einer markigen Rede auf, beschwor eine „Zeitenwende“. Doch ein bisschen Pathos im Bundestag reicht nicht mehr. In Zeiten, die von Unsicherheit und Angst geprägt sind, müssen Politiker ihre Entscheidungswege offenlegen, auch ihre Zweifel und Dilemmata teilen. Wie Habeck, der zugibt: Ich habe auch nicht die Lösung im Ärmel, aber ich tue, was ich kann.

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Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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30 Kommentare

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  • Do it like Habeck?

    Wann kommen endlich die geringeren Abstandsregeln und vereinfachten Planungsverfahren für Windräder?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "mach doch mal einen besseren Alternativvorschlag, der konkret und praktikabel ist."



    Das muss Conny nicht, aber Sie dürfen Habeck weiterhin huldigen und alles was er tut entschuldigen.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Habeck wird mal Kanzler! Kein Zweifel mehr!

  • Scholz macht Politik, Habeck verkauft Politik. Beides wichtig, ersteres dann doch entscheidender.

    • @Hans Wurst:

      Aber was für eine Politik macht er denn?



      Ich wünsche mir schon sowas wie Überzeugung und ja, ethische Grundsätze im Regierungshandeln und auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Ich möchte vertrauen können.



      Wie soll ich jemandem Vertrauen, der ständig unverbindliche Satzbausteine verbläst, die in erster Line dem Zweck dienen, dass man ihn für gar nichts wird verantwortlich machen können?



      Das erzeugt bei mir einfach nur Misstrauen.

      • @Life is Life:

        Was für Politik Scholz macht, wird man sehen. Der Stil von Habeck, welcher hier offensichtlich bevorzugt wird, macht eben keine Politik. Das wird der letzte grünen Wähler schon noch merken. Habeck verkauft sich gut, aber gestalten tuen andere.

  • "Extreme politische Weltlagen erfordern schnelles Umdenken."

    Genau daran hapert's doch! Wenn man drei Tage nach dem russischen Überfall (zu Recht) von einer "Zeitenwende" spricht, danach aber permanent den Eindruck erweckt, man müsse eher zum Jagen getragen werden, dann ist das mehr als ein Kommunikationsproblem, dann ist das ein Umsetzungsproblem. Mit der Bezeichnung "erratisch" ist diese Politik ja noch eher schmeichelhaft umschrieben.



    Ich habe hier schon vor Wochen geschrieben, dass diese Bundesregierung nicht weiß, was eigentlich ihr strategisches Ziel ist. Der Eindruck, sie tappe permanent immer ein paar Schritte hinter den anderen her, zeigt nur, dass sie das anscheinend immer noch nicht weiß. Und noch schlimmer ist der Eindruck, dass die "Zeitenwende" bislang weder mental noch intellektuell bei den Mützenichs in der SPD angekommen angekommen ist

  • Umdenken ja, aber bitte in die richtige Richtung.

    Dubiose Ringtauschgeschäfte und 100 Milliarden in das Sickergrab der Rüstungsbeschaffung werden am Kriegsverlauf rein nichts ändern, außer in die Länge ziehen und Aggression brutalisieren.

    Humanitäre Hilfe wäre sinnvoller auch wenn damit bellizistische Reflexe nicht bedient werden.

    Das würde der wundersam gewendete Scholzomat natürlich so nicht mehr sagen.

    • @Phineas:

      Wenn Russland aufhört zu kämpfen, gibt es keine Toten mehr. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, umso mehr.

      • @Sophie Löffler:

        Interessante Logik

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "Nicht nur Selenski nutzt diesen authentisch-emotionalen Kommunikationsstil erfolgreich, ..."



    Nöö Trump auch, sogar besonders erfolgreich ... und Duterte ... Also kurzum: Ich halte von diesen Videos und dem Getwitter garnichts. Erst recht als Information aus einer Regierung.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @82286 (Profil gelöscht):

      It`s Entertainment, Stupid! Grüner Bayernkurier. Ist es noch „Presse“ oder ist es schon Anbetung?



      Btw.: www.stuttmann-kari....de/karikatur/8053



      „Authentisch-Emotional“ - Am Ende katastrophal.

  • Habeck will Kohle aus verbrecherischem Tagebau aus Kolumbien importieren! Ein Wahnsinn angesichts des Folgen dort. Jahrelang schon kämpfen Menschenrechts- und Umwelt-Organisationen dagegen an. weact.campact.de/p...ohle-aus-kolumbien

    • @conny costa:

      Das weiß er bestimmt alles selbst, aber mach doch mal einen besseren Alternativvorschlag, der konkret und praktikabel ist.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Leon Noel:

        Der Robert kennt die Fakten alle (remember „Pendlerpauschale“), doch Frau Apin wünscht mehr Gelalle.



        Medien leben nicht von Fakten, sondern von dem, was sie verpackten.



        Die Schachtel darf auch schon mal leer sein, dann kommen Emotionen rein.



        Ein Video ist schnell gedreht, und wer auch mal in Tränen steht, weiß, dass ihn Frau Apin versteht.

  • Habeck und Scholz, sie haben beide in den letzten Tagen eine Wende mit angezogener Handbremse hingelegt und zwar silmutan! Warum? Das sagt weder der eine noch der andere. Handyvideo, Zauderer hin oder her...Sie eskalieren vorsichtig weiter... Warum? Wollen, können, dürfen sie wohl nicht sagen. ... Halt repräsentative Demokratie im Krieg.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Der Robert in Dilemmata, der Boris muss woanders hin;



    Der Olaf ist im Kanzleramt. - Ein alter Text kriegt neuen Sinn.



    Sie fragen sich: „Bin ich schon drin?“: www.youtube.com/watch?v=7ZL3dBE3fT0

  • „Er sagt nicht: „Wir kriegen das hin“, doch nach dem Video hat man genau dieses Gefühl. „



    Was nützt mir dieses schöne Gefühl, „Wir kriegen das hin“, es nützt mir gar nichts.



    Angela Merkel sagte 2015 wir schaffen das, gab ebenfalls ein schönes Gefühl. Gott sei Dank hat Merkel und die deutsche Bevölkerung die Flüchtlingskrise 2015 ganz gut gemeistert.



    Kanzler Scholz trägt eine andere Verantwortung als Habeck und da reicht es nicht, nach einem Video ein gutes Gefühl zu vermitteln und eventuell falsche Erwartungen zu erwecken.



    „X-fach schon wurde es geteilt, als Musterbeispiel gelungener Kommuni¬kation.“



    Wenn das ein Musterbeispiel gelungener Kommunikation sein soll, sage ich nein danke, nur gute Gefühle helfen in dieser Krise niemand. Da ist mir ein kühler Kopf wie Scholz lieber, der sehr sorgfältig abwägt, was können wir und sollten wir an die Ukraine liefern und was nicht. Da kann ich gerne auf eine Frau Strak Zimmerman und Hofreiter verzichten.

    • @D-h. Beckmann:

      Woher wissen Sie denn, dass Scholz mit kühlem Kopf abwägt und nicht nur einfach ein unverbindlicher Getriebener ist.

  • Ich fand man konnte das gut in talk shows vor der wahl sehen. Bei jeder frage hat scholz mit dem abspuhlen von seinem programm geantwortet und was er fûr entscheidungen er schon erreicht hat. Auf diese technische, endlose auflistung war der laien fragensteller dann erstmal überrollt.



    Und da war er ja nur weil er musste, sonst würde er sich hinterfragen ja gar nicht bieten lassen. Wie bei all seinen skandalen, wo er immer "alles richtig" gemacht hat.

  • Es ist nicht jeder infantil und benötigt tiktok, twitter oder instagram, um die Welt zu verstehen - oder die Erklärungen des Bundeskanzlers.

    Als Rezipient würde ich mich fragen, warum ich nichts verstehe, wenn ich das ständig, wiederholt moniere.

    Braucht es den Erklärbär für die KITA-Gruppe "mündige Wähler"?

  • Ich hätte auch lieber Habeck als Kanzler gehabt. Aber warum kritisieren alle Scholz wegen seiner Kommunikation? Ist doch erfrischend, daß nicht alle Politiker auf dieselbe Art arbeiten und kommunizieren. Bisher ist Scholz doch immer gut gefahren mit seiner Methode, hat selbst die Bundestagswahl damit gewonnen. Nicht immer so zappelig, Journalisten! Warten wir doch mal ab, wer am Ende Recht gehabt hat.

  • Bei der im Kommentar erwähnten bisherigen Reduktion der Abhängigkeit von russischen Energieimporten handelt es sich lediglich um die von Erdöl, welche tatsächlich von 35 auf 12 Prozent reduziert wurden: www.tagesschau.de/...-russland-101.html

    Bei Gasimporten liegt der Anteil noch bei ca. 35 Prozent: www.tagesschau.de/...stopp-faq-101.html

  • Statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, vergibt die taz Haltungsnoten zur kurzen Kommunikation per Handy-Video. Dass Scholz das nicht kann, geschenkt.



    Wesentlich ist, dass deutsche Intellektuelle in einem Offenen Brief den Bedenkenträger Scholz loben, weil es nicht zu einem Atomkrieg kommen darf.

    www.change.org/p/o...ndeskanzler-scholz

    Besonders beeindruckend ist die Argumentation von Alexander Kluge, der als kleiner Junge die Bombardierung seiner Heimat erlebte und sein Leben lang den Ursprung des Kriegs erforschte.



    "Aus dem Krieg kann man nur lernen, wenn man ihn so schnell wie möglich beendet", urteilt Kluge im Deutschlandfunk. Er warnt vor Stimmungen, die den Kanzler vor sich hertreiben.



    "Man muss bei den Gemütskräften aufpassen im Krieg! Niemand beherrscht einen Krieg!" Dies gelte sowohl für den Westen als auch für Putin.



    "Wenn alle Seiten schwach sind, ist ein Frieden möglich", so Kluge.



    Statt differenziert über den weiteren Verlauf des Kriegs zu kommunizieren, geben User ihrer Stimmung gegen den Offenen Brief auf Twitter Zucker. Kurze, knappe Kommunikationsbites, die laut taz Habeck angeblich so gut beherrscht wie Selenski, prägen immer mehr die Kommunikation in diesem Krieg. Auch Böhmermann ließ sich zu einem kurzen, zynischen Tweet gegen den Offenen Brief hinreißen.



    Nur: merken wir nicht, dass die teuflischen Gemütskräfte vor denen Kluge so sehr warnt, uns immer mehr im Griff haben, ein allumfassender Atomkrieg immer möglicher wird, weil niemand, so Kluge, in Wahrheit den Krieg beherrscht?

    www.deutschlandfun...-aa20c4d7-100.html

    • @Lindenberg:

      Den Brief, den Kluge und andere unterschrieben haben, ist ein geradezu unterirdisches Dokument gleichermaßen moralischer wie intellektueller Dürftigkeit.



      Speziell die Ausführungen von Kluge in dem von Ihnen angeführten Interview sind stellenweise nur noch wirr, bis hin zum kompletten Stuss. Es würde hier den Rahmen sprengen, auf all das näher einzugehen. Ungewollt bestätigt aber Kluge meinen Eindruck von der notorischen Selbstbezogenheit des deutschen Pazifismus, dessen Dreh- und Angelpunkt immer nur das eigene Leiden in WK II war, der aber nie wahrhaben wollte, dass sich andere Völker nichts mehr wünschten als die militärische Befreiung durch die Alliierten.

      • @Schalamow:

        Ich habe dieses Interview gestern live im DLF gehört; es war schwer zu ertragen. Ähnlich dem Interview von Edgar Selge, ebenfalls Unterzeichner, im Tagesspiegel.

        Wenn die freiheitliche, rechtsbezogene Ordnung bestehen soll, dann braucht es mehr Churchill und weniger Chamberlain. Das ist die Lektion der Geschichte zum Umgang mit Faschisten. Und sage mir keiner in Russland herrsche kein totalitäres, faschistisches Regime.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Der Herr Scholz, der verfassungsgemäss frei von einer Mehrheit der ebenso frei gewählten Bundestagsabgeordenten mit Mehrheit gewählt, so einer erlaubt sich, über die Konsequenzen seiner Entscheidungen nachzudenken. Das ist doch mehr als nur "unerhört".

  • Habeck: "Ich habe auch nicht die Lösung im Ärmel, aber ich tue, was ich kann".



    Scholz sinngemäß: "Ich habe alles schon vorher gewusst und ich habe ALLES im Griff!"

    Das ist wie mit Ärzten:



    Meine Oma verstand den Arzt noch als Übervater: "Sie dürfen keinen Kaffee trinken!"



    Der Patient von heute bespricht mit dem Arzt als Coach, ob er vielleicht seinen Kaffeekonsum einschränken sollte.

    Scholz passt nicht mehr in diese Zeit. So einen Besserwisser und dabei handlungsunfähigen Politiker wollen wir junge nicht mehr für uns sprechen lassen.

    Lieber eine Menschen, der sich redlich bemüht und doch nicht unfehlbar ist.

    In Skandinavien würde ein Scholz-Charakter schon seit Jahrzehnten nicht mehr gewählt werden. Dort will man kluge Menschen in Regierungsverantwortung sehen und keine hohlen Phrasendrescher mit Hang zum Pathos.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Tellerwäscher:

      Ich empfehle Ihnen den Beitrag von @LOUISA gestern 22.54 Uhr weiter oben.