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Kommentar Volksbegehren EnteignungenZufall statt Sozialismus

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Eine Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen wäre zwar rechtlich möglich. Helfen würde sie allerdings nur einer Minderheit der MieterInnen.

Die Sozialisierung käme nicht gezielt denjenigen zugute, die es am nötigsten haben Foto: imago/Peter Homann

D as Experiment ist spannend. In Berlin macht eine Initiative Furore, die große Wohnungsgesellschaften sozialisieren will. Am 6. April beginnt sie mit der Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren. Erste Umfragen stellten eine Zustimmungsrate von 44 Prozent in Aussicht. Der Frust über steigende Mieten ist groß in Berlin. Verstaatlichung klingt da nicht mehr nach DDR, sondern nach Hoffnung.

Juristisch ist das Projekt kaum zu stoppen. Artikel 15 des Grundgesetzes erlaubt nicht nur die Sozialisierung ganzer Wirtschaftszweige, sondern auch von Grund und Boden, einschließlich der darauf befindlichen Immobilien.

Von dieser Option hat zwar seit 70 Jahren niemand Gebrauch gemacht, weil die Privatwirtschaft als deutlich effizienter galt. Aber das sind politische Argumente.

taz am wochenende vom 23./24. März

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Gegner der Initiative argumentieren, eine Sozialisierung sei als massiver Eingriff ins Eigentum nur möglich, wenn es keine milderen Mittel gebe. Das ist zwar richtig. Aber bei der Frage, welche milderen Mittel gleich effizient sind, hat der Staat einen weiten Beurteilungsspielraum.

Die wohl entscheidende rechtliche Hürde ist die Pflicht zur Entschädigung. Wer anderen das Eigentum entzieht, muss ihnen wenigstens den Wert ersetzen.

Ein Viertel des Einkommens für die Miete

Auch das ergibt sich aus dem Grundgesetz. Und auch deshalb war die Sozialisierung ganzer Wirtschaftszweige bisher so unattraktiv. Zwar muss nicht unbedingt der volle Marktwert als Entschädigung gezahlt werden. Die Summe kann aber auch nicht einfach so weit abgesenkt werden, dass sich eine hoch verschuldete Stadt wie Berlin das Abenteuer leisten könnte.

Die Wohnungswirtschaft rechnet mit bis zu 25 Milliarden Euro Entschädigung, die Initiative nur mit 6,7 Milliarden Euro. Am Ende würde wohl ein Gericht über die Höhe entscheiden. Schon derzeit ist Berlin mit rund 57 Milliarden Euro verschuldet.

Was aber könnte eine Vergesellschaftung überhaupt leisten? „Durch die Enteignung entsteht keine einzige zusätzliche Wohnung“, betonen die Gegner. Das stimmt. Aber eine Neubau-Welle hat die Initiative auch nicht versprochen.

Was die Initiative verspricht, sind „faire und stabile Mieten“. Das klingt durchaus attraktiv in einer Zeit, in der BerlinerInnen im Schnitt 25 Prozent ihres Einkommens in die Miete stecken müssen. In Dortmund ist es nur die Hälfte. Und fast nirgendwo steigen die Mieten so schnell wie in Berlin.

Der große Durchbruch für den Mietpreisdeckel?

Allerdings würde von den fairen und stabilen Mieten nur ein kleinerer Teil der Berliner Mieterinnen und Mieter profitieren. Vergesellschaftet würden nämlich nur Wohnungen von Unternehmen mit mindestens 3.000 Wohneinheiten. Unter den knapp zwei Millionen Berliner Wohnungen wären das etwa 200.000 bis 250.000.

Bei den übrigen Wohnungen (soweit es keine Sozial-, Genossenschafts- oder Kommunalwohnungen sind) würden die Mieten weiter steigen, vielleicht sogar noch schneller als zuvor. Denn jetzt würde ja noch weniger gebaut als bisher: Der Senat hätte kein Geld mehr und große Investoren würden Berlin nun meiden.

Außerdem ist es eine Frage des Zufalls, wer in den maximal 250.000 sozialisierten Wohnungen wohnt – und wer nicht. Die Sozialisierung käme nicht gezielt denjenigen zugute, die es am nötigsten haben. Je mehr die Schwächen der Sozialisierungsinitiative deutlich werden, umso attraktiver könnte eine Idee werden, die derzeit im rot-rot-grünen Senat diskutiert wird. Ein Mietpreisdeckel könnte die Mieten auf 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter begrenzen.

Je mehr die Schwächen der Sozialisierungsinitiative deutlich werden, umso attraktiver könnte eine Idee werden, die derzeit im rot-rot-grünen Senat diskutiert wird

Dies würde zu großflächigen Mietsenkungen führen und käme allen zugute. Die Vermieter würden weiter verdienen, nur nicht mehr so viel. Den Staat würde der Deckel gar nichts kosten, also hätte er noch Geld für Neubauten.

Vielleicht wird die Hauptwirkung der Sozialisierungsinitiative sein, dass sie dem Mietpreisdeckel zum Durchbruch verhilft.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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32 Kommentare

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  • Faire Mieten? Das sind leider Träumereien. Was der Staat privatisiert geht an die freie Wirtschaft. Und dort müssen Gewinne erwirtschaftet werden. Das weiß der Staat auch! Also nicht eindüdeln lassen sondern Staat und Kommunen zur Verantwortung ziehen!

  • Herr Rath liegt falsch, wenn er annimmt, das Gerichte die Höhe der Entschädigungen bestimmen werden. Er übersieht die Unterscheide zwischen Art 14 GG und Art 15 GG.

    Enteignungen nach Art 14 GG erfolgen durch Verwaltungsakt. Da kann viel im Rahmen der Gerichtsverhandlungen geändert werden.

    Die Entschädigung im Falle des Art 15 GG muss sich direkt aus dem Gesetz ergeben (" durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt,"). Hier entscheidet ein Gericht nicht über die jeweilige Höhe sondern über die Rechtmäßigkeit der Berechnungsmethode. Ist diese rechtswidrig, führt die zur Rechtswidrigkeit des gesamten Gesetzes. Ein Gericht wird somit keine Summen festlegen.

  • "Gegner der Initiative argumentieren, eine Sozialisierung sei als massiver Eingriff ins Eigentum nur möglich, wenn es keine milderen Mittel gebe."



    Eigentum und Enteignung sind eine Frage der Herrschaftsperspektive, Ideologie und der Deutungshoheit. Mensch kann es auch so sagen: hohe Mieten sind ein massiver Eingriff ins Eigentum der Mieter*innen. Diese zahlen einen wachsenden Mietzins an die Vermieter*innen. Wobei es bei den Mietsteigerungen und Einkommensverhältnissen so aussieht, dass viele gar kein Einkommen ansparen können. Viele müssen gar aus ihren Wohnungen raus, weil sie nicht genug Geld für die Miete haben. Oder sie müssen sich nach weiteren Einkommensquellen umschauen. Mensch bedenke dabei die Pfandflaschensammler*innen ...



    "„Durch die Enteignung entsteht keine einzige zusätzliche Wohnung“, betonen die Gegner."



    Aha. Und ohne Vergesellschaftung entstehen wieviele Wohnungen für wen?

  • Das Bewusstsein war diesbezüglich auch schon mal weiter entwickelt, wenn ich z.B. an: "Die Häuser denen, die drin Wohnen!" denke.

    Jetzt geht es nur noch darum, dass die einen für billige Mieten winseln und die anderen herumheulen, dass sie das nicht querfinanzieren wollen.

    Wenn es sich um Wohnungen handelt, die schon fast hundert Jahren von kommunalen gemeinnützigen Bauvereinen, sozialen Wohnungsbauprogrammen, Genossenschaftsmodellen und nicht zuletzt auch Gewerkschaften finanziert und gebaut wurden, so ist es durchaus im öffentlichen Interesse, diese Wohnungen zu rekommunalisieren, auch wenn sie im Zuge der Irrwege der neoliberalen Ideologie an private Immobilienkonzerne verramscht wurden. Diese Wohnungen haben den neuen Besitzern ein Vielfaches an Gewinnen beschert, da ist es nur recht und billig, per Gesetz die Bremsleine zu ziehen.

    Die Mieter in rein privat finanzierten Häusern dagegen werden wohl lernen müssen, dass im Kapitalismus alles seinen Preis hat. Mir ist es völlig unverständlich, warum zahlreiche Linke Wohnprojekte und wichtige Treffpunkte und Veranstaltungsräume nicht die gebotenen Chancen genutzt haben, Eigentümer ihrer Häuser zu werden, denn Geld war und ist genug vorhanden.

    Denn dämlichen DDR-Vergleichern sei gesagt, dass es zwischen dem dortigen volkseigenen Wohnungsmodell und dem profitgetriebenen Modell des westlichen Immobilienkonzerne noch jede Menge Nuancen gibt, auch welche, die nicht zwingend Steuergelder verschwenden oder Wohnungsneubau verhindern.

  • Schwierige Sache, das.

    Dass das aktuelle kapitalistische System auch nicht funktioniert sieht man eigentlich an allen Grossstädten. Trotz hoher Mietpreise wird nicht "wie blöd gebaut", so dass ein hohes Angebot zu einer Preissenkung führen würde, wie die Marktradikalen hier immer träumen.

    Was neues muss her. Ob es letztlich die Enteignung ist, oder ein Deckel, oder irgend eine Kombination, das sei dahingestellt. Und allen, die hier "DDR" brüllen -- kommt runter.

    Wir wollen den jetzigen Zustand nicht (naja, Deutsche Wohnen vielleicht, aber die wohnen nicht hier. Und die, die mit ihrer Rente und Ersparnisse spekulieren wollen -- sucht Euch was anderes. Speicherchips, von mir aus).

    Da kommt der Druck durch die Enteignungsdiskussion gerade richtig. Mehr davon.

  • „Das klingt durchaus attraktiv in einer Zeit, in der BerlinerInnen im Schnitt 25 Prozent ihres Einkommens in die Miete stecken müssen. In Dortmund ist es nur die Hälfte. Und fast nirgendwo steigen die Mieten so schnell wie in Berlin.“

    Möglicherweise ein kleiner Zahlendreher?

    Auch der GF des Berliner Mietervereins, Herr Reiner Wild oder bspw. die Studie der Immonet zeigen, dass in Durchschnitt die Hälfte des Einkommens wenden Berlinerinnen und Berliner für die Miete auf. Zusammen mit Hamburg haben Berlinerinnen und Berliner am wenigsten Geld zum Leben, nach Abzug der Miete im Bundesweiten Vergleich unter allen Bundesländern.

    Auch diese Tatsache müsste das Bundesverfassungsgericht bei der Bewertung des Verhältnismäßigkeit berücksichtigen, wenn die Enteignung im Bundesverfassungsgericht entschieden werden sollte.

  • „Allerdings würde von den fairen und stabilen Mieten nur ein kleinerer Teil der Berliner Mieterinnen und Mieter profitieren.“

    Es ist aber so, dass nach der Vereinbarung von Frau Lompscher alle landeseigenen Unternehmen nicht mehr als um 2% die Mieterhöhungen durchsetzen dürfen. Nach der Enteignung wird diese Grenze sicherlich eingehalten. Außerdem wird eine Enteignung wie eine Abschreckung für andere primär auf Gewinn fokussierten Immobilieneigentümer wirken. Und wir dürfen nicht vergessen, dass gerade die Deutsche Wohnen u.a. wegen der Größe und marktbeherrschender Stellung die härteste Mietpreispolitik im Immobilienmarkt Berlin führt und beachtet das Mietpreissiegel sehr oft nicht. Zudem beeinflussen die Mietpreiserhöhungen von Deutsche Wohnen das Mietpreisniveau vom Berliner Wohnungsmarkt über das Mietpreissiegel.

    Eine Wende steht uns bevor!

    • @Stefan Mustermann:

      "Außerdem wird eine Enteignung wie eine Abschreckung für andere primär auf Gewinn fokussierten Immobilieneigentümer wirken."



      Es wird auf alle Investoren abschreckend wirken, die Immobilien werden zwar genauso erworben, aber eben nicht mehr saniert. Das ist dann wie früher ... denn warum sollen private Investoren Geld dafür ausgeben, dass andere schön wohnen?

  • Das mit den Wohnunen in staatlichen Eiggentum hat ja in der DDR schon super geklappt.

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Münchner:

      in Wien klappt das wunderbar, scheint sich aber in München noch nicht rumgesprochen zu haben.

    • @Münchner:

      Hä? Sie checken aber schon, dass aktuelle Misstände im Kapitalismus und durch privatkapitalistische Akteure entstanden sind? Hat ja in der BRD super geklappt, oder was?

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Münchner:

      Nun ja, jeder hatte eine Wohnung. Die Mieten waren niedrig, die Qualität war schlecht. Wobei die Ostler, die ich kannte mit ihren Plattenbauwohnungen sehr zufrieden waren.

      Niemand hatte Sorge, dass ihm die Miete über den Kopf wächst und das Leben härter macht.

      Ich wohnte Anfang der 90er in einem besetzten Haus in Ostberlin, wir verhandelten und bekamen Verträge. Für meine 40qm-Wohnung musste ich 200 DM bezahlen.

      Aber ein Münchner wird das wohl natürgemäß anders sehen.

    • @Münchner:

      Das klingt doch mal geistreich und von maximaler Kenntnis der Materie geprägt.

    • @Münchner:

      Mal abgesehen davan, dass der Vergleich zur DDR an Haaren herbeigezogen ist, die Privatisierungen haben ja auch super funktioniert.

      Also Strom, Telekommunikation, Autobahnen, Wohnungen usw. Also "funktioniert" für die Konzerne die Milliarden Gewinne damit erzeugen, bezahlen muss der Verbraucher/Steuerzahler, der keinerlei Mehrwert dadurch hat. Oder glitzert der Strom jetzt besonders dolle?

      • @Frank Fischer:

        Bei Immobilien hat bisher nur die Privatisierung und der freie Markt funktioniert. Alle anderen Modelle führen nach kurzer Zeit in die Verottung oder eine Privilegierung einzelner. Billiger Wohnraum bei gleichzeitigem Mangel führt leider dazu , dass Bestandsmieter zu große und auch zu viele Wohnungen besetzen ... bzw keine unbenutzte Wohnung mehr abgegeben wird. Oder es wird teuer untervermietet.

        Bei wachsendem Bedarf hilft nur Bauen von Neuem und Verteuern des Bestehenden.

  • In einer solchen Wohnung in Berlin Pankow-Süd habe ich selber bis vor 6 Jahren gewohnt. Sie kostete zuletzt WARM 380€ (40qm). Heute sind es 740€. Das sind die Einkommenssteigerungen der Oligarchen!

    Die Wohnungen, die der "Deutsche Wohnen" in Berlin gehören, sind überwiegend in der Weimarer Republik von sozialistischen Stadt-Regierungen und Wohnungsbaugesellschaften errichtet und von ihren Mietern und Wählern bezahlt worden (darunter Bauhaus-Siedlungen).

    Die Privatwirtschaft leistet hier nichts außer Luxussanierungen zum Zweck der Mietsteigerung und Verdrängung. Die "Deutsche Wohnen" akzeptiert noch nicht mal das Instrument des Mietpreisspiegels, obwohl es für Mieter kaum wirksam ist, weil sie die Diktatur der Mietpreise anstrebt. Wie im Lehrbuch der Volkswirtschaft beschrieben, will sie die Hebel ihrer oligarchischen Vorherrschaft unbeschränkt anwenden.

    Diese Wohnungen haben sich seit ihrem Bau mehrmals amortisiert; nach der Wende sind manche Siedlungen mit öffentlichen Geldern instandgesetzt/modernisiert worden, die dann an die Privatwirtschaft mit verschenkt wurden. Es bestand und besteht kein externer Kapitalbedarf. Es geht um Abzocke und drohende soziale Verelendung.

  • Der Mietpreisdeckel ermutigt niemand auch nur eine Wohnung zu bauen, nicht weil der Wohnungsbauer so pöse ist, sondern weil er bei den derzeitigen Baukosten in die Miesen kommt und deshalb sein Geld lieber woanders investiert. Das gleiche gilt für energetische Modernisierung usw. Erinnern wir uns wie Berlin aussah mit Mietpreisdeckel. Niemand, auch die staatlichen WBUnternehmen nicht, sanierten irgendwas. Alles blieb auf Vorkriegsniveau grauschwarz mit Einschusslöchern und Kohleheizung.. Mietpreisdeckel heisst Leben aus der Substanz. Außerdem: Der Druck des zuzugs nimmt ja nicht ab erstmal. Das heisst, es geht dann wieder los mit Abstandszahlungen von Mieter zu Mieter. Ich hab damals irre 15.000 DM Abstand gezahlt damit der Mieter mich als Nachmieter vorschlägt.. das sieht dann auf dem Papier nach billiger Miete aus, aber Sie zahlen letztlich alles auf einmal. Nochmal: Baut Tempelhof und schafft 200.000 Wohnungen, Baut S-Bahnen und erweitert die Stadt, baut Brachflächen aus, baut Dachgeschosse, schafft Angebot mehr als Nachfrage und erhöht die Zinsen und die Mieten sinken.

  • Ein lächerlich niedriger Mietdeckel wie hier vorgeschlagen führt auch nur dazu, daß keine neuen Wohnungen gebaut werden, jedenfalls nicht von privaten Unternehmen. Gut, staatliche und quasi-staatliche Stellen haben auch und gerade in Berlin viel Erfahrung als Bauherren gesammelt und können das alles leisten, wenn man ihnen nur unbegrenzt Zeit und Budget einräumt.

    • @Wurstprofessor:

      Wenn zudem das öffentliche Geld in Entschädigungen gesteckt wird ist noch kein Euro in neue Wohnungen geflossen wo dann das Geld öffentlicherseits fehlt.

      Die Wohnungsnot ist vor allem ein Mangel an Wohnungen und ein Mangel an Arbeitsplätzen in den Herkunftsgebieten der hinzugezogenen.

      Enteignungen legen den Neubau lahm.

    • @Wurstprofessor:

      Das Experiment DDR scheint vergessen zu sein.

      • @Klartext:

        Das waren völlig andere Bedingungen, in der DDR war ja nicht nur der Wohnungsbau in staatlicher Hand, sondern die gesamte Wirtschaft. Entsprechend mussten dem Staat da auch ganz andere Kapazitäten zur Verfügung stehen. Diese aufzubauen würde vermutlich zig Jahre in Anspruch nehmen. Ob das überhaupt legal wäre ist nochmal ne ganz andere Frage,...

  • „Aber bei der Frage, welche milderen Mittel gleich effizient sind, hat der Staat einen weiten Beurteilungsspielraum.“

    Das ist ja wohl ein schlechter Witz. Die Kosten für einen Neubau pro Quadratmeter sind erheblich niedriger als die Kosten für einen gekauften Quadratmeter in einem bestehenden Bau. Zeitgleich verfügt die Stadt Berlin über eine ganze Reihe abrissreifer Bauten, die mit Sicherheit niemand mehr bewohnen darf. Da muss man doch nur 1+1 zusammenzählen.

    „in der BerlinerInnen im Schnitt 25 Prozent ihres Einkommens in die Miete stecken müssen“

    Das müssen Singles selbst in günstigen Großstadt tun und zwar seit Dekan. Darum gab es aber bisher nie ein solche Jammer-Tirade.

    „Dies würde zu großflächigen Mietsenkungen führen und käme allen zugute. Die Vermieter würden weiter verdienen, nur nicht mehr so viel.“

    Wo haben Sie den rechnen gelernt? Bei 6 oder 7 Euro verdient nur wem die Bude wirklich gehört. Die meisten Buden gehören rechtlich gesehen aber nicht den sogenannten Eigentümern, sondern irgendwelchen Banken. Wenn man jetzt eine Immobilie in einem passablen Stadtteil von Berlin mit 10% Eigenkapital kauft dann muss man schon 15€+ pro Quadratmeter nehmen, damit man daran nicht zugrunde geht.

    • @Januß:

      Berliner verdienen aber auch im Schnitt 25% mehr als in Brandenburg.

  • In Mecklenburg-Vorpommern vedient man im Durchschnitt 32.000 Euro. Im nahen Hamburg sind es 46.000 Euro. Also 14.000 Euro mehr. Dafür hat Mecklenburg-Vorpommern ne menge leer stehende Wohnungen.

    Was würde eine Mitpreisbremse bringen? Die Hamburger hätten noch mehr Geld zur Verfügung und die Meck-Pomms würden weiterhin und vermehrt nach Hamburg wechseln. Denn in Meck-Pomm gäbe es auch weiterhin zu wenig Arbeitsplätze.

    Währenddessen: Hamburg macht Kleingartengebiete und Grünflächen platt für neue Wohnungen. Billiger Wohnraum ist gefragt und jeder will ihn haben bei den Superlöhnen in Hamburg.

    • @Rudolf Fissner:

      "n Mecklenburg-Vorpommern vedient man im Durchschnitt 32.000 Euro. "

      Dafür gibt es in Meck-Pomm den umgekehrten Gender-Pay-Gap, die Frauen verdienen im Mittel mehr als die Männer, ist also noch besser als Rumänien (das ja im europäischen Vergleich die ausgeglichensten Löhne im Gendervergleich hat).

      Verstehe gar nicht, warum der Osten nicht als das feministische Schlaraffenland gesehen wir, dass es ist ...

      • @TazTiz:

        ???

  • Grundsätzlich bin ich für Enteignung, oft entstehen unnötige Kosten, Projekte verzögern sich um Jahre, nur weil sich ein einziger Eigentümer quer stellt. RWE kennt keine solchen Skrupel. Wo Kohle ist, wird gebaggert. Das Unternehmen lässt mit staatlicher Gewalt räumen.

    Anders ist es hier. Solange Wohnungen nicht aus Spekulationsgründen jahrelang leer stehen oder sogar, weil vielleicht denkmalgeschützt bewusst dem Verfall preisgegeben werden, hat der Staat hier nichts zu suchen. Allein der Gedanke, die Stadt könnte sich mit teurer Entschädigung Wohnungen aneignen, die dann mit Verlust vermietet werden, ist einfach unerträglich. Wenn der Staat Wohnung will, dann soll er sie selber bauen. Denn so wird das Angebot vergrößert und nicht nur verlagert. Stattdessen müssen Vereine für Miet-Eigentum gestärkt werden. Privatinitiativen aus der Hausbesetzer-Szene haben juristisch wasserdichte Modelle entwickelt, wie Objekte angekauft werden und an Mitglieder des Vereins vermietet werden. Darin eingeschlossen ist direkt eine Hausverwaltung und ein Handwerker-Service auch für größere Reparaturen und Umbauten. Neben diesen Vereinen hilft ein Blick nach Wien. Dort gibt es schon viel, was in Berlin erst geschaffen werden müsste.

  • Und wie funktioniert rechtlich ein Mietpreisdeckel? Die insbesondere bei Bestandsverträgen? Entstehen durch den Anreiz neue Wohnungen?

  • 9G
    93779 (Profil gelöscht)

    Eine klare Erkenntnis:

    Mein mühsam als Lehrer verdientes Geld werde ich nun auf jeden Fall nicht in den Wohnungsbau bzw. in Wohnungsbaugesellschaften oder -fonds stecken, wenn Enteignung droht.

    Was wollt Ihr? Die DDR zurück?

  • Eine weitere Problematik könnte bei einem erfolgreichen Volksbegehren noch hinzu kommen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, mit Steuermitteln oder Krediten einigen wenigen Mietern zu helfen und den Rest - zumindest mittelbar durch Schuldentilgung aus Steuereinnahmen - zu belasten. Wenn, dann ist es staatliche Aufgabe, sozialen Wohnungsraum zu schaffen. Sollten die Wohnungen also erfolgreich enteignet werden, so müsste Berlin diese sofort in Sozialwohnungen umwidmen und alle Mieter, die die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllen, aus dem Mietvertrag klagen. Dies wäre rechtlich möglich, vor allen, da es meines Wissens nach in Berlin keine Fehlbelegungsabgabe mehr gibt. Ob das dann noch den Zielen der Entwignungsbefürworter entspricht, lasse ich mal dahingestellt.

  • Statt Enteignung nun ein Mietpreisdeckel? Klingt ähnlich unrealsitisch und würde gleichermaßen den Neubau von Wohnungen be- und verhindern. Das Problem bleibt der Zuzug nach Berlin und nicht die Vermarktung des nicht wachsenden Wohnbestandes.

  • "Ein Mietpreisdeckel könnte die Mieten auf 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter begrenzen.



    Dies würde zu großflächigen Mietsenkungen führen und käme allen zugute."

    Rechtlich sehe ich keine Chance auf "großflächige Mietsenkungen". Abgesehen davon - es geht wohl auch nicht darum, dass die Maßnahmen "allen zugutekommen", sondern denen, die es nötig haben. Und da ist langfristig die Vergesellschaftung der Bestände der bessere Weg.