Volksbegehren Deutsche Wohnen: Der Enteignungs-Code

Die Macher des Enteignungsvolksbegehrens rechnen mit Entschädigungskosten von 7,3 Milliarden Euro – Gegner hingegen kommen auf über 25 Milliarden.

Die Deutsche Wohnen ist Hauptadressat des Enteignungs-Volksbegehrens Foto: dpa

Die Formel, die die Enteignung großer Wohnungsunternehmen günstig rechnet, ist weit sperriger als das weithin bekannte E =­ mc² aus Einsteins Relativitätstheorie: „R – 1/30 x 20 % x S = 80 % x S x ANF“. Für die Macher des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ ist sie dennoch ähnlich bedeutsam. Sie soll die Basis dafür sein, dass für eine erzwungene Übernahme von rund 220.000 Wohnungen weit weniger als die von der Branche veranschlagten 25 Milliarden Euro an Entschädigung fällig wären: Kaum mehr als ein Viertel davon, 7,3 Milliarden, soll es stattdessen sein.

Am Dienstag stellten Rouzbeh Taheri und Sebastian Schneider am Kottbusser Tor Journalisten die Berechnungen der Volksbegehren-Initiative vor. Laut Website sprechen sie für „einige Leute vom Mietenvolksentscheid, Kotti & Co, weitere Mieterinitiativen, Mieter*innen der Deutschen Wohnen, die Interventionistische Linke, Mitglieder von verschiedenen Parteien und andere“.

Grundlage der Berechnungen ist, sich nicht am sogenannten Verkehrswert zu orientieren. Das ist der Preis, der sich bei einem freien Verkauf erzielen lässt. Das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass dieser Wert bei Enteignungen nicht bezahlt werden müsse, sagte Schneider. Die Berechnung der Initiative geht von künftig niedrigeren Mieten in den zu enteignenden Wohnungen aus – sprich von einem Quadratmeterpreis von 3,81 Euro – und errechnen daraus drei Modelle, welche die Kosten auf 7,3 bis 12 Milliarden beziffern. Das 7,3-Milliarden-Modell sei das favorisierte.

Aus Sicht der Initiative müsste das Land davon nur 20 Prozent aus dem Haushalt zahlen, also 1,5 Milliarden. Die restlichen 6 Milliarden sollen über Kredite zu finanzieren sein, die sich trotz niedriger Miete über dreißig Jahre abzahlen ließen.

Die 7,3 Milliarden sind der zweite Eckwert in der Diskussion über das Volksbegehren. Im Januar schon sprach die Chefin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), Maren Kern, von 25 Milliarden. „Das ist noch eine konservative Schätzung“, ergänzte am Dienstag gegenüber der taz BBU-Sprecher David Eberhart. „Luftschlösser“, sagte er zur Spannbreite von 7,3 bis 12 Milliarden. In den nächsten Tagen will auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihre Kostenschätzung für das Volksbegehren vorlegen.

Der Verkehrswert müsse bei Enteignungen nicht bezahlt werden

Die Deutsche Wohnen – die mit rund 115.000 Wohnungen in Berlin Hauptbetroffene von Enteignung wäre – verwies nach taz-Anfrage auf ihren Geschäftsbericht und den dort ausgewiesenen Wert von 20 Milliarden Euro. Laut Eberhart lasten zudem allein auf den Wohnungen der Deutsche Wohnen 8 Milliarden Schulden.

Neben der Deutschen Wohnen haben nach Angaben der Initiative sieben bis neun weitere Unternehme mehr als jene 3.000 Wohnungen in Berlin, die die Grenze für eine Enteignung bilden sollen. Zweit- und drittgrößter Vermieter sind laut Zahlen der Initiative die Vonovia mit 44.000 und ADO mit 22.000 Wohnungen.

Die Senatsverwaltung für Finanzen mochte Berechnungen und die Günstigformel gegenüber der taz am Dienstag nicht kommentieren: Belastbare Aussagen zu dem favorisierten Modell der Initiative seien erst nach Kenntnis der Methodik möglich. In einem Punkt aber legte sie sich fest: „Grundsätzlich sollte sich die Berechnung am Verkehrswert orientieren.“

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