Kommentar Räumung Hambacher Forst: Mit allen Tricks für RWE
Brandgefahr nach Regen? Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen macht sich zum Erfüllungsgehilfen eines Unternehmens.
E inen Polizeieinsatz wie jetzt im Hambacher Forst grundsätzlich zu verurteilen, wäre falsch. Wenn man auf der einen Seite – etwa in Chemnitz – verlangt, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegen muss und er dieses zur Durchsetzung des Rechts konsequent nutzen muss, kann man das auf der anderen Seite – im Rheinland – nicht komplett falsch finden. Dennoch gibt es am Vorgehen der Behörden im konkreten Fall viel zu kritisieren.
Zum einen kann man schon die Frage stellen, ob der Staat die Prioritäten richtig setzt, wenn bei Naziaufmärschen nicht genug Beamte verfügbar sind, um Straftaten zu verhindern, während zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen eines Privatunternehmens problemlos viele Hundertschaften mit schwerem Gerät zusammengezogen werden.
Zum anderen sollte in einem Einsatz, der mit der Durchsetzung geltenden Rechts begründet wird, dieses Recht auch ernst genommen werden. Doch genau das tut die nordrhein-westfälische Landesregierung nicht. Sie setzt alle Fristen und Widerspruchsmöglichkeiten außer Kraft, indem sie behauptet, dass in den Baumhäusern eine akute Brandgefahr herrsche.
Dass diese Gefahr nach sechs Jahren plötzlich entdeckt wird, und zwar nicht etwa während der wochenlangen Dürreperiode, sondern nach heftigem Regen, macht die Absurdität dieses Arguments für jeden offensichtlich.
Diese Trickserei passt zum bisherigen Vorgehen der Landesregierung. Während es aus der Bundesregierung zumindest einzelne Versuche gab, durch Verhandlungen einen Aufschub der umstrittenen Rodungen zu erreichen, agiert Schwarz-Gelb in Düsseldorf offen als verlängerter Arm von RWE.
Statt zu deeskalieren, setzte die Regierung von Armin Laschet eher darauf, den Konflikt weiter anzuheizen, etwa indem mit Warnungen vor massenhaft anreisenden Linksextremisten Stimmung gegen die Waldbesetzer geschürt wurde. Einen Gefallen dürfte Laschet damit am Ende weder seiner Regierung noch dem Unternehmen tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee