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Kommentar EU-Reaktion auf GiftanschlagPutin strafen, Erdoğan schmieren

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Zynischer hätte die EU auf den Fall Skripal nicht reagieren können. Die Ausweisung russischer Diplomaten ist ein Tiefpunkt der gemeinsamen EU-Außenpolitik.

Es wird leer in den russischen Botschaften in Europa Foto: dpa

D ass die EU auf den mutmaßlichen Giftgas-Angriff von Salisbury mit weiteren Sanktionen gegen Russland reagiert, ist keine Überraschung. Ratspräsident Donald Tusk hatte die Strafmaßnahme bereits beim EU-Gipfel am vergangenen Freitag in Brüssel angekündigt. Nur das Ausmaß der konzertierten Aktion – 14 EU-Länder haben mehr als 30 russische Diplomaten ausgewiesen – stand noch nicht fest.

Überraschend ist allerdings die Art und Weise, mit der die EU ihre Solidarität mit Großbritannien bekundet. Da ist zum einen das Timing: Wieso kommen die Sanktionen ausgerechnet jetzt und nicht erst in ein paar Tagen oder Wochen, wenn die russische Komplizenschaft zweifelsfrei erwiesen ist? Neue Beweise wurden seit Freitag nicht vorgelegt, an der Sachlage hat sich nichts geändert.

Die unabhängigen Prüfer von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen dürften erst Mitte April ihre Prüfung abschließen. Da sich im Fall Skripal keine neue Entwicklung abzeichnet, hätte die EU zumindest bis zu diesem Zeitpunkt warten können, ja, müssen. Denn so setzt sie sich dem Verdacht aus, unbesonnen oder aufgrund dubioser britischer Geheimdienst-Erkenntnisse zu handeln.

Noch fragwürdiger sind die Umstände, unter denen die Aktion gegen Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin bekannt gegeben wurde. Tusk wählte ausgerechnet den Ort seines Treffens mit Recep Tayyip Erdoğan im bulgarischen Warna. Ein Gipfel mit dem türkischen Präsidenten als Bühne für Sanktionen gegen Putin! Das ist so bizarr, das hätte sich nicht einmal Jan Böhmermann ausdenken können.

Wo sind die Sanktionen gegen die Türkei?

Denn Erdoğan ist keinen Deut besser als Putin, ganz im Gegenteil. Der türkische Sultan attackiert die EU, indem er Kriegsschiffe in die Seegewässer vor Zypern schickt, um Gasbohrungen zu verhindern. Er hintertreibt die europäische Außen- und Sicherheitspolitik, indem er seine Truppen in Afrin einmarschieren lässt. Und er droht Griechenland mit „Korrekturen“ an der gemeinsamen Grenze.

Auf dem EU-Gipfel am Freitag wurde Erdoğan dafür mit scharfen Worten verurteilt. Deshalb wäre es nur konsequent gewesen, auch Sanktionen gegen die Türkei zu verhängen. Stattdessen will Tusk nun erneut drei Milliarden Euro für den schmutzigen Flüchtlingspakt freigeben. Putin strafen und Erdoğan schmieren, das ist die neue Politik der EU. Zynischer geht es kaum noch.

Der EU-Doppelbeschluss dürfte als Tiefpunkt in die Geschichte der gemeinsamen Außenpolitik eingehen. Von Warna geht die verheerende Botschaft aus, dass sich Verbündete (wie die Türkei) alles erlauben dürfen, während vermeintliche oder echte Feinde (wie Russland) auch ohne Beweise bestraft werden dürfen. Hat Tusk eigentlich schon einmal davon gehört, dass die Türkei und Russland außenpolitisch eng zusammenarbeiten?

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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46 Kommentare

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  • Der EU-Talentmän hat wieder zugeschlagen - weil er es kann.

     

    Mir fällt jetzt so auf Anhieb überhaupt kein einziges Land ein, das nicht irgendwie und irgendwo Dreck am Stecken hätte. Nach der Logik des EU-Ratspräsidenten müsste die EU jetzt dehalb eigentlich den gesamten diplomatischen Betrieb sofort einstellen. Mehr „Solidarität“ geht doch gar nicht in Europäisch-Absurdistan.

    Ist jetzt wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Diplomatie lediglich als lästiges Gedöns angesehen wird.

    • @Rainer B.:

      "Ist jetzt wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Diplomatie lediglich als lästiges Gedöns angesehen wird."

      Das hätte den einzigen Vorteil, dass man den Mann im Kommunionsanzug nach Hause schicken könnte.

      • @Rolf B.:

        Sie hartnäckiger Optimist nun wieder.

  • 1.)

    Obwohl ich auf Ihren unsinn nicht mehr eingehen wollte, erinnere ich daran, dass die EU eine eigenständige Militärgemeinschaft am 13.11. 2017 namens PESCO ins Leben rief, die sich, wie die NATO, selbstredend als Verteidigungsgemeinschaft bezeichnet. Diese Militarisierung der EU, die schon längere Zeit von Deutschland gefordert wurde, ist durch die Briten bisher verhindert worden, weil die Briten keine Militärgemeinschaft unter deutscher Dominanz wollten. Mit dem Brexit hat sich das erledigt, von der Leyen hat dann auch blitzschnell nachgezogen.

    2.)

    Selbst ernannte Demokraten glauben immer im Recht zu sein. Auch wenn sie völkerrechtswidrige Kriege führen. Selbst ernannte Demokraten brauchen immer einen Vorwand, um Krieg zu führen. Eines der Mittel ist die Dämonisierung.

    Selbst ernannte Demokraten, die stets glauben, im Recht zu sein und Kriege führen zu können, sind eben nur selbst ernannte Demokraten. Mehr nicht.

     

    Ich, als ebenfalls slbst ernannter Demokrat, hasse keine Völker, will sie weder durch Kriege noch durch Sanktionen bestrafen. Ich, als ebenfalls slbst ernannter Demokrat, will weder dämonisieren, noch hetzen und bete auch keine Staaten oder Staatengemeinschaften an, die sich in erster Linie dem Wohl des Kapitals verpflichtet fühlen.

     

    Ich bezweifle nicht, DHIMITRY, dass Sie ein Demokrat sind und deshalb denken, dass das Ihnen das Recht gibt, die Welt in gut und böse einzuteilen. Wenn Ihnen das reicht. Bitteschön, Sie Demokrat.

    • @Rolf B.:

      An DIMITHRY

  • "Und jetzt kommts: Einige Ideologieanhängige mögen das nicht wahrhaben wollen, aber die EU ist auch "nur" eine von diesen imperialen Mächten und tut das, was es tun muss für ihre gewaltätige Geltung in der Welt. Für die moralisch richtige Partei hält sich übrigens jede Seite."

     

    Ich möchte die obige Aussage von CARL RADEK (heute 00:29) ergänzen:

     

    Es müsste eigentlich eine Binsenweisheit sein, dass imperiale Mächte wie die EU, USA, Russland, China etc. logischerweise ihre geostrategischen Ansprüche stets aus der selbstgefälligen Gewissheit ableiten, jeweils ein besonders Guter zu sein. Wer sich diesem Anspruch anschließt, ob Menschen in den USA oder Menschen in einem Land der EU, bejaht das Prinzip des imperialen Geltungsanspruches. Wenn z.B. der Obergrüne Habeck am 26.3. 2018 unter dem Vorwand einer Verdächtigung die Verschärfung des Kalten Krieges gutheißt und sie somit als Politiker mit verantwortet, dann ist er mitten drin in der Vereinigung imperialer, aggressiver Kräfte. Und die einzige Rechtfertigung ist: Wir sind die Guten. Die anderen sind böse. Das ist imperiale Inquisition. Es wird so lange dämonisiert (im Mittelalter gefoltert), bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist (heute durch Provokation).

     

    Menschen wie Habeck u.a. GLAUBEN wirklich, dass sie die Guten sind, WEIL sie sich opportunistisch auf die RICHTIGE Seite stellen. Und Außenseiter lassen sich im Verbund mit allen Guten leicht denunzieren.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      "Einige Ideologieanhängige mögen das nicht wahrhaben wollen, aber die EU ist auch "nur" eine von diesen imperialen Mächten und tut das, was es tun muss für ihre gewaltätige Geltung in der Welt."

       

      Damit wäre die EU das erste Imperium ohne eigene Armee. Und das Erste, dass sich völlig ohne militärische Mittel ausbreitet. Chapeu, Europa! :D

       

      "Menschen wie Habeck u.a. GLAUBEN wirklich, dass sie die Guten sind, WEIL sie sich opportunistisch auf die RICHTIGE Seite stellen."

       

      Natürlich glauben Demokraten, dass sie auf der moralisch richtigen Seite stehen, wenn auf der anderen Seiten autoritäre Regime stehen. Der Schutz von Menschen- und Bürgerrechten ist in Europa nunmal ausgeprägter, als in Russland, China, Iran, Syrien usw.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Siehe meine Antwort oben um 16:42.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Die Frage wäre ja hier eher, ob man zu den Guten gehört, wenn man die Türkei mit deutschen Waffen Kurden ermorden lässt. Ob diese Entscheidung demokratisch herbeigeführt wurde, ist dabei wohl eher zu vernachlässigen.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        "Damit wäre die EU das erste Imperium ohne eigene Armee. Und das Erste, dass sich völlig ohne militärische Mittel ausbreitet."

         

        Die einzelnen Bundesstaaten haben ja Armeen. War in D auch schon mal so. Und so ganz ohne Bomben geht die Ausdehnung auch nicht von statten.

         

        Allerdings stimmt es, dass Eroberung selten ist.

  • Ist doch alles nachvollziehbar.

     

    Die BRD interessiert sich einen Dreck für gemeinsame Außenpolitik der EU. Das wird in anderen Staaten nicht anders sein. Deutsche Firmen haben einen hohen Anteil an Aufträgen aus der Türkei, die zwar in kurdischen Gebieten zum Teil liegen, aber die haben nix zu melden. Die ökonomische Macht dürfte sich eher bei Erdogans AKP bündeln.

     

    Mit dem Beschluß kann die BRD weiterhin gut Handel also mit der Türkei betreiben, es beruhigt die osteuropäischen Staaten, in denen man ansonsten Exporteinbußen befürchten müsste, wenn man Polen oder Ungarn mit so exportschädigenden Sachen wie Menschenrechte käme und ausgewiesene Diplomaten sind für die BRD noch lange kein Grund, irgendwie hintenrum mit Rußland hintenrum weiterhin gute Geschäfte zu machen. Sogar noch besser. GB ist dadurch faktisch als Konkurrent in Rußland ausgeschaltet wie auch manch andere EU-Staaten, die keinen Schröder in Putins Arsch noch nebenher sitzen haben.

    • @Age Krüger:

      Quatsch - die deutsche Industrie hat doch geheult wie ein Schlosshund als man wegen der Krim die Sanktionen beschlossen hat.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Ja und?

         

        Was hat das damit zu tun, wenn die BRD dennoch weiter Geschäfte mit Russland machen kann? Heulen gehört zum Geschäft, sonst sind die Ungarn, die Polen und die Balten sauer und kaufen nix mehr. Habe ich doch oben geschrieben, dass die Geschäfte dann eben durch den Hinterausgang von Herrn Schröder & Co. gemacht werden.

        • @Age Krüger:

          Sie scheinen nicht zu wissen, was dieses "heulen" bedeutet hat, wenn Sie es nonchalant als "Heulen gehört zum Geschäft" bezeichnen. Es bedeutet Umsatzverlust, Geschäftseinbrüche, Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit. Am Hinterausgang von einem Menschen kann man das schwer ablesen.

          • @Rudolf Fissner:

            Ja. und ich sage die ganze Zeit, dass das eben nicht eintritt.

             

            Es werden weiterhin Geschäfte mit Russland gemacht über andere Kanäle natürlich. Nur tut die deutsche Regierung und die deutsche Exportwirtschaft so, als gäbe es tatsächlich einen Boykott. Wenn ich mit Russland Geschäfte machen will, dann investiere ich natürlich so, dass die Niederlassung direkt in Russland oder einem Land liegt, was sich dem Boykott nicht anschließt.

  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Aus der österreichischen Zeitung STANDARD:

     

    "Die Aggressionen haben in den vergangenen Wochen noch zugenommen. Türkische Kriegsschiffe drohten im Februar ein Bohrschiff des italienischen Mineralölkonzerns Eni vor Zypern zu versenken. Ein türkisches Patrouillenboot rammte mit voller Wucht ein Schiff der griechischen Küstenwache vor Imia, zweier unbewohnter Inselfelsen vor Bodrum. Ein anderes türkisches Schnellboot feuerte mit scharfer Munition vor der Insel Farmakonisi im Dodekanes. 21 Flüge türkischer Kampfjets im griechischen Luftraum, manche mitten über der Ägäis, zählte Athen am vergangenen Donnerstag. 56 waren es allein am 6. März."

    https://derstandard.at/2000076769488/Erdogan-nimmt-die-Griechen-ins-Visier

     

    Vielleicht wäre der Düktütür ja gegen eine Extra-Milliarde bereit, die Anzahl der Provokationen zu halbieren?

    • @64662 (Profil gelöscht):

      Wäre interessant, wie der Herr darauf reagiert, wenn die Griechen mal eines seiner Flugzeuge abschießen, so wie des Herrn Erdogans Luftabwehr 2015 ein russisches Flugzeug (übrigens je nach Aussage nicht mal im türkischen, sondern im syrischem Lufraum) abgeschossen haben....

      • 6G
        64662 (Profil gelöscht)
        @Da Hias:

        Ui ui uiii, ich glaube, dann würde es noch teurer werden, ihn wieder halbwegs zu besänftigen!

  • *und Erdogan bring politische Gegner in Deutschland um.

     

    sowohl die Taz, wie auch andere Zeitungen haben darüber berichtet das in Deutschland gezielt kurdische Aktivisten, so wie politische Gegener Erdogans höchstwahrscheinlich vom türkischen Geheimdienst unter dem Dachverband Dibib ausspioniert und anschließend umgebracht wurden. Es gab dazu wohl auch Zeugenausausagen von türkischen Überläufern.

    Aber eine Reaktion von Deutscher Seite oder ein stärkeres Überwachen des Dachverbandes ist anscheinend nicht geschehn.

    • @Arianus:

      Natürlich nicht.

       

      Jegliche Andeutung, dass man die DITIB vielleicht etwas genauer unter die Lupe nimmt wird doch sofort diskreditiert.

       

      Erdogan spielt sofort auf der Nazi/Diskriminierungs-Orgel und wir haben einfach zuviel in Deutschland die da noch mitspielen.

      Mal ganz abgesehen davon, dass die AFD die Meinung vertritt - da wird aus Prinzip dann schon dagegen gesprochen - vollkommen egal was für ein Schwachsinn rauskommt. Hauptsache es kann keiner sagen, dass auch die Deppen der AFD mal recht haben können.

  • 8G
    81236 (Profil gelöscht)

    Wir haben es halt mit verschiedenen imperialistischen Mächten zu tun, die um das besondere Gelingen ihrer Nationen wider das der anderen wettstreiten.

    Und jetzt kommts: Einige Ideologieanhängige mögen das nicht wahrhaben wollen, aber die EU ist auch "nur" eine von diesen imperialen Mächten und tut das, was es tun muss für ihre gewaltätige Geltung in der Welt. Für die moralisch richtige Partei hält sich übrigens jede Seite.

  • Die Lage ist trostlos. Beim Gipfeltreffen EU/Türkei sprach Tusk seine Sorge gegenüber Erdogan aus wegen der türkischen Blockade der Erdölbohrungen vor Zypern, Juncker forderte eine "bessere Regulierung" des Kampfes der türkischen Schlächter in und um Afrim (SPON 26.3.2018). Das alles ummantelt mit "Sorge" um die Demokratie bla bla bla.

    Dafür umso unerbittlicher die Vertiefung des Kalten Krieges gegen Russland mit fadenscheinigen Pseudoargumenten unter gnadenlosem Verzicht auf Fakten.

     

    Was setzt sich da für ein Pack durch in dieser EU? Und die bekommen großen Beifall von den Olivgrünen, der CDU und Teilen der SPD. Hätte ich auch nicht gedacht, dass eines Tages FDP und Linke die einzigen Parteien im Bundestag sind, die von der derzeitigen aggressiven Außenpolitik nichts halten. Selbst der Gutmichel ist auf der Seite der Kalten Krieger.

     

    Seitdem das Denken den transatlantischen Lobbyorganisationen oder den ThinkTanks für Marktradikalismus und Militarisierung überlassen wird, haben wir genau die Politiker*innen, die wir verdienen.

  • Der Auslöser für den 1. Weltkrieg war wenigsten noch der Tod eines Thronfolgers. Inzwischen reicht möglicherweise schon ein Doppelagent, um das begehrte Ziel zu erreichen.

  • Ethnische Säuberungen mit deutschen Waffen

     

    Zitat: „Der EU-Doppelbeschluss dürfte als Tiefpunkt in die Geschichte der gemeinsamen Außenpolitik eingehen.“

     

    Für wahr, dem ist wohl nicht zu widersprechen. Die Sanktionen gegen Rußland stützen sich auf Mutmaßungen, während der NATO-Partner Türkei ganz real und ungestraft in Nord-Syrien mit deutschen Waffen ethnische Vertreibungen großen Stils gegen die religiöse Minderheit der Eziden im Kanton Afrin betreibt. Seit dem Vordringen von Erdogans Armee und ihrer islamistischen Verbündeten wird das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet von 20 ezidischen Dörfern in Syrien systematisch geplündert und zerstört, die Bewohner vertrieben, ihre Denkmäler geschleift. Die Zerstörung der kurdischen Statue des Schmiedes Kawa im Zentrum von Afrin ist eine bewußte kulturelle Demütigung. Nach der Türkei soll nun auch Syrien Eziden-frei werden.

     

    Man fragt sich, wo hier die R2P-Logik der Internationalen Gemeinschaft bleibt. Hier wäre sie tatsächlich angebracht und nicht bloße Camouflage-Ausrede für die große Keule wie gegen Serbien und Libyen.

  • Es geht wohl einfach nur darum Fakten zu schaffen, bevor das offizielle UNO-Ergebnis raus kommt.

  • Dass ich das erleben darf. Ein ausgewogener Beitrag zum Thema EU-Außenpolitik.

  • 3G
    38071 (Profil gelöscht)

    echte Feinde (wie Russland)

     

    wessen Feind ist denn Russland?

    • @38071 (Profil gelöscht):

      Die Nachrichten der letzten Jahre verschlafen?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Können Sie da ein paar Quellen angeben? Aber bitte keine in denen andauernd "höchstwahrscheinlich", "vermutlich" "nicht anders zu erklären" oder dergleichen vorkommt?

        • @Frank Fischer:

          Die NATO hat z.B. Russland faktisch zum Feind erklärt. Oder haben Sie die letzten Erklärungen überlesen?

    • @38071 (Profil gelöscht):

      ... von kritischen Menschen?

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Einfach nachlesen bei Kant:

    Zum ewigen Frieden-

    Präliminarartikel 5:

    Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staates

    gewalttätig einmischen.(Afghanistan,

    Vietnam, Irak, Syrien, Türkei)

    Präliminarartikel 6:

    Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem anderen solche Feindseligkeiten erlauben, welche das

    wechselseitige Zutrauen im künftigen

    Frieden unmöglich machen müssen: als da sind, Anstellung der Meuchelmörder, Giftmischer, Brechung der Kapitulation Anstiftung des Verrats im bekriegten Staat usw.

     

    Alles schon vor 200 Jahren gedacht,

    aber hochaktuell

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Zumindest waren die Russen formaljuristisch in Afghanistan und in Syrien korrekt da, weil sie von der dortigen Regierung/Regime/whatever um Hilfe gebeten = völkerrechtlich formal korrekt eingeladen wurden. Bei welchen Kriegen der Russen und der NATO oder der USA + ggf. Koalition der Willigen das nicht der Fall war, ist interessant.

  • Herr Bonse, Sie verstehen das einfach nicht. Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um Interessen. Oder haben Sie schon mal was von einem Flüchtlingspakt mit Russland gehört?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Vielleicht versteht Herr Bonse doch. Wo steht denn geschrieben, dass Interessen und Gerechtigkeit sich zwangsläufig ausschließen müssen? Ein neugieriger Sozialromantiker wünscht sich jedenfalls eine Vereinbarkeit.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Was er nicht versteht: Er geht davon aus, dass....

        Eigeninteresse geht in der gegenwärtigen deutschen Politik vor Gerechtigkeit und Menschlichkeit, ist im übrigen meine Feststellung, nicht meine persönliche Meinung.

    • @lions:

      "Staaten haben keine Freunde, Staaten haben Interessen". Wenn wer das so meint, sollte wer das auch so sagen.

      • @Mustardman:

        Wenn der Laden laufen soll, muss der Schein gewahrt bleiben.

  • Gut auf den Punkt gebracht Herr Bonse.

  • Das Problem ist einfach, dass die europäischen Staaten praktisch überhaupt keine politischen Gestaltungsmöglichkeiten mehr haben. Nach Jahrzehnten von Kleinsten Übeln und "Hauptsache es geht erstmal irgendwie weiter"-Politik ist Europa völlig in die Ecke gedrängt und verstrickt in Abhängigkeiten. Daher auch die Freude über jeden "Angriff" von außen, denn dann kann man irgendwie Geschlossenheit demonstrieren, wenn auch vergeblich.

     

    Es bräuchte Politiker, die das europäische Projekt der Aufklärung wirklich aufnehmen und mutig progressive Politik machen, aber wo sollen die her kommen?

     

    Das definierende Merkmal Europas im 21. Jahrhundert ist Feigheit. Da weist man lieber Diplomaten aus als das Geld der russischen Oligarchen ab, aber so sagen will man das auch nicht. Das ist feige. Man gewinnt Gestaltungsmöglichkeiten nur, indem man tut, was nötig ist, auch wenn es weh tut.

  • "Er hintertreibt die europäische Außen- und Sicherheitspolitik, indem er seine Truppen in Afrin einmarschieren lässt."

     

    Öhm, habe ich da etwas verpasst ? Wie genau sieht diese europäische Außen- und Sicherheitspolitik bzgl. der Kurden denn aus ?

    • @jhwh:

      Bisl mehr Fantasie! Frei nach dem Motto: Wer nichts macht, macht auch was oder keine Antwort ist......

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Noch Fragen zur EU-Verdrossnheit?

    Fast überall werden die Rüstungsausgaben erhöht.

    Schliesslich muss man ja für Absatz sorgen und die Ängste hochkochen.

     

    Das ist verbrecherisch!

  • Der transatlantische Machtblock hat sich offenbar unlösbar an den sunnitischen Block (Ölscheichs + Erdogan) gekettet. Die Nibelungentreue der Saudis zum Petrodollar dürfte da den Ausschlag geben. Geopolitische Sparringspartner muss man daher woanders duchen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was lernen wir daraus? Es ist nicht entscheidend, welche Handlung Sanktionen nach sich zieht, sondern, wer der Urheber einer Handlung ist.

     

    Dass es bislang im vorliegenden Fall einen BEWEIS für eine russische Urheberschaft gäbe, habe ich bislang nicht lesen können.