Sanktionen wegen Skripal-Giftanschlag: Russland weist 60 US-Diplomaten aus

Nachdem westliche Länder über 150 russische Gesandte ausgewiesen haben, zwingt Russland nun US-Diplomaten zur sofortigen Ausreise.

Polizisten stehen vor dem Haus des Ex-Doppelagenten Skripal

Nach Angabend er britischen Polizei wurde die höchste Konzentration des Nervengifts an Skripals gefunden Foto: dpa

LONDON/MOSKAU/WASHINGTON ap | Moskau holt im Konflikt um den Giftanschlag auf den Ex-Agent Sergej Skripal zum Gegenschlag gegen den Westen aus. Russland kündigte am Donnerstag die Ausweisung Dutzender Diplomaten an, allein 60 amerikanische Gesandte müssen das Land binnen einer Woche verlassen. Das Außenministerium in Moskau übte damit laut Ressortchef Sergej Lawrow Vergeltung für Ausweisungen zahlreicher russischer Diplomaten aus westlichen Ländern. Die USA sprachen in einer Reaktion von einer weiteren Verschlechterung in den amerikanisch-russischen Beziehung.

Der russische Ex-Doppelagent Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März in der englischen Stadt Salisbury bewusstlos und schwer krank aufgefunden worden. London wirft Russland vor, die beiden mit einem Nervenkampfstoff vergiftet zu haben. Moskau bestreitet jede Verwicklung. Die USA, viele EU-Staaten und andere Länder haben sich solidarisch mit Großbritannien gezeigt – und insgesamt mehr als 150 russische Diplomaten ausgewiesen.

Lawrow sagte, US-Botschafter Jon Huntsman sei ins Außenministerium geladen worden, wo er darüber informiert worden sei, dass Russland entsprechend des amerikanischen Vorgehens gegen Russland reagieren werde. Moskau werde auch das US-Konsulat in St. Petersburg schließen, weil die USA angekündigt hätten, das russische Konsulat in Seattle dichtzumachen, sagte Lawrow.

Nach Angaben des russischen Außenministeriums haben die US-Diplomaten bis 5. April Zeit, Russland zu verlassen. Betroffen sind 58 Diplomaten aus der US-Botschaft in Moskau und zwei vom US-Konsulat in Jekaterinburg. Die USA müssen zudem bis spätestens Samstag das Konsulat in St. Petersburg räumen. Das Ministerium warnte vor weiteren „feindlichen Maßnahmen“ der USA gegen russische diplomatische Vertretungen.

„Brutaler Druck“ von USA und Großbritannien

Die Ausweisungen seien durch „brutalen Druck“ von den USA und Großbritannien erfolgt, sagte Lawrow. Washington und London hätten ihre Verbündeten gezwungen, „dem antirussischen Kurs zu folgen“. Sein Land werde für jeden ausgewiesenen russischen Diplomaten jeweils einen Vertreter des entsprechenden Landes die Tür weisen, kündigte Lawrow an.

Das Weiße Haus beklagte die angekündigte Ausweisung amerikanischer Diplomaten. Gleichwohl sei der Schritt Moskaus „nicht unerwartet“ gekommen, sagte Regierungssprecherin Sarah Huckabee Sanders. Die USA würden damit umzugehen wissen.

Lawrow sagte zuvor, Russland habe für Mittwoch ein Treffen des Sekretariats der Organisation für das Verbot chemischer Waffen einberufen, um den Fall Skripal zu erörtern. Aufgabe der Organisation sei es, festzustellen, mit welchem Mittel Skripal und seine Tochter vergiftet worden seien, und nicht, britische Schlussfolgerungen zu verifizieren.

Mit Skripals Tochter Julia gehe es stetig bergauf, teilte der Salisbury NHS Foundation Trust am Donnerstag mit, der für das behandelnde Krankenhaus in Salisbury zuständig ist. Im kritischen Zustand befinde sie sich – im Gegensatz zu ihrem 66 Jahre alten Vater – nicht mehr.

Zustand der Tochter mittlerweile stabil

„Ihr Zustand ist jetzt stabil“, erklärte die Behörde. Bei der 33-Jährigen habe die Behandlung gut angeschlagen, doch müsse sie weiter rund um die Uhr von Experten versorgt werden, sagte die medizinische Direktorin des Krankenhauses von Salisbury, Christine Blanshard. Lawrow sagte, Russland werde sich um Zugang zu Julia Skripal bemühen – jetzt, da sie wieder bei Bewusstsein sei.

Der ehemalige russische Militärgeheimdienstspezialist Skripal wurde 2006 in Russland wegen Spionage für Großbritannien verurteilt. Er saß in Russland im Gefängnis, bis er 2010 bei einem Agentenaustausch frei kam und sich in England niederließ.

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