Keine Kurskorrektur beim CO2: Bundesregierung bricht Klimagesetz

Die Ampel verwässert das Gesetz, das Deutschland klimaneutral machen soll. Und: Sie hält sich schon nicht mehr an die noch gültige Variante.

Autos fahren im Berufsverkehr am Morgen über die Autobahn

Zu viele Autos, vor allem Verbrenner – und damit zu viele CO2-Emissionen Foto: Federico Gambarini/dpa

BERLIN taz | Es ist ein Rechtsbruch mit Ansage: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will kein Sofortprogramm für den Klimaschutz vorlegen. Laut Klimaschutzgesetz hätte er das bis Montag tun müssen, weil das Verkehrswesen im vergangenen Jahr zu viel Treibhausgas verursacht und so die Erderhitzung angetrieben hat.

Dieses Prinzip der sofortigen Kurskorrektur in solch einem Fall hebt die Ampel zwar mit einer Reform auf – in Kraft ist diese aber noch nicht. Das Verkehrsministerium verweist trotzdem schon darauf: „Die Vorlage eines Sofortprogramms, welches nicht den Anforderungen dieser neuen Rechtslage entspricht, halten wir vor dem Hintergrund des unmittelbar bevorstehenden Inkrafttretens der Novelle für nicht zielführend“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der taz.

Die neuen Anforderungen werden dabei nicht stärker, sondern tendenziell schwächer sein. So werden die CO2-Grenzwerte, die das Klimaschutzgesetz für verschiedene Wirtschaftssektoren und jedes Jahr festlegt, praktisch bedeutungslos.

Stattdessen soll die ganze Bundesregierung für Klimaschutz im Gesamten verantwortlich sein – und will dabei sektoren- und jahresübergreifend vorgehen. Eine Verfehlung in einem Bereich kann also theoretisch durch die Übererfüllung in einem anderen ausgeglichen werden. In der Praxis fehlen dafür allerdings die Spielräume.

Steinmeier unterschreibt umstrittene Reform

Wenn die Rechnung nicht aufgeht, muss die Regierung ihrer neuen Reform nach aber trotzdem kein Sofortprogramm mehr aufsetzen. Das ist erst nötig, wenn die jährlichen Prognosen zweimal in Folge ergeben, dass eine Erreichung des Klimaziels 2030 nicht mehr gewährleistet ist.

Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen ist das viel zu unverbindlich. Damit einher gehe das Risiko, „dass wichtige Klimaschutzmaßnahmen weiter auf die lange Bank geschoben werden, weil Verantwortlichkeiten verwässert wurden und Pflichten zur Nachsteuerung nun zu lange Fristen haben“, heißt es zum Beispiel beim Umweltverband WWF.

Erst am Montag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Reform des Klimaschutzgesetzes unterschrieben. Jetzt muss sie noch im Bundesgesetzblatt erscheinen. Nach einer mehrtägigen Frist tritt sie dann in Kraft – so lange gilt das alte Gesetz. Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen hatten an Steinmeier appelliert, der Reform nicht zuzustimmen. Der Bundespräsident kann einem Gesetz die Unterschrift verweigern, wenn er offenkundige verfassungsrechtliche Bedenken hat. Steinmeiers Prüfung dauerte im Fall des Klimaschutzgesetzes Monate, das ist unüblich lange.

Für den Fall, dass der Bundespräsident doch unterschreibt, hatten mehrere Umweltverbände und Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen bereits Klagen angekündigt, darunter Luisa Neubauer von Fridays for Future. Sie gehen davon aus, dass die Reform verfassungswidrig ist – und wollen vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen.

Im vergangenen Jahr war in Deutschland nicht nur der Verkehrssektor zu klimaschädlich gewesen, sondern auch der Gebäudesektor. Während bei der Mobilität die vielen Verbrennerautos das Hauptproblem sind, geht es bei den Gebäuden vor allem um die noch hauptsächlich fossilen Heizungen. Das Bundesbauministerium von Klara Geywitz (SPD) antwortete bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage der taz, ob es ein Sofortprogramm vorlegen werde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben