Kandidat Laschet spricht mit Kindern: Kein netter Onkel
Im Fernsehen pampig werden, wenn Kinder wichtige Fragen stellen: Unionskandidat Laschet schafft es nicht mal mehr, seine Stärken auszuspielen.

Doch der Kanzlerkandidat arbeitet daran, auch diese letzten Reste positiven Images zu zerstören. Zu diesem Schluss muss kommen, wer ein neues Interview der TV-Sendung „Late night Berlin“ mit Laschet anschaut. Befragt wird er darin von zwei Kindern, Pauline und Romeo. Hinter denen steht zwar erkennbar eine Redaktion, die sich möglichst fiese Fragen ausgedacht hat, doch klar ist: Fernsehen mit Kindern, da muss ein netter Onkel liefern. Doch das gelingt Laschet ganz und gar nicht.
Auf die Frage „Haben Sie Polizei geschickt, um Menschen aus Baumhäusern zu vertreiben?“ antwortet Laschet etwa einfach mal „Nein“. Dabei hat er als Ministerpräsident von NRW genau das für den Hambi, den Hambacher Forst, veranlasst. Zur Räumung der Baumhäuser dort, offiziell aus Brandschutzgründen, sagte Laschet einst, als er sich wohl außer Hörweite von Journalist:innen wähnte: „Ich brauche auch einen Vorwand, sonst kann man dort nicht tätig werden. Ich wollte den Wald räumen.“ Im Kinderinterview versucht er seine Entscheidung trotzdem wieder über Brandschutzsorgen zu legitimieren, spricht über Öfen und Elektroleitungen und die Frage, ob man nun im Wald Häuser bauen dürfe oder nicht.
Das wirkt manipulativ und so, als ob Laschet im Fernsehen Kindern absichtlich Unwahrheiten erzählt. Ganz sicher wirkt es nicht wie etwas, das ein netter Onkel tun würde. Aber genau so manipulativ macht Laschet weiter.
Empfohlener externer Inhalt
Anschlussfrage der Kinder zur Räumung des Hambacher Forsts: „Das war gegen das Gesetz, oder?“ Das Verwaltungsgericht Köln hatte Anfang September festgestellt, dass das Vorgehen der Landesregierung im Hambi rechtswidrig gewesen war, die Sorgen um den Brandschutz als Begründung für die Räumung sei vorgeschoben worden. Laschet antwortet auf die Frage der Kinder trotzdem mit Nein, verweist dann darauf, dass ein Gericht das zwar so sehe, nun aber höhere Instanzen am Zug seien.
Auch die Frage, ob er etwas dagegen habe, dass Männer Männer heiraten dürfen, verneint Laschet zunächst. Auf den Hinweis, er habe sich in Interviews schon gegen die Ehe für alle ausgesprochen, antwortet er dann: „Nee, das stimmt nicht.“ Stimmt aber eben doch: 2017 sagte Laschet dem Spiegel zum entsprechenden Gesetzesvorhaben: „Dem Antrag der SPD hätte ich wie Merkel nicht zugestimmt.“
Wirklich fatal für Laschets Netter-Onkel-Image ist aber nicht, dass er teils Unwahrheiten verbreitet, sondern dass er bei Widerspruch offensichtlich sauer wird – auf die Kinder. Beim Thema Ehe für alle schleudert Laschet dem Fragesteller Romeo etwa ein passiv-aggressives „Du hast schon den Spiegel gelesen vor so langer Zeit?“ entgegen.
Und als es um den umstrittenen CDU-Direktkandidaten in Südthüringen, Hans-Georg Maaßen, geht, unterstellt Laschet den offensichtlich bestens informierten Kinder, sie würden Maaßen ja gar nicht kennen. Deren Frage, warum einer wie Maaßen für die CDU antritt, beantwortet Laschet dagegen so unkonkret, dass er eigentlich gar nichts sagt.
Im Fernsehen sauer werden, weil Kinder wichtige Fragen stellen? Definitiv nichts, was ein netter Onkel tun würde. Den allerletzten Beweis dafür, dass Laschet so weit von einem netten Onkel entfernt ist wie vom Mond, liefern dann die Fragen der Kinder, bei denen ein netter Onkel richtig auftrumpfen müsste. „Wie würdest du heißen, wenn du ein Drache wärst?“ sollte eine solche Steilvorlage sein. Laschets lasche Antwort: „Keine Ahnung.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt