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Israels neue RegierungJudenstaat im wahrsten Sinne

Gastkommentar von Yves Kugelmann

Die künftige Regierung in Jerusalem will die Gewaltenteilung abschaffen. Eine semiautokratische Theokratie droht den demokratischen Staat zu ersetzen.

Dürfte bald erneut Israel regieren: Benjamin Netanjahu Foto: Abir Sultan/ap

I n Israel kündigt sich eine rechtsextreme Regierung an, die in Europa ihresgleichen sucht. Das ist weit über Israels Bürger hinaus auch für die jüdische Gemeinschaft weltweit brisant: denn sie sitzt mit Israel in einem Boot – ob sie will oder nicht. Dafür sorgen die Feinde Israels oder der Juden ebenso wie jüdische Repräsentanten weltweit.

Die Ultranationalisten wollen ein israelisches Ghetto errichten mit geschlossenen Grenzen, teils einen Gottesstaat

Jene Repräsentanten, die seit Jahren bei Antisemitismus zu Recht aufbegehren und auch kleinste Ereignisse zu weltweit inflationären Schlagzeilen hochpushen, Gelder für jüdische Präsenz und Sicherheit von Staaten fordern. Zu Israels angekündigter Regierung mit rechtsextremen und faschistoiden Mitgliedern, teils mit krimineller oder fragwürdiger Vergangenheit, schweigen sie indes weitgehend.

Längst hätte die jüdische Diaspora massiv Druck machen müssen, wenn Wahlkampfprogramme den eigenen Positionen diametral entgegenstehen, wenn sie jüdische Gemeinschaften zum Teil mit neuen Gesetzgebungen oder Entscheidungen ausgrenzen wollen, Juden zweiter Klasse schaffen oder Konversion nicht mehr akzeptieren möchten. Die Debatte über Israel in der jüdischen Gemeinde deckt seit jeher eine große Bandbreite ab.

Die Zionistenkongresse, die vor 125 Jahren in Basel ihren Anfang nahmen, bildeten eine Art demokratische Exzellenzdiskussion. Doch nie in der Geschichte des modernen Israels konnten sich die Extremisten in einer Regierung derart durchsetzen. Der Staat hat sich seit seiner Gründung 1948 stark gewandelt: demografisch, auch ideell, wirtschaftlich und politisch. Das einst so sozialistische, europäisch geprägte Land unterliegt einem ständigen Wandel und Widersprüchen.

Yves Kugelmann

ist Schweizer Publizist und Verleger. Er ist Chefredakteur der jüdischen Magazine tacheles und aufbau.

Zum Teil gewollt, zum Teil aufgedrängt, zum Teil als Resultat einer Einwanderung weitgehend aus Ländern ohne demokratische Sozialisation. Israel hat viele Seiten. Hier die offene und freiheitsliebende Demokratie, das Einwanderungs- und Vielkulturenland voller Innovation. Der junge Staat mit der alten, neu entwickelten Sprache zwischen Gründungsmythos und Selbstverklärung.

Dort der rückwärtsgewandte Nationalstaat ohne niedergeschriebene Verfassung, ohne Trennung von Staat und Religion, mit beschränkter Regierungsstabilität. Ein Land auf Identitätssuche, herausgefordert durch Braindrain und Verirrungen. Die einen sehen in Israel den visionären ultrademokratischen jüdischen Rechtsstaat, die Bastion der Freiheit und den Wall gegen Diktaturen in der Region. Für andere ist Israel eine reaktionäre Pseudodemokratie auf Abwegen, ein Land der Besatzer mit Bürgerkriegspotenzial.

Alles ist nicht ganz richtig, alles nicht ganz falsch. Oft sind die Widersprüche keine, sondern sie erklären sich aus der Sozialisation des Landes zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Orient und Abendland. Aber auch aus der Verfolgungsgeschichte einer Minderheit, die nach der Shoah traumatisiert bleibt und sich zu Recht nicht mehr auf wohlklingende Politikerreden verlassen möchte.

Israel – man mag in einer Demokratie gar nicht mehr zwischen gewählten Regierungen und der wählenden Bevölkerungen unterscheiden – steht in diesen Wochen womöglich der Paradigmenwechsel von der Demokratie zu einer Art semiautokratischer Theokratie bevor, wenn die angekündigten Gesetzesänderungen durchkommen, die namentlich die Gewaltentrennung abschaffen sollen.

Da ist schon nicht mehr wichtig, ob dies der Selbstsucht von Benjamin Netanjahu oder der Ignoranz eines Parlaments anzulasten ist. Wesentlicher ist, dass Israel die jüdischen Mehrheitspositionen weltweit schwächt, gegen solche verstößt und einen Keil zwischen die jüdischen Gemeinschaften treibt. Israel bekommt eine Regierung, die rechtsextremer sein könnte als Kräfte in Europa.

Entstanden ist das nicht über Nacht, sondern Resultat einer jahrelangen Entwicklung, die oft hinter anderen vorgelagerten Diskursen, wie Antisemitismus, verschwand. Israel ist historisch eingebunden in die internationale Staatengemeinschaft. Die Floskel, dass am Schluss Israeli selbst über die Zukunft des Landes entscheiden, stimmt hingegen nur zum Teil. Sie wählen Regierungen, stellen die Armee, doch die großen geopolitischen Entscheidungen werden nicht an der Urne getroffen.

Die „Judenfrage“ ist heute kaum mehr eine, die Palästinenserfrage schon. Das wissen auch die Bewohnerinnen und Bewohner Israels. Der Konflikt bestimmt zwar nicht mehr ihren Alltag, dringt aber permanent durch. Einstaaten-, Zweistaaten-, Dreistaaten- oder eine andere Lösung, Apartheid oder Recht auf Selbstverteidigung, jüdischer oder wie auch immer gearteter Staat: Für alle auf den ersten Blick schier unlösbaren Fragen wird Israel eine pragmatische Lösung finden – finden müssen.

Doch diese Regierung ist ein Rückschlag bei allen Bemühungen der Annäherung, denn die Besatzung Israels kommt keiner Lösung, sondern einer Verschärfung näher. Mit Blick auf die Zionistenkongresse zeigte sich die Stärke Israels, die aus einer jahrhundertealten, ortsunabhängigen Kultur stammt und die der westliche-christliche Außenblick kaum durchdringt. Widerspruch ist integraler Teil von Israel, einem Land, das längst mündig geworden ist, mit Kritik umgehen kann und Solidarität einfordert.

Die Feinde, teils auch die falschen Freunde Israels, die Ultranationalisten wollen hingegen ein israelisches Ghetto errichten, einen abgeschotteten Hochsicherheitstrakt mit geschlossenen Grenzen, teils einen Gottesstaat. Die jüdische Idee der Freiheit ist das nicht. Ghettos waren immer von außen aufgezwungen.

Ausgerechnet zum 75. Staatsgründungsjahr könnte die neue Regierung aus dem liberalen Judenstaat Theodor Herzls einen nationalistischen, extremistischen, theokratischen „Judenstaat“ machen. Die jüdische Gemeinschaft muss gerade in diesen Tagen wieder Herzls Worte verinnerlichen: „Es gibt Ideen, denen man nicht entrinnen kann. Man engagiert sich, wenn man ‚ja‘ sagt, wenn man ‚nein‘ sagt und wenn man gar nichts sagt.“

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52 Kommentare

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  • Haaretz | Israel News



    Analysis | Netanyahu's New Government Is Already Guilty of Hate Crimes



    Even before it takes office, Israel's extreme-right coalition is persecuting gays, Arabs and women

    www.haaretz.com/is...-a995-5e7a4a430000

  • Interview mit Bibi Natanjahu

    youtu.be/6nyf2hFbEfE

  • "...ohne niedergeschriebene Verfassung..."



    Ich bin ja nu kein Weiser ausm Morgenland, nur ist ne sich entwickelnde Verfassung auch eine:



    de.wikipedia.org/w...els#Die_Verfassung

  • Auch die jüdische Diaspora in den USA ist besorgt

    Mehr als 330 amerikanische Rabbiner aus dem reformistischen und rekonstruktionistischem Milieu und der Massorti Bewegung,



    von denen einige wichtige Funktionen in Großstädten bekleiden, haben ihre Weigerung verkündet, rechtsextreme Mitglieder der kommenden Regierung von Benjamin Netanjahu in ihren Synagogen auftreten zu lassen.

    In einem offenen Brief heißt es, dass sie Mitglieder der rechtsextremen Parteien nicht einladen werden, "in ihren Gemeinden und Organisationen zu sprechen". "Wir werden gegen ihre Teilnahme an möglichen Foren in unseren Gemeinden protestieren. Wir werden die Vorstände unserer Gemeinden und Organisationen ermutigen, sich uns in diesem Protest anzuschließen, um unser Engagement für unsere jüdischen und demokratischen Werte zu demonstrieren." (Quelle: Times of Israel, 26.12.2022)

  • Warnung ehemaliger Militärs vor dem Ende der Demokratie in Israel

    Mehr als 1100 ehemalige hochrangige Offiziere der israelischen Luftwaffe veröffentlichten am Montag einen Brief an die Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Israels, Esther Hayut, und andere hochrangige Rechtsvertreter, in dem sie vor der künftigen Blockregierung von Benjamin Netanjahu warnten.

    "Wir alle waren während unserer Jahre als Kampfpiloten bereit, unser Leben für das Land zu opfern. Selbst nachdem wir in der Luftwaffe gedient hatten, haben wir uns weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen am Aufbau des Staates beteiligt", schrieben die 1.197 ehemaligen Funktionäre in dem Schreiben.

    "Wir kommen aus allen Schichten der Gesellschaft und des politischen Spektrums. Aber was wir heute alle gemeinsam haben, ist die Angst, dass der demokratische Staat Israel in Gefahr ist", schrieben sie.

    "Sie sind das letzte Bollwerk und es liegt in Ihrer Verantwortung, den Prozess der Zerstörung der Demokratie zu stoppen", schrieben sie an Hayut, Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, den Rechtsberater der Knesset, Sagit Afik, sowie an alle Beamte des israelischen Justizsystems.

    "Der Staat Israel, der als jüdischer und demokratischer Staat gegründet wurde, kann nicht wie in der Unabhängigkeitserklärung vorgesehen existieren, wenn er seine Identität als liberale Demokratie aufgibt", fügten sie hinzu.

    Zu den Unterzeichnern gehörten der ehemalige Generalstabschef der IDF Dan Haloutz, die ehemaligen Luftwaffenchefs Avihu Ben-Nun und Eitan Ben Eliyahu sowie Amos Yadlin, der früher Chef des militärischen Nachrichtendienstes war.

    (Quelle: Times of Israel, 26.12.2022)

  • Na na, Herr Berger, Frau Huhn hat nicht die Existenzberechtigung des Staates Israel bestritten und schränkt niemandes Freiheit ein. Recht hat sie damit, dass Israel und Judentum nicht dasselbe sind, und in der Tat gibt es Juedinnen und Juden, die mit Israel nichts am Hut haben. Sie haben allerdings auch damit recht, dass Israel von vielen Juedinnen und Juden als eine Art "Lebensversicherung" angesehen wird. Dieses Bewusstsein wird wohl jeden juedischen Menschen, sobald er alt genug ist, begleiten. Mir kommen aber auch die Worte von Dany Cohn-Bendit in den Sinn: " Wenn ich ueberall ausserhalb Israels nichts mehr sicher bin, bin ich auch in Israel nicht mehr sicher. "

    • @Volker Scheunert:

      Es geht nicht um irgendeinen Staat Israel, der keinen stört, sondern um Israel als den Judenstaat, der ganz gezielt und ganz offiziell Juden in mancher -- nicht in jeder! -- Hinsicht anders behandelt als andere Staatsbürger. Dieser Staat und diese Verfassung werden in Artikel und Kommentar sehr wohl in Frage gestellt.

  • Ich kann nachvollziehen, dass Herr Kugelmann auch Versäumnisse bei der Diaspora ausmacht, dass sich die isrealische Politik immer weiter nach rechts bewegt. Als Nicht-Jüdin bedauere ich es aber vor allem, dass Israel nicht stärker von den USA auf eine Lösung verpflichtet wurde, die es den Palästinensern erlauben würde in Freiheit zu leben. Andererseits, die Israeli scheinen so determiniert, ihr eigenes Ding zu machen, dass man sie wahrscheinlich einfach in ihrem jungen Staat jetzt ihr Trauma reinszenieren lassen muss. Aus Erfahrung können sie dann klüger werden.

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @Alexa Benning:

      Und was würden Sie sagen, wenn die Deutschen die Opfer dieser Reinszenierung wären. Wir haben schließlich die Erstaufführung besorgt, wenn ich bei Ihrem Bild der Inszenierung bleibe. Wir, Kinder und Enkel der Mördergeneration, hätten es schließlich am ehesten verdient, oder? Das Bild der Reinszenierung, bezigen auf "die" Israelis, finde ich problematisch. Die Opfer einer Reinszenierung aber sind IMMER unschuldig. Die Täter sind es nicht.

  • Viele der Nachbar sind immer noch absolute Israel - Feinde. Aber die eigene Radikalisierung wird Israel sehr stark schaden, glaube ich.

  • Auch die jüdische Diaspora in den USA ist besorgt

    Mehr als 330 amerikanische Rabbiner aus dem reformistischen und rekonstruktionistischem Milieu und der Massorti Bewegung,



    von denen einige wichtige Funktionen in Großstädten bekleiden, haben ihre Weigerung verkündet, rechtsextreme Mitglieder der kommenden Regierung von Benjamin Netanjahu in ihren Synagogen auftreten zu lassen.

    In einem offenen Brief heißt es, dass sie Mitglieder der rechtsextremen Parteien nicht einladen werden, "in ihren Gemeinden und Organisationen zu sprechen". "Wir werden gegen ihre Teilnahme an möglichen Foren in unseren Gemeinden protestieren. Wir werden die Vorstände unserer Gemeinden und Organisationen ermutigen, sich uns in diesem Protest anzuschließen, um unser Engagement für unsere jüdischen und demokratischen Werte zu demonstrieren." (Quelle: Times of Israel, 26.12.2022)

  • Warnungen ehemaligenr Militärs vor dem Ende der Demokratie in Israel

    Mehr als 1100 ehemalige hochrangige Offiziere der israelischen Luftwaffe veröffentlichten am Montag einen Brief an die Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Israels, Esther Hayut, und andere hochrangige Rechtsvertreter, in dem sie vor der künftigen Blockregierung von Benjamin Netanjahu warnten.

    "Wir alle waren während unserer Jahre als Kampfpiloten bereit, unser Leben für das Land zu opfern. Selbst nachdem wir in der Luftwaffe gedient hatten, haben wir uns weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen am Aufbau des Staates beteiligt", schrieben die 1.197 ehemaligen Funktionäre in dem Schreiben.

    "Wir kommen aus allen Schichten der Gesellschaft und des politischen Spektrums. Aber was wir heute alle gemeinsam haben, ist die Angst, dass der demokratische Staat Israel in Gefahr ist", schrieben sie.

    "Sie sind das letzte Bollwerk und es liegt in Ihrer Verantwortung, den Prozess der Zerstörung der Demokratie zu stoppen", schrieben sie an Hayut, Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, den Rechtsberater der Knesset, Sagit Afik, sowie an alle Beamte des israelischen Justizsystems.

    "Der Staat Israel, der als jüdischer und demokratischer Staat gegründet wurde, kann nicht wie in der Unabhängigkeitserklärung vorgesehen existieren, wenn er seine Identität als liberale Demokratie aufgibt", fügten sie hinzu.

    Zu den Unterzeichnern gehörten der ehemalige Generalstabschef der IDF Dan Haloutz, die ehemaligen Luftwaffenchefs Avihu Ben-Nun und Eitan Ben Eliyahu sowie Amos Yadlin, der früher Chef des militärischen Nachrichtendienstes war.

    (Quelle: Times of Israel, 26.12.2022)

  • Herr Kugelmann hat ein schwieriges und komplexes Thema anschaulich und detailliert beschrieben. Danke dafür.

  • Die Politik Netanajhus war bereits bevor Rechtsextremen in die Regierung dazukamen rechts, nationalistische und antiarabisch. Die israelische Siedlungspolitik wird mit den Rechtsextremen nicht neu erfunden. Annexionsgelüste bezgl. des Westjordanlandes gab es bereits ganz offiziell. Amnesty International hat das alles fein säuberlich zusammen getragen



    www.amnesty.org/en...1412022ENGLISH.pdf



    www.amnesty.de/sit...estinians-2022.pdf

    • @Rudolf Fissner:

      [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Ich habe noch nie verstanden, warum immer alle dem diskriminierenden Duktus folgen, dass alle Juden irgendwie mit Israel verbandelt sind.



    Die meisten Juden waren noch nie in ihrem Leben in Israel und stammen auch nicht von Menschen mit israelischer Staatsangehörigkeit ab.



    Indem ich den israelischen Staat kritisiere, spreche ich keinem Menschen das Recht auf Religionsfreiheit ab.



    Israel und Judentum unter den gleichen Teppich zu kehren, stärkt allerdings gleichermaßen die Positionen von Judenhassern und Israel-Feinden.



    Hören wir doch endlich auf damit.

    • @Herma Huhn:

      Theodor Herzl hat die Notwendigkeit eines Judenstaates nicht grundlos erkannt und diese von ihm vorgesehene Aufgabe hat der eine sichere Staat, der jeden fliehenden Juden auf jeden Fall aufnimmt, seither voll erfüllt. Indem Sie diesem Staat die Existenzberechtigung bestreiten, schränken Sie die nicht nur religiöse Freiheit aller Juden in der Welt sehr wohl massiv ein.

    • @Herma Huhn:

      In der Gedenkstätte Bergen-Belsen



      bergen-belsen.stiftung-ng.de/de/



      habe ich einmal ein Video gesehen von einer Holocaust-Überlebenden, die als ,,displaced person" nach dem Krieg entschied, dass sie nie mehr und nirgends mehr zu einer jüdischen Minderheit gehören wollte. Deshalb entschied sie sich für Israel.

      Israel geht uns im diesem Sinne doch alle an!

      Nach dem Holocaust sind wir alle ,,irgendwie mit Israel verbandelt", vor allem als Deutsche, aber auch generell als Menschen, die Antisemitismus und Rassismus zwar hassen und bekämpfen wollen, aber auch ahnen, dass es noch ein langer Weg sein wird, bis er beseitigt ist.

      • @gleicher als verschieden:

        und demzufolge sollten wir diese Politik Israels ggü den Palästinensern unterstützen, richtig? Auf Kritik, egal woher, will Israel ja auch nicht hören. Wozu sollte unsere Verbandelung mit Israel dann gut sein? Um diesmal Israel in dieser Politik, die geradewegs auf eine Katastrophe zuläuft (Kugelmann: "ein Land...mit Bürgerkriegspotential") zu bestärken, wenn nicht aktiv dann durch unser Schweigen und Ignorieren (vor allem unserer Regierungspolitik, das ist das Entscheidende!)? Der Antisemitismus wird jedenfalls durch diese Politik nicht geringer, ich befürchte er wird eher wachsen, je mehr Druck auf den Kessel in Nahost kommt, das wird auch Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Wenn man weiterhin fahrlässigerweise in Dtl Antisemitismus u den Nahostkonflikt trennen und so tun will als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun, als wäre der "israelbez. Antisemitismus" eine weitere Spielart des klass. Antisemitismus, also grundloser Hass, dann wird uns irgendwann der Nahostkonflikt mitten unter uns zw. israel. Immigranten/ Juden u palästinensischstämmigen Immigranten um die Ohren fliegen.

        • @ingrid werner:

          Ob jüdisch oder nicht, ich finde man kann die von Herrn Kugelmann geäußerten Sorgen gänzlich teilen UND sich Israel ,,irgendwie verbandelt'' fühlen (ob man will oder nicht).



          Das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil.

  • Israel hat so gewählt und wird damit umgehen müssen. Vielleicht kommt über kurz oder lang eine große Koalition mit Lapid, Gantz und anderen vernünftigen Kräften. Auch Netanjahu will politisch überleben.

  • Wieso heißt es im Artikel "zwischen Orient und Abendland"?



    Und nicht - zwischen Orient und Okzident, oder -



    zwischen Morgenland und Abendland?

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Weil das die beiden geläufigeren Begriffe sind?

      • @Chris McZott:

        Genau Genau - Sol lucet omnibus - wa!

  • Was mich an den Wahlergebnissen in Israel, kulminierend in der Zusammensetzung nämlicher Netanjahu Regierung, verzweifeln lässt, ist die schiere Aussichtslosigkeit, dass sich dort etwas Liberaleres entwickelt. Ein demographisch-soziologisches Problem sozusagen: Israel hat immer noch eine 'gesunde' Alterspyramide mit jungen Familien, Leuten, Kindern. Denen unterstelle ich mal eine gewisse Flexibilität und Lebensoffenheit. Das findet aber mehrheitlich nicht statt, sondern betoniert förmlich derlei Wahlergebnisse über viele Jahre. Brain Drain lese ich im Artikel. Ok, aber wer statt dessen wandert denn dann zu...oder stellt diese letztlich ultrkonservative Basis der Meinungsfindung und Politik? Wie können Mehrheiten linksliberal der "Mitte", wenn es die überhaupt gibt in entsprechender Ausprägung aussehen?

    • @Tom Farmer:

      Die Demographie ist auch so eine Hausnummer mit dem die Rechten in Israel seit eh Ängste schüren und die Arabisierung der Bevölkerung als Teufel an die Wand malen.

    • @Tom Farmer:

      Was den Kinderreichtum in Israel angeht, liegen dort die orthodoxen, vor allem aber die ultraorthodoxen Gruppierungen ganz weit vorne. Und vor allem letztere sind bekanntlich extrem konservativ.



      Der Altersdurchschnitt alleine sagt also noch nicht viel aus.

      • @jlMG:

        So einfach kann die Antwort nicht sein . Ultraorthodoxe stellen 12 % der Bevölkerung, Araber 20%. Geburtenrate pro Frau etwa gleich.



        Auch der Altersdurchschnitt kann schlecht ein Faktor sein (das hatte ich auch nirgends geschrieben), sondern allein die Demographischen Faktoren derer im wahlfähigen Alter.

    • @Tom Farmer:

      Ich fürchte, es ist - leider - eine Illusion, dass jüngere Menschen liberaler wären. Junge sind vielleicht eher bereit, gegen den Status quo als ihre saturierten Eltern, aber das kann in ganz verschiedene Richtungen gehen - in einer bisher liberalen Gesellschaft unter Umständen auch nach rechts.

  • Der Artikel streift über Tradition, Vielfalt der Gesellschaft und Platz in der internationalen Gemeinschaft fast alle Themen, die man heute in Bezug auf Israel und in Israel diskutiert. Auch die durchklingende Bewertung scheint weitgehend korrekt. Ebenso wie man BDS-Anhängern und arabischen Hegemonieträumen gegenüber das Existenzrechtsrecht verteidigen muss, genauso muss man das Recht einer Gesellschaft auf eine demokratische Zukunft verteidigen. Einziger Punkt, den man anders sehen könnte: Für ein verändertes Verhältnis zwischen Israel und den Palästinensern braucht es zwei Parteien. Die Lösung kann nicht allein von Israel kommen. Bzw. drei Parteien, wenn man die arabischen Regionalmächte mitrechnet, die sich zunehmend zur diplomatischen Anerkennung durchringen.

  • Was für eine unfassbare Entgleisung ist dieser Artikel

    • @Ardanan:

      Entgleisungen

      Zitat @Ardanan: „Was für eine unfassbare Entgleisung ist dieser Artikel.“

      Was für eine unfaßbare Entgleisung ist diese Entwicklung in Israel.

    • @Ardanan:

      Entgleisungen



      Zitat @Ardanan: „Was für eine unfassbare Entgleisung ist dieser Artikel.“

      Was für eine unfaßbare Entgleisung ist diese Entwicklung in Israel.

    • @Ardanan:

      "Yves ­Kugelmann



      ist schweizer Publizist und Verleger. Er ist Chefredakteur der jüdischen Magazine tacheles und aufbau."

      Entgleist jeder, der nicht auf Linie ist?

    • @Ardanan:

      Wie meinen? Sie erklären das sicher noch?!



      Dank im Voraus.

      • @Lowandorder:

        am besten jarnich injorieren!

  • Politisch gesehen ist bei den Palästinensern Hopfen und Malz verloren, bei den Israelis aber offenbar auch.



    Der angestrebte neue Staat hätte meiner Ansicht nach dann keine Berechtigung mehr, als assoziierter Staat mit der EU zusammenzuarbeiten, weil schlicht die demokratischen Grundlagen fehlen. Das sollten die sich genau überlegen!

    • @Herry Kane:

      Warum sollte der "neue Staat", den die Rechtsextremen in Israel anstreben, dazu führen, dass Israel dann keine Berechtigung mehr hätte?!

      Ich denke Sie gehen da eindeutig zuweit

      • @Rudolf Fissner:

        Wer in die EU will oder als assozierter Staat mit der EU Projekte durchführen will, muss sich den EU-Regeln unterwerfen. Dazu gehört die Demokratie!



        Alles andere wäre mehr als fragwürdig.

    • @Herry Kane:

      Mir ist nicht bekannt, dass die EU diesbezüglich sonderlich zimperlich ist.

    • @Herry Kane:

      Hatte vor zwei Jahren ein Interview mit der israelischen Band "Not On Tour" gelesen. Die haben das ganz gut dargestellt: Das große Problem der Politik Netanjahus ist, dass jungen Menschen während des Wehrdienstes offenbar der Kopf gewaschen werde. Innenpolitisch hat diese Regierung nichts zu bieten. Sie lebt von der Bedrohung durch Hamas und Co sowie dem Iran.

      • @Tenderloin:

        Die demokratischen Institutionen eines Staates, die ihre Identität fast ausschließlich aus einem Bedrohungsszenario durch äußere Feinde ableiten, werden nach und nach ersticken oder sich in autokratische/totalitaere umwandeln … dabei spielt es dann keine Rolle mehr, ob diese äußeren Bedrohungen tatsächlich real oder nur „gefühlt“ sind.



        Israel als ultrareligiöse und rechtsnationalistische Wagenburg, umgeben von feindselig eingestellten arabischen Nachbarn … das hat keine Zukunft und ist gewiss nicht die Utopie der zionistischen Pioniere gewesen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Leider ist die Bedrohung aber kein Szenario, sondern real - und hat während der letzten Jahrzehnte immer mehr Wähler nach rechts ziehen lassen. Um die unangenehmen Themen rings um "Sicherheit" machen Linke gern einen Bogen (oder reden sich die Situation schön), Rechte schlachten sie aus. Auch anderswo zu beobachten . .

          • @dites-mois:

            Also sind die Linken schuld, wenn die Rechten - wie jetzt in Israel - Oberhand bekommen? Machen Sie es sich da nicht ein bisschen zu einfach?

            • @Abdurchdiemitte:

              Wer "sind schuld" sagt, macht es sich zu einfach. Aber Linke, ganz gleich welcher Fraktion, sollten sich Leerstellen und Fehlern ihrer Politik stellen, ergebnisoffen. Aber mit dem Ziel, nicht als Brechmittel-Olaf zu enden (also: rechten "Lõsungen" hinterherzuhecheln).

        • @Abdurchdiemitte:

          > das hat keine Zukunft und ist gewiss nicht die Utopie der zionistischen Pioniere gewesen.



          Richtig. Genau deshalb geht die Entwicklung, erheblich gefördert von dem einem amerikanischen Präsidenten, der seine Aufgabe nicht darin sah, den Terror zu stützen und weiteres Öl ins Feuer zu gießen, seit einiger Zeit auch ganz erheblich in die andere Richtung. Wenn die Vorteile und Erträge der neuen Verträge deutlich genug sichtbar werden, dann kommen viele andere Interessenten auf demselben Weg nach.

          • @Axel Berger:

            “… gefördert von dem einen amerikanischen Präsidenten, der seine Aufgabe nicht darin sah, den Terror zu stützen und weiteres Öl ins Feuer zu gießen …”.



            Ähm, Sie meinen mit diesem amerikanischem Präsidenten doch nicht etwa Donald Trump?

      • @Tenderloin:

        Und diese Bedrohung ist natürlich nichts als Propaganda und Einbildung. Mit dieser Sicht stehen Sie nicht allein. Der gesamten deutschen Presse sind die fast täglichen Terrorangriffe, Raketen und Brandbomben irgendwo im Land genauso normal und keiner Erwähnung wert, wie israelische Verkehrsunfälle.

        • @Axel Berger:

          Übrigens: Ich habe letztlich die Aussage der Band wiedergegeben, die als in Israel beheimatete, einen wesentlich besseren Einblick haben dürfte als der deutsche Michel.

        • @Axel Berger:

          Die Bedrohung ist natürlich da, aber sicher nicht derart groß wie sie von und durch Netanjahu und Konsorten gemacht wird.

          • @Tenderloin:

            Als derart groß müsste die Bedrohung von den meisten israelischen Politikern eingeschätzt werden.

        • @Axel Berger:

          So ist es . Ein wehrloses Israel wäre schon 1948 untergegangen .