Investition in grünen Wasserstoff: Gut für den Nachbarkontinent

Grüner Wasserstoff aus Namibia wird nicht helfen, hierzulande grünes Wachstum zu erreichen. Gebraucht wird er dennoch – für Afrikas Klimaneutralität.

Solaranlage in Namibia

Viel Sonnenenergie, aber vor allem für den eigenen Verbrauch: Solaranlage im namibischen Tsumke Foto: Thomas Imo/photothek/imago

Gegen das Projekt ist nichts zu sagen: Deutschland wird 10 Milliarden Euro in Namibia investieren, um dort grünen Wasserstoff zu produzieren. Denn das afrikanische Land hat viel Sonne und viel Wind, kann also den Ökostrom günstiger gewinnen, mit dem dann der Wasserstoff hergestellt wird. Vor allzu großen Hoffnungen sollte man sich allerdings hüten. Dieser grüne Wasserstoff wird nicht billig sein, schon gar nicht in Deutschland.

Grüner Wasserstoff ist nötig, weil der Wind nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint. Wer klimaneutral leben will, muss also Strom speichern, um für Flauten und Dunkelheit gerüstet zu sein.

Das gilt auch für Afrika. Obwohl es gelegentlich übersehen wird: Auch in der Sahara oder in Namibia gibt es einen Winter. Er ist nicht so lang und kalt wie in Deutschland, aber auch im Süden scheint die Sonne nicht ständig. Es wäre also eine Illusion zu glauben, dass Namibia den grünen Wasserstoff produziert und wir ihn dann komplett importieren könnten, um hier unser „grünes Wachstum“ zu befeuern. Namibia benötigt den grünen Wasserstoff zunächst einmal selbst, um klimaneutral zu werden. Nur die Überschüsse können nach Deutschland gehen, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck zu Recht betont.

Auch rein ökonomisch ist es sinnvoll, den grünen Wasserstoff zunächst in Nambia einzusetzen, da es sehr teuer ist, ihn nach Deutschland zu transportieren. Die Probleme fangen damit an, dass Wasserstoff extrem flüchtig und voluminös ist. Also muss das Gas auf minus 253 Grad heruntergekühlt werden, damit es transportabel ist. Alternativ ließe sich der Wasserstoff in Ammoniak verwandeln, das leichter zu verschiffen ist. Aber auch das kostet weiteren Strom. Zudem geht erneut viel Energie verloren, wenn Wasserstoff oder Ammoniak dann genutzt werden, um Fahrzeuge anzutreiben oder wieder Strom zu erzeugen.

Die Gesamtbilanz ist bescheiden: Selbst wenn eine Solaranlage in der Sahara oder in Namibia 80 Prozent mehr Strom erzeugt als Paneele in Deutschland, ergibt dies am Ende nur halb so viel Energie, wie sich hierzulande erzeugen lässt. Es ist also zwingend, dass Deutschland so schnell wie möglich seine eigene grüne Infrastruktur aufbaut.

Trotzdem ist es richtig, in Namibia zu investieren – damit Afrika klimaneutral werden kann. Aber es wäre eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass Ökostrom wie Öl oder Gas funktioniert. Die fossilen Brennstoffe ließen sich tatsächlich billig und im Überfluss aus dem Ausland einführen. Die grüne Energie hingegen wird durch Importe teurer. Das ist bitter, weil es bedeutet, dass die grüne Energie knapp bleiben wird.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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