F-35-Waffendeal mit Vereinigten Staaten: Kampfjets ohne Preisgarantie

Die Ampelkoalition hat den Kauf atomwaffenfähiger Flugzeuge vom Typ F-35 beschlossen. Unruhe gab es zuletzt wegen möglicher Preissteigerungen.

F-35 Flugzeug steht auf einer Rollbahn hinter einer Absperrung

Verbrennt nicht nur Geld: F-35 bei der ILA Show in Berlin Foto: Axel Schmidt/reuters

BERLIN taz | Kurz vor der Entscheidung legt sich die Friedensbewegung noch mal ins Zeug: Für Mittwochmittag planen Anti-Atomwaffen-Aktivisten eine Foto-Aktion vor dem Reichstagsgebäude. Ein Kampfjet-Modell wollen sie kameratauglich in den Müll werfen. Greenpeace ist auch noch mal aktiv geworfen und hat den Abgeordneten des Haushaltsausschusses einen letzten Brief geschrieben.

„Bitte stimmen Sie der Beschaffung der F-35 nicht zu – als Signal für die atomare Abrüstung“, appellierte die Organisation. Bewirken wird aber alles nichts mehr: Mit der Mehrheit der Ampel-Fraktionen wird der Ausschuss dem Kauf der Kampfjets am Mittwoch voraussichtlich zustimmen.

Damit endet die jahrelange Debatte darüber, mit welchen Flugzeugen die Bundeswehr ihre altersschwachen Tornados ersetzen wird. Den Ausschlag für die F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin hat dabei gerade der Punkt gegeben, an dem sich die Friedensbewegung so stört: Im Unterschied zu anderen Jets kann sie, wie schon der Tornado, mit US-Atombomben bestückt werden. Am Nato-Konzept der Nuklearen Teilhabe, demzufolge die Bundeswehr diese Waffen im Ernstfall einsetzen würde, wollte die Ampel nach Beginn des Ukrainekriegs nicht rütteln.

Dass es in der Koalition zuletzt doch noch mal Diskussionen über das Projekt gab, hatte einen anderen Grund: Die F-35 ist der erste große Posten, der aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr bezahlt wird. Ausgerechnet hier entstanden vor zwei Wochen Zweifel daran, dass das Verteidigungsministerium aus missglückten Beschaffungsvorgängen der Vergangenheit die richtigen Lehren gezogen hat.

Teurer Umbau in Büchel

Auslöser war die Beschaffungsvorlage für die Flugzeuge, die das Verteidigungsministerium den Abgeordneten vorab übermittelt hatte. Auf mehrere Risiken wies das Ministerium darin hin. Es geht los beim Preis: 7,6 Milliarden Euro sollen die insgesamt 35 Jets kosten. Mit Zubehör, Waffen und weiteren Ausgaben soll sich das Projekt auf insgesamt 9,99 Milliarden Euro belaufen. Dabei handelt es sich aber nur um eine Art Kostenvoranschlag, den die US-Seite nach der Zustimmung des Bundestags noch verändern könnte: „Die verbindlichen endverhandelten Preise werden anschließend mit einer einseitigen Vertragsänderung durch die US-Regierung übermittelt.“

Dazu kommt, dass die F-35 vielleicht nicht rechtzeitig zur Lieferung der ersten Maschine (geplant für 2027) eine behördliche Zulassung bekommt. „Der Flugbetrieb könnte dann gegebenenfalls nur unter Einschränkungen aufgenommen werden“, heißt es in der Vorlage. Vor allem aber: Am Fliegerhorst Büchel, an dem die Jets stationiert werden sollen, muss die Bundeswehr aufwendig umbauen. Die USA stellen hohe Sicherheitsanforderungen an Käufer der F-35, fordern etwa den Bau speziell gesicherter Hangars. Eine „zeitgerechte Realisierung“ sei „höchst ambitioniert“, schrieb das Ministerium in die Vorlage. Mit Verzögerungen und Mehrkosten müsse gerechnet werden.

In den Medien und im Bundestag sorgten diese Punkte zwischenzeitlich für Aufruhr. Das Ministerium beschwichtigte sowohl öffentlich als auch in Gesprächen mit Abgeordneten: Mögliche Risiken in Vorlagen zu schreiben, sei normal. Das heiße nicht, dass sie auch eintreten. Im Gegenteil: Habe man Probleme auf dem Schirm, könne man sie auch lösen. Für die Bauarbeiten in Büchel will das Ministerium beispielsweise Unternehmen beauftragen, die schon in Nachbarländern Militärflugplätze für die F-35 vorbereitet haben.

Die Ampel-Abgeordneten konnte das Ministerium in den Gesprächen überzeugen. Im Haushaltsausschuss sind die Zweifel zumindest so weit verflogen, dass die Zustimmung am Mittwoch nur noch Formsache ist. Irritiert ist man im Bundestag aber immer noch darüber, dass das Ministerium die Risiken nicht früher kommuniziert und erklärt hat. Misstrauen ist weiter spürbar.

„Die Umsetzung der Zeitenwende geht im Verteidigungsministerium leider nur schleppend voran. Nach wie vor besteht bei der Beschaffung große Reformnotwendigkeit“, sagt der Grünen-Abgeordnete Sebastian Schäfer. Auch die Vorlage zur F-35 habe viele Fragen aufgeworfen. „In zahlreichen Gesprächen der vergangenen Woche konnten jetzt Klärungen erzielt werden. Damit kann diese zentrale Beschaffung auf den Weg gebracht werden“, sagt er – kündigt aber an: „Als Parlament werden wir die Sicherstellung der Einsatzfähigkeit weiterhin eng begleiten.“

Damit werden die Abgeordneten gut beschäftigt sein, steht doch nicht nur der Kauf der F-35 an. Insgesamt acht Beschaffungsvorhaben hat die Bundesregierung dem Haushaltsausschuss allein für die Sitzung am Mittwoch vorgelegt. Der Großteil davon soll ebenfalls aus dem Sondervermögen bezahlt werden. Unter anderem auf der Liste: Schneefahrzeuge, ein Upgrade für Puma-Schützenpanzer und digitale Funkgeräte.

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