piwik no script img

Dunkelflaute treibt Strompreis hochEndlich im Rampenlicht

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Der Zubau an Erneuerbaren läuft und damit bekommt Deutschland ein neues Problem: die Dunkelflaute. Ihre Prominenz kann helfen, eine Lösung zu finden.

Haben auch ihre Tücken: Windräder stehen bei Flaute still. Wenn dann auch keine Sonne scheint, spricht man von Dunkelflaute Foto: Jens Büttner/dpa

D as Gute vorweg: Das Wort „Dunkelflaute“ ist endlich im allgemeinen Sprachgebrauch angekommen. Gemeint sind damit Zeiten, in denen Photovoltaik und Windkraft gleichzeitig als Stromlieferanten im Netz ausfallen.

Ein griffiges Wort ist viel wert, schließlich kann es helfen, das betreffende Phänomen und die daraus folgenden Notwendigkeiten prominenter auf die Tagesordnung zu bringen. Genau darauf darf man nun hoffen, nachdem die Witterung der letzten Wochen dem Wort einen erheblichen Popularitätsschub beschert hatte.

Bislang waren die Ambitionen, den Umgang mit Dunkelflauten zu diskutieren, vielerorts eher gering. Eher konnte man oft den Eindruck gewinnen, relevante Kennziffern für den Erfolg der Energiewendepolitik seien einzig und allein die Zubauzahlen bei Windkraft und Photovoltaik sowie der Rückbau bei der Kohlekraft.

Dass das Stromsystem inzwischen immer öfter in fatale Extremsituationen gerät, hören viele Freunde der Energiewende nicht gerne. Doch man muss sich der Realität stellen, dass sowohl die Stunden mit Stromüberschuss (erkennbar an negativen Strompreisen im kurzfristigen Stromhandel), als auch solche mit Stromknappheit (explodierende Preise) deutlich zunehmen.

Speicher, Speicher, Speicher (und Wasserstoff)

Vollumfängliche Abhilfe werden nur Speicher schaffen. Und die benötigten Kapazitäten werden nur Gase – speziell der Wasserstoff – bieten können. Das Problem: Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur ist so teuer, dass ohne Steuergeld nichts läuft. Längst rufen sowohl potenzielle Erzeuger von Wasserstoff, Betreiber von Gasnetzen und nicht zuletzt potenzielle Abnehmer nach Förderung. Dreifach Staatsgeld, da kommt was zusammen.

Die neue Bundesregierung wird das Thema jedenfalls nicht mehr so verdruckst diskutieren können, wie es bisher der Fall war. Eine Lösung könnte sein, Gelder aus der Förderung des Zubaus fluktuierender Erneuerbarer zum Wasserstoff umzuschichten. In jedem Fall darf das Wort „Dunkelflaute“ in keinem Papier zur Energiezukunft mehr fehlen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Das ist ein wirklich großes Problem und muss angegangen werden. Und zwar mit Blick auf heute und morgen, nicht mit der Attitüde "früher war alles besser".



    Fakt ist: Wenn Wind- und Solarkraft da sind, sind sie unglaublich preisgünstig. Das gilt nicht nur bei uns, sondern Weltweit und mit steigenden Kapazitäten.



    Es zeichnet sich ab, dass die nächtliche "Flaute" der Solartechnik mittelfristig mit Batteriespeichern abgefangen werden kann. Doch bei mehrwöchigen Flauten wird es schwierig.



    Das grundsätzliche Problem von Speichern ist, dass sie keine Ware produzieren, sondern nur Kosten verursachen. Das Problem von Pufferkapazitäten in der Erzeugung ist, dass sie nur wenige Wochen im Jahre ausgelastet sind. Das wird immer teuer. Egal, ob es sich um Gas-, Kohle- oder Atomkraft handelt. Atomkraft sprengt schon im Dauerbetrieb alle Kostengrenzen und Kohle ist nun wirklich nicht gut fürs Klima. Es bleibt also nur Gas.



    Ein relativ günstige Lösung für die Gasversorgung wäre möglicherweise, jegliches im Jahresverlauf erzeugte Biogas zu speichern. Doch die Geräte, die dann daraus Strom produzieren, müssen finanziert werden.



    Die große Frage ist: Wird das unterm Strich wirklich teurer?

    • @Jörg Schubert:

      " ... jegliches im Jahresverlauf erzeugte Biogas zu speichern. "

      Das geht nur dann, wenn eine Biogasanlage ins Gasnetz einspeisen kann. Ist eine Gasleitung nicht in der Nähe, was meistens der Fall ist, kann das Biogas auch nicht nennenswert gespeichert werden.

  • Speichertechnologien sind geradezu zwingend, nur scheint es, dass doch allzu gern die Verantwortung wieder auf den Kunden geschoben wird, Stichwort flexible Tarife.



    Völlig zahlenfrei wird suggeriert, dass doch alle nur gemeinsam, nach Sonnenstand und Windgeschwindigkeit Ihren Bedarf über den Preis gesteuert anpassen müssten, dann sei die Dunkelflaute kein Problem mehr.



    Dieses Muster ist alt bekannt und für die Politik einfach und für die Wirtschaft lukrativ. Nur löst es leider nicht das Problem.



    Zu befürchten ist, dass Politik zunächst diesen Weg forcieren wird, um Diskussionen um staatliche Förderungen für Speichertechnologien zu vermeiden.



    Flexible Tarife sind genau wie die Aktienrente Bauchgefühlpolitik, schaut man auf die Zahlen wird klar, dass die Effekte zu gering sind, um etwas zur Lösung beitragen zu können. Aber es klingt zumindest schmissig und eingängig.

    • @nutzer:

      Der bedarfsgesteuerte Verbrauch hat vielen Fällen durchaus Berechtigung. Es ist oft völlig unsinnig, nachts Batterien zu laden, wenn am Tag die Sonne scheint.



      Als alleinige Lösung taugt das natürlich nicht.



      Übrigens: "Bauchgefühlpolitik" wird von Wähler:innen gefördert, die nach Bauchgefühl wählen gehen.

  • "... Stunden mit Stromüberschuss (erkennbar an negativen Strompreisen im kurzfristigen Stromhandel) ..."

    Negative Strompreise entstehen nicht durch zuviel EE-Strom, sondern dadurch, dass Kohle-Kraftwerke nicht so schnell geregelt werden können, wie an der Strombörse gehandelt wird.

    • @Knuty:

      So pauschal kann man das nicht sagen. Kraftwerke können nun mal nicht ins Negative gehen. 110% EE - Kapazität hatten wir an vielen Sonntagen in diesem Jahr.

      • @Jörg Schubert:

        An welchen Sonntagen soll das gewesen sein?

  • Es gibt Grenzen, was der Staat finanzieren kann.



    Zum Beispiel einfach deshalb, weil auch die Staatseinnahmen erst einmal erwirtschaftet werden müssen und nicht vom Himmel fallen.

    Für einen einmaligen Anschub, damit der Markt dann von allein läuft, ist das sinnvoll.



    Beim Wasserstoff allerdings läuft es auf dauerhafte Subventionen hinaus, weil die Technik noch lange wirtschaftlich nicht tragfähig ist!

    Daher sind sie nicht nur sinnlos, sondern werden auf Dauer auch nicht funktionieren.



    Denn wer soll die Steuern bezahlen, aus denen sich die Subventionen speisen, wenn die Industrie nur mit Subventionen noch überleben kann?



    Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

    Die Lage ist so klar wie traurig:



    Es gibt aktuell keine wirtschaftlich sinnvolle Speichertechnik, die im notwendigen Umfang einsetzbar wäre.



    Und das heißt: Die einseitige Ausrichtung auf Wind und Sonne war ein Holzweg.



    Wir brauchen dringend ein Umsteuern.

    • @Frauke Z:

      Wohin sollte denn umgesteuert werden?

    • @Frauke Z:

      Ja wohin denn? Ein Kohlekraftwerk ist nur dann billig, wenn und das Klima scheißegal ist. Und Atomkraftwerk war nie billig, sondern immer subventioniert. Siehe alle aktuellen Neubauten, siehe EDF in Frankreich, u.s.w.

  • Es besteht die Gefahr, dass höhere Strompreise und unsichere Stromversorgung dazu führen, dass immer mehr Menschen "saubere" Stromerzeugung ablehnen und wieder nach den alten AKW und Kohlekraftwerken rufen. Und so manche Partei wird mit "früher war es billiger und sicher verfügbar" neue Wähler fangen.



    Ganz zu schweigen von immer mehr Unternehmen die der Strompreise wegen ins Ausland abwandern oder gar schon abgewandert sind.

    • @Hans Dampf:

      Strompreisvergleiche sind so eine Sache und ob das Ausland wirklich so viel billiger ist, da würde ich mich nicht drauf festlegen wollen.



      Ein kurzer Check per Google ergibt für Dtl 39,5ct /kWh und für Schweden 24,3 ct/kWh, klingt erstmal eindeutig, ist es aber nicht.



      In D zahlen wir aktuell weniger als die angegebenen 39ct, in Schweden zahlen wir ohne Verbrauch Grundgebühren für den Stromanschluß und die Netznutzung, die nur knapp unter unserem dt Monatsabschlag liegen. Sobald wir in Schweden anfangen Strom zu verbrauchen sind wir auf dem dt Niveau oder sogar drüber. Da hilft die güntigere kWh auch nicht.



      Lange Rede kurzer Sinn, ob und wie das in anderen europ. Ländern ist, wäre erst einmal zu klären, bevor medienwirksam der kWh Preis verglichen wird.

    • @Hans Dampf:

      Die Realisierung Ihrer Befürchtungen lassen sich aber nur vermieden, wenn ein Stromspeicherkonzept errichtet wird, dass als Scharmsystem dezentral alle privaten Stromerzeuger mitnimmt. Dann lohnt es sich auch für jeden Mieter seinen "kleinen" dezentralen Stromspeicher bei Überschuss zu beladen, und so das Stromnetz zu entlassten. Damit sparen wir zudem Netzausbaukosten und lenken diese in lukrative private Investitonen um. Das die Stromspeicher nicht bereits in Quartiersgröße oder an Trafopunkten bestehen liegt an unseren noch immer monopolistischen Stromversorgerstrukturen, bzw. Netzbetreibern. Auch in diesem Bereich wurde im zurückliegendem CDSU (Merkel) - SPD Jahrzehnt die Infrastruktur durch Hern Altmaier bis Hrn. Scholz geschleift, um den Konzernen genug Profit für die Aktionäre zu ermöglichen. Solch eine Politik ist verdeckte Umverteilung von staatlichen Geldern an Millionäre und Milliardäre.

      • @Sonnenhaus:

        ein systemisches Problem, lässt sich nicht durch dezentrale, ungenau geregelte Mechanismen lösen.



        Dezentral ist gut, muß aber auch dirigiert werden. Zu einer wirksamen Regulierung taugt der Preis aber nicht. Da neben dem Preis auch Lebensrealitäten die Umsetzung konterkarieren.



        Selbst bei 100% Effizienz der Regulierung über den Strompreis wäre es nicht ausreichend.



        Privathaushalte verbrauchen rund 28,7% des Gesamtstromverbrauchs. Im Extremfall müssen 66,94% des Stromverbrauchs gepuffert werden.

    • @Hans Dampf:

      Wenn wir die Kraftwerke nicht bauen, dann werden sie von unseren Nachbarn an unserer Grenze errichtet und wir kaufen den Strom dann teuer ein.

      Die Unternehmen sind dann natürlich schon weg.

      • @DiMa:

        Der Strom wird natürlich im Ausland eingekauft, weil er dort billiger ist als im Inland. Bei den Spitzenpreisen in den letzten Tagen war der Strom aus dem Ausland günstiger und wurde deshalb importiert, nicht nur weil es einen Versorgungsengpass im Inland gab. Dt Kraftwerke wären teurer gewesen.



        Stromimporte dienen der Kostensenkung.

  • Wasserstoff ist nur aufwändig zu speichern. Festlegen darauf sollte man sich nicht, während die Batterien-Ideen gerade aus den Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten in die Prüfung gehen. Oder auch Biomethan gewonnen werden könnte - oder oder.

    Auch mal kurz den Verbrauch runterfahren, wer kann, wenn es insgesamt dadurch günstiger wird (Erneuerbare), ist übrigens auch eine Methode.

    Wir haben andere mindestens ebenso dringende Baustellen in dem Bereich, etwa die Erneuerung des Netzes, wo einige Betreiber zu lange das Geld an Eigentümer und Toiletten mit Marmor ausgegeben haben, statt mal die Querschnitte zeitig zu erweitern.

    • @Janix:

      Laut Agorameter, wird konstant, tagein tagaus 4-5 Gigawatt an Biomasse verstromt. Zusätzlich brennt ein unbekannter Anteil Biogas in Heizungen.



      Würden wir das Gas speichern statt gleich verfeuern, hätten wir schon mal 5 Wochen im Jahr mindestens 50 GW.



      Billig wird das nicht. Die 90% des Jahres stillstehenden Gasturbinen wollen trotzdem finanziert und gewartet werden.

  • Mich stört die Naivität an dem Artikel. Warner und Pessimisten weisen schon sehr lange darauf hin, dass Windräder und PV-Anlagen nicht ausreichen werden.

    Und um ehrlich zu sein, wird es aus meiner Sicht nie genug Speicherkapazitäten oder Wasserstoff geben. Die Zeche zahlen die Verbraucher (auch im Ausland).

  • Komischer Kommentar. 'Dunkelflaute' ist doch nicht erst seit letzter Woche allen mehr oder weniger Interessierten ein Begriff. Und Speicher mögen eine Lösung sein, aber auch ggf. die Gaskraftwerke (oder andere fosil betriebene), die dann für einige wenige Tage im Jahr CO2 ausstoßen. Das Vorhalten mag dann für diese 'Dunkelflaute'-Tage teuer sein, aber übers Jahr betrachtet immer noch sehr günstig.