Druck auf Nichtregierungsorganisation: Campact verliert Gemeinnützigkeit
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs gegen Attac erkennt das Berliner Finanzamt der Kampagnenorganisation Campact die Gemeinnützigkeit ab.
Die Entscheidung des Finanzamts sei eine direkte Folge des Attac-Urteils vom Februar 2019, teilte Campact mit. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte der globalisierungskritischen Organisation die Gemeinnützigkeit aberkannt. Die Richter begründeten das mit allgemeinpolitischen Forderungen und Kampagnen von Attac. Viele Organisationen fürchten seitdem, dass es ihnen ähnlich ergeht. Durch den Entzug der Gemeinnützigkeit können zum Beispiel Spenden nicht mehr steuerlich abgesetzt werden, was die Finanzierung der Organisationen gefährdet. Vertreter von NGOs sehen in der drohenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit einen Angriff auf die Zivilgesellschaft.
„Nach Attac ist jetzt Campact an der Reihe und verliert den Status der Gemeinnützigkeit“, sagte Campact-Vorstand Felix Kolb. „Was für ein fatales Zeichen: In Zeiten, wo hunderttausende Menschen mit Campact für Klimaschutz und gegen rechts auf der Straße streiten, wird deren Engagement als nicht gemeinnützig abgewertet und entwürdigt.“
Verantwortlich dafür sei vor allem Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Er drücke sich seit Monaten um eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts, die endlich Rechtssicherheit schaffen würde. „Die Gesetzgeber in Bund und Ländern müssen endlich den völlig veralteten Zwecke-Katalog reformieren und den Begriff der politischen Bildung aus seiner BFH-Zwangsjacke befreien“, forderte Kolb. Scholz hatte bei einer Veranstaltung zum SPD-Vorsitzenden-Casting Mitte September angekündigt, “in wenigen Wochen“ einen Reformvorschlag vorzulegen.
Nach eigenen Angaben hatte Campact die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für die Jahre 2015 bis 2017 im Dezember 2018 rückwirkend beantragt. Das sei üblich, hieß es in der Erklärung der Organisation. Die Entscheidung des Berliner Finanzamts trifft Campact nicht unvorbereitet. Die Organisation hat bereits seit dem Attac-Urteil keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“