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Diskurs gone wrongWar Hitler etwa kein Rassist?

Rassismus gegen Weiße gibt es nicht, heißt es immer wieder. Das ist geschichtsvergessen – und eine Beleidigung für Millionen Mi­gran­t*in­nen.

Frank-Walter Steinmeier spricht zum 80. Jahrestag der Massenmorde von Babyn Jar in Kiew Foto: Sandra Steins/dpa

K urz nachdem Frank-Walter Steinmeier in der Ukraine der Opfer des Massakers von Babyn Jar gedacht hat, diskutiert man hierzulande wieder darüber, ob es Rassismus gegen Weiße gibt. 80 Jahre nach dem Überfall der Nazis auf die Sowjetunion – wir erinnern uns: ein rassenideologischer Vernichtungskrieg mit dem Ziel, „Lebensraum“ zu schaffen –, nach mindestens 24 Millionen sowjetischen Opfern, sagen Deutsche, die stolz darauf sind, ein paar Fetzen des sogenannten rassismuskritischen Diskurses mitgekriegt zu haben: Rassismus gegen Weiße? Hat es nie gegeben! Gratuliere zu dieser sagenhaft dummen Einsicht.

Rassismus gegen Weiße mag sich von dem gegen Schwarze unterscheiden, sehr sogar, aber es gab und gibt ihn. So kompliziert ist es leider. Und alle, die sich jetzt freuen, „Rassismus!“ rufen zu dürfen, wenn jemand sie Kartoffel nennt – einfach psssssssst.

Das Problem ist: Man ist zu faul, passende Begriffe zu finden und übernimmt welche aus den USA. Aber Menschen in Kategorien zu stecken, geht eh meistens schief, und wenn die dann noch aus einem anderen Kontext stammen, bringt das nichts als Verwirrung. Bestes Beispiel: Die Kategorie „weiß“. Mal ist eine Hautfarbe gemeint, mal eine Position im gesellschaftlichen Machtgefüge. Am Ende kommt etwas raus wie: Europäische Juden sind weiß, aber wenn sie eine Kippa tragen, sind sie es nicht. Wer soll damit was anfangen? Warum benutzen wir nicht Worte, die nicht auf Farben verweisen, um Klarheit zu schaffen? Weil es am Ende doch oft um Farben geht. Und um Augenformen und Haare.

Eine Studie mit Rassenkategorien

Die Uni Rostock brachte zusammen mit der MaLisa-Stiftung Anfang des Monats eine Studie heraus. Es ging unter anderem darum, wie gut „Menschen mit Migrationshintergrund und Schwarze Menschen/People of Colour“ in den Medien repräsentiert sind. Um das auszuwerten, legten die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen eine Schautafel an, mit, man kann es nicht anders nennen, Rassenkategorien. „Südostasiatisch/Ostasiatisch (erkennbar an der Form der Augen)“ steht da zum Beispiel, Bilder entsprechender Asia­t*in­nen sind auch dabei. Dann machten die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen den Fernseher an und schrieben denen, die sie sahen, munter ethnische Zugehörigkeiten zu. Die Kategorie „weiß“ vernachlässigten sie, weil: Eine Schwedin, nur so als Beispiel, erfahre in Deutschland keinen Rassismus. Eine Schwedin?

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

In Deutschland leben mindestens 3 Mil­lio­nen Menschen mit einem postsowjetischen Migrationshintergrund. Das ist die größte Mi­gran­t*in­nen-Gruppe. Die meisten Jüdinnen und Juden, die hier leben, sind aus diesem Raum eingewandert. Für die Uni Rostock aber spielte das keine Rolle. Weil: Phänotyp weiß. Rassismuserfahrung = 0. Repräsentierung: egal. Dabei gibt es übrigens allein in Russland mehr als 100 Ethnien.

Leute wie ich, Weiße mit Migrationshintergrund, werden gern dazugezählt, wenn es darum geht, die Masse zu betonen. 26 Prozent der Gesellschaft haben einen Migrationshintergrund! Mehr wissen will man aber nicht, weil dann das Schwarz-Weiß-Konstrukt zerfällt und alles unnötig kompliziert wird. Am Ende müsste man noch mit Leuten sprechen, die in Fleischfabriken arbeiten.

Für Deutsche gehört es zum guten Ton, gegen Rassismus zu sein (Vergangenheit und so). Die Gruppe, die in dieser Vergangenheit das größte Opfer deutscher Rassisten war, blenden viele dabei aus.

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Viktoria Morasch
taz am wochenende
war bis Dezember 2021 Redakteurin, Reporterin und Kolumnistin der taz am wochenende
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49 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Aus Anlass eines nicht gebrachten Beitrags:



    Ich gebe ja zu, dass so ein Forumsbeitrag schon mal weh tun kann, nur ist es wirklich so schlimm, wenn man die Existenz von Rassismus erst mal eingesteht und nach den Bedingungen fragt unter denen er gefährlich wird und eher an die Pflicht und Fähigkeit des Staates zum Schutz vor den Auswirkungen von Rassismus glaubt, als an die Besserung des Menschen. Rassismus existiert, überall, ich habe jede Sympathie dafür ihn zu bekämpfen, wichtiger aber ist, ihn unwirksam zu machen.

  • Rassismus - Faschismus - völkischer Nationalismus - Fremdenfeindlichkeit - Antisemitismus - ...alles schön in einen Topf schütten, ja nicht umrühren und dann die "Weißen" aus dem brauen Kaffeesatz lesen...



    Das kommt davon, wenn Geschichte und deren Kontinuitäten selektiv verbrähmt werden...



    Differenzlinien zum Diskriminieren gibt es viele und nicht jede differente "Herkunft" wird auf rasseideologischem Niveau diskriminiert...



    Das Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit beinhaltet freilich auch Rassismus, bietet allerdings eine weitaus breitere Palette zur Begründung von faschistischen Ausrottungsfantasien, die eben nicht rassistisch definiert sind...

  • Die systematische und strukturelle Benachteiligung von Ostdeutschen ist also gar kein Rassismus? Oder vielleicht doch?

    • @TazTiz:

      Richtig!



      Das ist westdeutscher Chauvinismus oder (Mauer)Nationalismus ... oder wollen Sie "Ostdeutsche" etwa als eine eigene "Rasse" etablieren?



      Die systematische und strukturelle Benachteiligung von "Weißen" Teilgruppen - wie z.B. auch Frauen, sog. "Behinderten", Armen, Alten oder oder oder ist keine rassistische Diskriminierung... ;o)

  • "Was im Artikel gemeint ist, ist der strukturelle Rassismus und den können weiße Menschen nicht erleben."

    Schwachsinn wird durch Wiederholung auch nicht wahrer! Natürlich erleben weiße Menschen keinen strukturellen Rassismus in einer "weißen" Mehrheitsgesellschaft. Aber was ist mit Weißen in einer "schwarzen" Mehrheitsgesellschaft?

    • @Mustardmaster:

      @mustardmaster



      Rassistische Prägung kann kolonialisierte Gesellschaften in der Form betreffen, dass einige, viele oder die meisten rassifizierten Menschen das Unterdrückungssystem und die Hegemonie der Weißen internalisieren und reproduzieren. Weiße oder "hellere" Schwarze/PoC werden so als höherklassiger wahrgenommen und sozial/ökonomisch gestellt. Stuart Hall hat das z.B. untersucht, ich glaube für Trinidad oder Jamaika (??). So mächtig ist diese Scheiße. Ihre Frage klingt erstmal logisch, sie ist es historisch jedoch nicht und sie riecht überdies nach What-Aboutism. Ich finde auch, dass Sie die Frage hier nicht nur stellen, sondern auch ein bisschen nach Antworten googeln könnten.

  • Zum Rassismus gibt es verschiedene Definitionen.



    MMn bezeichnet man die Jahrhunderte andauernde weltweite Vorherschaft der weißen Europäer ggü der einheimischen Bevölkerung als Rassismus.



    Dies geschah in der Vorstellung, dass man durch seine eigene Hautfarbe und der christlichen Religion auf Grund der Gnade irgendeines weißen Gottes ein Anrecht auf die Weltherrschaft hätte.



    Ich kenne heute kein ehemals kolonialisiertes Land, in dem die Indigene Bevölkerung in der Masse die Macht über die Produktionsmittel hätte und die weiße Bevölkerung darunter leiden müsste. Deshalb gibt es dort auch keinen Rassismus ggü Weißen.



    Weiße Menschen werden dort nicht durch Ausbeutung unterdrückt. Unterdrückung und Ausbeutung ist aber ein zwingender Bestandteil des Rassismus.



    Der "Rassismus" in der Sowjetunion im zweiten WK hatte nichts mit einer Hautfarbe, sondern mit einem politischen System sowie Gebietsansprüchen zu tun, Nationalismus vs Kommunismus, "Volk braut Raum" usw..

    • @Ber.lin.er:

      "Ich kenne heute kein ehemals kolonialisiertes Land, in dem die Indigene Bevölkerung in der Masse die Macht über die Produktionsmittel hätte und die weiße Bevölkerung darunter leiden müsste."



      Ein kurzer Blick Richtung südafrikanische Staaten (Botswana, Namibia) und die dortigen Entwicklungen könnte helfen, derartige (Selbst)-Gewissheiten aufzuweichen.

    • @Ber.lin.er:

      In den USA dreht sich die Rassismus-Diskussion vor allem um das Verhältnis der historisch zugewanderten "Weißen" aus Europa zu den ebenfalls zugewanderten "Schwarzen"; die einheimische Bevölkerung spielt eine Nebenrolle.

      Statt "MMn bezeichnet man die Jahrhunderte andauernde weltweite Vorherschaft der weißen Europäer ggü der einheimischen Bevölkerung als Rassismus."

    • @Ber.lin.er:

      Rassismus macht sich nicht nur an Hautfarben fest. Die Gebietsansprüche an den "Lebensraum im Osten" wurden mit einer rassischen Überlegenheit der "arischen Deutschen" gegenüber den "slawischen Untermenschen" gerechtfertigt, die im Rahmen des Genralplan Ost zu großen Teilen vernichtet oder deportiert werden sollten. Hitler über den "russischen Raum": "Der russische Raum ist unser Indien, und wie die Engländer es mit einer Handvoll Menschen beherrschen, so werden wir diesen unseren Kolonialraum regieren. Den Ukrainern liefern wir Kopftücher, Glasketten als Schmuck und was sonst Kolonialvölkern gefällt."

    • @Ber.lin.er:

      Unterdrückung und Ausbeutung der von den Nazis als "Untermenschen" bezeichneten Bevölkerungsmehrheit der Sowjetunion durch die "arische Herrenrasse" waren der Zweck des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion. Das ist eindeutig Rassismus und zeigt, dass Rassismus nicht immer die Hautfarbe zum Gegenstand hat. Wer jeweils in die zu unterdrückende und auszubeutende "Rasse" eingestuft wird, bestimmt der Rassist, und zwar nicht nach logischen und konsequenten Kriterien, sondern danach, was gerade seinen Interessen dient. Rassismus ist nämlich niemals "objektiv", sondern stets eine wahnhafte Ideologie. Die Nazis hatten z. B. keine Probleme damit, die polnische Bevölkerung als "rassisch minderwertig" zu klassifizieren und zugleich die zahlreichen vor dem ersten Weltkrieg ins Ruhrgebiet gezogenen Deutschen polnischer Abstammung als "Arier" einzustufen, und die Kroaten standen bei den Nazis hoch im Kurs; da wurde der antislawische Rassismus kurzerhand ausgeblendet.

  • Wie Juden als Weiße zum rassistischen Instrument des Diktators Trujillo auf DomRep wurden:



    www.juedische-allg...uz-in-der-karibik/

  • Nun ja... Bevor man in eine Diskussion geht über "Wer kann alles eigene rassistische Erfahrungen geltend machen". Sollte man sich erstmal auf eine Definition von Rassismus einigen, und wie weit man den enthaltenen Diskriminierungsbereich fasst.



    Im allgemeinen Sprachgebrauch verwenden verschiedene Menschen den Begriff... Naja verschieden eben.

    Geht es um äußerliche Merkmale - Wikipedia;



    Oder um biologische oder ethnisch-kulturelle Merkmale - Duden;



    Oder auch um Religion - Amadeu Antonio Stiftung;



    Oder, oder, oder...



    Es gibt auf jeden Fall verschiedene Diskriminierungsformen ("...ismen"), welche als Rassismus bezeichnet werden.



    Bevor man eine emotionale Diskussion darüber anzetteln kann, wer von Rassismus betroffen sein kann, der sollte vorher sicher sein, dass alle Diskutant*innen über das gleiche diskutieren.

    Deshalb finde ich ist der Artikel (inkl. des Titels) zwar schön provokant, aber eine wirkliche Diskussion lässt er über das Thema nicht zu.

    Hier ein Ansatz dazu...



    www.google.com/url...JucMkHw1pyHz9SZmuG

    • @Schusters Bernd :

      Der von Ihnen verlinkte Ansatz macht den Diskurs nicht leichter, sondern schwerer.

      Er deklariert nämlich unter "Moderner Rassismus 2" Kulturalismus als Rassismus.

      Das Problem ist nur, dass die Unterschiede zwischen Rassismus und Kulturalismus damit negiert werden.

      Die rein rassische Interpretation des Begriffes von Frau Morasch ist für eine Diskusssion deutlich hilfreicher.

    • @Schusters Bernd :

      Stimme voll zu.

  • Das klingt doch ein bisschen nach "auch Deutsche unter den Opfern". Dabei ist das doch eigentlich offensichtlich. Historisch aber auch aktuell. Der im Moment so schrecklich beliebte Antirassismus scheint schon mächtig blind zu sein, wenn man ihn daran erinnern muss, dass nicht nur die Hautfarbe einen Unterschied macht. Differenzieren und umbenennen ist da übrigens der völlig falsche Weg. Was soll das nützen? Und wem? Viel wichtiger wäre sich die Ursachen genauer anzusehen, es handelt sich ja in aller Regel einfach um Vorurteile, die erst angesichts sozialer Verwerfungen überhaupt wirksam werden. Ganz wichtig wäre auch die Formen und Muster der tatsächlichen Diskriminierung aufzubrechen.

  • Ich finde, eine Klarstellung was mit Rassismus im Artikel genau gemeint ist, wäre im Artikel super hilfreich gewesen. So beruht die Prämisse des Artikels auf einem Fehlschluss, da er verschiedene Definition von Rassismus vermischt.



    Im allgemeinen Sprachgebrauch ist häufig nur der "naive Rassismus" gemeint, welcher Rassismus schlicht auf die Diskriminierung einer Person aufgrund des Äußeren, der Herkunft, etc. reduziert. Aber diese Definition ist zu einfach, daher auch "naiver Rassismus". Was im Artikel gemeint ist, ist der strukturelle Rassismus und den können weiße Menschen nicht erleben. Struktureller Rassismus ist systematische Unterdrückung einer schwächeren Bevölkerungsgruppe, welcher über Jahrhunderte geht und bis heute reicht. Siehe die Versklavung der schwarzen Menschen in Afrika oder die Vertreibung und Ausrottung von Ureinwohnern in Amerika. Dieses Systeme der Unterdrückung sind heute noch vorhanden, auch wenn sie besser versteckt sind. Ein PoC kann diese Vergangenheit und das auch noch in Deutschland bestehende Systeme der Unterdrückung nicht überwinden. Weiße Menschen habe es in der Vergangenheit nicht erlebt und können es auch heute nicht erleben. Daher meine Schlussfolgerungen von oben. Ich finde es gefährlich, wenn solche Halbwahrheiten verbreitet werden.



    Anschließend muss man sagen, dass die Diskriminierung von weißen Menschen Migrationshintergrund nicht verharmlost werden darf. (Struktureller) Rassismus ist das aber nicht.



    Ich empfehle allen herzlich das Buch Exit-Rassism. Dort wird das alles super erklärt.

    • @Nein, danke:

      Polen und Polinnen sollten der "arischen Herrenrasse" dienen, ihre Eliten sollten ausgelöscht werden (das wurde teilweise auch umgesetzt) und sie sollten nur noch Grundkenntnisse im Lesen und Rechnen beherrschen lernen. Viele von ihnen wurden als Zwangsarbeiter*innen verschleppt. Ebenso die anderen sog. "slawischen Untermenschen" aus der Sowjetunion. Geplant war sogar nach dem "Generalplan Ost, dass 1/3 von ihnen durch Hunger umgebracht werden sollen, 1/3 sollten hinter den Ural deportiert werden und 1/3 sollten versklavt werden. Und Sie behaupten, es habe keinen strukturellen Rassismus gegen weiße Menschen gegeben? Was lernt man heute eigentlich im Geschichtsunterricht?

    • @Nein, danke:

      Vielen Dank fuer die Aufklaerung. Jetzt weiss ich: N-Wort benutzen = Rassismus. Russische Kriegsgefangene (im Unterschied zu westlichen) zu Millionen bewusst verhungern lassen = kein Rassismus, da sie ja weiss waren. Ironie aus.

    • @Nein, danke:

      In Südafrika erleben im Moment viele "weiße" Menschen Diskriminierung und Vertreibung. Diskriminierung geschieht, wenn die Machthaber diese missbrauchen. Die Anfänge erlebt man schon auf dem Schulhof und wird dann Mobbing genannt.

    • @Nein, danke:

      Entschuldigung, aber das ist so schlicht nicht richtig. Zb das osmanische Reich, dessen dominante Bevölkerung nach heutigen Maßstäben als poc, jedenfalls nicht als weiß, gelesen würde, hat am Balkan slawische Bevölkerungsgruppen über Jahrhunderte systematisch unterdrückt. Auch Sklaverei wurde insbesondere an der slawischen Bevölkerung der heutigen Südukraine betrieben.

    • @Nein, danke:

      Weiße Menschen haben keine Vertreibung und systematische Ermordung erlebt? Oh Mann. Viele Juden waren weiß. Und wurden systematisch Vertrieben und ermordet. Polen, auch weiße, wurden Vertrieben und als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Ihre Aussage ist schlicht falsch.

    • @Nein, danke:

      Wie können Sie nach dem lesen des Artikels behaupten, weiße Menschen könnten nicht strukturellen rassismus erleben, wenn genau das - Jahrhunderte der Ausgrenzung und Unterdrückung- auf Juden zutrifft, die ganz überwiegend weißer Hautfarbe sind?

  • Nun, es kommt darauf an, wo man lebt. In Deutschland gehört man zur Gruppe der People of Colour, aber in Lateinamerika ist man weiß. Rassismus ist eine Diskriminierung aufgrund des Phänotyps, und das ist je nach Region der Welt möglich, je nachdem, welcher Phänotyp vorherrschend ist. In Mexiko zum Beispiel bedeutet in bestimmten Regionen weiß zu sein, per Definition Pendejos (Idiot) zu sein, und nun das Problem: Was bedeutet es, weiß zu sein? Wenn man in Europa lebt, gehört man zum Phänotyp Moreno. (Farbige Menschen)



    Meiner Meinung nach besteht das Problem im Wesentlichen in der Diskriminierung aufgrund des Phänotyps, d. h. es kann zu Rassismus gegenüber Weißen kommen. Ich denke, das Problem ist, dass wir in Europa immer an Kolonialismus und Ausbeutung durch den Staat und Europa denken, aber die phänotypische Diskriminierung von Weißen existiert, aber sie ist nicht so grob und aggressiv wie die Diskriminierung von Weißen gegen People of Colour, weil diese Diskriminierung vom Staat (Europa) geschützt wird, die andere nicht.

    • @alf...:

      Als Mexikaner eine Abneigung ggü Weißen zu haben, ist kein Rassismus, sondern eine Antipathie. Rassismus ist strukturell, Gesetze stützen diesen. Das ist in Mexico nicht der Fall. Es stimmt auch nicht, dass Mexikaner Weiße grundsätzlich als Idioten bezeichnen. Als Idioten werden dort Weiße bezeichnet, die koloniales Gehabe offenbaren. Und das ist natürlich in allen Ländern so.

  • Rassismus hat erstmal keine Farbe. Gerade in Deutschland wurde der innerdeutschen Rassismus gefördert. Die Ostfriesenwitze - umgedreht die Weisswurst Grenze - oder der so titulierte sScheiß Preiss in Bayern. Deutschlands Nachbarn Fischköppe > Briten - Spanier Knoblauchfresser - italiener - Itaka. Last but not Least die Zonies > im Osten und die Wessis als Naseweiß.

    In Asien sind wir die Langnasen und in Südamerika ist man als Yankee häufig unerwünscht. Man redete früher gerne auch über Japsen und Reiskocher.



    Und wenn ich über dat Kölsche nachdenke ist da immer noch die große imaginäre Scheinheiligkeit.

    Also fängt Rassismus an - das sind doch eher die "People of Color" welche es echt schwerer haben

    • @Justin Teim:

      Es gibt keinen innerdeutschen Rassismus. Und die Ostfriesenwitze waren wie die Schottenwitze harmlose Neckereien unter Gleichgestellten.

      Die deutschen Holländerwitze (z. B. "Im nächsten Tunnel hau ich dem Holländer noch eine.") sind da schon deutlich aggressiver, haben aber mit Rassismus auch nichts zu tun. Ebenso wenig wie der vor zur Zeit des ersten Weltkriegs in Deutschland verbreitete Hass auf Briten: Das war eine Feindschaft auf Augenhöhe und keine Abqualifizierung von Briten als "minderwertige Rasse".

    • @Justin Teim:

      Ich frage mich, worin der rassistische Anteil in einem Ostfriesenwitz besteht. Haben Sie mal was von Otto Waalkes gesehen. Kennen Sie den Unterschied zw einem "Judenwitz" und einem jüdischen Witz?

      Bsp Ostfriesenwitz:



      Warum nehmen ostfriesische Polizisten immer eine Schere zur Verbrecherjagd mit? – Um den Gaunern den Weg abzuschneiden.



      Bsp jüdischer Witz:



      Hitler schaut in Calais auf den Ärmelkanal hinaus und fragt sich: "Wie kommen wir da nur heil rüber, um England einzunehmen?" Einer seiner Getreuen steht neben ihm und hat eine Idee: "Lassen Sie es uns so machen, wie einst die Juden mit dem Roten Meer." – "Ausgezeichnet", freut sich der Führer "Schafft mir einen Moses herbei!" Aus dem nächstgelegenen KZ wird der erstbeste Moses herangeschafft und vor Hitler gestellt. "Bist du in der Lage, das Meer hier zu teilen", fragt ihn der Diktator. – "Jawohl, ich brauche nur den Stab. Dann ist das alles kein Problem", antwortet der Jude. – "Ja, ja der Stab. Aber wo ist dieser Stab", will Hitler wissen. – "Im British Museum", erwidert Moses seelenruhig.

  • Dazu ein Zitat aus der taz von vor wenigen Tagen:

    "Schwarze, die sich negativ über Weiße äußern, und Weiße, die negativ über Schwarze reden – das wird nie das Gleiche sein, nicht in 100 Jahren. Queers dürfen Heteros ablehnen, aber nicht umgekehrt. Frauen dürfen Männer nicht dabeihaben wollen, aber nicht umgekehrt. Behinderte Menschen dürfen über Nichtbehinderte lästern, aber nicht umgekehrt. Jüdinnen und Juden dürfen sich über nichtjüdische Deutsche lustig machen – umgekehrt keinesfalls."

    Finde den Fehler...

    • @Winnetaz:

      Der Fehler heißt Schubladisierung von Menschen. Ihnen ihre Individualität abzusprechen. Ihre Lebensumstände, ihre Erfahrungen, ihren sozialen Status und ihren persönlichen Charakter zu ignorieren. Und das aufgrund von Hautfarbe und Herkunft.

      Und egal, wie man das nennt und welche Rechtfertigung man dafür bemüht. Es ist immer falsch.

  • Da Juden wegen ihrer "jüdischen Rasse" und Russen wegen ihrer "slawischen Rasse" von den Nazis umgebracht wurden, ist es wohl nicht allzu verwegen, hier von Rassismus zu sprechen.

    "Weißsein" muss kein Dinstinktionsmerkmal sein, um Rassismus zu erfahren.

    Der Punkt ist, dass in dem Diskurs sämtlichen "Weißen" abgesprochen wird, Rassismus erfahren zu können.

    Irreführend oder revisionistisch ist da nun gar nichts dran, in Betracht zu ziehen, dass ein Jude oder Russe Rassismus erfahren haben könnte.

  • Studien wie die hier zitierte versuchen verschiedene Formen des "Otherings" zu erfassen und - ja, dabei lassen sie Trennschärfe vermissen und wärmen rassistische Zuschreibungen auf. Aber:



    Wo Hellerhäutige zu Opfern von Rassismus werden, wird nicht auf die Hautfarbe als Distinktionsmerkmal zurückgegriffen. Eben daher wäre es irreführend - und angesichts der Kolonialgeschichte auch revisionistisch - von "Rassismus gegen Weiße" zu sprechen.



    "Europäische Juden sind weiß, aber wenn sie eine Kippa tragen, sind sie es nicht." Es geht darum, daß sie als Juden erkennbar werden. Das Phänomen Antisemitismus wäre besser nochmal gesondert zu betrachten.

    • @Walter Sobchak:

      Es ist mitnichten irreführend oder gar revisionistisch, von Rassismus gegen Weisse zu sprechen. Menschliche Rassen sind ein Konstrukt von Rassisten, und die konstruieren "Rassen" nicht ausschließlich nach der Hautfarbe. Die Nazis haben u. a. Polen und Russen, die unzweifelhaft "weiss" sind, als "rassisch minderwertig" bzw. als "Untermenschen" bezeichnet, und das war wesentlicher Bestandteil der Ideologie, mit der sie die Eroberung und Plünderung von Polen und der Sowjetunion sowie die Ausbeutung, Versklavung und Ermordung von Polen und Russen rechtfertigten. Rassismus mag als Herrschaftsideologie für den Kolonialismus etabliert worden sein, aber ist keineswegs auf diesen beschränkt. (Vom Antisemitismus der Nazis will ich hier nicht reden, denn Antisemitismus ist etwas anderes als Rassismus, auch wenn die Nazis die Juden ebenfalls als "Rasse" konstruierten.)

    • @Walter Sobchak:

      Hallo Herr Sobschak,

      Interessante und gute Anmerkungen von Ihnen. Ohne jetzt zu Googlen, ist mir Erinnerung, dass die Kopfformen statt der Hautfarben eine Rolle oft spielten. Es ist und bleibt widerlich Menschen anhand von körperlichen Merkmalen einzuteilen und zu diskrimineren.

    • 3G
      34154 (Profil gelöscht)
      @Walter Sobchak:

      1) Bereits die Kategorie "Weiß" ist im deutschen Kontext irreführend. Die Nazis haben eben nicht weiß-POC-Schwarz zu den zentralen Kategorien ihrer Rassengesetze gemacht. Da in der deutschen Geschichte eben mit anderen Kategorien gearbeitet wurde, wirkt es auf mich eher revisionistisch so die zahlenmäßig größten Opfer aus dem Diskurs auszuklammern.

      2) Warum sind dann beispielsweise hellhäutige Türken ohne Erkennbarkeit ihrer Herkunft POC - und hellhäutige Osteuropäer/Juden "weiß". Ferda Ataman, eine führende Stimme im Diskurs, betont jedenfalls immer, dass sie POC sei, obwohl sie optisch (und vom Akzent her) auch als Markus Söders Schwester durchgehen könnte. Warum ist sie auch ohne Erkennbarkeit (Kopftuch, dunklere Haut) "POC" - hellhäutige Juden aber erst, wenn sie eine Kippa tragen?

      3) Und welchen Unterschied macht es, dass Opfer von Rassismus - z.B. die Millionen ermordeten Slawen im 2.Weltkrieg - nicht durch das Distinktionsmerkmal Hautfarbe zu Opfern wurden? Macht es das irgendwie besser?

      • @34154 (Profil gelöscht):

        1. Sie geben mir also Recht: da waren andere Ausschlußmechanismen am Werk, andere (auch nicht äußerliche) "Merkmale" und Zuschreibungen.



        Was ich nicht verstehe: An wen geht der Vorwurf, diese "weißen" Opfer würden ausgeklammert?

        2. Wie man PoC definiert, ohne dabei wieder in den Spuren der "Rassen-" oder "Völkerkunde" zu wandeln, war mir nie so ganz klar. Daher habe ich es immer - definitionsmachtmäßig - den unmittelbar Betroffenen überlassen, das zu tun oder zu lassen.



        Wenn Frau Ataman sich als POC betrachtet - ok. Dennoch würde ich vermuten, daß sich rassistische Attacken auf ihre Person an ganz anderen Zuschreibungen vermeintlicher "Andersartigkeit" entlanghangeln.

        3. Was sollte daran "besser" sein? Rassismus richtet sich immer gegen das konstruiert "Fremde". Aber auch wenn die Kontruktion alles andere als stringent ist, ist es nicht ganz uninteressant - und zur Bekämpfung auch nicht unerheblich, wie jeweils dieses "Fremde" konstruiert wird.

      • @34154 (Profil gelöscht):

        Hallo Rasputin,

        Was genau meinen Sie unter Punkt 1? Werden die Opfer denn ausgeklammert? Ist jetzt nur zu meinem Verständnis und soll keine Kritik darstellen.

        Allgemein will ich sagen, dass



        jedes Opfer eines zu viel ist und die Hautfarbe nicht das einzige rassistische Merkmal war, welches die Nazis zur Einteilung benutzt haben. Wenn nicht die Hautfarbe dann der Schädel oder die ekligen Unterteilung in Arisch und Untermensch. Es jagt mir immer wieder Schauer über den Rücken, daran zu denken was es für widerliche Überzeugungen gab und gibt.

  • Einfach mal reinlesen! Bitter - aber wahr.



    Hitler-Attentat am 20. Juli 1944



    So antisemitisch war der militärische Widerstand



    www.deutschlandfun...:article_id=360880



    “ Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schrieb Claus Schenk Graf von Stauffenberg an seine Frau Nina über seine ersten Eindrücke in Polen:



    „Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt.“



    Jutta Ditfurth hat mehr davon öffentlich gemacht!



    ua “ Der Baron, die Juden und die Nazis. Reise in eine Familiengeschichte. (2013) Überarbeitete Neuausgabe, Hoffmann & Campe, Hamburg 2015,“



    de.wikipedia.org/wiki/Jutta_Ditfurth



    (ps. Derart - Unmißverständliche Briefe gleicher Provenienz konnte ich ua von Müttern von Freunden & Weggefährten lesen.



    Meine Fascho-Lehrer äußerten sich unverhohlen in gleicher Weise:



    “Wasser aus Wand“ “Strickstube“ - noch die mildesten Verbalinjurien!



    Als ich “Jambus“ auch Panzer-Schulze genannt“ - deutsch/geschichte - zart darauf hinwies: Daß die Panzer - T 34 - dieser Untermenschen bis vors Brandburger Tor gerollt seien! Kam außer Wut - “nur weil die Amis Kriegshilfe geleisten haben!“



    Als er versuchte - beim 25. Abi auf schwer dufte zu machen.



    Sprach ich ihn mit seinem Nickname an!



    & Däh => kalkig =>



    “Man ist froh - daß ich jetzt meine Kriegstagebücher rausgegeben habe!“



    “Na toll - Herr Schulze - Sie machen ja weiter wie gehabt! Glückwunsch!“

    So geht das

    • @Lowandorder:

      Der Artikel im Deutschlandfunk ist teilweise absurd. Beispiel: "Die Empörung über den Massenmord an den europäischen Juden war jedoch nicht ausschlaggebend, um Männer wie Axel von dem Bussche zu allem entschlossenen Regimegegnern zu machen." Ein Abschnitt davor wird aber genau beschrieben, was seiner Aussage nach sein Motiv war für einen Selbstmordattentatsversuch: eben dass er direkter Zeuge eines Massenmordes wurde. Andere Beteiligte der Verschwörung, wie z.B. Adam von Trott zu Solz oder Peter Yorck von Wartenburg haben nachweislich Juden und Jüdinnen geholfen, ins Ausland zu entkommen. Hans von Dohnanyi wird deshalb sogar in Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt. Stauffenberg war sicher zunächst ein arroganter, auch rassistischer Aristokrat, aber er hat immerhin einen untergebenen Offizier, der zwei Polinnen umbringen hat lassen, vor ein Kriegsgericht gebracht und er hat heimlich Kriegsverbrechen dokumentiert, um diese später gegen die Nazis verwenden zu können. Ich denke, er hat einen Gesinnungswandel durchgemacht, sonst hätte er sich nicht mit dem Sozialdemokraten Julius Leber angefreundet. Er wollte, dass dieser Kanzler wird. Natürlich gab es auch Antisemiten und auch Opportunisten, die sich ziemlich spät der Verschwörung angeschlossen haben - die Verschwörer konnten auch nicht wählerisch sein, wenn es um Unterstützung ging. Die waren aber nicht die einzigen und stehen nicht für die ganze Verschwörung!

      • @LeandraM:

        En passant - “absurd“ - na ich weiß nich!

        Kann es sein - daß wir über dies & ähnliches die Klingen gekreuzt haben - oder irrt mein kalkig Hirn?



        Anyway. Es hat auch über jeden Zweifel erhabene Adlige gegeben. Inwieweit diese wirksam waren - ein anderes Kapitel.



        Der Satz von Jutta Ditfurth - “Ohne den Adel - wäre Hitler nicht möglich gewesen!“ - unterschreib ich. Das beginnt spätestens beim Kapp-Putsch - Brigade Erhardt - “Hakenkreuz am Stahlhelm - schwarz-weiß-rotes Band“* & vor allem den unterstützenden ostelbischen Krautjunkern! (deren Untermenschengedröhne ich noch ungebremst via Rucksackbauern live “genießen“ durfte!)



        & mit ganz großem Respekt =>



        Hans von Dohnanyi ist für mich eher “ein weißer Rabe“!



        Über die von Ihnen angezogenen “Wandlungen“ - ist hingegen das letzte Wort noch längst nicht gesprochen.

        unterm——- servíce —- *



        www.youtube.com/watch?v=Mf39VkhKP8U



        Fälschlich mit “schwarz-rot-mostrich“!;(



        “Künstler Horst Wessel“ - 👹 -



        &



        de.wikipedia.org/wiki/Hans_von_Dohnanyi



        &



        (entre nous but not only - sein Sohnemann - der Herr von Dochnieda Klaus - nun wirklich auch darin nicht sattelfest - gelinde gesprochen:



        www.juedische-allg...der-schlussstrich/



        & passim



        (& da wären wir wieder bei diesem scheint’s unausrottbaren von&Türzu-Gehampel: Ein eher konservativer Kollege kriegte sich nach Ortstermin in Bonn wg Nachbarstreitigkeiten nicht ein: Triefende Arroganz & keinem noch so auf der Hand liegenden rechtlichen Hinweisen & Argumenten zugänglich!) Mach was!



        ———



        Zur Gemengelage vllt mal - Der Spiegel



        “Pakt mit dem Teufel“



        www.spiegel.de/pol...-0000-000013679804

        Soweit mal

        • @Lowandorder:

          Ich sprach nicht vom Adel (für den ich keine großen Sympathien habe) an sich, sondern von denjenigen, die sich dem Widerstand angeschlossen haben. Selbstverständlich waren das Ausnahmen, aber Menschen sind Individuen und nicht nur durch ihre Herkunft geprägt.

          • @LeandraM:

            Schonn. Aber hörens mal Jutta Limbach zu:



            “ Georg Elsers Attentat im Lichte des legalisierten Widerstandsrechts

            Zur Eröffnung der Georg-Elser-Woche am 13. Januar 2003 in Bremen



            Prof. Dr. Jutta Limbach



            Keiner der Attentäter, die Hitlers Leben gewaltsam beenden wollten, ist so missachtet und unterschätzt worden wie Georg Elser. Gewiss ist nicht nur der Tat dieses Einzelgängers, sondern auch dem im Staatsstreich vom 20. Juli 1944 gipfelnden Widerstand lange Zeit der Respekt versagt geblieben. Noch nach dem Kriege gab es Stimmen, die jenes Aufbegehren als Landesverrat werteten. Und noch heute wird darüber geklagt, dass die Opfer des 20. Juli kaum ein Echo in den Herzen unseres Volkes finden (Bodo Scheurig).



            Doch unsere heutige Vorstellung vom Widerstand wird weitgehend von dem Staatsstreich des 20. Juli 1944 geprägt. Joachim Fest hat den langen Weg zum 20. Juli beeindruckend geschildert und analysiert. Georg Elsers Anschlag im Münchener Bürgerbräu ist ihm allerdings nur in der Zeittafel am Ende seines Buches unter dem 8.11.1939 der kurzen Erwähnung wert: "Missglücktes Attentat des Einzelgängers Georg Elser auf Hitler in München." Die Aufmerksamkeit konzentriert sich - auch in seinem Buche - auf das Tun und Lassen der gesellschaftlichen Elite.



            Sowohl den Gefolgsleuten als auch den Feinden Hitlers erschien es offenbar undenkbar, dass sich ein einfacher Mann aus dem Volke zu einer solchen Tat aufraffen und - völlig auf sich gestellt - das Todeswerkzeug konstruieren und installieren konnte. Unbegreiflich erschien und erscheint vor allem, dass ein aus einfachsten Verhältnissen stammender Handwerksgeselle die Gefahr erkannte, die die Herrschaft Hitlers für den Weltfrieden bedeutete. Der unersättliche Expansionsdrang Hitlers war sein erklärter Beweggrund zur Tat. Diese Voraussicht künftigen Unheils beschämte offenbar - man möchte fast sagen; kränkte - all jene, die den verbrecherischen Charakter…ff unbedingt!!



            www.georg-elser-ar.../texts/limbach.htm

  • Danke, ein ganz wichtiger Beitrag, den ich um einen Aspekt ergänzen möchte. Denn die Begründung geht ja weiter und lautete ungefähr, die Weißen seien ja privilegiert und daher schon als Opfer ungeeignet.



    Interessanterweise haben aber Hitler und seine Leute genauso argumentiert: "die privilegierten Juden" bestehlen und betrügen seit Jahrhunderten die Menschen und jetzt wehren wir uns, nehmen ihnen ihren Besitz weg und dann bringen wir sie um.....

    Natürlich sind die Vertreter der neuen Rassismusdefinitionen keine Nazis und wollen sicher auch niemanden umbringen - aber die Argumentationsstruktur ist gefährlich.

    • @Dr. McSchreck:

      Richtig. Und Weiße werden auf die Rolle der "ewigen Herrenmenschen" festgelegt, alle anderen auf die Rolle der potentiellen Opfer. Diese Sichtweise auf Seiten der Weißen hat auch etwas sehr Überhebliches: "Wir können keine Opfer werden".

      • @LeandraM:

        Na ja, diejenigen die das sagen meinen es aber in der Regel nicht überheblich sondern um die zu kritisieren die versuchen Rassismus gegen Weiße, den es vereinzelt ja auch gibt mal abgesehen vom Holocaust und dem Vernichtungskrieg gegen die Slawen, Rassismus gegen Schwarze gleichzusetzen. Man darf nicht immer alles vermischen, Rassismus gegen Weiße von Schwarzen gibt es sicherlich auch aber Diskriminierungen gegen Weiße von Schwarzen nur äußerst selten und wenn dann nur auf dem privaten Sektor beschränkt aufgrund des weltweiten starken Machtgefälles zwischen weiß und schwarz.

  • Danke für den Beitrag.

  • Hm, vielleicht ist die komplette Kategorie „Weiß/Schwarz“ im Kontext des Rassismus-Diskurses irgendwie grundlegend falsch … denn was ist mit den vielen Zwischentönen resp. -farben?



    Frau Morasch hat zurecht jüdische Zuwander*innen sowie Vertragsarbeiter*innen (z.B. in der Fleischindustrie) aus Osteuropa und Südosteuropa im Sinn, die „unter dem Radar“ der aktuellen öffentlich-medialen Rassismus-Wahrnehmung und -skandalisierung ein Schattendasein fristen bzw. kaum als Opfer von Rassismus wahrgenommen werden.



    Die historische Reminiszenz auf die NS-Rasseniddologie, in der neben Juden auch Slawen sowie Sinti und Roma Opfer der nazistischen Vernichtungspolitik wurden, darf hier nicht unerwähnt bleiben. In der ganzen Aufregung beispielsweise über Rechtspopulismus in Polen oder über Putin-Russland spielt oft auch ein gehöriger Schuss Slawophobie ergo Rassismus mit hinein.



    Dabei ist es wirklich nicht einfach: vor kurzem erst musste ich mir von einem kroatischen Mitbürger - ich hatte mich gegenüber ihm über den in Polen grassierenden PiS-Rechtspopulismus echauffiert - sagen lassen, Kritik an den polnischen Zuständen stehe mir nicht zu, denn als Deutscher würde ich schließlich den NS in den Genen tragen … kurioserweise outete sich jener Kroate im Gespräch als strammer HDZ-Anhänger und war noch stolz darauf, dass sein Großvater in der nationalistischen, mit Hitler verbündeten Ustascha sowohl gegen serbische Tschetniks als auch gegen Tito-Kommunisten gekämpft habe.

    • @Abdurchdiemitte:

      Aber wie kam dann der anfängliche Rassismus gegen die italienischen "Gastarbeiter" in den 50er und 60er Jahren zustande, waren die doch keine Slawen oder generell Juden, sondern Angehörige eines ehemals faschistischen und somit mit dem deutschen Nazismus "verwandten" Staates? Dasselbe für spanische und portugiesische "Gastarbeiter". Das ist dann wohl eher ein Nord-Süd-Rassismus: nordische Menschen sind den südlichen überlegen? Wobei ich glaube, dass dieser heutzutage nicht mehr ausgeprägt ist.

      • @resto:

        Rassismus gegen Italiener ist heutzutage weitgehend tot, das früher recht verbreitete Schimpfwort "Itaker" habe ich z. B. seit Jahrzehnten von niemandem mehr gehört. In den 70er Jahren gab es diese Sparte des Rassismus aber durchaus noch, z. B. in den berüchtigten Sexklamotten, in denen gern das Klischee vom Italiener bemüht wurde, der wie ein Irrer hinter deutschen Frauen her ist.

        Auch der Rassismus gegen die Polen hat deutlich abgenommen. Die Polenwitze von Harald Schmidt, die noch gar nicht so lange her sind, würde heute niemand mehr bringen.

        Die Leute sind manchmal durchaus lernfähig. Aber manchmal auch nicht; Rassismus gegen Türken ist z. B. nach wie vor weit verbreitet.

        Und über Spanier und Portugiesen habe ich noch niemals eine rassistische Äußerung von Deutschen gehört. Altbekannte Klischees wie das des "stolzen Spaniers" fallen eher in die Kategorie der "geizigen Schotten"; niemand nimmt sowas ernst.

        Diese Entwicklungen dürften damit zusammenhängen, dass die hiesige Mehrheitsbevölkerung inzwischen zahlreiche Italiener und Polen kennengelernt und sich an sie gewöhnt hat.