Der Hamburger Hafen und China: Ende der Naivität
Die Abhängigkeit von undemokratischen Staaten ist fatal. Kanzler Scholz sollte deshalb den Teilverkauf des Hamburger Hafens an China ablehnen.
H amburg ist eine der wichtigsten Endstationen der „Neuen Seidenstraße“. Im ersten Halbjahr 2022 kamen 1,3 Millionen Container aus Fernost in der Hansestadt an, mehr als vier Mal so viel wie vom zweitwichtigsten Lieferanten USA. Die Abhängigkeit von China ist an Deutschlands größtem Hafen also sehr real. Um so mehr, als die staatliche chinesische Reederei Cosco bereits über Anteile an den größten Hamburger Rivalen Rotterdam und Antwerpen verfügt.
Dass nun das Kanzleramt offenbar gegen die Bedenken anderer Ministerien und der EU-Kommission den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung des Hafenterminals Tollerort an Cosco durchdrücken will, ist vor diesem Hintergrund verständlich. Aber auch ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung alle Warnungen vor der totalitären Supermacht nicht verstanden hat.
Jahrelang hat Kanzlerin Angela Merkel samt Wirtschaftstross bella figura in Peking gemacht. Probleme wurden zwar angesprochen, aber PR für die Deutschland AG hatte Priorität. Wenn Nachfolger Olaf Scholz Anfang November zum Antrittsbesuch nach China fliegt, muss die Tonalität härter sein. Ukrainekrieg und Lieferkettenprobleme durch die Coronapandemie zeigen gerade, wie fatal sich Abhängigkeiten von undemokratischen Staaten anfühlen können. Was passiert mit BASF, VW & Co, falls China Taiwan überfällt – und deshalb vom Westen sanktioniert wird? Was passiert, wenn China wegen dieses Konflikts keine Seltenen Erden oder andere wichtige Rohstoffe mehr nach Europa liefert?
Olaf Scholz muss bei seinem China-Trip deshalb das Ende der Naivität einläuten. Menschenrechte, Überwachung und Chinas Großmachtstreben gehören raus aus der Gedöns-Liga, sie sollten Kern der Gespräche werden. Wer einen härteren Kurs gegenüber dem Regime einschlagen will, muss damit auch mal anfangen. Das Erpressungspotenzial Chinas in der Hafenfrage ist real. Wenn Hamburg wirklich eine Zukunft haben sollte, sollte Scholz den Verkauf der Anteile ablehnen.
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