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Denkmalstürze und SymbolikIdentitätspolitik als Rückschritt

Allerorten fallen die Denkmäler vermeintlich großer Männer. Ist das Befreiung oder Totenbeschwörung? Und ist Identitätspolitik nicht schon over?

Polizisten aus Philadelphia stehen in der Nähe einer Statue von Christopher Kolumbus Foto: picture alliance/dpa

R ekapitulieren wir noch einmal die bekannte Szene, die mittlerweile Vorreiterfunktion hat. Als im englischen Bristol kürzlich antirassistische Demonstranten der Statue des Edward Colston eine Schlinge um den Hals legten, diese stürzten, etliche auf sie sprangen wie auf einen besiegten Feind, andere dann ihr Knie in den Nacken der Statue legten wie der Polizist seines in den Nacken von George Floyd. Als die Demonstranten dann die Statue durch die Stadt rollten und diese unter dem Jubel der Menge ins Wasser warfen. Da folgten sie dem Skript einer politischen Urszene: dem revolutionären Ikonoklasmus. Dem Denkmalsturm.

Es war Karl Marx, der meinte, dass Epochen des Umbruchs eine Art von „Totenbeschwörung“ seien: mit alten, entlehnten „Namen, Schlachtparolen, Kostümen“ werde eine neue Szene aufgeführt. Aber es war auch Marx, der meinte, dass solche Re-Inszenierungen nicht immer an ihre Vorbilder heranreichen.

Denkmäler stürzen hatte die Funktion, den Fall einer Herrschaft sinnfällig zu machen. Eine symbolische Befreiung vom Tyrannen. In Bristol hingegen ging es um etwas anderes. Ebenso wie bei den anderen nun grassierenden Denkmalstürzen. Da geht es nicht um das Aufschlagen eines neuen Kapitels, sondern um das Umschreiben eines alten. Und das ist durchaus ambivalent.

„Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“ – so Walter Benjamin. Das traf im Fall von Bristol wohl zu. Edward Colston war kein Unschuldiger. Der Geschäftsmann verdiente im 17. Jahrhundert das Geld für seine breite Wohltätigkeit mit brutalem Sklavenhandel. Der Sturz der Statue hat das Barbarische, auf dem die Zivilisation der Stadt beruht, für alle Welt deutlich gemacht.

Geschichte umschreiben

Zugleich aber ging es den Denkmalstürmern um mehr. Sie wollten seinen „Namen ausradieren“. Ihm den Platz in der Stadt verwehren. Der schwarze Bürgermeister sah in der Statue „eine persönliche Beleidigung“. Der Sturz des Denkmals diente also nicht einer Befreiung. Er sollte vielmehr die Geschichte umschreiben. Säubern. Da ist sie wieder. Die Sprache der Identitätspolitik und Political Correctness. Unter all den entlehnten Verkleidungen. In all den geborgten Gesten.

Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd ist aber in den USA etwas Neues aufgebrochen: eine neue politische Demarkationslinie. Die Auseinandersetzung hat das Feld der alten Identitätspolitik verlassen.

Nun geht es nicht mehr darum, Minderheitenrechte einzufordern. Es geht um gleiche Rechte. Um eine rechtliche, soziale, ökonomische Gleichstellung. Basis dafür ist nicht der Minderheitenstatus wie ehemals bei Black ­­Power. Die neue Schlachtparole „Black Lives Matter“ bedeutet: Die Anerkennung des Lebens der Schwarzen. Und die Forderung, diese Anerkennung in den gesellschaftlichen Institutionen – von Polizei über Gerichten bis zu Spitälern – zu verwirklichen. Also aufzeigen, dass es eben daran mangelt.

Eine neue Perspektive

Das ist keine Identitätspolitik, die Minderheiten stärken und damit auch in eine Nische stellen will. Es ist vielmehr eine neue Perspektive auf die Gesamtgesellschaft – aus einem spezifischen Blickwinkel. Aus jenem, wo offensichtlich wird: Die Gesellschaft genügt ihren eigenen Ansprüchen nicht.

Sie verfehlt ihre eigenen Prinzipien: Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichbehandlung der Bürger. Es ist ein Aufstand jener, denen ihr Bürgerstatus aufgrund ihrer speziellen Identität verweigert wird. Und die diesen nun aufgrund ihres Menschseins einfordern. Genau das macht auch ein breites Bündnis möglich. Genau das ermöglicht auch, dass sich Menschen aller Hautfarben an dieser Auseinandersetzung beteiligen.

Nun mittels Denkmalstürzen wieder Identitätspolitik zu betreiben, ist ein Rückschritt. Noch dazu ein paradoxer: Denn Identitätspolitik ist, ebenso wie Political Correctness, aufgetaucht, als man sich von der Vorstellung der einen erlösenden Revolution und von der Vorstellung einer zentralen Macht verabschiedet hat. Political Correctness nun als revolutionäre Szene zu inszenieren, ist da nicht die geringste Paradoxie.

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55 Kommentare

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  • Man sollte „Denkmal“ wörtlich nehmen, auch mal nachdenken, ob die betreffende Person aus heutiger Sicht noch verehrungswürdig ist. Es erinnert nur daran, dass die bedachte Persönlichkeit einstmals, auch zur Zeit der Errichtung, für eine „große“ gehalten wurde.

    Richtig absurd war es vor einigen Jahren, als in verschiedenen Städten fragwürdigen Personen die Ehrenbürgerschaft entzogen wurde. In Oldenburg z. B. Paul von Hindenburg und dem Heimatdichter August Hinrichs wegen deren Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus. Obwohl diese gar keine Ehrenbürger mehr waren. Warum? Na ja, weil die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod erlischt. Warum hat man dann nicht gleich Adolf Hitler die Reichskanzlerschaft entzogen? Argumentiert wurde, Ehrenbürger hätten Vorbilder zu sein.

    Dass ich nicht lache: Nur weil jemand zum Ehrenbürger staatlicherseits ernannt wird und wurde, habe ich mir von ihm eine Scheibe abzuschneiden? Ist ja wohl eine ziemlich obrigkeitsstaatliche Denke.

  • Die Frage ist schon, wo man die Grenze zieht. Den Denkmalsturz von Bristol halte ich für einen symbolischen Akt, ein Statement, ein Zeichen der Wut während der BLM Proteste. Und ich fand ihn in diesem Moment absolut richtg.

    Trotzdem isses schwierig da Grenzen zu ziehen. Bei einem Sklavenhändler mags einfach sein.

    Was ist aber mit den historischen Figuren, die man nicht so einfach kategoriseiren kann?

    Isses richtig, Kolumbus für die Entdeckung Amerikas und deshalb für den Mord an den Ureinwohnern und die Sklaverei in Amerika verantwortlich zu machen?

    Was ist mit Churchill? Ein Befreier Europas von den Nazis oder schlicht ein Rassist?Oder Luther. Großer Aufklärer und Reformator oder Antisemit? Oder Kennedy. Hoffnungsträger für Menschenrechte und eine gerechtere Gesellschaft oder Vietnamkriegstreiber?

    Goethe, Nietzsche, Wagner. Große Köpfe der Kultur oder Wegbereiter der Nazidiktatur? Es sogar Leute, die in Einstein nicht den genialen, bahnbrechenden Wissenschaftler, sondern einen der Väter der Atombombe sehen wollen.

    Man darf niemals historische Persönlichkeit nur nach heutigen Moralmaßstäben und ohne den zeitgeschichtlichen Kontext betrachten. Differenzierte Betrachtung und Aufklärung ist meist nachhaltiger, als das bloße Verschwindenlassen.

    • @Deep South:

      Offenbar fehlen da noch viele Informationen. Auch ein Denkmalsturz kann da ein Anstoß sein, sich näher mit der Person, der eigenen Geschichte und mit eigenen kulturellen Bezügen zu beschäftigen.



      Um mal eine der von Ihnen genannten Personen herauszugreifen: Bezüglich Kolumbus kann mensch sich in der Wiki und in weiteren Büchern, wie dem des von Howard Zinn - A people's history of the United States (im Deutschen als „Eine Geschichte des amerikanischen Volkes“ erschienen) belesen. Das ist meines Erachtens sehr empfehlenswert. "Entdeckung" ist ein falscher Begriff und betont die kolonialistische, westzentrierte Sichtweise. Denn: die Amerikas waren bereits lange vor Kolumbus Ankunft nicht nur entdeckt sondern auch bewohnt. Auch zur Beschreibung von Kolumbus ist "Entdeckung" verklärend. Er selbst raubmordete und versklavte und warb gegenüber den König*innen von Kastillien und Léon um Finanzierung dessen ...

      • @Uranus:

        Jo, jetzt habt ihr euch den Kolumbus rauspickt. Von mir aus. Zack, Kolumbus weg. Und weiter?

        Es geht mir mittlerweile ziemlich auf den Zeiger, dass sich hier in kleinsten Details ergangen wird, aber die Grundaussage oder -frage einfach außen vor bleibt.

        Ich könnt wahrscheinlich seitenweise historische Persönlichkeiten auflisten, die man (mal mehr, mal weniger) kritisch sehen kann.

        Was is denn nun mit Luther, Churchill, Kennedy? Melanchton, Thomas Mann, Bismarck, Bach, Goethe, etc. Oder Lenin, da wurde erst vor ein paar Tagen ne neue Statue in Gelsenkirchen eingeweiht. Oder wie siehts mit Marx aus, nachdem die Eiferer in seinen Schriften antisemitsche und rassistsiche Klischees gefunden haben. Vom "Lumpenproletariat" mal ganz abgesehen. Und wie siehts generell mit Denkmälern für gefallene Soldaten aus? Soldaten sind doch gerichtlich bestätigt "Mörder" oder doch nicht?

        Alles Verbrecher, alles weg, alles Unrecht damit beseitigt? Die Frage bleibt. Wo ist die Grenze, ab wann ist ein Denkmal "sauber genug"? DARUM gings mir, nicht um Kolumbus.

  • 9G
    93232 (Profil gelöscht)

    Ein Kommentar aus der NYT zum Thema Bernie Sanders vs Intersektionalität :

    www.nytimes.com/20...ers-democrats.html

  • Die größten Denkmäler sind denkmalgeschützte Gebäude, Paläste, Schlösser, Fabriken, Triumpfbögen, Parks ... mit den sich ihre Erbauer, den Pyramiden gleich, für Jahrhunderte in das Gedächtnis der Nachwelt eingravierten.

    Wo also soll der Denkmalsturz enden? Bei den Pyramiden?

  • Kein kluger Artikel. Schlau insofern, als dass einige auf den Spin reinfallen.

    Es fehlt, wie schon von anderen kommentiert, die Unterscheidung zwischen Denkmal und Mahnmal, und die ist hier entscheidend.

    Durch Denkmalstürze wird keine Geschichte umgeschrieben, sondern ausgedrückt, dass sich Werte einer Gesellschaft verändert haben. Nicht mehr, nicht weniger. Speziell die Veränderung in der Würdigung von Kriegstreibern, Tyrannen und Ausbeutern, kurz: die Würdigung von Herrschaft.

    In Koblenz bspw steht Kaiser Wilhelm I. auf dem Deutschen Eck, 14 Meter hoch, auf einem geflügelten Pferd, seit 1993 wieder, nachdem im Zweiten Weltkrieg die Statue abgeschossen wurde. Auf dem Deutschen Eck stand zwischen 1945 und 1993 die deutsche Fahne, nicht die schwarz-weiß-rote des Kaiserreichs und der Nazis.

    Die schwarz-rot-goldene war die Fahne der deutschen Befreiungskriege und der Märzrevolution, also derer, die eine deutsche Republik wollten. Wilhelm I. hat diese Bewegung erfolgreich bekämpft, anschließend den Krieg gegen Frankreich geführt. Was ist die Aussage, wenn so jemand 48 Jahre später wieder auf den Sockel kommt? Wir wollen unsern alten Kaiser Wihelm wiederhaben? Wie erklärt man den Scheiß französischen Gästen? Jo, das finden viele cool, dass wir euch damals plattgemacht haben?

    Koblenz ist gespickt mit Würdigungen der preußischen und österreichischen adligen Reaktionäre. Da gibt es neben dem Deutschen Eck den Stadtteil Metternich, das Haus Metternich, in dem der entsprechende Fürst geboren wurde, nach dem Wiener Kongress die zentrale reaktionäre Figur, die in Europa demokratische Entwicklungen verhindert hat, das Kaiserin-Augusta-Denkmal, die Hohenzollernstr, die Moltkestr und Roonstr, womit preußische Generäle aus dem Dunstkreis gewürdigt werden.

    Friedrich-Ebert-Ring gibts auch, Details siehe Noske.

    Und das alles akzeptieren wir als ganz normal, jeden Tag. *Das* ist Machtdemonstration - und Geschichte umschreiben.

    Ich hätte lieber Rio Reiser auf dem Deutschen Eck.

    • @uvw:

      Ein denkwürdiger Kommentar, der mahnt weiter nachzudenken. ;-)

    • @uvw:

      Der Traum ist aus -



      &



      Knapp überm Boulevard - hat hück was vom Wiener Schmäh

      & sodele - Rio Reiser -



      m.youtube.com/watch?v=2iKso30v3ns



      & Ludwig Hirsch



      m.youtube.com/watch?v=KTL5PbRGzwU



      Tante Dorothee



      &



      @Karl Krauss - wie passend - downstairs



      Hat so recht.



      & hier dazu ala long Ebert & Co



      Helmut Qualtinger liest Karl Kraus -



      "Die letzten Tage der Menschheit" (1965)



      www.youtube.com/watch?v=dA5yhF_Dwio

      …servíce - 😈 -

      unterm——



      Wie heißt es doch in Feuerzangenbowle:



      “Das war kein Heldenstück. Octavio!“

      So weit mal

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch Mailtütenfrisch - schlenzt ein

        “ taz zum Gruße.







        Da es grad passt nochmal Herr Möbius - "Junimond": www.youtube.com/watch?v=X6VIYLmS6vM



        (wieder zunehmend)“

        kurz - Immer gern.

    • 9G
      93232 (Profil gelöscht)
      @uvw:

      "Friedrich-Ebert-Ring gibts auch, Details siehe Noske. [...] Ich hätte lieber Rio Reiser auf dem Deutschen Eck."



      Der hat gesoffen, und in meiner Familie ist das Saufen ein Problem, daher will ich nicht, dass der auf ein Denkmal kommt. Will heissen : dann können wir es mit den Denkmälern auch lassen oder müssen mathematische Formen darstellen, wir werden niemanden finden an, dem niemand was auszusetzen hat. Und wenn man abwägt kommt Freidrich Ebert gut weg, Noske hin oder her. Und das mit den Königen würde ich mal eher unter dem touristischen Aspekt sehen.

  • Die Lösung: Aufblasbare Denkmäler

    Denkmäler sind pädagogische Symbole zur geistigen Ertüchtigung und Erziehung der Untertanen zur Botmäßigkeit gegenüber dem jeweils herrschenden Regime. Mit ihrem Erhalt signalisiert das jeweilige Regime seine fortgesetzte Wertschätzung für die geehrten historischen Persönlichkeiten des Ancien Regimes und setzt damit eindeutige ideologische Zeichen. Sie zu stürzen gehört daher traditionell zu der symbolischen Semiotik der Unbotmäßigkeit in Umbruchs- und Regime-Change-Zeiten.

    Als nach dem politischen Gezeitenwechsel 1989/90 eine Welle der Denkmalstürmerei über die DDR schwappte, machte der Dichter Volker Braun, die Unberechenbarkeit historischen Wandels bedenkend, den naheliegenden Vorschlag, Denkmäler mit politischer Semiotik künftig aus luftgefüllten Gummikörpern zu erstellen, die man dann, je nach politisch-konjunkturellem Bedarf, aufblasen oder per Luftablassen wieder verkleinern kann, sich damit aufwendiges und unwiederbringliches Abtragen und Zerstören ersparend und für mögliche Wiederverwendung bewahrend. Ein weiser Vorschlag...

    • @Reinhardt Gutsche:

      Seit Wochen der erste, richtig gute Vorschlag hier in der TAZ!

    • 0G
      01349 (Profil gelöscht)
      @Reinhardt Gutsche:

      Gute Idee. So käme dann auch die Aufgeblasenheit der Geehrten zu sich selbst...

      • @01349 (Profil gelöscht):

        Beate-Uhse-Collection - mal antesten.



        Die - Meistkommentierte - Linke nicht vergessen. Gellewelle&Wollnichwoll. 🥳

        unterm—— Mailtütenfrisch - merkt an -



        “ (Endlich ist es ja gelungen, wieder einen Artikel zu Prostitution auf die Pole (haha)-Position bei "Meistkommentiert" zu hieven. )“ & wie passend - Gelle!



        (Gings bei dem Duell von Lassalle nicht auch um ne Weibergeschichte?;)

        • @Lowandorder:

          Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - fügt an -

          “ In memoriam - Jörg Schröder







          "Jetzt, da sich die Ära der Sozialdemokratie ihrem Ende zuneigt, bringen wir einen Text über Ferdinand Lassalle. Natürlich sehen wir dessen Lebensweg nicht in kausalem Zusammenhang mit der Geschichte der SPD, dennoch sind sein Wirken und Sterben im Kern ein nahezu phänotypisches Abbild der »Bürgerscheiße«, wie Karl Marx die Sozialdemokratie nannte. "







          Bürgerschieße:







          "Ein Schuss, ein Knall -



          Wer starb? Lassalle."







          blogs.taz.de/schro...nko-von-racowitza/



          &



          de.wikipedia.org/w...Ferdinand_Lassalle

  • Ist ja vor allem auch immer - wer bestimmt was aus dem Gedächtnis der Geschichte gestrichen werden soll.

    Siehe Kulturkampf gegen Weltkulturerbe

    www.faz.net/aktuel...chkeit-116208.html

  • Kluger Artikel.

  • 9G
    93232 (Profil gelöscht)

    Hier ein Kommentar aus dem Guardian, der den Sturz des Colston-Denkmals in Bristol positiv würdigt :



    www.theguardian.co...ent-when-i-see-one

  • >Der Sturz der Statue hat das Barbarische, auf dem die Zivilisation der Stadt beruht, für alle Welt deutlich gemacht.<

    nun . . . letztendlich gilt das für Europa und sog. Industriestaaten die Ihren Reichtum der (nach wie vor stattfindenden) Ausbeutung Afrikas verdankt.

  • "Denkmäler stürzen hatte die Funktion, den Fall einer Herrschaft sinnfällig zu machen. Eine symbolische Befreiung vom Tyrannen. "

    Tja:

    www.youtube.com/watch?v=hWxszYK6IPU

  • Säuberungen? Klingt ganz bös nach bösem Anfang für was großes Böses.

  • Wenn Denkmalstürze wie ein Radiergummi der Geschichte funktionieren sollen



    geht die Möglichkeit der kritischen Auseinandersetzung verloren



    und das Bewusstsein das der aktuelle Wohlstand eben auch seine Schattenseiten hatte bei dessen aufbau.

    • @Okin Eggür:

      wer spricht denn von Radiergummi? Diese Namen und Gesichter gehören in Geschichtsbücher und Museen, dort ist kritische Auseinandersetzung möglich. Dafür braucht es kein Denkmal.

    • 0G
      01349 (Profil gelöscht)
      @Okin Eggür:

      Sollen sie das denn?

  • Ich zähle mich zu den Menschen, die Identitätspolitik für eine Art Entpolitisierung halten und deshalb wundert es mich nicht, dass die DenkmalstürzerInnen letztendlich Geschichte auf der wahrnehmbaren Ebene auslöschen wollen.



    Das Denkmal eines Sklavenhändlers hat doch heute keinerlei Verehrungsfunktion. Im Gegenteil: es erinnert an Zeiten, wo Rassismus der Normalzustand war und könnte auch dazu beitragen Rassismus und Diskriminierung generell zu ächten bzw. abzulehnen. Ich denke, dass jeder aufgeklärte Mensch das so sehen kann.

    • @Rolf B.:

      "Das Denkmal eines Sklavenhändlers hat doch heute keinerlei Verehrungsfunktion."



      Ich würde da noch viel weiter gehen... von den meisten Denkmälern habe ich keine Ahnung wen sie darstellen, sondern besehe sie mir ausschließlich nach dem ästhetisch-künstlerischen Wert, den sie der Umgebung bringen.



      Unter diesem Aspekt reicht eine Erläuterungstafel, wer die Person war, nun wirklich völlig aus, ohne mit einem Nichtabriß von einer Verehrung des Dargestellten auszugehen. Geht's nicht auch mal ne Nummer kleiner?

    • 9G
      93232 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      "Das Denkmal eines Sklavenhändlers hat doch heute keinerlei Verehrungsfunktion. Im Gegenteil: es erinnert an Zeiten, wo Rassismus der Normalzustand war und könnte auch dazu beitragen Rassismus und Diskriminierung generell zu ächten bzw. abzulehnen. Ich denke, dass jeder aufgeklärte Mensch das so sehen kann."



      Ja, aber nicht muss. Man versucht ja durchaus, solche problematischen Denkmäler durch Hinweistafeln o.ä. in einen Kontext einzuordnen. Das ist aber meistens beliebig schwierig, weil gewisse Teile von Politik und Bevölkerung dagegen sind. Daher ist es vielleicht manchmal notwendig, sie zu stürzen.

      • @93232 (Profil gelöscht):

        Weil eine Anbringung von Tafeln etc. auf demokratisch legitimierten Weg schwierig ist, ist es notwendig, daß selbstermächtigte Mitglieder einer (revolutionären?) Avantgarde zerstören? Das ist ... schwierig.

    • @Rolf B.:

      www.youtube.com/watch?v=Yb_Il7mN87U

      Vielleicht hätten wir das auch einfach stehen lassen sollen? Vielleicht würden mehr öffentlich sichtbare Hakenkreuze dazu beitragen, den Faschismus generell zu ächten.

      Ich denke die Absurdität dieser Vorgehensweise ist offensichtlich oder?

      • @Tobsen:

        Mit Ihrer Logik hätten auch alle KZ nach 1945 vernichtet werden müssen.



        Ich denke die Absurdität dieser Vorgehensweise ist offensichtlich oder?

        • @Rolf B.:

          Waren die KZs ein Teil der öffentlichen Selbstdarstellung der Nazis? Oder untergräbt es die Selbstdarstellung der Nazis, diese Orte des Schreckens zu zeigen?

          Entlarve ich denn einen Sklavenhändler in dem ich eine Statue die ihn ehrt stehen lasse, so wie ich die Nazis entlarve wenn ich ein KZ stehen lasse?

          Der Unterschied ist offensichtlich oder?

          • @Tobsen:

            Ich denke, dass ich da gedanklich einen Schritt weiter bin.



            Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Die Statue eines Sklavenhändlers, die ihn ursprünglich ehren sollte, hat doch heute eine ganz andere Aussage. Nämlich die, dass die herrschende Gesellschaft in Zeiten des Sklavenhändlers eine war, die nach unseren Maßstäben verabscheuungswürdig ist.



            Vielleicht denken die Menschen sogar an Ausbeutung und Diskriminierung und Rassismus heute.

            Wenn es hypothetisch eine Tönnies Statue gäbe, dann würden die Menschen über diesen "ehrenwerten Herrn" heute auch anders denken und diese Statue würde die Menschen an die Schweinereien erinnern, die in unserer Gesellschaft normal sind.

            • @Rolf B.:

              Mehr als nur einen Schritt weiter, glaube ich. Es klingt als wären Sie mit Ihren Gedanken in einer Zukunft gelandet in der wir Rassismus bereits überwunden haben.

              "Die Statue eines Sklavenhändlers, die ihn ursprünglich ehren sollte, hat doch heute eine ganz andere Aussage. Nämlich die, dass die herrschende Gesellschaft in Zeiten des Sklavenhändlers eine war, die nach unseren Maßstäben verabscheuungswürdig ist.

              Vielleicht denken die Menschen sogar an Ausbeutung und Diskriminierung und Rassismus heute."

              Das halte ich für eine ziemlich steile These angesichts der Tatsache, dass es da ziemlich viele Leute gab die diese Statue niedergerissen haben, weil sie ihnen eben nicht als offensichtliches Mahnmal *gegen* Rassismus erschien. Und die Kritiker auf der anderen Seite, sagen ja eben auch nicht, dass die Statue hätte stehen bleiben sollen, weil sie doch heute ein Mahnmal *gegen* Rassismus ist, sondern bestehen darauf dass dieser Mensch auf Grund seiner Wohltätigkeit für die Stadt Bristol weiterhin *geehrt* werden sollte.

              Das hier sagte der (schwarze) Bürgermeister von Bristol zum Sturz der Statue: "Ich kann nicht so tun, als ob ich einen ernsten Verlust wegen der Statue fühlen würde, oder als sei ihre Anwesenheit im Zentrum Bristols, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, etwas anderes gewesen als eine persönliche Beleidigung".



              taz.de/Black-Lives...-England/!5687866/

              Ich glaube mit der Wahrnehmung, dass die Statue heute offensichtlich für etwas anderes stehen würde als für die Ehrung von Edward Colston, stehen Sie ziemlich allein auf weiter Flur.

              PS: An Tönnies-Statuen möchte ich bitte nicht auch nur einen Gedanken verschwenden, bevor es nicht unbedingt notwendig ist. ;)

              • @Tobsen:

                Ich gebe gerne zu, dass Ihre Argumentation sehr nachvollziehbar ist. Nur leider kann ich sie aus den von mir genannten Gründen nicht komplett teilen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mit der Vernichtung von historischen Denkmälern daran denken muss, dass der Zeitgeist nie ein richtiger Ratgeber war.



                Apropos Sklavenarbeit: Wenn ich bedenke, dass Hartz IVer bei berechtigter Ablehnung einer aufgezwungenen Arbeit über Menschenverleiher mit dem Entzug ihrer Existenzsicherung bestraft werden können, müsste man konsequenterweise für ein Verbot der Parteien eintreten, die dafür verantwortlich waren.



                Mein Tönnies Beispiel war bewusst als Zumutung gedacht. ;)

                • @Rolf B.:

                  Ja, in punkto Zeitgeist (und auch Hartz IV) muss ich Ihnen zustimmen.

                  Ich glaube ich verstehe auch welcher Anspruch hinter Ihrer Sichtweise steckt. In einer aufgeklärten und geschichtsbewussten Gesellschaft wäre zu hoffen, dass solche Statuen sich jedwedem Betrachter gegenüber quasi selbst entlarven. Ich fürchte nur bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

    • @Rolf B.:

      Denkmal, Mahnmal oder Ehrenmal? Bei einer Statue steht eben doch die "Verehrungsfunktion" für die dargestellte Person im Vordergrund. Ich bin absolut dafür, die Erinnerung wachzuhalten und die Geschichte nicht umzuschreiben, aber vielleicht sollten Statuen von Personen, die aus heutiger Sicht wenig ehrenwert sind, lieber durch Gedenktafeln ersetzt werden, die den Kontext und die geschichtlichen Fakten auch ausreichend erklären. Die Debatte wird sonst leicht zweideutig und es wird eine Denkmal-der-Schande-Rhetorik möglich.

  • Liebe Autorin,

    Sie stellen folgende Behauptung in den Raum:

    "Er sollte vielmehr die Geschichte umschreiben. Säubern. Da ist sie wieder. Die Sprache der Identitätspolitik und Political Correctness."

    Das wirkt alles extrem konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, finden Sie nicht? Sie konnten mich in dem Teil des Artikels leider nicht überzeugen, Argumente fehlen.

    Warum es nicht einfach so sehen: Es gibt eine neue Bewegung, die ganz einfach "gleiche Rechte für alle" einfordert, wie Sie ja am Ende richtig schlussfolgern.



    Im Zuge des Protests ist den Leuten in Bristol, und an mehreren Orten auf der Welt aufgefallen: "Da steht die Statue eines Sklavenhändlers auf einem öffentlichen Platz. Warum eigentlich? Mit welcher Berechtigung? Kann das weg?"



    Eigentlich ein relativ einleuchtender und naheliegender Gedankengang, der keinerlei akademischer pseudo-intellektuellen Gehirnverrenkungen bedarf.

  • 0G
    01349 (Profil gelöscht)

    Mir wird aus dem Artikel nicht klar, was an den Denkmalstürzen "Identitätspolitik" sein soll.

    Solche "Identitäten" sind ja immer politische Allianzen, um ein gemeinsames Bedürfnis zu artikulieren. Wenn es also Identitätspolitik ist, die Ehrung von Sklavenhändlern zu beenden, dann gibt es dagegen nur eins: mitmachen.

    • @01349 (Profil gelöscht):

      In Philadelphia wurde die Statue von Matthias Baldwin geschändet. Baldwin setzte sich seinerzeit, im 19. Jahrhundert, für die Abschaffung der Sklaverei und für das Wahlrecht von Schwarzen ein.

      In Boston wurde das Robert Gould Shaw Memorial geschändet. Es ist ein Mahnmal zu Ehren des 54. Massachusetts Regiments im Bürgerkrieg. Dieses Regiment bestand aus Schwarzen(!), die gegen den Süden und die Sklaverei kämpften.

      Ich habe das Gefühl, es geht nicht darum, wen die Statuen darstellen, sondern von wem sie aufgestellt wurden. Nämlich alten, weißen Männern. Für die Identitäts-Aktivisten sind sie Teil weißer Erinnerungskultur und sollen daher weg.

      • @Gustavo Cortes:

        wie so oft geht bei emotionalen ,polemisch und politisch aufgeladenen Situationen der Blick auf´s wesentliche Detail verloren.



        Letztendlich zum eigenen Schaden.

    • 7G
      76765 (Profil gelöscht)
      @01349 (Profil gelöscht):

      Ich glaube, der Punkt ist, dass es bei der konkreten Person eben um jemanden geht, der AUCH Sklavenhändler war, aber eben AUCH viel für die Stadt und ihre Bürger getan hat (Stiftung von Armenhäusern, Krankenhäusern, Schulen, Stiftungen,....).

      George Washington und Thomas Jefferson hatten auch Sklaven, und haben gleichzeitig eine der zur damaligen Zeit freiesten und fortschrittlichsten Demokratien der Neuzeit begründet.

      Diese Ambivalenz zu ignorieren und einfach alles abzuräumen ist, glaube ich, der Punkt um den es geht.

  • 7G
    76765 (Profil gelöscht)

    Naja, so einfach ist es eben nicht... ich glaube, die Autorin wollte darauf hinweisen, dass Denkmäler historischer Persönlichkeiten eben immer ambivalent sind.

    Washington war der erste Präsident der USA, der sicher viel positives für Demokratie und Bürgerrechte geleistet hat UND hat Sklaven besessen. Was wiegt nun schwerer? Die USA als Demokratie hätte es ohne Jefferson (ebenfalls Sklavenbesitzer), Washington und andere vielleicht nie gegeben.

    Es gibt keine historischen Persönlichkeiten oder Ereignisse, die frei von jeder Ambivalenz sind und einfach nur gut sind, dazu ist jede Epoche für sich immer von zu vielen Widersprüchen geprägt.

    Wenn nur Denkmäler übrigbleiben dürfen, die nahtlos mit unseren heutigen Wertevorstellungen übereinstimmen, müsste jedes Denkmal fallen, weil doch die meisten modernen Denkmäler allein schonmal aus nationalistischen Motiven heraus überhaupt entstanden sind und von Anfang an schonmal dem Zweck dienten, die Grösse der jeweiligen Nation mit zu illustrieren (mit allen bekannten historischen Folgen)?

    • @76765 (Profil gelöscht):

      Sehr guter Hinweis.



      Ich habe den Eindruck, dass in der Tat gerade dies komplett aus dem Fokus gerät.

  • "Da geht es nicht um das Aufschlagen eines neuen Kapitels..."

    Vielleicht geht es nicht darum, ein neues Kapitel aufzuschlagen, aber sicherlich um das Setzen einer wichtigen Fußnote.

    Nämlich die, den Menschen, die durch Versklavung anderer Menschen, die sie entrechtetet und ihren Profit daraus gezogen haben, nicht noch im öffentlichen Raum weiterhin eine sichtbare Präsenz zu geben.

    Geschichte kann ich umschreiben. Muss ich auch nicht. Ich ändere allenfalls die symbolische Wahrnehmung darauf. Und bereits damit sind die Aktionen Teil der Geschichte geworden und haben dem Begriff Denkmalsturz eine neuzeitliche Facette hinzugefügt.

  • "Der Sturz des Denkmals diente also nicht einer Befreiung. Er sollte vielmehr die Geschichte umschreiben. Säubern. "

    So ein Unsinn. Mit dem Stürzen eines Denkmals für einen Sklavenhändler wird doch nicht Geschichte umgeschrieben. Glaubt die Autorin im Ernst es geht hier darum die unangenehmen Seiten der Geschichte zu zensieren, damit man sich damit nicht mehr auseinandersetzen muss?

    Statuen (zumindest solche um die es hier geht) sind dazu da Persönlichkeiten der Geschichte zu *glorifizieren* und wenn die Gesellschaft sich gewandelt hat und solche Personen nicht länger glorifizieren will, dann gehören diese Statuen eben weg.

    Von mir aus gern ins Museum wo sie historisch-kritisch eingeordnet werden können anstatt ins Hafenbecken. Aber weg müssen sie!

    • @Tobsen:

      Würdest du auch sagen, dass alle Schlösser in Deutschland als Symbol der Herrschaft des Adels und Unterdrückung der Leibeigenen weichen müssen?

      Ich sehe das genau wie die Autorin: Identitätspolitik als reine Symbol- und Repräsentationspolitik trägt nichts dazu bei, die Verhältnisse wirklich zu verbessern.

      • @yeoldelloyd:

        Keine Ahnung, ich kenne nicht jedes Schloss in Deutschland und weiß nicht wie sich diese jeweils als Touristenattraktion inszenieren. Natürlich muss im Einzelfall entschieden werden, so wie auch bei Statuen.

        Ich würde mir schon wünschen, dass zumindest die Inszenierung von Schlössern als Touristenattraktion auch beleuchtet welchen Propaganda-Nutzen solche Prachtbauten hatten, damit die Besucher ihre eigenen Reaktionen darauf (denn beeindruckend sind die ja oft noch immer) auch einordnen können. Ich halte es durchaus für ein Problem wie unkritisch solche Prachtbauten hier gern abgefeiert werden.

        Ich verstehe aber beim besten Willen nicht was das mit Identitätspolitik zu tun haben soll.

    • @Tobsen:

      Viele Denkmale mögen einst zur Glorifizierung aufgestellt worden sein; aber diese Funktion erfüllen sie gerade in unserer Gesellschaft doch schon längst nicht mehr. Sind sie nicht eher etwas, über das man stolpert, im Zweifelsfall sogar darüber ärgert, weil es im Weg steht? Es durch seine bloße Anwesenheit dazu zwingt, sich mit ihm auseinanderzusetzen? Jeder Stolperstein auf dem Gehweg ist ein Denkmal; das Holocaust-Mahnmal ist ein Denkmal; die Inschrift im Bendlerblock zum Gedenken an die dort hingerichteten Widerständler ist ein Denkmal. Wenn wir heute jedes Denkmal ins Museum stellen, mit dem wir uns nicht mehr auseinandersetzen möchten, betreiben wir vielleicht nur die Politik der Geschichtsvergessenen, die bestimmte Ereignisse nicht mehr wahrhaben möchten. Lassen wir die Denkmale lieber stehen und ordnen sie an Ort und Stelle historisch-didaktisch ein.

      • @Markus Wendt:

        Muss ich Ihnen im Ernst den Unterschied zwischen einem Stolperstein und der Statue eines Sklavenhändlers erklären?

      • @Markus Wendt:

        Man kann ja an die Stellen neue Denkmäler stellen, die die Untaten der "Helden" sichtbar machen. Aber in der jetzigen Situation so zu theoretisieren und zu mäkeln, wie es die Autorin tut, finde ich sehr unangebracht. Sie macht den dritten Schritt vor dem ersten, und der erste ist es, überhaupt mal länger als ein paar Wochen radikal zu agieren und durchaus auch zu zerstören, was für die Glorifizierung von Menschenschindern und Verbrechern steht. Die Gewalt, die diese übermächtigen Sadisten und Unterdrücker und ihre Komplizen ausgeübt haben, ist es doch, die immer noch wirkt und täglich Schmerz erzeugt, seit Generationen.

        • @Karl Kraus:

          Erst einmal zerstören, und dann schauen wir mal?

          Echt jetzt?

  • Ein guter Artikel. Aber auch hier eine Anmerkung: Ich habe den Eindruck, Identitätspolitik ist entstanden, als man die Idee, dass zunehmender Wohlstand, flankiert durch Bildungsexpansion und Ausbau des Sozialstaats allen Menschen hilft, die Hilfe brauchen, von der etablierten Linken aufgegeben wurde.

    • @Kartöfellchen:

      Der Eindruck könnte zutreffen.

      Identitätspolitik steht unter dem Motto: Teile und herrsche. Es gibt schließlich unendlich viele verschiedene Identitäten. Wenn für jede eine eigene Politik (i.S. Einer separaten Interessenvertretung) gemacht werden muss, gibt es „so etwas wie eine Gesellschaft“ wirklich nicht mehr. Margarete Thatcher hat dann recht gehabt. Es existiert dann nämlich nur noch einen immer verbissener geführten Wettbewerb darum, wessen Identität die wichtigste ist und wem deswegen die meisten Ressourcen zustehen. So entsteht u.a. Rassismus.

      Identitätspolitik ist vermutlich deswegen so beliebt, weil es das Herrschen auch für angeblich „linke“ Emporkömmlinge leicht macht, die es a) nicht von klein auf / seit Generationen gelernt haben, und es b) auch gar nicht ernst meinen mit der sozialen Frage, sondern nur ein Mäntelchen“ für ihren Egozentrismus brauchen. Diese Leute verfügen als Herrschende schließlich auch über die nötigen Mittel, (fast) jeden Wohlstandsfixierten einzeln zu korrumpieren und anschließend alle gegeneinander auszuspielen. Solidarität ist dann kein Problem mehr für die Mächtigen. Es gibt sie einfach nicht.

      Did Identitätspolitik hat sich seit Jahrtausenden bewährt als Machtmittel. Kein Wunder also, wenn Bildung und Erziehung immer schon „Systemrelevant“ waren und fest in der Hand der Mächtigen gewesen sind. Dass nur der- bzw. diejenige „etwas werden“ kann in einem Staat, der/die per Zeugnis den Beweis erbringt, dass er sich wie gewünscht hat ausbilden lassen, gehört stabilisierend dazu.

      So gesehen finde ich es nicht sonderlich erstaunlich, dass die Idee, zunehmender Wohlstand, flankiert durch Bildungsexpansion könnte allen Menschen helfen, irgendwann nicht mehr so ganz überzeugt hat. Sie ersatzlos über Bord zu werfen, war allerdings der falsche Weg, wenn auch zweifellos zunächst der einfachste. Jedenfalls für alle, die „das System“ durchlaufen hatten auf ihrem Weg an die „Schaltstellen“ der Gesellschaft.

      • @mowgli:

        Daumen hoch!