Demo für Brandmauer in Dresden: „Geht demokratisch wählen!“
Tausende Menschen haben in Dresden, Leipzig und Erfurt am Sonntag gegen Rechtsextremismus protestiert. Einige Redner sagten aus Angst vor der AfD ab.
Mit behaupteten 11.000 Personen haben die Veranstalter des Bündnisses „Wir sind die Brandmauer“ wohl zu hoch gegriffen. 5.000 waren angemeldet, und etwa so viele Bürgerinnen und Bürger kamen auch am Sonntagnachmittag. In Leipzig sollen es sogar 15.000 gewesen sein, im thüringischen Erfurt 7.000, aber auch diese Veranstalterangaben sind zu überprüfen. In Sachsen demonstrierten auch in der Görlitzer Kreisstadt Zittau mehrere hundert Menschen für Demokratie angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen.
In Dresden kann vor allem die jugendliche Dominanz unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermutigen. Alle Altersgruppen waren vertreten, aber der Altersdurchschnitt dürfte kaum über 30 Jahren gelegen haben.
Was wiederum nichts an der von Jens Hoffsommer von der Kinder- und Jugendstiftung Sachsen auf der Bühne getroffenen Feststellung ändert, dass im Osten 22 Prozent der 18- bis 29-Jährigen AfD wählen. In Sachsen wahrscheinlich noch mehr. Hoffsommer war einer der wenigen Redner, die nicht abgesagt hatten. Denn schon zur Begrüßung alarmierte ein Bericht der Veranstalter, dass „der Rechtsruck bereits Wirkung zeigt“. Insbesondere aus dem Bildungsbereich seien vorgesehene Redner und Rednerinnen nicht erschienen, „weil sie Angst vor der kommenden Regierung haben“.
Empfohlener externer Inhalt
Auch Gedenken an Opfer von Solingen
Unverdrossen lautete die Botschaft an die sächsische Bevölkerung aber: Geht wählen, und zwar demokratisch! Bekräftigt unter anderem vom gebürtigen Schweden Nilsson Samuelsson, dem Vorsitzenden des Dresdner Ausländerrates und Referenten für Stadtentwicklung in der Stadtverwaltung. Und eine Aktivistin, die sich als Janina vom Bündnis „Fridays for Future“ vorstellte, schilderte nochmals dramatisch die Entwicklung des Weltklimas und nannte das Verhalten vieler Politiker „verantwortungslos und gemeingefährlich“.
Mit wenigen Sätzen gedachten die Veranstalter auch der Opfer des Messeranschlags von Solingen und ihrer Angehörigen. Die Rednerin wandte sich aber angesichts ausländerfeindlicher Demonstrationen „gegen jedwede Vereinnahmung“.
Für lockere Stimmung sorgte die internationale und interreligiöse Musikgruppe „Coexist“. Sie vereint Musiker aus Israel und Syrien, aber auch drei Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle wirken mit. Ein langer Demonstrationszug durchquerte anschließend ohne Zwischenfälle die Innenstadt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren